Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Eine Weiterentwicklung in den religiösen Quellen hat es ja nicht gegeben, denn ein heiliges Buch kann sich nicht an den Fortschritt der Erkenntnis anpassen.
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Zitat:
Zitat von zappa
Natürlich nicht. Aber es dürfte wohl kaum ein Gebiet geben, in dem so viele, differenzierte und auch unterschiedliche Sekundärquellen auf der Ursprungserzählung aufbauen, wie hier.
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Ich verstehe nicht, wofür das ein Argument sein soll.
Die Ursprungserzählung kann falsch sein. Und ihre spätere Auslegung ebenfalls, oder kann sogar noch weiter von der Wahrheit entfernt sein. Manch harmlose Bibelzeile wurde durch ausufernde Interpretationen dermaßen aufgebläht, dass einem aufgeklärten Leser der Kiefer runterklappt.
Beispiel: "Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen" (Moses). Diese Ursprungserzählung als angebliches Wort Gottes ist bereits fragwürdig. Wesentlich grotesker sind jedoch die späteren Auslegungen: Es gab Nachschlagewerke, Rechtsvorschriften, Lehrstühle und Doktorarbeiten, Erkennungs-, Schutz- und Austreibungsrituale und so weiter. Was es nicht gab, waren Hexen.
Ein weiteres Beispiel wäre die Vorstellung eines Teufels als Ursprungserzählung, und Luthers spätere Überzeugung, dass eine Frau, die ein behindertes Kind auf die Welt bringt, mit dem Teufel Sex hatte (
Teufelsbuhlschaft). Während der Teufel zunächst nur eine Verbildlichung des Bösen war, entsteht daraus durch Auslegung eine bösartige und grausame Theorie, die trotz aller Gelehrsamkeit vor Unwissenheit nur so strotzt.
Die Auslegung einer (möglicherweise falschen) Ursprungsquelle ist daher nicht automatisch ein Schritt in Richtung der Wahrheit. Eher trifft das Gegenteil zu. Erst wenn sich die Auslegung an der Wirklichkeit orientiert, indem sie das aufnimmt, was Menschen als nachweisbar wahr erkannt haben, kann die Auslegung die Ursprungserzählung im Sinne der Wahrheit korrigieren.
Nur: Wozu brauchen wir die Bibel, wenn wir sie stets an dem orientieren (müssen), was die Wissenschaft als wahr erkennt? Was ist so schlimm daran, wenn wir erkennen, dass Jesus, Aristoteles, Luther, Gandhi und Hämatokrit* redlich waren, sich jedoch irrten?
*Ich will nur testen, ob noch jemand mitliest.