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Elegie mit Ei - Erich Kästner
Elegie mit Ei
Es ist im Leben haesslich eingerichtet,
dass nach den Fragen Fragezeichen stehn.
Die Dinge fuehlen sich uns keineswegs verpflichtet;
sie laecheln nur, wenn wir voruebergehn.
Wer weiss, fragt Translateur, was Blumen traeumen?
Wer weiss, ob blonde Neger haeufig sind?
Und wozu waechst das Obst auf meterhohen Baeumen?
Und wozu weht der Wind?
Wir wolln der Zukunft nicht ins Fenster gaffen.
Sie liegt mit der Vergangenheit zu Bett.
Die ersten Menschen waren nicht die letzten Affen.
Und wo ein Kopf ist, ist auch meist ein Brett.
Wir werden spaeter jung als unsre Vaeter.
Und das was frueher war, faellt uns zur Last.
Wir sind die kleinen Erben grosser Uebeltaeter.
Sie luden uns bei ihrer Schuld zu Gast.
Sie wollten Streit. Und uns gab man die Pruegel.
Sie spielten gern mit Flinte, Stolz und Messer.
Wir saeen Gras auf Eure Feldherrnhuegel.
Wir werden langsam. Doch wir werden besser!
Wir wollen wieder mal die Tradition begraben.
Sie sass am Fenster. Sie ward uns zu dick.
Wir wollen endlich unsre eigne Aussicht haben
und Platz fuer unsern Blick.
Wir wollen endlich unsre eignen Fehler machen.
Wir sind die Jugend, die an nichts mehr glaubt
und trotzdem Mut zur Arbeit hat. Und Mut zum Lachen.
Kennt Ihr das ueberhaupt?
Beginnt ein Anfang? Stehen wir am Ende?
Wir lachen hunderttausend Raetseln ins Gesicht.
Wir spucken - pfui, Herr Kaestner - in die Haende
und gehn an unsre Pflicht.
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Das Leben ist ein Zeichnen ohne die Korrekturmöglichkeiten des Radiergummis.
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