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Zitat von Flow
...da ich hier oft genug den Eindruck hatte, daß lediglich naturwissenschaftlich hergeleitete Aussagen/Erkenntnisse Gültigkeit/Wertigkeit besitzen.
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Das ist, was meine Standpunkte betrifft, ein Missverständnis. Für mich besitzen nicht nur wissenschaftlich hergeleitete Dinge einen Wert oder eine Gültigkeit, sondern auch viele andere, nichtwissenschaftliche Dinge.
Das Missverständnis rührt vielleicht daher, dass "Wert" oder "Gültigkeit" mit Wahrheit im Sinne einer Tatsache verwechselt werden. Hat die religiös-literarische Kunstfigur "Jesus Christus" wertvolle Dinge gesagt? Ja, vielleicht. Das kann jeder für sich selbst entscheiden. Ist er von einer Jungfrau geboren und nach seinem Tod wieder lebendig geworden? Mythologisch ja, faktisch nein. Der Wert seiner Ideen ist in gewissem Umfang unabhängig davon, ob er im literarischen oder im faktisch-naturwissenschaftlichen Sinn existiert hat.
Diese Unterscheidung zwischen dem faktischen und dem literarischen Wirklichkeitsbegriff ist außerhalb der Religion überhaupt kein Problem und etwas völlig alltägliches. Hat Goethes Faust wichtige Dinge ausgesprochen? Ja, für mich persönlich durchaus. Hat er tatsächlich gelebt? Selbstverständlich nicht. Haben die Ideen von Sokrates Bedeutung für die Welt? Ja auf jeden Fall. Hat er tatsächlich gelebt? Wir wissen es nicht genau.
Ist die Gleichheit aller Menschen eine Idee oder ein Fakt? Es ist eine Idee, eine idealisierte Vorstellung, die nur in unseren Köpfen existiert. Eine gute Idee, wie ich finde. Sobald sie jedoch als faktische Tatsache behauptet wird, ist sie falsch. Alle Menschen sind nun einmal verschieden und keineswegs gleich.
Wer eine mythologische oder literarische Sache als Tatsache behauptet, wird von der Wissenschaft früher oder später überführt. Das bedeutet aber nicht, dass der Wert mythologischer oder literarischer Dinge verkannt würde.
Ist mein Standpunkt jetzt klarer geworden?
