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Alt 18.05.2020, 09:59   #7316
Klugschnacker
Arne Dyck
triathlon-szene
Coach
 
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Registriert seit: 16.09.2006
Ort: Freiburg
Beiträge: 24.778
Zitat:
Zitat von Estebban Beitrag anzeigen
An dieser Stelle ganz liebe Grüsse von Karl Popper:
Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz. Denn wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.
Und mit ganz lieben Grüßen von Klugschnacker:

Karl Popper lässt in seiner Argumentation einen entscheidenden Punkt weg und gerät dadurch in einen Irrtum, der leicht einzusehen ist. Genau genommen sind es zwei Irrtümer.

Recht hat er in dem Punkt, dass die Toleranz einer Gesellschaft unterwandert werden kann von Individuen, die intolerant sind. Gegen diese Unterwanderung sollte sich die Gesellschaft seiner Meinung nach zur Wehr setzen.

Die Frage ist nun, wie weit diese Gegenwehr gehen soll? Soll sie hundertprozentig und total sein? Soll jede intolerante Haltung als solche erkannt und sofort im Keim ausgemerzt werden? Sollten wir also die Polizei zum Abwehr intoleranter Gesinnungen verzehnfachen, alle Gespräche abhören, Lehrer zur Abwehr von Schülermeinungen anhalten, die als intolerant eingeordnet werden? Soll die Wehrhaftigkeit der Gesellschaft total sein? Hier liegt der Hase im Pfeffer.
Beispiel: Unsere Gesellschaft schützt das persönliche Eigentum. Ich kann mein Fahrrad auf der Straße abstellen, und wer es stiehlt, handelt gegen die Gesetze, die sich die Allgemeinheit gegeben hat. Wenn wir das persönliche Eigentum aber total und zu hundert Prozent gegen Diebe schützen wollen, müssten wir die Polizei verzehnfachen und hätten Streifenwagen in jeder Straße. Und entsprechend weniger Lehrer oder Ärzte. Die Steuern müssten erhöht werden – vielleicht um einen Betrag, der höher ist als das Fahrrad wert ist.

Alternativ könnten wir ein gewisses Maß an Diebstählen hinnehmen. Wir wehren uns gegen Diebe, aber diese Abwehr ist nicht total, sondern verhältnismäßig. So fahren wir als Gesellschaft ingesamt besser. Die Steuern sind niedriger, wir haben weniger Überwachung und mehr Lehrer und Ärzte.
In gleicher Weise sollte sich unsere Gesellschaft gegen die Unterwanderung ihrer Werte oder Ziele wehren. Aber eben nicht total, sondern verhältnismäßig. Das bedeutet im Fall der Toleranz, dass wir eine gewisse Menge an Intoleranz hinnehmen.

Täten wir das nicht auf verhältnismäßige Weise, sondern würden eine totale Abwehr organisieren und durchsetzen, würden wir unsere Toleranz gefährden. Denn es wäre dazu ein totalitärer Gesinnungsstaat notwendig, der nicht tolerant sein kann. Wir würden verlieren, worum wir kämpfen. Das ist Poppers erster Irrtum.

Der zweite ist weniger zum Thema passend, daher nur ganz kurz: Er sagt, wenn sich die Toleranten nicht wehren, "dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.". Das ist falsch. Denn Toleranz bietet einer großen Gesellschaft von 80 Millionen Individuen erhebliche Vorteile. Aus diesem Grund bildet sie sich in jeder Gesellschaft von selbst heraus und kann nur schwer und aufwändig von totalitären Systemen unterdrückt werden. Vollständig intolerante Gruppen sind nicht stabil, das heißt, nicht von Dauer.
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