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Zitat von captainbeefheart
Aber gerade im Falle der Religion (Esoterik) sehen wir, dass es sehr wohl produktive Funktionen geben muss, sonst wären diese Praktiken längst ausgestorben.
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Hallo beef, Deine Idee und Dein Posting fand ich sehr interessant. Dein Gedanke besteht in Kern darin, dass Religion für die Menschen eine nützliche/produktive Funktion gehabt haben muss, sonst wäre die Religion längst verschwunden.
Ich möchte das nicht rundweg abstreiten, aber dennoch die Möglichkeit skizzieren, dass es auch andere Erklärungen geben könnte.
In jeder Gesellschaft gab es zu jeder Zeit auch Diebstahl. Ist der Diebstahl daher nützlich für die Gesellschaft? Oder nur für den Dieb? Und hat sich diese Tätigkeit allein deswegen erhalten?
Was ist mit folgendem Schema:
„Wo es ein paar Dumme gibt, die man ausnutzen kann, wird sich immer jemand finden, der es tut“. Das ist provokant formuliert. Aber ist es falsch? Wäre das nicht eine überzeugende Erklärung dafür, dass die Religiosität der Menschen offenbar in jenen Ländern am höchsten ist, in denen der Bildungsgrad am geringsten ist? Es könnte ja auch genau andersherum sein. Ist es aber nicht.
Warum ist jede Religion gleichzeitig auch wirtschaftlich immens vorteilhaft für den, der sie verkündet? Warum erkennt man selbst per Satellitenfoto in jeder Stadt die religiösen Zentren daran, dass es die größten und prächtigsten Paläste sind? Ist das wirklich ein Zeichen dafür, dass es für den einzelnen Untertan nützlich ist? Müssten dann nicht vielmehr die Häuser der einzelnen Bürger besonders prächtig sein? Oder haben wir hier ein typisches Anzeichen für ein ausbeuterisches und auf den eigenen Vorteil ausgerichtetes System?
Man hört oft, dass die Religion Ängste nimmt. Aber hat sie diese Ängste nicht zuvor selbst geschürt? Gerade im Falle des Christentums mit seinem Glauben an Hölle und Gericht? Diese Idee ist erst ca. 4000 Jahre alt und hat ihre ersten Ursprünge in Ägypten. Was war in der Zeit davor? Wenn es davor die Idee einer Hölle nicht gab, hatten die Menschen wohl auch keine Angst davor.
Ich stimme Dir völlig zu, dass man sich die Bedürfnisse der Menschen anschauen muss, und dass man Wege finden müsste, diese Bedürfnisse auf einer bessere Weise als durch Religion zu befriedigen. Aber in weiten Teilen löst die Religion lediglich Scheinprobleme, also Probleme, die sie selbst erst geschaffen hat. Ich würde also vorschlagen, diese Scheinprobleme nicht zu säkularisieren (d.h. nicht in die Falle zu laufen, einen nicht-religiösen Ersatz dafür zu suchen).
Danke nochmals für Dein interessantes Posting!
