Es geht aus meiner Sicht bei der Demo in Paris nicht um Meinungen. Ich denke, man macht es sich zu leicht, wenn man das als Konflikt unterschiedlicher Meinungen abtut. Zur Verdeutlichung ein Beispiel:
Frauen sind in Deutschland knapp in der Mehrheit gegenüber den Männern. Stellen wir uns rein fiktiv vor, die deutschen Frauen würden mit Unterstützung einiger Männer versuchen, per Abstimmung den Männern das Wahlrecht zu entziehen. Falls sich also der demokratische Volkswille dahingehend ausdrückt, den Männern das Wahlrecht zu entziehen, muss man das als Demokrat akzeptieren. Oder?
Grundrechte sind nicht Gegenstand demokratischer Auseinandersetzung. Denn die Demokratie ist selbst ein Grundrecht neben anderen, aber nicht das alles dominierende Grundrecht, hinter dem andere Grundrechte zurückzustehen hätten. Die Menschenrechte als Ganzes empfinde ich als grundlegender als die politische Herrschaftsform und die Art der politischen Willensbildung.
Der Grundsatz von der Gleichberechtigung aller Menschen ist nicht durch Abstimmungen angreifbar. Eine Gesellschaft, die via Mehrheitsbeschluss entscheidende Menschenrechte abschafft oder stark einschränkt, erkennen wir sofort als Unrechtsregime. Entsprechend beschäftigen wir Gerichte, deren Urteil der politischen Willensbildung Grenzen setzen.