Zitat:
Zitat von Körbel
Weniger Nahrungsmittel in die Tonne kloppen, wäre schon mal ein Anfang. Deutschland ist darin führend und zwar weltweit. Wenn alle Nahrungsmittel teurer wären würde ganz automatisch nicht so viel weggeworfen.
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Das klingt sehr einfach, ist es aber nicht.
Nicht nur der Verbraucher am Ende der Wertschöpfungskette wirft Lebensmittel weg, sondern bereits der Erzeuger (Landwirt), das weiterverarbeitende Gewerbe und der Handel. Alle haben dabei das Ziel, dass die Wertschöpfung möglichst hoch ausfällt, denn sonst würden sie es nicht tun. Alle anderen Strategien haben sich als weniger rentabel erwiesen. Es würde auf dieser Ebene also nichts nützen, die Lebensmittel teurer zu machen.
Wir machen uns das zu leicht, wenn wir diese Umstände einfach ignorieren und fordern, es solle halt weniger weggeworfen werden. Nehmen wir an, Du seist Großhändler. In Deinen Gemüsekisten sind 10% der Kartoffeln leicht fleckig. Dein Konkurrent sortiert diese Anteile aus, Du lässt sie drin. Du bist jetzt am freien Markt im Nachteil, denn Du verkaufst schlechtere Ware. Folglich wendest Du Dich an Deine Zulieferer, sie sollen Dir nur noch 100% einwandfreie Kartoffeln liefern, sonst nimmst Du sie nicht ab. Der Bauer holt die fleckigen Kartoffeln gar nicht mehr vom Acker. Und so weiter.
Es ist sehr schwer, diese Zivilisationsspirale wieder zurückzudrehen.
Vielleicht noch ein Beispiel, um mein Argument zu verdeutlichen. Bei der Landwirtschaft ist das besonders offensichtlich. Nehmen wir fiktiv an, eine extensive und nachhaltige Landwirtschaft könne 6 Milliarden Menschen ernähren. Durch Pestizide, Düngung und Monokultur können wir jedoch die Erträge steigern. Wir haben mehr Nahrungsmittel zur Verfügung, und in der Folge steigt die Weltbevölkerung auf 10 Milliarden. Nun stellen wir fest, dass wir durch die intensive Landwirtschaft die Umwelt zerstören. Wir können aber nicht mehr so leicht zurück, selbst wenn wir wollten. Was soll denn mit den 4 Milliarden Menschen geschehen, für die es bei einer Rückkehr zur extensiven Landwirtschaft keine Nahrung mehr gibt? Wer opfert sich und sagt, im Sinne des Umweltschutzes verhungere ich jetzt mal?
Solche Sackgassen haben wir überall. Wir haben in Europa gute Löhne, aber auch hohe Mieten und teure Verkehrsmittel. Die wenigsten von uns haben die Möglichkeit, auch für den halben Lohn zu arbeiten. Um die Löhne zu zahlen braucht der Arbeitgeber aber entsprechende Erträge, und die erzielen wir nicht mit Schafzucht, sondern mit einer im globalen Vergleich sehr ausgefuchsten Industrie und komplexen Dienstleistungen. Wir können nicht so leicht zurück zu einfacheren Wirtschaftsweisen.