Etwas, was für uns Mitteleuropäer zunächst mal gewöhnungsbedürftig ist: Du bist nicht allein! Im tiefsten Wald, an den unzähligen kleinen Creeks und Lakes – überall warnen dich Schilder vor der Präsens des Schwarzbären oder auch des wesentlich gefährlicheren Grizzly-Bären. Gesehen habe ich allerdings selten welche. Das mag aber auch daran gelegen haben, dass ich mich an die Ratschläge der Naturpark-Ranger gehalten habe: Ich habe Lärm produziert. Singen, lautes Sprechen, Bären-Glocken. Mir war nichts peinlich genug, nur damit da nicht unverhofft so ein Zottelvieh vor mir steht.
Einheimische tragen diese „Bear bells“ allerdings selten. Unbestätigten Gerüchten zufolge wird erzählt, dass die Kanadier die Touristen damit herumlaufen lassen, damit die Bären diese erkennen und die Einheimischen unversehrt lassen.
Der "Lonely Planet" allerdings relativiert die Gefahr durch Bären. Wer sich nicht mit Lachsöl oder Käsecrackern eingerieben hat, bleibt unbehelligt. Wichtig, dass der Bär frühzeitig auf einen aufmerksam wird. Dann verzieht er sich, bevor man ihn zu Gesicht bekommen hat. Bären sind nämlich gar nicht so interessiert, Menschen zu treffen. Gefährlich seien Bären eigentlich nur, wenn man sie überrascht oder wenn die Bären-Mama von ihren Jungen begleitet wird.
Autofahren in Kanada … ist meistens ein Hochgenuss. Man „cruist“ mit entspannten 100, maximal 110 Sachen über die meist gut ausgebauten Highways. Manchmal begegnet man für mehrere Stunden keinem einzigen anderen Fahrzeug. Fahrzeuge am Straßenrand bedeuten in der Regel: Anhalten! Da ist ein Elch, ein Bär, oder zumindest ein Reh. Die Bezeichnung des Rotwildes war erst einmal etwas verwirrend. Ein „Moose“ ist das, was wir in Deutschland einen Elch bezeichnen. Ein „Elk“ ist hingegen eine sehr große Hirschart. „Deers“ hingegen sind normale Rehe, wie wir sie in Europa auch kennen. Mooses habe ich leider nur ein einziges Mal gesehen, Elks hingegen begegnen einem ständig. Es kann passieren, dass man in Mitten einer größeren Stadt auf einer viel befahrenen Kreuzung auf einen riesigen "Elk" mit seinem weiblichen Gefolge stößt.
Ebenfalls gewöhnungsbedürftig sind die gigantischen Trucks, die da mit vergleichsweise hoher Geschwindigkeit über den Highway donnern. Oft mit zwei, drei Anhängern und mindestens Tempo 120 unterwegs, wurde ich nicht nur einmal von diesen „Roadtrains“ überholt.
Jedem, der in nächster Zeit vor hat, nach Kanada zu reisen und dort Auto zu fahren, rate ich: Mietet Euch einen Geländewagen! Oder zumindest ein SUV! Ich weiß, diese Dinger sind hierzulande häufig fehl´ am Platze und leiden unter einem schlechten Ruf – dort sind die essenziell und auch sinnvoll! Oft sind Straßen, vor allem Nebenstraßen, nicht asphaltiert und dann rumpelt man mit seiner Stadtlimousine über diese „Gravel roads“.
Noch ein paar Eindrücke von einem wunderschönen Land
Irgendwann habe ich aufgehört, mir die Namen der unzähligen Seen zu merken. Einer ist schöner als der andere und bei jedem hat man das Gefühl, ein besonderes Kleinod der unzerstörten Natur Kanadas entdeckt zu haben. Oft tauchen diese kleinen grünen Seen ganz unverhofft auf. Nach einem stundenlangen Marsch durch die „grüne Hölle“ mit vielen Höhenmetern, nach schweißtreibender Kletterei in den Felswänden, plötzlich stößt man auf einen dieser kleinen Gletscherseen. Sehenswert sind vor allem auch die Lachswanderungen in den vielen Gebirgsbächen. An den sogenannten "Chutes" sieht man dann die Fische gegen den Strom schwimmen, wie sie versuchen, mit aller Kraft die Wasserfälle hinaufzuspringen, um am Ort ihrer Geburt zu laichen. Um anschließend zu sterben.
Es empfiehlt sich ebenfalls, einfach mal ruhig zu sein. Mit dem Auto an den Straßenrand fahren, Motor ausschalten, aussteigen – und nicht sprechen, nicht bewegen, lauschen! Man hört – nichts! Absolute Stille! Vielleicht mal der Schrei eines Weißkopfadlers in der Ferne. Ansonsten wirklich nichts! Bis auf meinen Tinnitus, der mir im europäischen Alltagslärm überhaupt nicht auffällt.
