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Ich bin verärgert, frustriert. Kann eine lebenslange Beziehung so arg auseinander driften? Bin ich Schuld? Ja, wurde mir am Mittwoch mitgeteilt. Ich hätte nicht mein Bestes getan, war selbstsicher, zu bequem.
Doch gerade in den letzten Wochen, Monaten bei dem Dauerstress hatte ich das Gefühl meine Ziele wären wieder greifbar nahe. Nichstun, im Rollstuhl umsorgen lassen, Geld für harte Medikamente verschleudern.
Fast 6 Jahre ist es her, da wurde unsere Beziehung schriftlich fixiert, mit mir war sein Leben nicht mehr wie zuvor, aus dem Gleichgewicht, auch des Alltagstrotts. Ich lernte ihn die einfachen Dinge wieder zu schätzen. Aufstehen ohne Schwindel, auch mal inne zu halten. Doch dann kam die Verführung.
Auch gestern schlich er sich aus dem Haus. Noch im Dunkeln, ich war zu müde mich zu wehren, zu mucken, musste mit.
Er lief ohne Ablenkung, Musik oder Zuschauer. Er lief einfach nur und immer weiter. Ich merkte wie ich die Kontrolle über ihn verlor. Innerlich richtete er sich auf, grinste die Sorgen weg, lief und lief mir davon. Am Ende war ich erschlagen, müde, völlig fertig, doch er murmelte Marathon trotz Off-Season in 4.24 Std., 200 Höhenmeter, schnellere zweite Hälfte. Was soll das bedeuten? Interessiert doch keinen.
Ich hatte mein Fiasko eh schon am Mittwoch von einem Mann in weißem Kittel bestätigt bekommen. Ich hätte seine Werte nicht verschlechtern können, kein neuer Schub, dabei nimmt er nicht einmal Medikamente. Ich habe schändlich versagt.
Nicht nur diese nimmermüde junggebliebene Daueroptimistin, die er Herzblatt nennt und immer noch mit dem gleichen verklärten Blick anhimmelt, nein auch diese fortlaufenden Aufmunterungen daheim oder im Internet und auch die Träume von seinem Jungbrunnen, der Challenge Roth oder seinem Durchhaltesymbol den Taubertal100. Das ist mir zuviel. Für heute muss ich mich zurückziehen. Doch ich komme wieder, keine Frage, warte nur auf die nächste Schwäche.
Eine lauernde MS
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