Rennbericht Northcape 4000 - 2025 / Teil 2
Das Rennen
Der Start der langen Strecke war am 26.7.25 in Rovereto, mein Start war erst am 31.7. ab Berlin; ich konnte also meinen Mitstreitern schon mal ein paar Tage zuschauen. Die schnelleren FahrerInnen waren nach 3-4 Tagen in Berlin; wo ich etliche von denen am Brandenburger Tor, dem 2. Checkpoint, getroffen habe. Das war schon mal ein schönes Erlebnis und habe mir die Zeit bis zum Start vertrieben. Alle berichteten von schlechtem Wetter auf dem Weg von Italien nach Berlin mit viel Regen – da hab ich also wirklich nicht viel verpasst.
Am 31.7. ging es dann für mich und ca. 110 andere StarterInnen es dann um 8.00 Uhr morgens los. Das Wetter war okay, die Stimmung gut. Wir sind zusammen aus Berlin rausgefahren und schon ging vorne im Feld die Post ab. Die ersten zwei Stunden bin ich noch mitgefahren, habe dann die Schnellen ziehen lassen. Eigentlich war es ja auch total sinnlos so los zu ballern, weil die erste Etappe nur 240km zur Fähre nach Swinnemünde hatte, die beiden Fähren praktisch gleichzeitig um 23 Uhr fuhren und das schaffen nun die meisten FahrerInnen eh. Eigentlich hatte man so einen neutralisierten Start, wo sich das Feld am Fährterminal wieder gesammelt hat. Ich hab es dann ruhiger angehen lassen und war entspannt um 18 Uhr in Swinnemünde. Die Fährüberfahrt war unauffällig und ich habe prima in meiner Kabine geschlafen.
Frisch ausgeruht ging es dann gegen 6.45 Uhr auf die zweite Etappe durch Schweden. Der Tag war ein Traum. Tolles Wetter, kleine ruhige Straßen und ein krasser Rückenwind aus Süden haben ein sehr hohes Tempo erlaubt. Für mich ging es darum, erstmal in den Rhythmus zu kommen. Ich habe gar nicht erst versucht, mit anderen zu fahren, das wollte ich ohnehin nicht. Das Hotel in Jönköping in 325km hatte ich schon vorab gebucht; total überraschend bin ich dort schon um 21 Uhr angekommen; damit hätte ich vorher nie gerechnet. Das war dann auch der schnellste Tag im Rennen mit einem Schnitt von fast 26km/h.
Wie geplant bis ich früh in Tag 3 gestartet. Um 4 Uhr ging’s los, erstes Zwischenziel war der Checkpoint in Gränna. Ich war natürlich viel zu früh dort, das Museum hatte noch geschlossen und so bin ich ohne Stempel einfach weitergefahren. Dann ging es weiter über kleine Straßen bis Örebro, dass am Nachmittag nach rund 200km erreicht war. Da hatte ich dann einen ersten richtigen Tiefpunkt, warum auch immer – durch den Einsatz von Kaffee, Eis und Schokolade ging es dann aber wieder. Nach Örebro kann ein Stück mit wenig Infrastruktur und ich hatte größere Schwierigkeiten eine Unterkunft zu finden. Erste das dritte AirBNB hat mir zugesagt und das lag dann noch 7km neben der Strecke. Das Wetter war aber kalt und regnerisch und da wollte ich dann doch auf keinem Fall draußen schlafen. Die verbleibenden 80km waren hart, vor allem bei einsetzendem Regen. Das absolute Highlight kam dann aber noch. Ich einer kleinen Ansammlung von typischen Schwedenhäusern hatte eine schwedische Familie für die Nordkap-Fahrer einen privaten Verpflegungspunkt mit kostenlosen Bananen aufgebaut. Ich war total gerührt und bin extra zurück gefahren um mich bei den Leuten zu bedanken nur um dann auch noch zum Abendessen geladen zu werden. Ein wirklich tolles und völlig unerwartetes Erlebnis.
Tag 4 habe ich dann wieder früh begonnen. Es war neblig und kalt und so richtig warm sollte es auch die weiteren Tage nicht werden. Tageshöchsttemperaturen von 18-20 Grad waren der Standard; am Morgen und Abend waren es eher 10-12 Grad. Das wirklich Gute an diesen Temperaturen ist die optimale Lagerbedingung für Schokolade in Fahrradtaschen; schmilzt nicht und ist schön knackig ohne zu hart zu sein. Und so sollte ich in den nächsten Tagen viel Schokolade essen, sehr viel Schokolade. Geschätzt habe ich mindestens ein Drittel meiner Kalorien über Schokolade zu mir genommen. Schokolade ist mein Race-Fuel. Nach 309 km war das Grand Hotel in Bollnäs erreicht. Das Hotel ist zwar schon länger nicht mehr „Grand“, aber völlig gelangweilte Rezeptionist hatte nichts dagegen, dass ich mein Rad mit aufs Zimmer nehme, was einfach unheimlich praktisch ist und viel Zeit spart.
Auch der nächste Tag begann wieder früh um 5 Uhr mit mäßigen Wetteraussichten. Mein Hintern tat mir mittlerweile doch schon ordentlich weh. Eine kleine offene Stelle brennt und der Druckschmerz vom Sitzen ist nicht ohne. Es machen sich Zweifel bemerkbar, wie das noch weitere 5 Tage gehen soll. Das wechselhafte Wetter steigert die Laune auch nicht gerade, aber die Zufuhr von ausreichend Schokolade lässt dann die Maschine doch weiter rollen. In Sundsvall endet der GPS-Track und ich lade den nächsten. Ich vertrödele relativ viel Zeit und buche mir ein Zimmer für 5 Leute in einem AirBNB mitten in der schwedischen Pampa. Nach 260 km komme ich dort in einer merkwürdigen Behausung an, aber ich habe viel Platz für wenig Geld und schlafe trocken und geduscht ein.
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