Szenekenner
Registriert seit: 24.09.2009
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Hier nun der ausführliche Bericht WK 2012 Teil 2
Die Wechselzone 1 hatte der Veranstalter direkt im Eingangsbereich des Strandbades vorgesehen, eine halbwegs ebene gepflasterte Fläche mit einigen Fahrradständern und Bänken und nun zusätzlich mit reichlich Pfützen übersäät und von den darüberstehenden hohen Bäumen wurde der Regen mittlerweile auch ungehindert durchgelassen. Dirk war auch schon gut gelaunt vor Ort und versuchte bestmöglich alles für einen schnellen Wechsel vorzubereiten, ich plazierte mein Rad dann neben seinem, nur um während der Startvorbereitungen noch etwas Ablenkung zu geniessen. Den Rucksack, mit dem ich mein gesamtes „Geraffel“ zum Start transportiert hatte, steckte ich nun stark durchnässt zu meinen „after race“ Klamotten und gab ihn mitsamt den Laufsachen einem Helfer, der ihn hoffentlich zur Wechselzone 2 transportieren würde. Da sich in des Helfers Fahrzeug immer mehr blaue Müllsäcke sammelten schien dies auch alles rechtens. Da noch reichlich Zeit bis zum Start war versuchte ich noch etwas am Wettkampfgewicht zu optimieren und ging ein letztes Mal zur Toilette, mit sehr bescheidenem Erfolg (was soll auch großartiges herauskommen wenn man Morgens zum vierten Mal zum Klo rennt). Beim Weg zurück zur WZ sah ich schon die ersten Starter die den Weg in den See gefunden hatten und ein paar „Aufwärmzüge“ tätigten. Etwa 5 Minuten vorm Start bin ich dann auch mal kurz in den See gesprungen um den Neo „zurechtzuzupfen“ und einen kurzen „Startsprint“ anzutesten. Dann wieder raus aus dem See und Aufstellung bezogen für den Start zum „extremalna sobota 2012“, der als Landstart ausgeführt wird. Es wird ein allerletztes Mal die Schwimmstrecke „erklärt“, vielleicht noch ein paar abschliessende Grußworte an die Teilnehmer gerichtet, alles auf polnisch, und dann geht es endlich los.
Der Schwimmkurs ist ein viermal zu absolvierender Dreieckskurs um zwei Bojenmarkierungen wird links herum geschwommen und im Strandbad geht es dreimal aus dem Wasser und um einen Badesteg herum. Dort wird auf einer Liste erfasst, wer wieviele Runden absolviert hat, dies geht auf Zuruf der Startnummer oder Vorzeigen der auf der Hand aufgemalten Startnummer. In der ersten Runde zieht sich das „Feld“ schon weit auseinander, ich kann mich ganz gut an einem passablen Schwimmer rankämpfen und beschließe dann diesem weiterhin zu folgen. Beim ersten Ausstieg stelle ich dann fest, dass es Dirks Füße sind die mir die „pace“ machen. Während der zweiten Runde habe ich das Gefühl der Regen, der auch vor und während dem Start schon stark war, wäre heftiger geworden und wiege mich mit der Hoffnung, dass es evtl. bald nachläßt oder gar ganz aufhört, aber, weit gefehlt, mit Beginn der dritten Runde setzt ein wirklicher Wolkenbruch ein oder soll ich es eher als „monsunartig“ beschreiben, wie auch immer es war so heftig, dass auch beim Schwimmen schon die Sicht stark beeinträchtigt wurde und ich ganz froh war das wir noch nicht auf dem Fahrrad sitzen. Zur vierten Runde änderte sich nicht mehr viel an den „Wasserverhältnissen“, ich überlegte noch ob uns denn der Veranstalter bei einem aufziehenden Gewitter aus „den Elementen“ gerettet hätte, verwarf aber weiteres Grübeln über „ungelegte Eier“ wieder und konzentrierte mich auf die letzte „Bahn“ zum Schwimmausstieg, dieser Abschnitt war jeweils der längste der drei zu schwimmenden „Schenkel“.
Mit einem verhaltenem „Hurra“ ging es dann aus dem Wasser, über Sand, Wiese und Treppen hinauf zur ersten Wechselzone. Hier hatten sich inzwischen die Pfützen zu einer „kleinen Seenplatte“ verbunden und auch mein Wechselplatz war komplett „Landunter“. Kann nur besser werden, ist das einzige was einen in solchen Situationen noch antreibt, also ruckzuck raus aus dem Neo, Startnummer umgeschnallt, Helm auf, Schuhe an und ab aufs Rad, fast, erst noch schnell alle rumfliegenden Schwimmutensilien zusammen mit dem Neo in den letzten blauen Müllsack gestopft und dann erst ab auf die Radstrecke. Diese beginnt direkt nach Verlassen des Strandbades und der geringe frühmorgendliche Verkehr wird hier von ein-zwei Helfern kurzzeitig gestoppt wenn ein Teilnehmer auf die Strecke geht, das ist dann aber wirklich der einzige regulierende Support auf der Radstrecke, an allen weiteren Kreuzungen, Abzweigungen und Lichtzeichen gilt die Straßenverkehrsordnung. Das hört sich im ersten Moment schlimmer an als es letztendlich ist, die Radstrecke ist wirklich sehr verkehrsarm und auch bei hoher Geschwindigkeit als sicher fahrbar einzustufen. Der Radkurs verlässt Stettin in nordwestlicher Richtung und man folgt etwa 7 Km, teilweise leicht ansteigend, einer Hauptstraße mit einer Ortsdurchfahrt (Ampel) und biegt von dieser dann in einer übersichtlichen Biegung nach links ab (Gegenverkehr beachten). Am Ende der Ortschaft die man nun passiert beginnt der eigentliche Rundkurs, welcher dreimal zu durchfahren ist. Jede Runde ist knapp 54 Km lang, inklusive An- und Abfahrt kommt man auf ausreichend Strecke für eine „Mann aus Eisen“ Veranstaltung. Abrupt ändert sich auch mit Verlassen von Tanowo die Charakteristik der Radstrecke, der Wald öffnet sich und man fährt fast nur geradeaus, die längsten „echten“ geraden Straßen Abschnitte sind wirklich vier-fünf Kilometer lang, aber auch nach einer Biegung geht es dann halt eine etwas kürzere Gerade weiter und Abwechslung durch Anstiege oder Abfahrten gibt es auch keine, man fährt nahezu ständig im gleichen Rhythmus. Nach 15 Km auf der Runde erreicht man dann die Grenze und fährt noch ein paar Kilometer weiter auf eine T-Kreuzung zu. Hier biegt man rechts ab Richtung Hintersee, und dies ist eine der wenigen Stellen an denen Verkehrsregeln zum Tragen kommen. Man fährt leicht abschüssig auf die Einmündung zu (also mit recht hoher Geschwindigkeit), sollte aber zumindest immer bremsbereit sein, da ja Vorfahrt zu achten ist. Ich hatte während meiner drei Runden niemals Verkehr an der Stelle, aber ob das an dem schlechten Wetter am Wettkampftag lag sei dahingestellt. Definitiv verursacht wurde aber der „Stausee“ im Abzweig nach Hintersee, den die Radstrecke direkt am Ortseingang nimmt, vom Dauerregen. Da heißt es dann mit Schwung reinfahren und hoffen, dass sich unterhalb der Wasseroberfläche keine Hindernisse verbergen, und da hätte einiges verborgen sein können. Zweihundert Meter weiter kommt der erste Wendepunkt (einspurige Anliegerstraße), hier muss man komplett runterbremsen und befindet sich dann rechtzeitig zur erneuten Passage der Furt auf Wettkampftempo. An der T-Kreuzung geht es nun weiter geradeaus in Richtung Glashütte, und diesem Stück würde ich jetzt mal das Prädikat „besonders wertvoll“ verleihen. Die Straße schlängelt sich hier leicht wellig und kurvig Richtung zweitem Wendepunkt, der unmittelbar am Ortseingang von Glashütte liegt. Hier fährt man auf einer „normalen“ Landstraße und hat demzufolge etwas mehr Platz für die Wende, entgegenkommender Verkehr aus dem Ort heraus kommt wenn überhaupt sehr langsam heran wegen „mörderischem“ Kopfsteinpflaster, auf dem wir glücklicherweise nicht fahren müssen. Nach der Wende geht es knapp 5 Km zurück zur ominösen T-Kreuzung und hier biegt man nun wieder rechts ab in Richtung Stettin. Kurz hinter der erneuten Grenzpassage zweigt die Strecke dann von der Hauptstraße rechts ab und führt „schnurgeradeaus“ in einen polnischen Weiler namens Stolec, auch hier verlässt man den Wald erst kurz vor Erreichen der Ortslage und als besonderes „Schmankerl“ gibt es auch hier wieder einen tretlagertiefen See in voller Straßenbreite, die Kinder im Ort haben auf jeden Fall sichtlich Spaß uns beim durchqueren der Wasserstelle zu begleiten. Gemeinerweise liegt auch hier der Wendepunkt hinter dem Wasserloch, so dass man dieses in jeder Runde zweimal durchfahren muss. Zurück geht es nun wieder Richtung Hauptstraße und dann rechts ab nach Tanowo zum letzten Wendepunkt. Hier kann man sich dann auch Verpflegung nehmen, man kann seine Trinkflaschen füllen und sich mit Schokoriegeln stärken, aber man muss dafür halt einen kurzen Stopp einlegen, es wird keine Verpflegung angereicht. Nach der dritten Runde läßt man diese Kontrolle dann „links liegen“ und fährt den gleichen Weg zurück, den man vom Schwimmen herfuhr. Es geht nun leicht abfallend zurück nach Stettin, der Verkehr in Richtung Stettin ist nun auch spürbar dichter geworden und zwei kurze Standzeiten an Lichtzeichenanlagen sind mir lieber als stundenlange Diskussionen mit polnischen Ordnungshütern oder, schlimmer noch, ein möglicher Unfall um einige Sekunden schneller auf die Laufstrecke zu gelangen. Den Abzweig zur zweiten Wechselzone sollte man schon kennen, weil Streckenmarkierungen gibt es keine (wobei es größtenteils auch nichts zu markieren gibt) und auch die Einfahrt zur Radrennbahn auf dem Kasernengelände sollte vom Vortag her noch bekannt sein.
In einem Nebengebäude befindet sich dann die Wechselzone, hier bekommt man seinen Beutel angereicht und das Fahrrad wird einem abgenommen, man kann auch „Verpflegung“ aufnehmen (Getränke/Schokoriegel) oder ein kleines Schwätzchen halten. Ich wechsele nur schnell das Schuhwerk und versuche einen guten Trott für den abschließenden Marathon zu finden. Die ersten knapp 2 Km der Laufstrecke führen über moderates Kopfsteinpflaser und marode Fuß- und Radwege zurück zum Badesee und zum Strandbad. Hier ist an einer Kreuzung schon der erste von zwei Verpflegungspunkten, hier werden auch die Laufrunden kontrolliert. Etwa 150m hinter der Verpflegung muß man einmal eine Landstraße queren um zum Seeufer zu gelangen. Hier läuft man dann meist nah am Ufer entlang eine Runde um den See herum. Am Scheitelpunkt der Runde gibt es dann einen kurzen Abzweig zu einem Kontrollpunkt mit einer weiteren Verpflegungsstelle. Die Runde um den See hat 5,6 Km und ist sechs Mal zu laufen, die Verpflegungspunkte liegen knapp 3 Km entfernt voneinander, das ist noch OK, wer mehr Getränke benötigt muss sich eine Trinkflasche o.ä. umschnallen. Gemeinerweise änderte sich bei meiner Teilnahme kurz vor Ende der Radstrecke das Wetter, in der dritten Runde hörte der Regen auf und die Sonne kam nach und nach immer mehr durch die sommerlichen Wolken. Beim Laufen war es dann von unten feucht und schlammig und von oben brannte die Sonne. Das war aber auch nur ein kurzes Intermezzo, auf der letzten Laufrunde zogen wieder dunkle Wolken auf und als ich auf den abschließenden Wendepunktkurs ging der zum „auffüllen“ der Kilometer passend vermessen wurde, fing es auch wieder an zu Regnen. Zuerst nur leicht, auf dem Weg zum Ziel dann doch „spürbar“ und später auch durchaus heftig, da war ich aber schon glücklich im Ziel, aber viele Helfer waren noch auf der Strecke und auch der Großteil der Starter. Im Ziel gab es dann reichlich Verpflegung, man konnte ausgiebig warm duschen und die schmutzige Kruste von den Beinen entfernen, konnte sich mit den anderen „Mitstreitern“ über den Strecken- und Wettkampfverlauf philosophieren, gegen 20:00 Uhr gab es dann auch eine Siegerehrung und kurz danach zerstreuten sich dann auch langsam die Teilnehmer. Ich packte dann auch meinen Kram zusammen und fuhr, genau wie am Morgen, durch den Regen zurück zur Pension.
Diesen Bericht hatte ich letztes Jahr unmittelbar nach meiner Heimkehr schon begonnen und ich war auch Willens ihn schnell zum Ende zu bringen, da ich dachte, den Veranstaltern gebührt ein gehörig Maß an Anerkennung und Lob für ihr Tun. Ich bin auch jetzt, ein knappes Jahr später immer noch der gleichen Meinung, einzig ein Umstand, den ich nicht verschweigen möchte, hielt mich bis jetzt von der Veröffentlichung dieses Erfahrungsberichts ab, es schien als sei der Veranstalter vom Erdboden verschluckt. Beim Zieleinlauf wurde noch gesagt es würden Finishershirts zugeschickt, da sie leider nicht rechtzeitig fertig geworden seien, auf das Shirt warte ich heute noch. Auch gibt es außer der Gesamtzeit vom ganzen Wettkampf keinerlei Zwischenzeiten, das ist aber höchstwahrscheinlich dem hundsmiserablen Wetter geschuldet, ich denke das sämtliche Kontrolllisten nahezu vollständig durchnässt und unleserlich waren, ist zwar Schade, aber lässt sich im Nachhinein auch nicht mehr ändern. „You got what you pay for“ könnte man abschließend zusammenfassen. Ein wenig Logistkservice, eine halbwegs langdistanzwürdig vermessene Strecke, schlichte bis gewöhnungsbedürftige Strecken- und Zielverpflegung, eine Siegerehrung und immerhin eine Ergebnisliste, so könnte man aufs wesentliche reduziert zusammenfassen was der Veranstalter für die 28,00€ bietet, die der Spaß gekostet hat.
Aber das wäre nicht fair, alleine die Organisation, welche ich schlecht abschätzen kann, die Pflege der Infos im Internet, die Motivation der Helfer, es waren nicht viele, aber auch die müssen erstmal für die Durchführung der Veranstaltung gewonnen werden. Alles das wurde mit viel Herzblut erledigt, vom Ausgeben der Startunterlagen bis zur Siegerehrung, und seit kurzem gibt es auch wieder „Aktivität“ auf der Homepage des Veranstalters. Es scheint sich ein neuer Kreis von sportverrückten Stettinern gefunden zu haben die die Veranstaltung auch dieses Jahr in ähnlicher Form durchführen wollen. So wie ich es verstehe werden sich die Strecken etwas ändern, aber genaue Details kann ich noch nicht wirklich herausfiltern, geblieben scheint aber der „unverschämt“ niedrige Preis für dieses Abenteuer.
FAZIT:
Empfehlen könnte ich den Wettkampf ganz klar denen „die schon alles erlebt“ haben, den „einsamen Wölfen“ unter den Triathleten, den „Kommerzialisierungsgegnern“ und den „genügsamen Finishern“, die nicht einen riesen Bohei um ihr Tun machen. Fahrt hin, macht mit, lebt weiter.
Ganz und gar abraten möchte ich den „bestleistungsfixierten allinclusive event“ Athleten, spart euch den Weg nach Stettin, auch wenn die Verlockung groß ist mal einen Wettkampf zu gewinnen, es gibt hier keinen der davon Notiz nehmen würde, der „extremalna Sobota“ ist eher mit einer Radtouristikveranstaltung vergleichbar, jeder der die Strecke schafft ist hier sein eigener Sieger. Sämtliches Tun findet hier unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt, Zuschauer , Fehlanzeige, lediglich im Ziel ein paar wartende Angehörige.
Da ich mich zur ersten Gruppe zähle war für mich das „Gesamtpaket“ unbezahlbar und wie ich schon eingangs schrieb ist der „extremalna Sobota“ jeden Zloty wert.
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Budgetierte Ziele für 2016: - kleine "Brötchen" backen
- der olympische Gedanke lebt
- lieber langsam als gar nicht
Geht nicht - gibt's nicht. Das einzige was nicht geht ist einen Fingerhandschuh über einen Fäustling ziehen.
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