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Teil 2
Es sollte über einen Monat ohne Wettkampf ins Land gehen in denen ich fast ausschließlich Grundlage trainierte. Leistungstests haben mir eins bestätigt: Ich komme aus dem Kraftsport, die Grundlage ist miserabel. Ein Sportwissenschaftler bei dem ich einen Laktattest machen ließ meinte: "Du kannst Laktatwerte ab, bei welchen andere schon über der Schüssel hängen würden". Für Ausdauerbelastungen nicht gerade optimal.
An oberster Stelle sollte in dieser Saison übrigens auch Spaß stehen. Daher entschied ich mich mit einem Freund zu einer "Spaß-Fahrt" Ende Mai. Mit der Bayern-Rundfahrt kam wie jedes Jahr im Mai der Profiradsport nach Bayern. Viele Größen waren angekündigt, die die Bayern-Rundfahrt als Formtest für die Tour de France nutzen wollten. Und wie jedes Jahr bedeutete dies, eine Woche sturmfrei, weil die Dame des Hauses eine Woche lang dort arbeiten darf. Das Einzelzeitfahren fand dieses Jahr in Feuchtwangen statt, gefolgt von der letzten Etappe nach Bamberg. Wie jedes Jahr wollten wir natürlich unsere Mädels bei der Arbeit besuchen, traditionell zum Einzelzeitfahren am Samstag. Also kam mir die Idee, die Strecke mit dem Rad zurückzulegen. Gesagt getan, Samstag früh um 6 Uhr starteten wir die 180km nach Feuchtwangen. Zum ersten mal fuhr ich eine solch lange Strecke. Es lief blendend, und das Wetter spielte auch mit.
Nachdem wir in einem Hotel übernachteten fuhren wir am Sonntag dann dem Profifeld voraus nach Bamberg über 130km. Ich verbrachte gut 120km davon vorne im Wind, mir gings super. Nur der Hintern tat mir weh! :D
Denke ich zurück an die beiden Tage, weiß ich dass ich kommende Saison wieder so etwas machen muss. Eine tolle Erfahrung quer durch Bayern mit dem Rad zu fahren.
Am 17. Juni holte mich der Erdinger Stadttriathlon (OD) wieder auf den Boden der Realität zurück. Ein Wettkampf der sich von Anfang bis Ende schlecht anfühlte, und das obwohl ausnahmsweise mal gutes Wetter war. Das verfrühte Formhoch des Trainingslagers war weg, das Grundlagentraining zeigte ihre Auswirkung.
Der Schwimmstart verlief noch weitesgehend ideal. Ich fand schnell meinen Rhythmus und schwamm schön gleichmäßig meinen "Stiefel" dahin. In einer für mich Standardzeit über die 1500m von 25:33 Minuten stieg ich aus dem Wasser. Und in T1 begann der schlechte Teil des Wettkampfes. Während ich meinen Neo vom Körper zog, wurde mir übel. "Übel" ist sogar fast der falsche Ausdruck, schlecht war mir eigentlich gar nicht, aber irgendwie hatte ich trotzdem das strenge Bedürfnis mich zu übergeben. "Jetzt bloß nicht über den Neo reiern". Ich machte langsam und trabte ruhig aus der Wechselzone. Übergeben habe ich mich Gott sei dank nicht, was das allerdings für ein Phänomen war weiß ich nicht. Hatte so etwas bisher noch nie.
Das Radfahren fühlte sich ganz und gar nicht gut an. Irgendwie war alles schwerfällig. Das größte Problem, ich bekam einfach keinen Druck auf die Pedale. Und somit war ich mental nicht wirklich gut auf den Lauf vorbereitet. Mit einem Schnitt von 36 km/h wechselte ich schließlich in die Laufschuhe. Der Lauf war okay. Nicht überragend, vom Gefühl her nicht ideal, aber immerhin die 10km in knapp über 42 Minuten geschafft.
Mit der Gesamtzeit von 2:31 war ich irgendwie nicht so zufrieden. Aber es zeigte mir sehr freundlich dass das Formhoch vorbei ist.
So nicht lang nachdenken, denn in einer Woche stand sie an, die neue Erfahrung in meinem Lebenslauf. Das Rennen wozu mich Radsportfreunde überredet haben. Der Dreiländergiro in Nauders mit dem Anstieg auf das berühmte Stilfser Joch. Bisher bin ich erst einmal einen Alpenpass gefahren, von Ötz nach Sölden, auf das Timmelsjoch und wieder zurück. Da dies eine so schöne Erfahrung war, stieg die Vorfreude auf das Rennen. Allerdings war das ganze gepaart von einer leichten Angst und Ungewissheit des "Pulk-Fahrens". Massenstart, 2500 Starter, gleichzeitig…davor machte ich mir die meisten Gedanken.
Startschuß war um 6:30 Uhr. Und das war einer der Morgen an denen man sich so richtig bescheiden fühlt. Und das reichte bis zum Fuße des Stilfser Jochs. Die überwiegend bergab verlaufenden ersten 30 km fühlte ich mich irgendwie nicht fit, der Magen war nicht auf der Höhe.
Bei einer Höhe von 900 hm begann dann der Aufstieg bis zur Passstation auf 2700m Höhe. Eine Kehre nach der anderen verging und ich kam immer besser in Schwung. Sehnsüchtig wartete ich auf den Moment den man von Bildern kennt. Nach ca. 11 Kehren war es soweit und man hatte einen wunderbaren Blick auf die restlichen Kehren in den Steilhang hinein. Traumhaft!
Die 2 Stunden bis zur Passstation vergingen wie im Flug. Dafür schien sich die Abfahrt bei dem kalten Fahrtwind ewig zu ziehen. Zum Glück kam sofort im Anschluss der Ofenpass. Ein schöner lang gezogener Pass. Doch schon bald merkte ich dass mein Schädel sich verabschiedete. Mir war irgendwie schummrig und übel. Ich wusste genau was gerade passiert. Das selbe als ich vor einem Jahr bei meiner ersten Mitteldistanz in Erlangen in Unterzucker geriet. Also Notbremse gezogen, zwei Kehren vor Passhöhe rechts ran gefahren und ein Gel genommen. In Ruhe versucht die kochend warme Isoplörre aus meiner Radflasche runter zu bekommen. Nicht schon wieder! Zum zweiten mal war ich zu blöd mich vernünftig zu ernähren. Zum zweiten mal musste ich wieder einmal anhalten um ein Umkippen zu vermeiden. Idiot….
Ich versuchte mich noch die letzten Höhenmeter hoch zuquälen, denn da wartet eine Verpflegungsstelle auf mich, an der ich auch bereitwillig alles in mich reinstopfte was ich zu fassen bekam. Vor allem kalte Getränke.
20 Minuten hat mich diese Aktion sicherlich gekostet.
Auf der Abfahrt erholte ich mich langsam. In Zernez schnappte ich mir noch drei Balisto Müsliriegel, die einfach nur göttlich schmeckten, und prügelte in einer sehr starken Radgruppe die restliche Strecke durch das Engadin. Den Schlussanstieg auf die Norbertshöhe hechtete ich mit Leichtigkeit vorwiegend im Wiegetritt hoch. Zu sehr freute ich mich bereits auf das Ziel auf der anderen Seite. Und da kam ich dann auch überglücklich an. Freihändig jubelnd überquerte ich nach 7:27:00 die Ziellinie meines ersten Radmarathons. Eine Erfahrung um die ich sehr glücklich bin. Sicher wird das nicht mein letztes Radrennen gewesen sein.
Doch nun war es Zeit sich für den Saisonhöhepunkt bereit zu machen. Letzter Formtest und "Heimspiel" beim benachbarten Karlsfelder Triathlon über die OD und der Höhepunkt beim Ironman 70.3 in Zell am See.
to be continued…
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Rule 72 // Legs speak louder than words.
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