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Alt 05.12.2017, 12:27   #9565
trithos
Szenekenner
 
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Ort: neue Kloster- und Burgstadt bei Wien
Beiträge: 1.403
Achtung! Exkurs in die Kommunikationspsychologie

Ich kann keko#´s Eindruck von Intoleranz nachvollziehen.

@keko#: Ich glaube nicht, dass Du meine Unterstützung brauchst - du kannst dich gut selbst wehren und hältst tapfer dagegen. Trotzdem versuche ich mal darzustellen, wie diese Diskussion auf mich wirkt.

@alle: um meinen Eindruck zu erläutern würde ich gerne einen kurzen Ausflug in die Kommunikationspsychologie unternehmen - aber keine Angst, es wird gar nicht so kompliziert. Friedemann Schulz von Thun hat ein Modell entwickelt, in dem jede Nachricht auf vier Ebenen beschrieben wird: Sachinhalt, Selbstoffenbarung, Beziehung und Appell. Sachebene und Beziehungsebene sind ohnehin populär und bekannt, die Appell-Ebene lass ich jetzt weg - aber die Selbstoffenbarung (auch Selbstkundgabe) scheint mir hier doch sehr interessant.

Darunter versteht FSvT folgendes: Wenn jemand etwas von sich gibt, gibt er immer auch etwas von sich preis. Jede Äußerung enthält gewollt oder unfreiwillig eine Kostprobe der Persönlichkeit – der Gefühle, Werte, Eigenarten und Bedürfnisse. Dies kann explizit (“Ich-Botschaft”) oder implizit geschehen.

Immer wieder fordern hier Religionskritiker von Vertretern der "Fraktion der Gläubigen" (wie sie es nennen), sie mögen doch erläutern, welchen Glauben sie vertreten. Das ist also explizit die Aufforderung nach Selbstoffenbarung. Wenn das dann aber geschieht (z.B. Keko#´s persönliches Beispiel mit der Beichte) dann wird diese zuvor geforderte Selbstoffenbarung gleich heftig kritisiert oder ins Lächerliche gezogen.

Das halte ich für eine unangemessene Reaktion auf JEDE Selbstoffenbarung. Stellen wir uns ein kleines banales Beispiel vor: Ich sage zu einer Frau: "Ich liebe Dich!" Selbst wenn sie dieses Gefühl nicht erwidert, wäre es wohl keine angemessene Reaktion zu sagen: "Das stimmt doch gar nicht! Dir wurde doch nur von irgendwem eingeredet, dass Du mich liebst. Es ist außerdem total blöd, dass Du mich liebst. Wie kommst Du überhaupt dazu, zu behaupten, Du würdest mich lieben. Das kann doch gar nicht sein. Schau Dir doch die Fakten an. Wir passen doch überhaupt nicht zusammen ..." Eine solche Antwort (mehr oder weniger auf der Sachebene) ist schlicht und einfach unpassend und würde den, der seine Liebe gestanden hat, frustriert zurücklassen in dem Gefühl, nicht verstanden worden zu sein.

Kurz gesagt: zu einer wohlmeinenden Kommunikation gehört trotz aller Sachdifferenzen, dass man den anderen als Person wertschätzt, in dem man seine Selbstoffenbarungen akzeptiert (nicht nur toleriert) und nicht durch Abwertung der Selbstoffenbarung, die eben ein Teil der Person ist, zwangsweise auch die Person selbst mit abwertet.

Um nochmals auf das Beispiel der Beichte zurückzukommen: die Antwort, der Priester hat Dich belogen, ist der Kommunikationssituation nicht angemessen. Selbst wenn man dieser Meinung ist, verfehlt diese Antwort die Kommunikationsebene, auf der das Beichterlebnis erzählt wurde. Beichterlebnis=Selbstoffenbarung. Priester hat gelogen=Sachinhalt.

Mir ist aufgefallen, dass viele hier sehr engagiert zu diskutieren beginnen, sich dann aber auch rasch wieder aus dieser Diskussion zurückziehen. Ich habe den Verdacht, dass das auch mit dieser (wahrscheinlich sogar unbeabsichtigten) Abwertung zu tun hat, die man erfährt, wenn man sich selbst ein wenig öffnet und über seinen persönlichen Glauben spricht. Und wenn man eine solche Abwertung erfährt, obwohl man ja zuvor zur Selbstoffenbarung aufgefordert wurde, dann ist das besonders frustrierend und ärgerlich.

Das war jetzt übrigens auch eine Selbstoffenbarung von mir. Ich habe versucht, meinen Eindruck wiederzugeben und zu begründen. Ich würde es daher für unangemessen halten, wenn ihr mir auf der Sachebene erklärt, dass ich nicht Recht habe oder etwas falsch verstehe oder was auch immer. Denn ich habe mich mit diesem Beitrag über weite Strecken nicht auf der Ebene des Sachinhalts bewegt.
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