Dopinganalytiker Firtz Sörgel sagt in einem
Interview mit Sport1, Januar 2020:
[…]
SPORT1: Das ist lange her, wie sieht es heute aus?
Sörgel: Dass in letzter Zeit keiner der Großen positiv getestet wurde, liegt an zwei Dingen. Zum einen werden diese bestens betreut und beraten, sodass keine Auffälligkeiten auftreten können. Zum anderen schützen die Verbände ihre Stars. Wenn es nie rauskommt, nie publik wird, kann man es auch nicht kommentieren, nur den Verdacht hegen. Das ist das Bedauerliche. Es fällt trotzdem auf, gerade jemandem wie mir, der die Szene seit Jahren verfolgt.
SPORT1: Sie sprechen von Betreuung und Beratung. Was meinen Sie damit im Speziellen?
Sörgel: Einflussreiche Sportler haben um sich herum ein "professionelles Umfeld", wie man sagt, das sich um eine optimale Versorgung der Spitzenathleten von der Ernährung und Einnahme von zunächst Erlaubtem bis hin zu ausgefeilten Physiotherapieformen kümmert, das genau weiß, wie der Körper ihres Schützlings funktioniert und wann Grenzen der Leistungsfähigkeit erreicht sind, die mit legalen Mitteln nicht überschritten werden können. Es gibt genug Techniken, um dann verabreichtes Doping zu verschleiern.
SPORT1: Und die wären?
Sörgel: Angenommen, eine Substanz kann nur bei dem Wert von 1 ermittelt werden. Dann nimmt der Sportler einfach fünf verschiedene Substanzen mit dem Wert von 0,2. Diese ergeben dann die Summe 1, mit derselben Wirkung, können aber nicht positiv getestet werden. Aber das muss man beherrschen, Jarrys Berater aber offenbar nicht. Er hat zumindest zwei Präparate gemischt, die er für nicht nachweisbar hielt. Beim Ligandrol wundert es mich nicht, dass es schiefgegangen ist. Die Substanz ist chemisch etwas ganz anderes als die bekannten Steroid-Anabolika und ist wissenschaftlich im Vergleich zu Letzteren wenig untersucht. [...]
SPORT1: Sie sagten, Tennis sei für Sie in den Top vier des Dopingmissbrauchs. Welche Sportarten zählen Sie noch dazu?
Sörgel: Ganz oben steht der Wintersport mit seinen Langlaufdisziplinen und Biathlon. Das hat die "Operation Aderlass" letztes Jahr gezeigt, die in Erfurt ihren Anfang nahm. Darunter kommt die Leichtathletik, gefolgt vom Radsport. Und ja, dann kommt auch schon Tennis. Dass ich mich nicht irre, zeigt der Fall Sharapova aus dem Jahr 2016. Die war tatsächlich in der Spitze. […]
SPORT1: Sie sprachen vom Radsport. Nach den ganz großen Dopingfällen ist es nun etwas stiller geworden. Glauben Sie an Besserung?
Sörgel: Zunächst habe ich daran geglaubt. Aber im Fall Froome wurde sich verrechnet und plötzlich schlägt der Wert doch wieder aus. Die Verbände versuchen den Sport reinzuwaschen. Da verschwindet einiges und die Sperren, falls überhaupt, fallen sehr milde aus. Froome hat große Zweifel in mir geweckt, dass es sich im Bereich der Top-Athleten wirklich gebessert hat.