Zitat:
Zitat von Helmut S
(Betrachtungen über Wirklichkeit)
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Hallo Helmut, Du schreibst, ich solle zunächst mal die individuelle „Wirklichkeit“ der Leute akzeptieren und führst dazu zahlreiche gute Gründe an.
Du stellst es dar als einen Berggipfel, den ich erst noch erklimmen muss und der noch vor mir steht. Als eine Einsicht, die ich erst noch gewinnen müsste.
Ich sehe das anders. Ich frage mich: Was kommt
nach diesem Gipfel und
nach dieser Einsicht? Denn diese Einsicht ist ja offensichtlich, und man kommt doch sehr schnell zur
nächsten Frage, einfach aus Langeweile.
Wenn ich die subjektiv empfundene „Wirklichkeit“ einer Person erkannt habe, dann möchte ich als nächstes wissen, ob es tatsächlich/faktisch zutrifft.
Du nennst den Papst als Beispiel. Der Papst empfindet sicherlich eine ganz andere „Wirklichkeit“ als ein Postkartenverkäufer; da gebe ich Dir recht. Die Wirklichkeit des Papstes besteht zweifellos darin, dass er der Papst ist — der Nachfolger Petri (der wiederum von Jesus den Schlüssel zum Himmelreich erhalten hat). Daran glaubt er.
Aber warum ausgerechnet er und nicht der Bischof von Paris? Der römische Bischof stützt sich darauf, dass Petrus eben der erste Bischof von Rom gewesen wäre, folglich der erste Papst, und so erklärt sich die Nachfolge bis zum heutigen Tag.
Jedoch ist äußerst zweifelhaft, ob Petrus je in Rom war, und Bischöfe gab‘s erst ein paar hundert Jahre später. Dass Petrus der erste Bischof von Rom war, ist völlig ausgeschlossen.
Und das fügt der „Wirklichkeit“ des Papstes ein wichtige Information für uns hinzu, nämlich, dass es ein Hirngespinst ist. Das sagt nicht nur etwas aus über die kalten Fakten, sondern auch rein menschlich über den Papst. Wenn man einer Person und ihrer „Wirklichkeit“ gerecht werden will, muss man den Rahmen berücksichtigen, in dem sich das abspielt. Es nützt nichts, diesen Rahmen zu ignorieren.
Wenn jemand denkt, er sei Napoleon, dann ist es ein wichtiger Unterschied, ob er es tatsächlich ist. Nur zusammen mit dieser Information wird man ihm gerecht.