|
Esst mehr Gemüse
Registriert seit: 22.09.2006
Beiträge: 3.499
|
beef, Du fragst nach der Definition von „Leichtgläubigkeit“. Warum schaust Du nicht einfach im Duden nach? Für meine Argumentation verwende ich den Begriff so, wie ihn jeder normale Mensch versteht, und damit ist der Fall für mich erledigt. Wenn Du meiner Argumentation nicht folgen kannst (oder so tust), dann liegt das sicher nicht daran, dass Dir völlig rätselhaft wäre, was „Leichtgläubigkeit“ sein soll.
Du fragst, was genau der „Schalter“ sein soll, der ein Verhalten auslöst. Mit „Schalter“ meine ich natürlich keinen echten Schalter, und ich setze voraus, dass dies allen Lesern einleuchtet.
Du fragst nach dem evolutionären Vorteil der Leichtgläubigkeit bei Kindern, obwohl ich das ausreichend erläutert habe, sodass es jeder normale Leser versteht. Es geht darum, dass Kinder nicht versuchen, ein Krokodil zu streicheln, d.h. dass sie dies nicht von eigenen Erfahrungen abhängig machen, da diese Erfahrung tödlich sein kann. Wenn Dir das nicht plausibel erscheint, dann nehme ich das zur Kenntnis.
———
Dass die Genetik nicht nur für das Wachstum von Gliedmaßen verantwortlich ist, sondern auch für das Verhalten eines Tieres/Menschen, demonstriert Dawkins an vielen Beispielen. Besonders anschaulich ist es bei der Wandlung des Wolfs zum Hund.
Wölfe haben ein ganz bestimmtes Verhältnis zum Risiko (also einem Verhalten). Ist ein Wolf zu mutig, dann wird er vielleicht Risiken eingehen, die ihn das Leben kosten. Es gibt eine Schwelle, ab der es zu viel ist. Ist er jedoch andererseits zu feige, dann wird er vielleicht viele Gelegenheiten für Nahrung oder Fortpflanzung verpassen. Es gibt also eine Schwelle, ab der es zu wenig ist.
Der erfolgreiche Wolf wird sich zwangsläufig in einem gesunden Bereich einpendeln, der ihm genügend Beute aber auch genügend Schutz bietet. Woher wissen wir das? Wir wissen es, weil die anderen beiden Optionen zum Aussterben der Art geführt hätte. Wenn der Wolf vorhanden ist, beweist es, dass sein Modell „gerade richtig“ ausbalanciert ist.
Betrachten wir einen Wolf am Rande einer frühen menschlichen Siedlung. Der Wolf scheut die Menschen, denn diese könnten gefährlich sein. Andererseits befindet sich am Rande der Siedlung ein Müllhaufen, der verlockende Speisereste bietet. Nun wird es Wölfe geben, die besonders mutig sind, und andere, die besonders scheu sind. Jene, die gerade mutig genug waren, um im richtigen Moment die Speisen zu schnappen, haben einen Vorteil und pflanzen sich fort. Mit ihnen pflanzen sich jene Gene fort, die den Wolf etwas weniger menschenscheu gemacht haben. Die extrem scheuen Wölfe haben einen Nachteil. Ihre Gene werden im Genpool des Rudels weniger oft auftauchen. Der gesamte Genpool des Rudels driftet in eine bestimmte Richtung.
Dass es tatsächlich genetische Ursachen sind, wissen wir erstens durch die Genetik, zweitens durch die lange Tradition der Hundezüchtung. Es dauert weniger als 100 Jahre, um aus wilden Wölfen sehr zahme Schoßhunde zu züchten. Man kreuzt immer die jeweils zahmsten Wölfe, während sich die anderen nicht fortpflanzen dürfen.
Hier haben wir also eine Eigenschaft („Zahmheit“), die genetisch bedingt ist, und die einen evolutionären Vorteil bietet (also einen Vorteil bei Überleben und Fortpflanzung), und die unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Es pendelt sich ein Optimum ein für eine ganz bestimmte Situation.
Beim Menschen gibt es ebenfalls graduelle Unterschiede bei Mut und Ängstlichkeit, bei Unternehmungslust und Zögerlichkeit. Ein Optimum hat sich eingependelt. Kinder sollten eher ängstlich sein, darin liegt ein Schutz. Erwachsene sollten weniger ängstlich sein, denn das würde sie zu sehr lähmen (außerdem haben sie niemanden, der ihnen das Essen in die Höhle trägt). Dass wir Menschen so sind, wie wir eben sind, ist kein Zufall, sondern wurde in Millionen von Jahren ausbalanciert.
Es gibt also eine Erklärung dafür, warum gerade Kinder leichtgläubig sind und sein sollen. Natürlich können wir nicht tausend Jahre lang irgendwelche Kinder miteinander kreuzen, um es zu testen. Aber bei Tieren geht das durchaus. Und dort ist der Befund eindeutig.
Dass Kinder auf das Märchen von Jesus hereinfallen, liegt nicht etwa an der Heiligkeit von Jesus, sondern an einem evolutionär vorteilhaften Verhalten von Kindern, welches in diesem Fall missbraucht wird.
Es erklärt, warum wir fast immer beobachten, dass der Einstieg in den Glauben einfach war, der Ausstieg jedoch immens schwerfällt. Extrem selten beobachten wir das Gegenteil, nämlich einen mühsamen Einstieg in den Glauben und eine leichte Abkehr. Der Einstieg erfolgte im Kindesalter, dadurch war er einfach und sitzt tief in den Grundüberzeugungen, auch dann, wenn die Gläubigen keine größere inhaltliche Kenntnis über ihren Glauben haben.
Es erklärt auch, dass Religiosität nicht auf „Offenbarung“ beruht, sondern fast immer auf dem, was die Eltern sagten.
|