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Szenekenner
Registriert seit: 30.05.2010
Beiträge: 6.166
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Lieber FMMT,
danke für den Link zu deinem Blog in dem anderen Forum. Ich verfolge aufmerksam, was du dort schreibst.
Ich denke weiterhin sehr viel über deine Situation nach. Ich weiß, dass Ratschläge geben meistens nicht sinnvoll ist, deshalb halte ich mich damit zurück, obwohl ich eine klare Vorstellung davon habe, was ich für richtig halte. Aber es ist eben MEINE Vorstellung, die Zeit hatte zu wachsen und sich zu festigen.
Trotzdem:
Gestern war ich mal wieder bei der Neurologin, ekelige Nervenleitungstests machen und mich hinterher darüber freuen, dass alles takko ist und die Impulse astrein weiter geleitet werden.
Während ich wartete, las ich einenArtikel aus dem Jahr 2010, also nicht ganz topaktuell, und musste an dich denken. Darin ging es um Therapietreue bei medikamentöser Behandlung von MS. Der Arzt sprach sich darin, wie eigentlich übereinstimmend alle Schulmediziner, die sich mit MS beschäftigen, für eine möglichst frühe Behandlung der Erkrankung aus. (Weshalb ich überrascht war, in deinem Blog zu lesen, dass dir ein Arzt von medikamentöser Behandlung abgeraten hat, könntest du mir mal seinen Namen mailen, ich würde gerne mal gucken, ob ich was über ihn finde?) Neu war für mich die offenbar vorliegende Erkenntnis, dass bei Betroffenen, die erst einmal in der EDSS-Skala (Expanded Disability Status Scale) einen Wert von 3 erreichen, die MS in der Regel nach einem bestimmten Schema verläuft und dann auch durch Behandlung oft nicht mehr günstig beeinflusst werden kann. Deshalb gehe es durch frühzeitige Behandlung vor allem darum, Patienten unter dem Wert von 3 zu stabilisieren.
Die Tatsache, dass du in den letzten 10 Jahren keine Behandlung hattest und es dir heute trotzdem gut geht, bringt mich jedenfalls nicht zu der Meinung, dass es deshalb sinnvoll ist, jetzt auch weiterhin nicht zu behandeln. Es ist vermutlich kein wirklich treffender Vergleich, aber wenn ich 10 Jahre lang unangeschnallt Auto fuhr und Glück hatte, dass ich das unverletzt überlebt habe, schließe ich daraus auch nicht, dass es sinnvoll ist, weiterhin ohne Gurt zu fahren.
Die Frage ist ja vor allem, was gegen eine Medikation spricht? Es gibt nicht so viele Risiken, die mit der Basistherapie mit Interferon verbunden sind. Es sind vor allem unangenehme, aber nicht gefährliche Nebenwirkungen, mit denen man rechnen muss. Die sind aber sehr oft nur in den ersten Monaten nervig. Ich habe z.B. seit mittlerweile ca. einem Jahr so gut wie gar keine Nebenwirkungen mehr. Sie beschränken sich auf leichte Muskelschmerzen (viel weniger als ein mittelmäßiger Muskelkater) und selten leichte Kopfschmerzen.
Ein "Risiko" der Behandlung ist, dass der Körper die Interferone als körperfremd erkennt und Antikörper bildet. Dann macht eine weitere Behandlung keinen Sinn mehr. Das kann man testen, wenn man den Verdacht hat, bei mir wird das mal Ende des Jahres gemacht.
Gegen die Medikation könnte sonst noch die Häufigkeit und die Art der Applikation sprechen. Mir ist nicht bekannt, dass es mittlerweile schon orale Alternativen zur Injektion von Interferonen als Basistherapie gibt. Die in Deutschland zugelassenen oralen Medikamente sind meines Wissens nach nur als 2. Wahl, wenn Interfeone oder Glatiramerazetat (Handelname Copaxone) nicht wirken oder eine Spritzenphobie vorliegt oder bei einer rasch fortschreitenden schubförmigen MS.
Ich kann nichts zum Spritzen von Copaxone (täglich subkutan) oder subkutan zu spritzenden Infereronen sagen, weil ich mich für die Variante des nur einmal in der Woche intramuskulär zu spritzenden Avonex entschieden habe. Das ist zunächst gruselig und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es mir nicht immer noch manchmal unheimlich ist, mir selbst eine i.m. Spritze zu geben, aber es ist echt nicht schlimm. Es schmerzt nicht, weil im Muskel viel weniger Schmerzrezeptoren sind als unter der Haut und es macht eben auch keine Hautveränderungen. Vor allem aber ist es halt nur einmal in der Woche nötig, für mich ein unschlagbarer Vorteil! Mit der Injektionshilfe ist es auch für Spritzen-Spackos wie mich machbar. Noch leichter ist es vielleicht mit dem Pen, der wie ein Insulin-Pen funktioniert, das sieht dann nicht mal mehr wie eine Spritze aus.
Ein weiterer Vorteil von Avonex ist, dass es ein Trockenpräperat gibt, das man selbst anmischt und dass dieses nicht gekühlt werden muss wie die Fertigspritzen oder Pen-Systeme. Das hat sich für mich in meinem langen Wanderurlaub sehr bewährt.
Ich würde dir gerne den Artikel, den ich gestern las und einige andere, die vielleicht interessant sind, mailen. Wenn du daran Interesse hast, schick mir doch deine E-Mail Adresse. Meine hast du, sonst per PN.
Viele Grüße
Judith.
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