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Alt 05.07.2017, 06:54   #986
Jörn
Esst mehr Gemüse
 
Benutzerbild von Jörn
 
Registriert seit: 22.09.2006
Beiträge: 3.499
Dieses fürchterliche Posting von Trimichi gibt recht gut die Position der katholischen Kirche wieder. Ich würde gerne die Hintergründe dieser Position erläutern, und außerdem, warum die Position von Trimichi falsch ist.

Wie ergibt sich die Position der katholischen Kirche?

Die Position ergibt sich weniger aus der Bibel, obwohl sich dort drei winzige Stellen finden lassen, in denen gegen homosexuelle Handlungen gehetzt wird. Diese Stellen versinken jedoch in einem Meer vieler, vieler abstruser Vorschriften, die nicht weiter begründet werden, etwa der Verbot des Verzehrs von Krabben oder Backvorschriften für Brot. Daraus lässt sich keine größere Ideologie stricken.

Die größere Ideologie besteht im sog. "Naturrecht", und zwar in einer speziellen Auslegung. Die Kirche unterstellt, dass es für die Welt eine Art "Vorlage" gibt, also eine ideale Blaupause, der die Welt zwar nicht entspricht, die jedoch das zu erreichende Ideal darstellt.

Diese Blaupause (die zu erreichende Vorlage) wird aber nirgends beschrieben, auch nicht in der Bibel. Stattdessen wird unterstellt, dass die Natur selbst konkrete Hinweise darauf gibt, was der ideale Zustand wäre. Wir müssten also nur die Natur genau beobachten, und dann würden wir die Blaupause erkennen, nach der wir uns dann richten sollten.

Beispielsweise könnte man der Natur entnehmen, dass Fortpflanzung offenbar ein Teil dieser Blaupause ist, und dass Fortpflanzung folglich "gut" ist. "Keine Fortpflanzung" ist demnach "schlecht". Trimichi formuliert diesen Gedanken in seinem Posting.

Das Naturrecht ist eine Idee, die außerhalb der katholischen Kirche schon seit langem verworfen wurde. (Die Nazis haben sie wieder aufgegriffen, danach starb sie endgültig aus, außer im Vatikan.) Warum wurde die Idee verworfen? Sie wurde verworfen, weil wir die Natur nicht fragen können, was sie angeblich "wollte".

Wollte die Natur, dass Lebewesen krank werden? Wollte die Natur, dass Menschen ab 45 Jahren eine Lesebrille brauchen? Wollte die Natur den Tod aller Lebewesen ab einem bestimmten Alter, oder ist das ein Verstoß gegen die ideale Blaupause? Wenn sie den Tod wollte, warum leben wir dann? Wenn sie den Tod nicht wollte, warum sterben wir dann?

Was ist mit der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass "die Natur" keine Person ist, und dass sie keinen Willen hat?

Das "Naturrecht" ist völliger Humbug und dient nur dazu, eine völlig beliebige Behauptung als naturgegebenes Gesetz auszurufen und dadurch unantastbar zu machen. Ideal für die Religionen.

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Ich werde nun das "Naturrecht" auf Homosexuelle anwenden, um die Idee zu testen.

Die zu untersuchende Frage ist: Sind Homosexuelle im Sinne des Naturrechts "gewollt"? Alles, was wir tun können, ist die Natur zu beobachten, d.h. zur Kenntnis zu nehmen, wie sich die Natur vor unseren Augen gestaltet.

Unsere Beobachtung ist wie folgt: Homosexuelle sind vorhanden. Also kann man daraus schließen, dass die Natur sie wollte. Wenn sie nicht gewollt wären, wären sie nicht vorhanden. Die Natur erschafft sie, also können sie nicht unnatürlich sein.

Ein Zebra kann diese Logik vielleicht noch anschaulicher machen. Könnte man zu einem Zebra sagen: "He! Zebra! Du müsstest schwarz sein, oder weiß! Aber nicht gestreift! Das wollte die Natur nicht! Du bist folglich unnatürlich! Also verschwinde!"

Oder müsste man sagen: "Das Zebra ist gestreift. Offenbar wollte die Natur ein gestreiftes Zebra haben. Sonst wäre es nicht da".

Es spielt dabei keine Rolle, ob sich das Zebra fortpflanzt oder ob es katholisch ist. Die Natur schuf es. Also ist es natürlich. Die Behauptung, die Natur sei unnatürlich, demonstriert nur die eigene Unkenntnis über die Natur.

Man kann noch weitere Fragen untersuchen. Wollte die Natur eine monogame und auf Lebenszeit geschlossene Ehe? Unter dem Gesichtspunkt der Fortpflanzung wäre eine promiske Lebensweise erfolgreicher, und es ist unbestreitbar, dass die Natur Fortpflanzung wollte. Andererseits hat sich unsere (mehr oder weniger) monogame Lebensweise in der Natur entwickelt, also kann sie nicht unnatürlich sein. Was ist also richtig, und was ist falsch?

Wollte die Natur eine Kirche? Wenn man darauf antwortet: "Ja, denn die Kirche ist vorhanden", dann muss man diese Logik auch auf Homosexuelle anwenden, denn auch sie sind vorhanden. Wenn man stattdessen sagt: "Homosexuelle sind zwar vorhanden, aber nicht gewollt", dann kann man das auch von der Kirche behaupten. Wie man es dreht und wendet, es kommt immer das heraus, was man möchte.

Wollte die Natur ein Zölibat? Einen Papst, der sich nicht fortpflanzt?
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