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Ich habe den Eindruck, dass es in dieser Diskussion zwei Argumente gegen die Abschaffung kirchlicher Feiertage angeführt werden:
1. Bewahrung der abendländisch-christlichen Tradition
2. Wunsch nach arbeitsfreien Tagen.
Dem zweiten Wunsch wird kaum jemand widersprechen wollen. Allerdings empfinde ich es als unpassend und eher vorgeschoben, christliche Werte als Begründung anzugeben.
Beim ersten Argument, der abendländisch-christilichen Tradition, wird es schwieriger. Das heutige uns geläufige Christentum musste durch die Läuterung der Aufklärung gehen. Die Tradition des Christentums in unserer Gesellschaft ist geprägt von einem allmählichen Verlust an Deutungshoheit der Kirche hin zu Werten, die gegen die Kirche durchgesetzt wurden, die nun aber die Kirche als eigene Werte vereinnahmen will. Besonders unrühmlich tut sich die kathol. Kirche hervor, aber auch Luthers Einstellung zu Frauen, Juden, Erbsünde ist nun im 21. Jahrhundert wirklich absolut nicht vorbildlich.
Zur abendl.-christl. Tradition gehört eben auch der Wandel, nicht nur die Wurzel.
Insofern ist das Festhalten an Feiertagen, deren Ursprung nur noch einer absoluten Minderheit ernsthaft etwas bedeutet, schon kritisch zu hinterfragen. Zumal mit den Migrationsbewegungen zurecht Angehörige anderer Religionen fragen werden, weshalb ihre Traditionen nicht gleichberechtigt berücksichtigt werden.
Kekos Hinweis auf den Sonntag finde ich sehr passend. Der Hauptgrund für die Beibehaltung des arbeitsfreien Sonntags (mit Ausnahme der Ärzte, Schwestern, Mitarbeitern von Bahnhöfen, Flughäfen, usw usw) ist wohl der gesellschaftlich verbreitetete (nicht religiös motivierte) Wunsch nach einem wenigstens weitgehend sozial synchronisierten Rhythmisieren der Woche. Kirchliche Feiertage bieten aus den gleichen Gründen angenehme Unterbrechungen in unserer auf Optimierung der Abläufe und Leistung ausgerichteten Arbeitswelt. Christliche Werte im eigentlichen Sinne kann ich da aber eher nicht erkennen.
Möglicherweise schwingt hier auch einfach die Sorge mit, dass nichtkirchliche Feiertage leichter zur Dispostion gestellt werden könnten, während an einem Karfreitag nicht so einfach gerüttelt werden kann.
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