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Religion und Wissenschaft haben insofern den gleichen Gegenstand, als dass sie den Anspruch haben, sich mit der Wahrheit zu befassen. Die Religionen haben dabei einen umfassenderen Wahrheitsanspruch als die Wissenschaften.
Dass die Religionen sich dabei mit imaginären Dingen beschäftigen wie zum Beispiel "Sünden" tut nichts zur Sache. Der Wert einer Aktie ist ebenso imaginär wie die Schwere einer Sünde. Die Rechtswissenschaften beschäftigen sich mit imaginären Konstrukten wie "juristischen Personen" und Gesetzen. Es ist also ein Missverständnis, festzusetzen, dass die Wissenschaft im Reich der imaginären Objekte nichts verloren habe.
Dass sich die Religion mit rein imaginären Objekten beschäftigt, wird in erster Linie von den Religionen selbst bestritten. Es ist beispielsweise ein katholisches Dogma, dass Maria nicht symbolisch und imaginär, sondern ganz konkret mitsamt ihrem Leib in den Himmel aufgestiegen sei. Sie hinterließ angeblich keine Leiche.
Wissenschaft und Wissen ist für den Glauben sehr wichtig, denn das Wissen trennt Glaube von Aberglaube. Ruht die Erde auf dem Rücken einer Schildkröte? Können wir uns Adam und Eva tatsächlich als die ersten Menschen vorstellen? Wurde das Universum in 7 Tagen erschaffen?
Die Antwort auf jede dieser Fragen lautet "Nein" und befindet sich aus der Perspektive des heutigen Wissens im Reich des Aberglaubens. Indem man versucht, die Religion gegen das voranschreitende Wissen und alle Wissenschaft zu immunisieren, wird der Glaube zwangsläufig immer mehr zum Aberglaube. Er verliert an Glaubwürdigkeit und Relevanz.
Ich sehe keinen vernünftigen Grund, warum man Daseinsfragen oder ethische Fragen nach unserem Zusammenleben vom voranschreitenden Wissensstand abkoppeln sollte. Wissenschaft ist keine Bedrohung für unsere Spiritualität, sondern eine ihrer Hauptschlagadern.
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