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Alt 13.08.2017, 01:32   #108
BenB
Ist alles so schön bunt hier!
 
Benutzerbild von BenB
 
Registriert seit: 02.09.2013
Ort: Bad Segeberg
Beiträge: 37
Ein kurzer Rennbericht

Vorab, es war meine zweite LD nach dem OM im letzten Jahr, wo sofort für mich feststand, das will ich wieder erleben!
Viele begeisterte/begeisternde Zuschauer kommen sicher zu kurz, sollen sich aber gedrückt fühlen!

Auf die Vorbereitung dieses Jahr brauche ich kaum eingehen, da sie faktisch nicht stattgefunden hat. Ich bin mit gemischten Gefühlen an den Start gegangen nur in der Hoffnung einen möglichst schönen (Geburts-)Tag zu haben.
Am Vorabend die gewohnten Prozeduren: Arme und Beine rasieren dauert ewig und passiert auf den letzten Drücker, würde aber im Falle eines Sturzes wohl eine schmerzfreie Wundbehandlung unterstützen. Gegen 2300 geht es im Wohnwagen ins leider zu kleine Bett.
Der Wecker am Renntag geht um 04:45, eigentlich etwas spät, aber als "Alter Hase" weiß man ja bereits was einen erwartet und jeder Handschlag in der Vorbereitung sitzt mittlerweile. Begleitet von heftigem Regentrommeln auf dem Vorzeltdach mache ich Kaffee und esse wie gewohnt zwei Scheiben Toastbrot mit Marmelade. Sieht nach richtigem Mistwetter aus, aber das Regenradar verspricht Besserung ab kurz nach sechs (und wjrd zum Glück weitgehend recht behalten). Den Rennanzug anziehen und Nummer-Tattoos aufkleben läuft routiniert, aber noch habe ich Zweifel ich ob ich bei dem Wetter nicht doch lieber ein Bierchen am Streckenrand trinken sollte... Wir fahren (mit etwa 20min Verspätung) zum Wettkampfgelände wo mein Rad und die am Vortag abgegebenen Beutel mit Rad und Laufsachen auf mich warten. Ich ziehe meinen Neo über und gebe den Beutel mit der warmen Kleidung für "danach" ab - als letzter?! Längst wurde über Lautsprecher ein "letzter Aufruf" durchgesagt und sowohl die Nationalhymnen als auch die "Guten Wünsche" des Pastors wurden gebetet. Ich bleibe sehr ruhig und gehe runter ans Wasser. Im Startbereich reihe ich mich ganz hinten links im Feld ein. Ich habe nichts zu verlieren und will mich nur aus dem geprügel an der ersten Boje raushalten. Die letzten Sekunden werde ich dann doch noch emotional. Viele Gedanken schießen mir durch den Kopf, was mich alles in meinem Leben an diesen Platz zu dieser Zeit an diesen verrückten Wettkampf gebracht hat. Und ich weiß: Das will ich durchziehen - ich schaffe das!

0700 Der Startschuss fällt und die ersten Athleten rennen ins Wasser! Ich gehe gemütlich als Letzter hinterher und verschenke damit zwei Minuten! ..aber einen Triathlon hat noch niemand durch ins Wasser rennen gewinnen können, es wird schließlich ein langer Tag... Schnell finde ich einen guten Rhythmus und komme kraulend an dem einen und anderen Sportler vorbei. Denn als Gegner kann man hier niemanden bezeichnen. Wir kämpfen alle denselben Kampf, jeder gegen seine Uhr, für sein eigenes Ziel.
Nach ca 200m muss ich feststellen, dass ich den Kopf nur noch nach rechts drehen kann, nicht nach vorn und nicht nach links. Ein Wirbel ist wohl blockiert und ich schätze tatsächlich ab, ob ich deswegen aufgeben muss?!? Aber ich will weiter kämpfen! Dann hält die Schwimmstrecke noch dichte Quallenfelder bereit, durch die ich zweimal durchschwimmen muss. Kaum noch Wasser zwischen den Fingern, ich kämpfe mich nur noch durch Gelee! Natürlich küsst mich auch die eine oder andere Feuerqualle und mein Gesicht brennt fürchterlich! Jetzt erst Recht!!!
Nach einer Stunde und dreißig Minuten lasse ich das Wasser glücklich hinter mir, nur 7min langsamer als letztes Jahr, trotz Strömung, Wind, Quallen und dem Nacken, den ich immernoch nicht drehen kann. Eigentlich ganz gut... Im Wechsel hetze ich mich nicht ab, verliere aber auch nicht so viel Zeit wie manch anderer, der noch aufs Dixi verschwinden muss. Die Helfer sind wieder mal Spitze und kümmern sich um jeden Einzelnen.

Radfahren macht wie gewohnt erstmal viel Spaß, aber ich versuche mich auf einen Schnitt von 30km/h zu bremsen, denn es wird noch ein langes Rennen. Schnell stelle ich fest, dass ich mich gar nicht bremsen muss, dass übernimmt schon meine Vorderrad Bremse, die an der Felge schleift! Nö, wie konnte das passieren?!? Ich kann während der Fahrt dran herum fummeln, aber nichts hilft dauerhaft. Mein Bordwerkzeug hat keinen ausreichend langen Imbus, also drehe ich die ersten 30km mit angezogener Handbremse bis ich kurz nachdem ich auf die zweite Runde gehe am Radservice halt mache und mir mit einem langen Imbus helfen lasse. Nach den Worten, ich solle mir meine Vereinskollegen, die mich auf der ersten Radrunde überholt hatten, noch schnappen, starte ich mit einem Urschrei die Aufholjagd. Das Radrennen macht irre Spaß, obwohl ich immernoch nicht nach links gucken kann. Wenn ich zum überholen ausschere hoffe ich das niemand von hinten kommt und gebe Signale mit meinem Ellenbogen. Wird schon gehen... Und sowohl die Fan-Nester als auch Schilder wie "Das ist kein Gegenwind, das ist Rückenwind von vorne!" versüßen mir die weiteren 150km. Die Gedanken schweifen hin und wieder in alle Richtungen während ich mich eigentlich auf Kurven und Nährstoffzufuhr konzentrieren muss. Zwischenzeitlich komme ich bei drei gestürzten Radfahrern vorbei und halte natürlich an und helfe ihnen auf, da sie kurz hinter einer Kurve liegen! Meine Zeit ist zweitrangig, aber als alle betreut werden, fahre ich weiter. In Glücksburg werde ich den Sandwig-Hill hinaufgetragen von Geburtstagsglückwünschen des Moderators und den unglaublichen Fans am Straßenrand.
Meinen Schnitt konnte ich wie erhofft über die Distanz halten und plötzlich ist es schon die letzte Runde und ich jubel den begeisterten Fans meinen Dank zu, und verabschiede mich direkt "bis zum nächsten Jahr".

Nur sieben einhalb Stunden nach dem Start ziehe ich meine Laufschuhe an und "freue mich" auf den nun folgenden Marathon. Ich trabe möglichst locker und gehe wie im letzten Jahr die Passagen an den Verpflegungsstellen und wenn es "steil" bergauf geht. Bis zur letzten von fünf Runden sind Rücken, Knie und Füße in Ordnung, was mich eigentlich überrascht, aber doch sehr freut. Unterwegs geht meine Uhr wie im letzten Jahr auf Sparmodus und zeigt keine Geschwindigkeit oder Strecke mehr an, aber ich rechne mir hoch, dass ich wohl unter zwölf Stunden bleiben könnte!
Hin und wieder gibt es am Streckenrand Happy Birthday Lieder von Freunden und von Fremden, die es wohl an der Radstrecke mitbekommen haben, wie geil ist das denn??!!??

Ziemlich locker laufe ich nach 11h56min durch das Ziel, begleitet von so vielen guten Wünschen und so vielen die mir Kraft geben, dass ein paar Tränen nicht ausbleiben...

So ein schöner Gerburtstag, so ein schöner Tag, so ein schönes Rennen.
Dieser Moment im Ziel macht alles erträglich, was einem an Hindernissen in den Weg gelegt werden könnte, Blockaden, Feuerquallen, Rückenwind von vorne...

Am Ende kann man einfach nur noch strahlen, vielen Dank für alles!
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When your legs get tired, cycle with your heart!
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