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Alt 12.02.2019, 09:46   #13407
qbz
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Registriert seit: 24.03.2008
Beiträge: 10.286
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer Beitrag anzeigen
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Religion war in der frühen Menschheitsgeschichte wesentlicher Träger und Vermittler von Moralvorstellungen, die eine Gesellschaft zusammenhielten. Diese Rolle ist kaum strittig, glaube ich.
Als eine wesentliche Funktion der indigenen, ethnischen Religionen (Naturreligionen) bezeichnen Ethnologen in der Regel die Abgrenzung des eigenen Stammes von anderen Stämmen und Gruppen sowie die Funktion der Identitätsstiftung. Praktisch jeder Stamm, jede Gruppe verfügt(e) über eigene Kulte, seine Geister, mit denen die Natur beseelt wird, und eigenen rituellen Körperschmuck. Es gab eine riesige Vielfalt. Diese im Alltag verankerten und auf die bessere Bewältigung des Diesseits ausgerichteten Formen gehörten habituell zur ethnischen Gruppe und man wollte diese nie auf andere, fremde Stämme weitergeben, die wiederum ihre eigenen Merkmale hatten.

Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer Beitrag anzeigen
Natürlich nicht; Religion konnte aber wirken, weil alle eher eine nicht ganz greifbare "höhere Autorität" akzeptieren, als die Vorgaben eines noch so mächtigen Menschen. Religion ist in diesem Sinne ein "Erziehungsvehikel", um die Menschliche Schwächen auszutricksen - zum Wohle der Allgemeinheit. Wenn dann die Religion sich nicht mit der Entwicklung der Gesellschaft modernisiert, wird es zum Anachronismus und rückständig.
Im Unterschied zu den indigenen Völkern formulierten die monotheistischen Religionen ein die Ethnien übergreifendes verschriftlichtes Weltbild. Diese Religion erfüllt dann auch nicht mehr die Funktion der Stammesabgrenzung und ethnischen Identitätsstiftung. Die ursprünglich indigenen Völker erhielten alle zwangsweise das gleiche Taufbekenntnis und lebten evtl. ihre identitätsstiftenden Riten, falls notwendig, lokal weiter. Offenbar eignete sich das frühe Christentum für ein Imperium wie Rom als Staatsreligion.

Mit der einzigen und höchsten Autorität (Gott) legitimierten sich später die Herrschaftsansprüche des Klerus (1. Stand, professionalisierte Religion) und des Adels (2. Stand) im Heiligen Römischen Reich gegenüber den Bauern (90 % der Bevölkerung im Mittelalter, 3. Stand), Handwerkern und Kaufleuten und den missionierten Völkern im Kolonialismus oder die Herrschaft des Klerus in den heutigen Gottesstaaten.

Damit teilte sich eigentlich das Christentum seit der Verkündung der Staatsreligion bis zum Beginn der Neuzeit auf in eine riesige Mehrheit von Getauften, die von einer kleinen Minderheit von Getauften unterdrückt, geknechtet, erniedrigt und ausgebeutet wurde. Und es stellt sich mir die ernsthafte Frage, was das kulturell Gemeinsame im alltäglichen Leben von den extrem früh sterbenden Bauern und Leibeigenen im Mittelalter und dem Adel und Klerus war, der vom Zehnten der Bauern, von Leibeigenen und Frondiensten lebte oder später von den versklavten Völkern. Für den Besuch der Gottesdienste am Sonntag fehlten den Bauern die Kirchen in der Nähe und die Zeit. Liebesehen gab es weder bei den Adligen noch bei den niederen Ständen. Ehen hingen davon ab, wie man damit am besten den Besitz vermehrte bzw. bei den Bauern überlebte.

Wie die Bauern und gemeinen Stände damals Religion auffassten, äusserte sich vielleicht am ehesten schriftlich in den Zielen der Bauernaufstände, die sich gegen den Klerus, die Klöster und den Burgadel (Zerstörung der Burgen) richteten, aber nicht gegen Christus/Gott. Dafür wurden sie von den Stellvertretern Gottes ermordet, ca. 70 000-100000, weil sie die weltliche Ordnung Gottes und die Obrigkeiten verändern wollten. Mit solchen Assoziationen im Hintergrund fällt es mir halt immer etwas schwer, "Religion als Erziehungsvehikel zum Wohle der Allgemeinheit" zu verstehen, auch wenn einzelne christliche Menschen wie Deine Grosstante seit jeher in allen Schichten bewundernswert karitativ tätig sind.

Geändert von qbz (12.02.2019 um 13:25 Uhr).
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