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Zitat von keko#
An Bezeichnungen wie "dumm und dünkelhaft" hänge ich mich tatsächlich etwas auf, auch wenn sie vielleicht richtig sind. Denn das hat was Arrogandes und Wegwischendes, so dass man sich damit nicht weiter beschäftigen muss.
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Ich akzeptiere, dass man meiner Position auf den ersten Blick ebenfalls einen gewissen Dünkel vorwerfen kann, also die Überzeugung von der (vielleicht nur eingebildeten) Überlegenheit des eigenen Standes.
Als Vertreter eines aufgeklärten Weltbildes äußere ich alle meine Ansichten jedoch unter dem Vorbehalt, dass sie falsch sein könnten. Wir haben uns ja bereits im Reli-Thread ausführlich darüber ausgetauscht: Meinen Überzeugungen ist grundsätzlich zu misstrauen. Es ist stets das dahinter stehende Argument zu prüfen. Es können sich jederzeit Irrtümer zeigen, auch nachträglich. Konkret: Was ich über die Ehe denke, kann falsch sein.
Das Dünkelhafte in der Forderung der Pariser Demonstranten sehe ich nicht darin, dass sie anderer Meinung sind als ich. Hier wird mir etwas unterstellt, das nicht zutrifft. Es könnte sein, dass sich meine oder deren Meinung (oder beide) als falsch herausstellt. Dann hätten wir es mit einem
Irrtum zu tun, was ich nicht schlimm fände.
Der Dünkel besteht darin, dass sie exakt jene Lebensweise für richtig halten, die sie selbst verkörpern oder idealisieren. Das ist die Grundlage ihres moralischen Urteils. Ich urteile zwar ebenfalls, mache mich aber nicht selbst zum Maßstab für andere. Ich verlange von niemandem, so zu leben wie ich selbst.
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Organisiert wurden die Pariser Proteste von einer konservativ-katholischen Bewegung. Wer in typisch katholischer Bescheidenheit glaubt, der Schöpfer des Universums habe die eigene Ehe gefügt, wird zwangsläufig auch ihre Unauflöslichkeit akzeptieren müssen. Es gilt demnach nicht nur die Homo-Ehe zu verhindern, sondern auch die Möglichkeit einer Ehescheidung wieder abzuschaffen. Das ist zahlenmäßig ein erheblich relevanteres Thema als die Eheschließung gleichgeschlechtlich liebender Menschen. Wo sind die Demonstranten, die sich selbst das Recht auf eine Scheidung der standesamtlichen Ehe nehmen wollen?
Hier hast Du den Dünkel vor Dir: Dass nämlich die eigene Lebensweise schon gut und richtig sei, ganz gleich was die reine Glaubenslehre hier fordert. Anderen wirft man hingegen die Bibel an den Kopf, redet von Moral, welche die Jahrtausende überblicke und so weiter. Verstehst Du in dieser verkürzten Darstellung, was ich meine?
