Zitat von bellamartha
Ich finde weder, dass man jemanden als Alkoholiker bezeichnen darf, der täglich Alkohol konsumiert noch, dass es Schönreden ist, wenn man dieser Meinung ist. Als jemand, die einen Job in der Suchtkrankenhilfe hat, rede ich die Dinge bestimmt nicht schön.
Die Bezeichnung "Alkoholiker" wird aber von der überwiegenden Mehrheit der Menschen für jemanden benutzt, der alkoholabhängig ist und nicht einfach für jemanden, der regelmäßig, aber kontrolliert Alkohol trinkt.
Der Vergleich mit dem Rauchen hinkt daher, weil man allgemein einen Menschen, der raucht als Raucher bezeichnet, ganz unabhängig davon, ob er nikotinabhängig ist oder nicht.
Die von mir genannten Diagnosekriterien dienen genau dazu, die Unterscheidung zwischen einer Gewohnheit und einer Erkrankung zu machen. Weggelassen hatte ich, dass es in der Diagnostik noch eine Vorstufe zur Abhängigkeit gibt, die man "schädlichen Gebrauch" nennt und deren Diagnosekriterien etwas anders sind. Kann man googeln.
Ich finde es wichtig, diese Unterscheidungen zu machen. Erstens, um nicht jegliches Konsumverhalten zu pathologisieren (diese Tendenz gibt es bei vielen Gewohnheiten, wo das rasch von einer "Sucht" gesprochen wird, aber auch bei anderen Themen, so dass z.B. Kinder und Jugendliche teilweise vorschnell und falsch Stempel aufgedrückt bekommen, z.B. den ADS- oder ADHS-Stempel). Zweitens, um den Betroffenen klar zu machen, dass eben nicht "alle" irgendwie süchtig sind. Viele unserer Patienten auf den Entzugsstationen sagen so etwas nämlich und verkennen dabei, dass der gewohnheitsmäßige Konsum eben nicht immer ein abhängiger ist. Mein Eindruck ist, dass sie das so zu sehen neigen, weil sie sich dann vielleicht selbst nicht so "krank" fühlen, wenn die Krankheit quasi Normalfall ist, denn natürlich trinken die meisten erwachsenen Menschen in unserem Land regelmäßig, viele auch täglich oder fast täglich Alkohol.
Naja, ich glaube aber, dass das gar nicht Thema dieses Threads ist, sondern es ging ja eher darum, wie es die Forumsmitglieder mit Alkohol halten.
Ich würde mal vermuten, dass hier die Zahl der Leute mit problematischen Alkoholkonsum, egal wie man das nun nennt, eher gering ist.
Gruß
J.
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