gemeinsam zwiften | youtube | forum heute
Bestzeit 2026!
Triathlon Coaching
Individueller Trainingsplan vom persönlichen Coach
Wissenschaftliches Training
Doppeltes Radtraining: Straße und Rolle mit separaten Programmen
Persönlich: Regelmäßige Skype-Termine
Mehr erfahren: Jetzt unverbindlichen Skype-Talk buchen!
triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Da fasse ich mir echt an den Kopf…
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 09.07.2016, 23:43   #3034
Klugschnacker
Arne Dyck
triathlon-szene
Coach
 
Benutzerbild von Klugschnacker
 
Registriert seit: 16.09.2006
Ort: Freiburg
Beiträge: 24.491
Zitat:
Zitat von zappa Beitrag anzeigen
Was Du mir noch erklären kannst ist, warum Dein Sohn überhaupt im Religionsunterricht ist? Hat er eine Konfession, ist er getauft? Hast Du nicht mal geschrieben, Du würdest die ganze Weihnachtsgeschichte ihm als "unwahr" auflösen? Warum muss er sich das dann erst anhören? Kapiere ich nicht.
Gerne. Er wurde als Kleinkind katholisch getauft. Seine Familie mütterlicherseits ist ausgesprochen religiös; bei Familienfesten ist es nicht ungewöhnlich, dass ein oder mehrere Geistliche mit am Tisch sitzen. Meine "Schwiegermutter" hat ihr Leben lang in der Ausbildung von Priestern gearbeitet, als kleines Rädchen im Getriebe. Immerhin gehörte sie zum innersten Kreis von Personen, die zum Papst Zugang hatten, als er in Freiburg übernachtete.

Mir ist der Glaube nicht wichtig, aber diesem Zweig der Familie ist er sehr wichtig. Es war daher nicht schwer für mich, diesen Kompromiss einzugehen, auch wenn ich nach wie vor die Taufe eines Kleinkindes für übergriffig halte. Da ich selbst nicht katholisch bin, kam ein Priester (Freund der Familie) zu mir nach Hause und überprüfte meinen Glauben in einem längeren Gespräch. Bei der "Absage an den Teufel", die während des Taufzeremoniells gesprochen wird, wurde ich etwas bockig. Hier der Inhalt:
Widersagt ihr dem Bösen, um in der Freiheit der Kinder Gottes leben zu können? – Ich widersage.
Widersagt ihr den Verlockungen des Bösen, damit es nicht Macht über euch gewinnt? – Ich widersage.
Widersagt ihr dem Satan, dem Urheber des Bösen? – Ich widersage.
Ich halte das für einen atemberaubend einfältigen Spruch angesichts eines Kleinkindes, das voller Neugier und Unschuld in seinen Windeln sitzt und in die Welt späht, aber wir fanden einen Kompromiss. Worin er bestand, habe ich jedoch vergessen.

Katholischen Religionsunterricht besucht er aus ähnlichen Gründen, allerdings fällt mir dieses Entgegenkommen schwerer als bei der Taufe. Etwas leichter fällt es mir aufgrund der Tatsache, dass es an der Grundschule keinen Ethik-Unterricht gibt. Kinder, die den Religionsunterricht ablehnen, werden theoretisch während dieser Stunden in eine andere Klasse gesetzt, in der es halt gerade Mathe oder Deutsch gibt. Kein einziges Kind nimmt diese Option wahr. Ich bin im Zweifel darüber, ob ich dafür hätte plädieren sollen, diese Stigmatisierung auszuhalten. Mein Sohn hätte das aber nicht gewollt, und ich denke, ich sollte das respektieren. Die Antwort auf Deine Frage, warum er sich die Weihnachtsgeschichte anhört lautet also: Weil er es angesichts der Umstände so will.

Wichtig scheint mir der Kontext meiner Haltung zur Weihnachtsgeschichte, dem Osterhasen oder dem Teufel zu sein, sodass ihn hier nochmals wiederhole: Man soll Kinder nicht ohne Not anlügen. Ein Stück weit ist es uns zur Gewohnheit geworden, besonders bei Kleinkindern, aber man sollte diesen Pfad möglichst bald wieder verlassen. Ein Mythos wie die Weihnachtsgeschichte soll nach meiner Überzeugung als das erzählt werden, was sie ist: ein Mythos, teilweise sogar ein netter Mythos, der sich aber bald in einen großen Unsinn wendet, wenn man ihn als historische Tatsache darstellt. Dazu gleich ein Beispiel:
Herodes soll angeblich angeordnet haben, alle kleinen Kinder männlichen Geschlechts zu ermorden, die in dem Dorf lebten, in dem Maria und Josef ihren Jesus aufzogen (Betlehem). Den beiden Eltern wurde dieses Vorhaben zugetragen, also flohen sie rechtzeitig.
Warum machten sich Maria und Josef still vom Acker, anstatt alle anderen Eltern des Dorfes zu warnen, oder es zumindest zu versuchen? Warum ließ Gott diesen vielfachen Mord an unschuldigen Kindern zu? Dieses Beispiel zeigt, dass nette Geschichten in ein sehr fragliches Licht geraten können, wenn man sie von einem Mythos in eine historische Tatsache umdeutet. Will man damit Kinderherzen erfreuen? Sollen Kinder sich ein Vorbild nehmen am Verhalten von Maria und Josef?

Ich denke, ein paar kritische Worte zu den Geschichten der Bibel können Kinder durchaus dazu anregen, sich eine Meinung zu bilden.

(Bevor Du fragst: Ich habe in meiner gesamten Schullaufbahn evangelischen Religionsunterricht gehabt und bewusst nicht das Fach Ethik gewählt, zum großen Missvergnügen der meisten meiner Religionslehrer. Sie waren immerhin so fair, mir in jedem Zeugnis eine Eins zu geben.)
Klugschnacker ist gerade online   Mit Zitat antworten