Radeln
Jetzt sollte erst mal der lange Teil mit dem Spaß kommen.
Ich habe mich wie bereits angedeutet für das TT entschieden. Für mich die absolut richtige Entscheidung.
Wie üblich ging gleich lustig hinter der Mount Line los. Als ich mich im laufen auf das Rad schwinge kommt von 2m weiter rechts ein Kollege mit einer schönen Welle in meine Linie rein gefahren beim Anfahren und wir touchieren uns. Ich mache noch ein paar Schritte um mit einem zweiten Anlauf in meinen Sattel zu kommen und los geht’s.
Alpe D'Huez ist keine 200m vom Lac de Serre Poncon entfernt! Ein Sagenhaftes Zuschauerspalier nimmt uns auf und zaubert mir ein Lachen ins Gesicht. Es geht erst mal gut 7km hoch bis die ersten Wellen kommen und es auch mal ein paar Meter runter geht. Schon hier geht es los daß ich mich an den steileren Stücken lieber überholen lasse um dann an den nicht ganz so steilen Stücken wieder bereits auf dem Auflieger liegend aufzuschließen. Im großen ganzen sind viele Kurven auch weit genug um sie auf dem Auflieger zu fahren. Nach 20km geht es das erste mal nennenswert runter. Offenbar habe ich hier auch gleich schon jeeves überholt. Sorry, selbst wenn ich Deine Nr. noch im Kopf gehabt hätte hätte ich dich wohl nicht gesehen. Da sind so viele rechts an mir vorbeigeschossen. Immerhin fahren die meisten nicht ganz links. Es gibt dann Spaßvögel die sich rechts vorbei quetschen obwohl links frei ist und rechts ein knapper Meter frei ist. Die Krönung war ein Kollege auf dem letzten km vor dem Izoard der erst ganz links am der Hang abgewandten Straßenrand fuhr und nach der Kehre sich auf den 50cm rechts von mir vorbei quetschte. Ich muss gestehen da war die Versuchung groß doch mal einen Schlenker zu machen. Aber so weit sind wir ja noch gar nicht. Nach der Abfahrt geht es ca. 10km flach am See lang zurück. Kurz vor Baratier überhole ich noch einen Bus der mich dann bis zum Izoard umspielt. Am Kreisel nach Baratier kommt noch einmal das volle Zuschaueraufgebot und wir bekommen noch einmal ein richtig langes Spalier.
Auch mir kommen die Tränen und ich genieße den leichten Anstieg nach Baratier in vollen Zügen. Wir werden wundervoll die Radroute les balcons de la durance geführt. Schön wellig ab und an etwas steiler aber insgesamt lässt es sich wunderbar auf dem Auflieger rollen bis hinter Guillestre. Auch in Guillestre stehen noch einmal eine Menge Zuschauer die mitgereist sind und einige davon haben mich den ganzen Tag begleitet. Sehr zwiespältig, einerseits wollte ich nicht daß Frau tandem65 mit dem Auto mit fährt, aber es macht halt total Laune fast immer und überall angefeuert zu werden. Hinter Guillestre kommen dann wieder die ersten längeren steileren Stücke aber auch ein langes flaches Stück das sich wieder herrlich auf dem Auflieger fahren lässt.
Bei km 82 fängt der Spaß dann richtig an. Es bleiben ca 14km für die letzten gut 1000hm. Wobei es ja 3km vor der Passhölhe noch einmal ein paar Meter runter geht.
Es bleibt wie am gewohnt. An den steileren Stellen an denen ich selbst mit meiner Kombi aus 34/30Z nicht mehr die für mich passende Frequenz fahren kann falle ich zurück und dort wo es wohl flacher als ca.5% wird kommt meine Trittfrequenz wieder in gute Bereiche und ich schliesse auf. Hier am Izoard ist schon weniger Verkehr als am ersten Anstieg aber es sind genügend andere Athleten unterwegs an denen ich mich orientieren kann. Die Landschaft ist grandios, es sind an jeder Kurve mitgefahrene Fans. Die Stimmung ist bombig und das Wetter bleibt mir einigermassen gewogen, da es jedenfalls nicht schneit und bei 9° nur ein wenig nieselt ab und an. Nach ca. 4:10 erreiche ich die Passhöhe und nehme meinen Beutel auf und fülle meine Aerobottle mit der Gelfüllung nach. Die Verpflegung hat bis hierher schon mal gut geklappt. Die Aerobottle war tatsächlich fast leer und bekomme fast die komplette Trinkflasche in der Aerobottle unter. Nach kurzem Stop werfe ich mich in die Abfahrt. Hier auf der anderen Seite nieselte es gerade etwas mehr und die Straße war richtig feucht also erstmal vorsichtig angehen. Nach 2-3km wurde es trockener und der Auflieger wieder mein Freund. Es war frisch aber erst nach knapp 10km Abfahrt fing meine Muskulatur an zu arbeiten, so daß ich vom Auflieger runter ging um die Kontrolle über das Rad zu behalten. Hier wurde es dann aber auch schon etwas flacher und so war sowieso schon wieder Arbeit gefragt um flott vorwärts zu kommen. Schon war das thermische Problem gelöst.

Die Kurven waren hier auch schon wieder viel weitläufiger so daß ich erstmal nicht mehr runter bin vom Auflieger. Ab und an gab es Autos zu überholen, die aber auch sehr rücksichtsvoll waren, da ja offensichtlich Athletenbegleitung darin war die eher angefeuert haben. Jetzt wurde es dann auch dünner auf der Strecke, da ich auf der Abfahrt nicht nur Auto überholt habe.Es folgt tatsächlich ein knapp 10km langes Flachstück zum Rollen und schon geht es rechts ab für ca. 100hm auf 4km. Auch hier, wie könnte es anders sein, mitgefahrene Fans. Die Tendenz für die nächsten guten 15km ist leicht abfallend, schön zum rollen und ich überhole wieder viele Mitstreiter mit teilweise unglaublichen Geschwindigkeitsüberschuss. Hier macht sich mein TT definitiv bezahlt. Viele kämpfen jetzt deutlich mit dem leichten Westwind und auch offenbar mit den Temperaturen. Es flattern viele Regenjacken im Wind.
Bei km 140 kommt der nächste Anstieg und das vertraute Bild bleibt erhalten. Die zuletzt überholten schieben sich an mir vorbei. Nach knapp 2km ist der Spuk vorüber und es wird flacher. Ich lümmele mich wieder auf dem Auflieger für die nächsten 10km Auf der folgenden kurvigen Abfahrt drückt sich doch so ein frecher Franzose mit seinem Rennrad an mir vorbei. Mit soetwas kann ich ja nur sehr schlecht umgehen.

Offensichtlich nutze ich aber schon die fahrdynamischen Möglichkeiten recht gut aus. Kurz nachdem wir 2 Begleitfahrzeuge überholt haben geht dem Kollegen in einer Kurve doch mal das Hinterrad ein gutes Stück weg. Ganz offensichtlich kann auch er eingermassen fahren, denn er kommt ohne Sturz aus der Situation raus.
Es geht flach an einem Flugplatz vorbei und noch ein wenig sanft auf 5-6km 80m aufwärts. Es fängt zur Abwechslung mal richtig an zu regnen und es folgt die letzte Abfahrt auf der rechten Seite der Balcons de la Durance. Hier ist dann auch die angekündigte Baustelle mit der Absteigepflicht. Schon 200-300m vorher steht ein Helfer der das ganze anzeigt und ich gehe viel zu früh in die Bremsen und rolle gemütlich bis zum Kampfrichter. Die fragliche Stelle ist perfekt mit blauem Teppich markiert und flott passiere ich das ganze und schwinge mich wieder in den Sattel. Unten geht es für ein kurzes Stück auf die N94. Wie gewohnt ist die Zufahrt perfekt gesperrt für die Teilnehmer und trotz dem mitfliessenden Verkehr ist das Stück auch angenehm zu fahren.
Nun geht es wieder auf die linke Seite der Balcons de la Durance zurück. Hier sind wir ja schon knapp 4 Stunden vorher in entgegengesetzter Richtung durchgekommen. Es geht nochmal sanft 70m rauf auf gut 2km und urplötzlich taucht Irgendwo bei 160km im leicht welligen Terrain das Outfit von X S 1 C H T vor mir auf. Ich erkenne seine Startnr. Und rufe noch was mit ihm los sei und bin auch schon vorbei. Da war ich schon sehr überrascht. Ich rolle weiter auf Mitstreiter auf und vorbei. Begleitfahrzeuge müssen überholt werden. Es läuft immer noch und dann geht es schon runter, ein letzter Seitenwechsel über den Fluß rüber nach Embrun. Es kommt der letzte Anstieg hoch nach Embrun und weiter nach Chalvet, die letzten 350hm, auf dem Rad!!!
Als der Anstieg beginnt kommt mir Per Bittner entgegengelaufen. Oben an der Hauptstraße in Embrun steht auch Ulli im Regen und macht Photos.
Ich kurbele meinen Stiefel Bergauf in der vorletzten Serpentine sehe ich daß X S 1 C H T wieder bis auf 50-100m an mich rangefahren ist. Mich packt der Ehrgeiz vor im in T2 anzukommen und halte ihn mir tatsächlich den knappen km und 40hm bis zu Kuppe vom Leib. Geschafft, die Radpart ist für mich hier zu Ende. Jetzt geht es bis zu T2 nur noch Bergab und ich geniesse die fliegende Fahrt auf dem holprigen Geläuf. Nochmal volle Konzentration und Spaß pur.
Die Anfahrt auf T2 bot dann fast das gleiche Bild wie 7 Stunden vorher, der Straßenrand ist mit jubelnden Leuten gesäumt. Einfach der Hammer!
Dank des Gefälles gelingt es mir rechtzeitig aus den Schuhen zu schlüpfen und ich springe hochzufrieden nach 7:03:55 vom Rad.
Stolz wie Oskar stelle ich fest daß erwartungsgemäss kein anderer Deutscher Amateurstarter vor X S 1 C H T im Rennen lag und alle Radplätze der Deutschen Mitstreiter noch unbelegt sind.