Trimichi, wir brauchen die Wissenschaft, um Wissen zu erlangen und uns in der Welt zu orientieren. Das allein genügt jedoch nicht, da bin ich ganz Deiner Meinung.
Wir brauchen Ethik und Philosophie um zu klären, wie wir uns verhalten wollen. Dies hat auf Basis von Fakten zu geschehen, sonst sind unsere Urteile über die Welt falsch. Etwa, dass Frauen dem Manne unterlegen seien.
Thomas von Aquin, neben Augustinus der wohl bedeutendste Kirchenlehrer, sagte, Frauen entstünden durch schadhaften Samen. Ein männlicher Fötus würde nach 40, ein weiblicher erst nach 80 Tagen zu einem Mensch. Die Wissenschaft entlarvt so etwas als Bullshit und ermöglicht der Philosophie und Ethik, zu zutreffenderen Urteilen und Verhaltensregeln zu kommen.
Das bedeutet, Religion ohne Wissen kann nicht zu einer Ethik gelangen, die wir heute zu akzeptieren bereit sind. Wer das bezweifelt, mag sich die Verhaltensregeln derjenigen Religionen ansehen, die dem Christentum am nächsten verwandt sind, dem Judentum und dem Islam. Wären wir bereit, islamische Verhaltensregeln aus der vorwissenschaftlichen Zeit anzuerkennen? Würden wir das als Fortschritt und Verbesserung sehen? Ich meine: nein.
Diese Skepsis haben wir heute auch gegenüber den Christentum. Wer hätte gerne im Bundestag anstelle der Ethikkommission eine Moralkommission, die sich aus Klerikern zusammensetzt, und über ethische Fragen entscheidet? Was würden wir davon halten, das Bundesverfassungsgericht ausschließlich mit Bischöfen zu besetzen?
Ich möchte mit diesen Beispielen verdeutlichen, dass wir heute der christlichen Moral, die aus der Zeit der Antike kommt, nicht so viel zutrauen, wie gelegentlich behauptet wird.
