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Vollständige Version anzeigen : Da fasse ich mir echt an den Kopf…


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neo
19.09.2016, 19:54
Wenn die Kooperation so erfolgreich war, wo war sie in Europa zwischen 1618-1638? Wo war sie 1914-1918? Wo war sie 1939-1945? Wo war sie in Deutschland zwischen 1933 und 1945? Wo war sie in Auschwitz? Wo war sie in Treblinka? .... Wo war die Kooperation am 24. Juli 2010 in Duisburg? Wo war die Kooperation 1911-1994 in Südafrika? Wo war die Kooperation ini den 90er-Jahren in Goražde, in Vukovar und Omarska? Wo war sie im 16.-17.Jhdt. in Mittel- und Südamerika?

keko#
19.09.2016, 20:00
Ich weiß was jetzt kommt: Woher kommen diese Axiome ? :)

Nicht nur das. Warum der ganzen Aufwand mit deinen Axiomen oder Moral, Ethik usw.? Nur, dass ich möglichst viele Weibchen bekomme und den dicksten Braten anschleppe? Da gäbe es doch einfachere Wege.

zappa
19.09.2016, 20:11
Niemand spricht von einem deterministischen Prozess.

Natürlich hat ein Individuum, also eine konkrete Einzelperson, in einem gewissen Rahmen, die Möglichkeit, sich entsprechend oder gegen die herrschende Moral zu verhalten. Ist es das, was Du mir sagen willst? Ich bestreite es nicht.
:Blumen:

Mir geht es nicht um das moralische oder unmoralische Handeln des Einzelnen, sondern um die Herkunft der Moral selbst.

Wie gesagt: Ensteht über kommunikative Aushandlungs- und Handlungsprozesse.

zappa
19.09.2016, 20:18
Nein, es ist nicht das Ergebnis einer Wahl. Es gab niemanden, der eine Entscheidung getroffen hat. Es ist das Ergebnis einer Auslese: was nicht passt, stirbt. So einfach.



Den aufgeführten Komponenten stimme ich durchaus zu. Du vergißt immer noch die Freiheit, sich anders zu entscheiden. Es gibt genügend Leute, die sich gegen die Dinge entscheiden, die ihnen ihre Kultur beigebracht hat, die sich gegen die Dinge entscheiden, die ihre Erziehung ihnen beigebracht hat.
Es ist jetzt aber auch nicht so, daß wir Opfer, bzw. Marionetten unserer Gene sind. Der Nachweis ist bisher nicht erbracht! Das sollte mal ein Anwalt in einem Mordprozeß als Argument bringen: "Mein Mandant konnte nicht anders. Sein Vater, sein Großvater und Urgroßvater haben auch Leute umgebracht."
Ganz ehrlich: nicht nur würden die Richter lachend unter dem Tisch liegen, ich glaube auch nicht, daß Du einem Mörder das abnehmen würdest! [Oder im Wettkampf: Ich kann nicht anders als Windschatten fahren. Das ist in meiner DNA .... ;) :Lachanfall: ]

Abgesehen davon: ich sehe immer noch nicht, wo außerhalb der Menschheit diese Werte sein sollen. Außer blumiger Formulierungen (das soll jetzt nicht abwertend sein! :Blumen: Was Du schreibst läßt sich gut lesen! Als Germanist weiß ich das durchaus zu schätzen. Aber es ist nicht stichhaltig oder auch nur im Ansatz schlüssig) und Projektionen menschlicher Kategorien aufs Tierreich war da nichts zu sehen ....

Dem ersten Absatz stimme ich genau so zu.

Zum zweiten Absatz: Ja, genau so ist es. Einzelne handeln auch immer wieder gegen bestehende moralische Prinzipien und Normen. Daraus können dann Subkulturen entstehen und schließlich daraus wieder Common Sense entstehen. Gene spielen hier sicher eine Rolle, sind aber nicht allein entscheidend.

Dritter Absatz: Ich finde auch, dass Du, Klugschnacker, hier recht nebulös bleibst, wie sich bei den erwähnten Fischen beispielsweise Kultur und Moral ohne Bewusstsein entwickeln soll.

Klugschnacker
19.09.2016, 20:29
Wenn die Kooperation so erfolgreich war, wo war sie in Europa zwischen 1618-1638? Wo war sie 1914-1918? Wo war sie 1939-1945? Wo war sie in Deutschland zwischen 1933 und 1945? Wo war sie in Auschwitz? Wo war sie in Treblinka? .... Wo war die Kooperation am 24. Juli 2010 in Duisburg? Wo war die Kooperation 1911-1994 in Südafrika? Wo war die Kooperation ini den 90er-Jahren in Goražde, in Vukovar und Omarska? Wo war sie im 16.-17.Jhdt. in Mittel- und Südamerika?

Ich halte das für keine hilfreichen Beispiele. Denn die genannten Kriege und Verbrechen sind durchaus Beispiele für eine gelungene Kooperation, wenn auch für ein schlechtes Ziel. Aber wer wollte die Fähigkeit der Nazis bestreiten, eine geradezu maschinenhafte Kooperation der Menschen vor ihren Karren zu spannen?

Aus meiner Sicht sind die Kriege eher ein Beispiel für die Feindseligkeit der Menschen anderen, als fremdartig ausgegrenzten Gruppen gegenüber. Um sie zu aktivieren, bedarf es des Gefühls einer tatsächlichen oder eingebildeten Bedrohung durch die Fremden für die eigene Gruppe.

Ich halte es für leicht und plausibel, die Neigung auch zu diesem Verhalten aus der Evolution heraus zu erklären.

qbz
19.09.2016, 21:04
......
Mein Standpunkt ist, dass es heute diejenigen Moralvorstellungen gibt, die sich gegenüber anderen durchsetzen konnten, und zwar auf einer individuellen, kulturellen und genetischen Ebene.
:Blumen:

In meinen Augen setzten sich bisher diejenigen Strukturen durch, in denen die Menschen am schnellsten und am meisten zu produzieren vermochten durch Fortschritte in den Produktivkräften. Heute leben wir in einer Welt, wo in vielen Ländern für alle Menschen die gleichen Werte und Gesetze gelten, weil der Kapitalismus am Produktivsten funktioniert, der alle anderen Systeme ablöst(e). Davor gab es Gesellschaften mit völlig unterschiedlichen rechtlich-moralischen Stellungen der Menschen (Sklaven, Bürger Roms, Leibeigene, Adlige, Naturvölker etc.).

Allein aufgrund der Überlegenheit der Produktivkräfte und Waffen wurden doch die Ureinwohner Nordamerikas ausgerottet, nicht wegen der Moral. Die Kultur und Moral der Indianer unterlag nicht deswegen, weil sie weniger erfolgreich wie die der Kolonialisten war, sondern weil diese bessere Waffen sowie imperialistische Ansprüche (Ausbeutungsinteresse) mitbrachten.

Ergo:Die moralischen Vorstellungen der Menschen entstehen im Zusammenhang mit ihrer Produktions-/Reproduktionsweise und ihrer sozialen Stellung (Sklave, Bürger z.B.) in den jeweiligen Systemen.

Inwiefern es der Kap. schafft, die formalen Prinzipien der Gleichheit, Freiheit, Gerechtigkeit auch substantiell für alle Menschen zu realisieren oder ob er zerfällt, sich zerstört, inhumanisiert usf. lässt sich in meinen Augen aber nicht deterministisch vorhersagen.

neo
19.09.2016, 21:07
Ich halte das für keine hilfreichen Beispiele.

Ja nee :Lachanfall: , schon klar, weder waren sie so gedacht, noch untermauern sie Deine These ...

Denn die genannten Kriege und Verbrechen sind durchaus Beispiele für eine gelungene Kooperation, wenn auch für ein schlechtes Ziel.


Ziel: Da sprichst Du etwas wichtiges an. Der Zweck: und dann sind wir wieder auf der menschlichen Ebene. Die reine Vernunft bringt uns nicht weit: Aber wer wollte die Fähigkeit der Nazis bestreiten, eine geradezu maschinenhafte Kooperation der Menschen vor ihren Karren zu spannen?
... Heydrich und Eichmann waren fleißige Bürokraten und nicht unvernünftig - im Gegenteil. Ich vermisse nach wie vor die menschliche Komponente bei deinen Argumenten. Es wurde heute schon einmal in diese Kerbe geschlagen, daß die ein oder andere Argumentation im politisch rechten Rand ("Neue Rechte") so auch auftaucht {auch ich schätze Dich nicht so ein! :Huhu: Aber es ist die selbe Brühe, aus der gesoffen wird und es kann ruck-zuck umgebogen werden ....}. Der Mensch ist das Maß aller Dinge und nicht eine hübsche, kalte, glatte Theorie um ihrer selbst Willen. Uns unterscheidet einiges und nichts Unwesentliches von den Tieren ....


Aus meiner Sicht sind die Kriege eher ein Beispiel für die Feindseligkeit der Menschen anderen, als fremdartig ausgegrenzten Gruppen gegenüber. Um sie zu aktivieren, bedarf es des Gefühls einer tatsächlichen oder eingebildeten Bedrohung durch die Fremden für die eigene Gruppe.


Dann scheint das tolle Prinzip der Kooperation nicht ganz so global zu funktionieren, oder funktioniert es immer nur für die Guten, die auf die Fremden kloppen? So fremd waren die Leute übrigens gar nicht: der jüdische Nachbar, bei dem die Familie seit jeher eingekauft hat, bei dem man sich die Haare schneiden ließ oder seine Krankheiten behandeln ließ, der gestern noch der geachtete Herr Lehrer war und heute "Krummnase" genannt wird und dem ich ungestraft ins Gesicht spucken darf und seine Schaufenster einwerfe ... meine Beispiele aus dem ehemaligen Jugoslawien: man war durch Mischehen verwandtschaftlich verbunden oder lebte jahrzehntelang Tür an Tür und ging zusammen in die Kneipe ... am nächsten Tag zünde ich sein Haus an, vergewaltige seine Frau und die Töchter ...

neo
19.09.2016, 21:11
Betrachten wir nun die Reihenfolge der Geschehnisse: Zuerst erlaubte uns eine genetische Mutation eine Kooperation mit sehr vielen Menschen.

*muha* So schnell arbeitet die Evolution beim besten Willen nicht ...

neo
19.09.2016, 21:14
Mein Standpunkt ist, dass es heute diejenigen Moralvorstellungen gibt, die sich gegenüber anderen durchsetzen konnten, und zwar auf einer individuellen, kulturellen und genetischen Ebene.
:Blumen:

Äh, noch mal zum Verständnis: Moral ist vererbbar? Dominant, rezessiv, intermediär? Sind die Nachkommen von Verbrechern dann auch gleich Verbrecher? Wollen wir Vernunft walten lassen und alle Verbrecher sterilisieren? *advocatus diaboli Modus wieder ausschalt*

Klugschnacker
19.09.2016, 21:18
Die moralischen Vorstellungen der Menschen entstehen im Zusammenhang mit ihrer Produktions-/Reproduktionsweise und ihrer sozialen Stellung (Sklave, Bürger z.B.) in den jeweiligen Systemen.

Letztlich ist es auf einer noch allgemeineren Ebene der Fortbestand des Erfolgreichen. Aus ihm konstruieren wir nachträglich die Moral.

Erfolgreich sein muss aber nicht bedeuten, andere erfolgreich zu übervorteilen. Eine Gesellschaft kann auch deshalb erfolgreicher sein als eine andere, weil sie sozialer ist, verlässlicher, anpassungsfähiger, freier in der Entfaltung von Talenten etc.

Klugschnacker
19.09.2016, 21:38
*muha* So schnell arbeitet die Evolution beim besten Willen nicht ...

Doch. Ist ja auch nicht wirklich schnell. :Blumen:

Äh, noch mal zum Verständnis: Moral ist vererbbar? Dominant, rezessiv, intermediär? Sind die Nachkommen von Verbrechern dann auch gleich Verbrecher?

Nein, nicht in diesem Sinne. Sorry, ich hatte nicht damit gerechnet, für Missverständnisse dieser Sorte vorsorgen zu müssen.

Gene können eine Neigung zu eher aggressiven oder eher gegenteiligem Verhalten bewirken. Dieses spezielle Merkmal ist hier nur ein Beispiel für eine Eigenschaft, ich hätte auch ein anderes nehmen können. Diese Gene werden von Gegenration zu Generation weitergegeben, falls sie erfolgreich sind.

---

Möglicherweise ist das alles Quatsch, was ich hier vortrage. Von mir aus ist auch die Memetik von Dawkins Unsinn, sowie in eine ähnliche Richtung gehende Überlegungen von Ditfurth und vielen anderen.

Dennoch sollte man sich IMO für die Möglichkeit öffnen, das selbst scheinbar hochkomplexe Mechanismen wie unsere Moral auf ganz einfachen Prinzipien beruhen, die viel älter sind als die Menschen. Ähnliche Erfahrungen haben wir bereits mit unserer Intelligenz oder unserem Bewusstsein gemacht. Selbst die unbestreitbare Kreativität und Intelligenz, die die Natur in allen ihren Entwicklungen zeigt, offenbarte sich bei genauem Hinsehen als Auswirkung sehr einfacher Prinzipien.

Es spricht aus meiner Sicht vieles dafür, dass auch unsere typischen menschlichen Verhaltensweisen, und damit zwangsläufig auch ihre Bewertung durch uns ("Moral"), auf ganz einfachen Prinzipien basieren, die viel älter sind als die Menschen.

Alternativ könnte man davon ausgehen, dass das Universum und die Menschen ohne sie hat auskommen müssen, bis sie uns aus einer Wolke zugeflüstert oder auf Steintafeln herab gereicht wurden.

qbz
19.09.2016, 21:39
Letztlich ist es auf einer noch allgemeineren Ebene der Fortbestand des Erfolgreichen. Aus ihm konstruieren wir nachträglich die Moral.

Erfolgreich sein muss aber nicht bedeuten, andere erfolgreich zu übervorteilen. Eine Gesellschaft kann auch deshalb erfolgreicher sein als eine andere, weil sie sozialer ist, verlässlicher, anpassungsfähiger, freier in der Entfaltung von Talenten etc.

In der Praxis fand bisher ersteres statt (die Entwicklung der Produktivkräfte fusst auf Ausbeutung), letzteres gehört in den Bereich der Utopie, IMHO. :Blumen:

Klugschnacker
19.09.2016, 21:46
Dann scheint das tolle Prinzip der Kooperation nicht ganz so global zu funktionieren, oder funktioniert es immer nur für die Guten, die auf die Fremden kloppen? So fremd waren die Leute übrigens gar nicht: der jüdische Nachbar, bei dem die Familie seit jeher eingekauft hat, bei dem man sich die Haare schneiden ließ oder seine Krankheiten behandeln ließ, der gestern noch der geachtete Herr Lehrer war und heute "Krummnase" genannt wird und dem ich ungestraft ins Gesicht spucken darf und seine Schaufenster einwerfe ... meine Beispiele aus dem ehemaligen Jugoslawien: man war durch Mischehen verwandtschaftlich verbunden oder lebte jahrzehntelang Tür an Tür und ging zusammen in die Kneipe ... am nächsten Tag zünde ich sein Haus an, vergewaltige seine Frau und die Töchter ...

Ich sprach ganz wertfrei von Kooperation. Wozu sie genutzt wurde, spielt für mein Argument keine Rolle. Individuen, die miteinander kooperieren, sind häufig stärker als Individuen, die das nicht tun. In der Evolution genügt es, wenn es eine leichte Tendenz hin zum Vorteil der Kooperation gibt. Dann setzt sie sich durch.

Kooperation ist ein Ergebnis der Evolution. Sie stellt eine erfolgreiche Strategie dar. Weil das so ist, sind wir die Nachfahren von kooperierenden Individuen. In unseren Moralbegriffen drückt sich das durch Regeln aus, die sich auf das Miteinander beziehen. Du verkennst meiner Meinung nach die Wurzeln der Moral, wenn Du sie im Himmel suchst.
:Blumen:

zappa
19.09.2016, 21:48
Letztlich ist es auf einer noch allgemeineren Ebene der Fortbestand des Erfolgreichen. Aus ihm konstruieren wir nachträglich die Moral.

Erfolgreich sein muss aber nicht bedeuten, andere erfolgreich zu übervorteilen. Eine Gesellschaft kann auch deshalb erfolgreicher sein als eine andere, weil sie sozialer ist, verlässlicher, anpassungsfähiger, freier in der Entfaltung von Talenten etc.

Ich glaube manchmal, dass Du bestimmte Argumente nicht einordnen willst. Musst Du auch nicht. Finde ich aber schade.

Moral entsteht und ist IN einem System und wird dort nicht nachträglich hinein verortet. Menschen verhalten sich IM System (wo auch sonst?) entlang der IM System existierenden und von ihnen selbst mit produzierten bzw. reproduzierten moralischen Verhaltensregeln, oder eben auch nicht (entlang was denn sonst?). Dabei gibt es individuell unterschiedliche genetische Prädispositionen, die es leichter oder schwerer machen, den existierenden Verhaltensregel zu folgen, oder eben nicht. Interpersonelle Konflikte werden dabei über Kommunikation ausgetragen. Dadurch kann sich die Moral ändern, oder eben nicht.

Wir können ex post ggf. Entwicklungen besser einschätzen und Systeme mit ihrer Moral bewerten, vergleichen, etc. Aber da ist Moral schon da! Und das hat auch mit dem Erfolg von Systemen nix zu tun. Moral existiert in erfolgreichen und nicht erfolgreichen Systemen. Und auch moralische Normen von "unterlegenen" Systemen können weiter existieren, sie werden nicht durch Selektion zwingend eliminiert.

Und all das können Fischpopulationen nicht, wie Deine Ausgangsthese war.

neo
19.09.2016, 21:50
Dennoch sollte man sich IMO für die Möglichkeit öffnen, das selbst scheinbar hochkomplexe Mechanismen wie unsere Moral auf ganz einfachen Prinzipien beruhen, die viel älter sind als die Menschen. Ähnliche Erfahrungen haben wir bereits mit unserer Intelligenz oder unserem Bewusstsein gemacht. Selbst die unbestreitbare Kreativität und Intelligenz, die die Natur in allen ihren Entwicklungen zeigt, offenbarte sich bei genauem Hinsehen als Auswirkung sehr einfacher Prinzipien.


Auf den Nachweis warte ich inzwischen seit Stunden ;) Und wie schon einmal angemerkt: Kreativität und Intelligenz sind kognitive Fähigkeiten :Cheese: Die Natur ist kein Wesen mit kognitiven Fähigkeiten ... bisher sehe ich nur, wie Du pädagogisch-didaktische Metaphern und Gleichnisse projizierst.

[Das ist wie wenn ich vor einem Würfel stünde und sagte:"Das ist eine Kugel." Wenn dann ein Zwischenrufer sagt:"Falsch! Das ist ein Würfel!" und ich zur Beweisführung schreite und sage: "Ich werde Euch beweisen, daß das eine Kugel ist." ... Spannung im Publikum .... und ich: "Der Beweis ist: Ich nenne es eine Kugel. Also ist es eine Kugel."]

neo
19.09.2016, 21:51
Du verkennst meiner Meinung nach die Wurzeln der Moral, wenn Du sie im Himmel suchst.
:Blumen:

Blanke Unterstellung :cool: :Blumen:

Klugschnacker
19.09.2016, 21:53
Blanke Unterstellung :cool: :Blumen:

Entschuldigung. Ich dachte, das sei so. :Blumen:

neo
19.09.2016, 21:58
Doch. Ist ja auch nicht wirklich schnell. :Blumen:


Gemessen am Alter des Planeten und gemessen vom Zeitpunkt an dem das erste Leben vermutet wird ist der Mensch nicht einmal eine Episode auf der Erde. Nur weil ein Mensch heutzutage 80 Jahre alt werden kann (zumindest problemlos in der nord-westlichen Region) heißt das nicht, daß 150.000 Jahre eine lange Zeit wären. Der Mensch hat sich seit 150.000 Jahren genetisch gesehen nicht verändert. Eine Evolution hat bisher noch nicht stattgefunden.

neo
19.09.2016, 22:09
Du verkennst meiner Meinung nach die Wurzeln der Moral, wenn Du sie im Himmel suchst.
:Blumen:

Ich bezweifle, daß die Moral Wurzeln hat, sonst könnte der Mensch sie nicht so schnell abstreifen.
Es gibt vorgegebene Werte die vermittelt werden. Diese Werte wurden einmal als solche in einem Willkürakt (jede Gesetzgebung ist ein Willkürakt) als Norm gesetzt. Die Werte, die sich "durchgesetzt" haben, sprich weiterhin tradiert werden, sind die Werte, deren Überschreitung nach wie vor mit Sanktionen geahndet werden. Das ist der einzige Grund, warum sie sich halten. Ansonsten wären bestimmte ehemalige Straftatbestände wie Republikflucht, der berüchtigte § 175 StGB, Ehebruch usw. ja auch nie verschwunden und hätten auch immer schon bestanden. Das schlechte Gewissen besteht meist nur in der Angst vor dem Richter ;)
Der Willkürakt und die Sanktionen schließen nicht aus, daß sich einige Normen als sinnvoll erwiesen haben ...

Klugschnacker
19.09.2016, 22:09
Auf den Nachweis warte ich inzwischen seit Stunden ;) Und wie schon einmal angemerkt: Kreativität und Intelligenz sind kognitive Fähigkeiten :Cheese: Die Natur ist kein Wesen mit kognitiven Fähigkeiten ... bisher sehe ich nur, wie Du pädagogisch-didaktische Metaphern und Gleichnisse projizierst.


Ich hatte eingangs das Beispiel mit der Raupe erwähnt. Nehmen wir ein anderes, zum Beispiel einen Pferdehuf.

Ein Pferdehuf ist ein Abbild der Eigenschaften des Erdbodens, seiner Rauhigkeit und Tragkraft, ferner der Schwerkraft, sowie dynamischer und biologischer Eigenheiten wie Materialabrieb, Nutzungshäufigkeit und so weiter.

Nur ein sehr intelligenter Mensch mit umfangreichem Wissen und viel Kreativität könnte, wenn überhaupt, einen brauchbaren Pferdehuf herstellen. Die Natur kann es, aber wir sind nicht immer bereit, das als Akt von Intelligenz und Kreativität zu sehen.

Dabei steht die Kreativität außer Frage. Die Natur hat weit mehr verschiedene Lösungen durchprobiert, als wir uns überhaupt vorstellen können. Und wie intelligent (kenntnisreich) der Huf konstruiert ist, auf wie viele Gegebenheiten er Rücksicht nimmt (er kann beispielsweise mitwachsen), erkennen wir erst, wenn wir mit unseren stümperhaften Nachbauten scheitern.

Wir sind es nicht gewohnt, diese Vorgänge, sofern sie außerhalb von Gehirnen stattfinden, als Kreativität und Intelligenz anzuerkennen. Dabei sind unsere eigenen Gehirne ein Erzeugnis genau davon: Von der Natur. In typisch menschlicher Bescheidenheit bilden wir uns trotzdem ein, wir hätten die Kreativität und das Finden von Lösungen ("Intelligenz") selbst erfunden.

Du sagst, ich schleiche mich durch eine geschickte Neudefinition von Intelligenz und Kreativität davon. Dem halte ich entgegen, Deine Grenzziehung, mit der beides nur in Gehirnen geschehen könne, sei willkürlich.
:Blumen:

neo
19.09.2016, 22:19
Ich hatte eingangs das Beispiel mit der Raupe erwähnt. Nehmen wir ein anderes, zum Beispiel einen Pferdehuf.

Ein Pferdehuf ist ein Abbild der Eigenschaften des Erdbodens, seiner Rauhigkeit und Tragkraft, ferner der Schwerkraft, sowie dynamischer und biologischer Eigenheiten wie Materialabrieb, Nutzungshäufigkeit und so weiter.

Nur ein sehr intelligenter Mensch mit umfangreichem Wissen und viel Kreativität könnte, wenn überhaupt, einen brauchbaren Pferdehuf herstellen. Die Natur kann es, aber wir sind nicht immer bereit, das als Akt von Intelligenz und Kreativität zu sehen.

Dabei steht die Kreativität außer Frage. Die Natur hat weit mehr verschiedene Lösungen durchprobiert, als wir uns überhaupt vorstellen können. Und wie intelligent (kenntnisreich) der Huf konstruiert ist, auf wie viele Gegebenheiten er Rücksicht nimmt (er kann beispielsweise mitwachsen), erkennen wir erst, wenn wir mit unseren stümperhaften Nachbauten scheitern.

Wir sind es nicht gewohnt, diese Vorgänge, sofern sie außerhalb von Gehirnen stattfinden, als Kreativität und Intelligenz anzuerkennen. Dabei sind unsere eigenen Gehirne ein Erzeugnis genau davon: Von der Natur. In typisch menschlicher Bescheidenheit bilden wir uns trotzdem ein, wir hätten die Kreativität und das Finden von Lösungen ("Intelligenz") selbst erfunden.

Du sagst, ich schleiche mich durch eine geschickte Neudefinition von Intelligenz und Kreativität davon. Dem halte ich entgegen, Deine Grenzziehung, mit der beides nur in Gehirnen geschehen könne, sei willkürlich.
:Blumen:

Nein, gar nicht! Das ist auch keine Neudefinition, das ist Projektion!

Wir haben Kreativität und Intelligenz auch nicht erfunden, es ist Teil unserer "Ausrüstung", so wie wir mit 5 Fingern an jeder Hand ausgerüstet sind.

Indem Du "der Natur" kognitive Fähigkeiten zusprichst, machst Du sie Dir zu einer Gottheit. Vielleicht (das soll jetzt nicht provokant oder ironisch sein, sondern ist sehr ernst gemeint :Blumen: ) scheint der Gedanke auch unerträglich, daß es aus Deiner Sicht keinen "Architekten" gibt und Du mußt Dich selbst damit trösten, "der Natur" wenigstens Intelligenz und Kreativität zu bescheinigen, sind es doch Eigenschaften, deren Qualität wohl kaum jemand herabwürdigen möchte ... aber dann sind wir wieder bei uralten Gottesvorstellungen und dann können wir den ganzen Kladderadatsch wieder von vorne beginnen :Lachanfall:

Wobei ich gestehen muß, daß ich die bisher sich entwickelnde "Unterhaltung" (eigentlich haben alle hier nur geschrieben) sehr genossen habe. Solche Unterhaltungen kommen selten zustande, meistens spät in der Nacht an einem Feuer und mehreren Flaschen Wein.

merz
19.09.2016, 22:22
eine der spannenden Pointe an diese (spieltheoretische?) kooperativen Ansätzen zur Moral ist auch, daß man in einem ersten Aufschlag garnicht bestimmt hat, wer hier der Nutzniesser der Kooperation sein soll: das handelnde Individuum, eine Gruppe, die Gattung als solche oder "nur" irgendwie eine Gen-Kombination? - Alles sehr spannend, weil man alle Optionen im Prinzip spielen kann.

m.

neo
19.09.2016, 22:24
eine der spannenden Pointe an diese (spieltheoretische?) kooperativen Ansätzen zur Moral ist auch, daß man in einem ersten Aufschlag garnicht bestimmt hat, wer hier der Nutzniesser der Kooperation sein soll: das handelnde Individuum, eine Gruppe, die Gattung als solche oder "nur" irgendwie eine Gen-Kombination? - Alles sehr spannend, weil man alle Optionen im Prinzip spielen kann.

m.

Spieltheorie? Sehr spannende Sache :)

Klugschnacker
19.09.2016, 22:57
Ich glaube manchmal, dass Du bestimmte Argumente nicht einordnen willst. Musst Du auch nicht. Finde ich aber schade.

Moral entsteht und ist IN einem System und wird dort nicht nachträglich hinein verortet. Menschen verhalten sich IM System (wo auch sonst?) entlang der IM System existierenden und von ihnen selbst mit produzierten bzw. reproduzierten moralischen Verhaltensregeln, oder eben auch nicht.

Entschuldigung, ich war der Ansicht, ich wäre bereits mehrmals auf genau diesen Punkt eingegangen. Du sagst, Moral sei von Anfang an fester Bestandteil eines "Systems", also zum Beispiel einer Gesellschaft. Ich bin davon abweichend der Meinung, dass es zunächst nicht um Moral geht, sondern um den Erfolg von Verhaltensweisen. Erst wenn sich der Erfolg von Verhaltensweisen bestätigt, werden sie allmählich zur Moral.

Fiktives Beispiel: Ein Haufen Neandertaler verdrischt after-wörk-mäßig spaßeshalber eine verweichlichte Truppe Yuppie-Typen, die sich "Homo sapiens" oder so nennen, und fremd in der Gegend sind. Die Fremden beschließen, es ihnen am nächsten Tag in der Morgendämmerung heimzuzahlen, da Neandertaler bekanntlich immer bis 9 Uhr schlafen. Das klappt gut, außerdem erlegen sie noch ein paar Rehe, die ebenfalls frühmorgens unterwegs waren.

Zum Leidwesen der wenig flexiblen Neandertaler kommen die Yuppies jetzt jeden morgen in aller Herrgottsfrühe und verteilen Kopfnüsse. Das hat Auswirkungen auf die Gesellschaft der Homo sapiens: Dort gilt es jetzt als schick für alle jungen Männer, bereits im Morgengrauen aufzustehen. Die Mädels achten bereits darauf, wer von den Jungs morgens der erste ist, und die Kinder wollen auch früh raus, so wie die Großen. Die Neandertaler leiden an Migräne und verziehen sich allmählich Richtung Mittelmeer. Der Jagderfolg frühmorgens jedoch bleibt, und bald machen es alle Sapiens so. Früh raus und gleich mal ranklotzen.

Lange Zeit später, als es keine Rehe mehr gab, sondern Dönerbuden, galt frühes Aufstehen immer noch als Zeichen von Rechtschaffenheit, während man Langschläfertum als irgendwie unmoralisch empfand. "Es gehört sich einfach nicht", sagten die Alten. Dabei hatten die Erfinder des frühen Aufstehens keinerlei Moral im Sinn. Sie wollten nur den arroganten Neandertalern erfolgreich auf die dicklippige Schnauze hauen. Es war eine erfolgreiche Strategie, doch zur Moral wurde sie erst viel später.
:Blumen:

Klugschnacker
19.09.2016, 22:59
Spieltheorie? Sehr spannende Sache :)

Es war doch vor allem der von Dir kritisierte Dawkins, der die Entwicklung der Moral mit Erkenntnissen aus der Spieltheorie verband.
:Gruebeln:

Rälph
19.09.2016, 23:00
Nehmen wir ein anderes, zum Beispiel einen Pferdehuf.
...

In typisch menschlicher Bescheidenheit bilden wir uns trotzdem ein, wir hätten die Kreativität und das Finden von Lösungen ("Intelligenz") selbst erfunden.


Naja, zumindest muss man als Mensch nicht zwangsläufig auf ne zufällige Genmutation zu warten, um ein Problem zu lösen. Um bei deinem Beispiel zu bleiben: Könnte ein Huf spontan auf z.B. Tiefschnee oder Klickpedale reagieren, dann müsste man ihn bzw. die Natur wohl als intelligent bezeichnen.
Aber okay, spontanität, was heißt das schon. Zeit ist relativ und irgendwann käme sicher ein Pony mit Schneehufen oder ein Hengst mit Cleats daher...:Cheese:

Sehr interessant hier, Danke für den Input Arne und besonders auch an "Neo" und "Zappa".:Blumen:

neo
19.09.2016, 23:02
Entschuldigung, ich war der Ansicht, ich wäre bereits mehrmals auf genau diesen Punkt eingegangen. Du sagst, Moral sei von Anfang an fester Bestandteil eines "Systems", also zum Beispiel einer Gesellschaft. Ich bin davon abweichend der Meinung, dass es zunächst nicht um Moral geht, sondern um den Erfolg von Verhaltensweisen. Erst wenn sich der Erfolg von Verhaltensweisen bestätigt, werden sie allmählich zur Moral.

Fiktives Beispiel: Ein Haufen Neandertaler verdrischt after-wörk-mäßig spaßeshalber eine verweichlichte Truppe Yuppie-Typen, die sich "Homo sapiens" oder so nennen, und fremd in der Gegend sind. Die Fremden beschließen, es ihnen am nächsten Tag in der Morgendämmerung heimzuzahlen, da Neandertaler bekanntlich immer bis 9 Uhr schlafen. Das klappt gut, außerdem erlegen sie noch ein paar Rehe, die ebenfalls frühmorgens unterwegs waren.

Zum Leidwesen der wenig flexiblen Neandertaler kommen die Yuppies jetzt jeden morgen in aller Herrgottsfrühe und verteilen Kopfnüsse. Das hat Auswirkungen auf die Gesellschaft der Homo sapiens: Dort gilt es jetzt als schick für alle jungen Männer, bereits im Morgengrauen aufzustehen. Die Mädels achten bereits darauf, wer von den Jungs morgens der erste ist, und die Kinder wollen auch früh raus, so wie die Großen. Die Neandertaler leiden an Migräne und verziehen sich allmählich Richtung Mittelmeer. Der Jagderfolg frühmorgens jedoch bleibt, und bald machen es alle Sapiens so. Früh raus und gleich mal ranklotzen.

Lange Zeit später, als es keine Rehe mehr gab, sondern Dönerbuden, galt frühes Aufstehen immer noch als Zeichen von Rechtschaffenheit, während man Langschläfertum als irgendwie unmoralisch empfand. "Es gehört sich einfach nicht", sagten die Alten. Dabei hatten die Erfinder des frühen Aufstehens keinerlei Moral im Sinn. Sie wollten nur den arroganten Neandertalern erfolgreich auf die dicklippige Schnauze hauen. Es war eine erfolgreiche Strategie, doch zur Moral wurde sie erst viel später.
:Blumen:

*LOL* In der Tat ist das frühe Aufstehen und sich recht tummeln und umtun um Geld zu verdienen eine Erfindung der Reformation. Bis dato hatten die Leute gerade mal so viel gearbeitet, daß es passt und den Herrgott dann einen guten Mann sein lassen ...

neo
19.09.2016, 23:03
Es war doch vor allem der von Dir kritisierte Dawkins, der die Entwicklung der Moral mit Erkenntnissen aus der Spieltheorie verband.
:Gruebeln:

Spieltheorie gab es schon lange, bevor Dawkin ein Buch geschrieben hat. Schon lange, bevor er geboren wurde ....

neo
19.09.2016, 23:06
Naja, zumindest muss man als Mensch nicht zwangsläufig auf ne zufällige Genmutation zu warten, um ein Problem zu lösen. Um bei deinem Beispiel zu bleiben: Könnte ein Huf spontan auf z.B. Tiefschnee oder Klickpedale reagieren, dann müsste man ihn bzw. die Natur wohl als intelligent bezeichnen.
Aber okay, spontanität, was heißt das schon. Zeit ist relativ und irgendwann käme sicher ein Pony mit Schneehufen oder ein Hengst mit Cleats daher...:Cheese:

:Lachanfall: made my day .... äh my night ;)

Klugschnacker
19.09.2016, 23:13
Naja, zumindest muss man als Mensch nicht zwangsläufig auf ne zufällige Genmutation zu warten, um ein Problem zu lösen. Um bei deinem Beispiel zu bleiben: Könnte ein Huf spontan auf z.B. Tiefschnee oder Klickpedale reagieren, dann müsste man ihn bzw. die Natur wohl als intelligent bezeichnen.

Ja, aber dann wollen wir den Menschen mal ein Pferd bauen lassen. Wie lange wird er wohl dafür brauchen?

Wenn die für eine Lösung benötigte Zeit darüber bestimmt, wer als intelligent gilt und wer nicht, dann wird der Mensch möglicherweise gegen die Natur verlieren.
:Blumen: :Lachen2:

zappa
19.09.2016, 23:17
Entschuldigung, ich war der Ansicht, ich wäre bereits mehrmals auf genau diesen Punkt eingegangen. Du sagst, Moral sei von Anfang an fester Bestandteil eines "Systems", also zum Beispiel einer Gesellschaft. Ich bin davon abweichend der Meinung, dass es zunächst nicht um Moral geht, sondern um den Erfolg von Verhaltensweisen. Erst wenn sich der Erfolg von Verhaltensweisen bestätigt, werden sie allmählich zur Moral.

Fiktives Beispiel: Ein Haufen Neandertaler verdrischt after-wörk-mäßig spaßeshalber eine verweichlichte Truppe Yuppie-Typen, die sich "Homo sapiens" oder so nennen, und fremd in der Gegend sind. Die Fremden beschließen, es ihnen am nächsten Tag in der Morgendämmerung heimzuzahlen, da Neandertaler bekanntlich immer bis 9 Uhr schlafen. Das klappt gut, außerdem erlegen sie noch ein paar Rehe, die ebenfalls frühmorgens unterwegs waren.

Zum Leidwesen der wenig flexiblen Neandertaler kommen die Yuppies jetzt jeden morgen in aller Herrgottsfrühe und verteilen Kopfnüsse. Das hat Auswirkungen auf die Gesellschaft der Homo sapiens: Dort gilt es jetzt als schick für alle jungen Männer, bereits im Morgengrauen aufzustehen. Die Mädels achten bereits darauf, wer von den Jungs morgens der erste ist, und die Kinder wollen auch früh raus, so wie die Großen. Die Neandertaler leiden an Migräne und verziehen sich allmählich Richtung Mittelmeer. Der Jagderfolg frühmorgens jedoch bleibt, und bald machen es alle Sapiens so. Früh raus und gleich mal ranklotzen.

Lange Zeit später, als es keine Rehe mehr gab, sondern Dönerbuden, galt frühes Aufstehen immer noch als Zeichen von Rechtschaffenheit, während man Langschläfertum als irgendwie unmoralisch empfand. "Es gehört sich einfach nicht", sagten die Alten. Dabei hatten die Erfinder des frühen Aufstehens keinerlei Moral im Sinn. Sie wollten nur den arroganten Neandertalern erfolgreich auf die dicklippige Schnauze hauen. Es war eine erfolgreiche Strategie, doch zur Moral wurde sie erst viel später.
:Blumen:

Lässige Geschichte. Schwer die Leichtigkeit zu konfrontieren :-)

Warum wollen denn die Yuppies etwas zurückzahlen?

Was hält die Yuppies als Gruppe zusammen?

Warum stehen sie früh auf?

Warum und mit welcher gemeinsamen Taktik erlegen sie Rehe? Gibt es unterschiedliche Rollen, Aufgabenteilung etc. und warum?

Wie organisieren sie sich, dass sie einen Plan verabreden, sich gemeinsam anschleichen und entlang eines Plans handeln können?

Warum fügen sie sich nicht einfach in ihr Schicksal und genießen als Masochisten den Schmerz? Warum wollen sie die Symbiose mit den Neandertaler-Sadisten auflösen und statt dessen den ersten weltumspannenden SM-Club gründen?

Ein paar Handlungsprinzipen wird es schon gegeben haben. Und daraus kann dann in einem Aushandlungs- und Handlungsprozess wieder was Neues entstehen. Grundzüge der Moral waren also sicher schon da, oder mindestens im Entstehen.

neo
19.09.2016, 23:21
Ja, aber dann wollen wir den Menschen mal ein Pferd bauen lassen. Wie lange wird er wohl dafür brauchen?

Wenn die für eine Lösung benötigte Zeit darüber bestimmt, wer als intelligent gilt und wer nicht, dann wird der Mensch möglicherweise gegen die Natur verlieren.
:Blumen: :Lachen2:

Kommt wieder auf den Zweck an :Lachen2: Das Fahrrad ging doch recht zügig, kaum 60 Jahre von Drais´ Laufrad später ...

zappa
19.09.2016, 23:25
Ja, aber dann wollen wir den Menschen mal ein Pferd bauen lassen. Wie lange wird er wohl dafür brauchen?

Wenn die für eine Lösung benötigte Zeit darüber bestimmt, wer als intelligent gilt und wer nicht, dann wird der Mensch möglicherweise gegen die Natur verlieren.
:Blumen: :Lachen2:

Die Natur ist fantastisch.

Dennoch hat sie weder Fähigkeiten, noch eine Moral und schon gar keinen Masterplan.

Klugschnacker
19.09.2016, 23:25
Indem Du "der Natur" kognitive Fähigkeiten zusprichst, machst Du sie Dir zu einer Gottheit. Vielleicht … scheint der Gedanke auch unerträglich, daß es aus Deiner Sicht keinen "Architekten" gibt und Du mußt Dich selbst damit trösten, "der Natur" wenigstens Intelligenz und Kreativität zu bescheinigen…

Das ist nur scheinbar so. Ich muss diese Gedanken ja in einer Sprache formulieren, die von Menschen erfunden wurde und subjektzentrisch angelegt ist. Mir ist schon klar, dass die Natur nicht die Stirn in Falten legt und Ideen ausbrütet.

Vorsorglich füge ich hinzu, dass die Natur nie vor hatte, ein Pferd zu bauen.
:Blumen:

Klugschnacker
19.09.2016, 23:26
Vorsorglich füge ich hinzu, dass die Natur nie vor hatte, ein Pferd zu bauen.
:Blumen:

Ich hab’s geahnt, aber Zappa war schneller! :Huhu: :Cheese:

Rälph
19.09.2016, 23:28
Ja, aber dann wollen wir den Menschen mal ein Pferd bauen lassen. Wie lange wird er wohl dafür brauchen?


Grad mal gegoogelt: Das einhufige Pferd gibt es seit ca. 4 Mio Jahren...Entstehung des Lebens vor ca. 3,5 Mrd...brauchht man nix zu rechnen. Die Natur hat ca. 3,5 Mrd. Jahre für das Pferd gebraucht. Mindestens! Das schaffen wir auch!;)

Good night!

LidlRacer
19.09.2016, 23:42
Ja, aber dann wollen wir den Menschen mal ein Pferd bauen lassen. Wie lange wird er wohl dafür brauchen?

Wenn die für eine Lösung benötigte Zeit darüber bestimmt, wer als intelligent gilt und wer nicht, dann wird der Mensch möglicherweise gegen die Natur verlieren.
:Blumen: :Lachen2:

Also ich hab mehrere hundert menschengemachte Pferde unter der Haube.
Ich glaub, das hat nicht sooo lang gedauert, die zu bauen. :Lachen2:
(Sorry, lasst Euch nicht stören - bin schon wieder weg ...)

Klugschnacker
19.09.2016, 23:47
Gemessen am Alter des Planeten und gemessen vom Zeitpunkt an dem das erste Leben vermutet wird ist der Mensch nicht einmal eine Episode auf der Erde. Nur weil ein Mensch heutzutage 80 Jahre alt werden kann (zumindest problemlos in der nord-westlichen Region) heißt das nicht, daß 150.000 Jahre eine lange Zeit wären. Der Mensch hat sich seit 150.000 Jahren genetisch gesehen nicht verändert. Eine Evolution hat bisher noch nicht stattgefunden.

Ich meinte nicht eine entscheidende Mutation innerhalb der Spezies Homo sapiens. Sondern eine, die den Homo sapiens von anderen Arten schied. Mir ging es darum, dass der Homo sapiens in der Lage war, in viel größeren Gruppen stabile soziale Strukturen zu bilden, als das bei vorangegangenen (oder noch parallel existierenden, das weiß ich nicht) Arten der Fall war.

(Ein Standpunkt, den ich nur ungern in einer tieferen Debatte verteidigen wollte, ohne mir vorher nochmal ein paar staubige Bücher aus dem Keller zu holen.)
:Blumen:

Klugschnacker
19.09.2016, 23:52
Grad mal gegoogelt: Das einhufige Pferd gibt es seit ca. 4 Mio Jahren...Entstehung des Lebens vor ca. 3,5 Mrd...brauchht man nix zu rechnen. Die Natur hat ca. 3,5 Mrd. Jahre für das Pferd gebraucht.

Ist nicht auch der Teufel ein Einhufer? Der war von Anfang an da.
:Lachen2:

neo
20.09.2016, 07:00
Ist nicht auch der Teufel ein Einhufer? Der war von Anfang an da.
:Lachen2:

Der hat ein behuftes Bein! Aber der Huf ist, glaube ich, in der traditionellen Ikonographie gespalten *lach*

neo
20.09.2016, 07:39
Das ist nur scheinbar so. Ich muss diese Gedanken ja in einer Sprache formulieren, die von Menschen erfunden wurde und subjektzentrisch angelegt ist. Mir ist schon klar, dass die Natur nicht die Stirn in Falten legt und Ideen ausbrütet.

Vorsorglich füge ich hinzu, dass die Natur nie vor hatte, ein Pferd zu bauen.
:Blumen:

;) :Cheese: Aber in diesem Zusammenhang verwendest Du die Begriffe nicht sauber. Es sind kognitive Eigenschaften, gleichzeitig aber sagst Du, Kognition ist nicht vorhanden. Ich wiederhole mich zwar: Aber Du machst Dich selbst zum Opfer Deiner pädagogisch-didaktischen Metaphern, indem Du die Metaphorik irgendwann unter den Tisch fallen lässt. Das ist *IMHO* nicht sauber "gearbeitet" ... vor 3,5 Milliarden Jahren begann das Leben nach unseren derzeitigen Erkenntnissen (diese Zahl wurde glaube ich im Zusammenhang mit unserem Pferedebeispiel genannt).

Jetzt haste 3,5 Milliarden Jahre Zeit den Würfel zu werfen (Zufallsprinzip, ist ja klar). Plötzlich würfelste mal ´ne Million Jahre lauter Sechser, was statistisch gesehen durchaus drin ist, und dann sagste: Oh das ist kreativ und intelligent :Blumen: Und dann eierste ´rum und sagst, naja, aber Plan ist keiner dahinter, aber es ist doch kreativ und intelligent und das vorwärts und rückwärts ... Das ist nur metaphorisch, als Mensch kann ich gar nicht anders (doch, kannst Du schon!) und am Ende nimmst Du die Analogie dann doch wörtlich ... Wie jetzt?

A=¬A -> ⊥ (A gleich nonA impliziert falsum)

Jörn
20.09.2016, 08:02
Ein Würfel ist nicht kreativ. Eine Million Mal die gleiche Zahl zu würfeln ist nicht kreativ. Es ist ja immer die gleiche Zahl, aus einer immer gleichen Reihe von Zahlen (nämlich den sechs möglichen), die sich niemals ändern können.

Die Natur würfelt ebenso (wenn man den Vergleich nicht überstrapaziert), aber anstatt der immer gleichen sechs Augen kommen immer neue Formen zum Vorschein. Das ist gemeint mit "kreativ". Es entsteht dauernd etwas neues, in Formen, die weder geplant noch absehbar waren, und das in großer Vielfalt.

Trotzdem ist kein Bewusstsein, keine Steuerung und keine Planung vorhanden -- noch nicht einmal ein Ziel. Es sind wenige, simple Mechanismen, die kombiniert werden.

Es ist kreativ, weil das immer gleiche Ziel (Überleben) in unzähligen Varianten gelöst wird. Dass sich Meerestiere farblich an ihren Untergrund anpassen können oder Tinte versprühen, ist eine kreative Lösung. Oder der Anglerfisch, der eine Laterne vor dem Maul als Köder verwendet.

neo
20.09.2016, 08:13
Ein Würfel ist nicht kreativ. Eine Million Mal die gleiche Zahl zu würfeln ist nicht kreativ. Es ist ja immer die gleiche Zahl, aus einer immer gleichen Reihe von Zahlen (nämlich den sechs möglichen), die sich niemals ändern können.

Die Natur würfelt ebenso (wenn man den Vergleich nicht überstrapaziert), aber anstatt der immer gleichen sechs Augen kommen immer neue Formen zum Vorschein. Das ist gemeint mit "kreativ". Es entsteht dauernd etwas neues, in Formen, die weder geplant noch absehbar waren, und das in großer Vielfalt.

Trotzdem ist kein Bewusstsein, keine Steuerung und keine Planung vorhanden -- noch nicht einmal ein Ziel. Es sind wenige, simple Mechanismen, die kombiniert werden.

Es ist kreativ, weil das immer gleiche Ziel (Überleben) in unzähligen Varianten gelöst wird. Dass sich Meerestiere farblich an ihren Untergrund anpassen können oder Tinte versprühen, ist eine kreative Lösung. Oder der Anglerfisch, der eine Laterne vor dem Maul als Köder verwendet.

Das mit dem Sechser war auch nur Analogie ;) Ich wollte auch nur auf etwas (scheinbar) "Signifikantes" hinweisen .... (Abgesehen davon hat niemand die Zeit, 3,5 Milliarden Jahre zu würfeln.) Die Anpassungen überleben in ihren Nischen, der Rest stirbt. Wäre interessant, ob es Hochrechnungen gibt, was bei "Mutter Natur" so alles schon im Abfalleimer gelandet ist, weil es sich nicht bewährt hat ....

Abgesehen davon ist mir das Nicht-Vorhandensein von Bewußtsein klar. Aber dann von Kreativität zu sprechen (namentlich in ihr "creare", "schöpfen" steckt) halte ich für extrem problematisch; wenn man dann noch sagt, die Natur sei "intelligent", dann geht das an der Sache vorbei .... es ist zumindest nicht sauber formuliert (wenngleich sehr schön formuliert) ....

neo
20.09.2016, 08:25
Ist nicht auch der Teufel ein Einhufer? Der war von Anfang an da.
:Lachen2:

Traditionell ist es ein Ziegenfuß, da die Darstellung des Teufels kunstgeschichtlich die äußere Gestalt des griechischen Gottes Pan übernommen hat, was darauf zurückgeht, einerseits den Pan als Verwirrer weiterzuführen, andererseits können die Götter der Antike ja nur Teufel sein, da heidnisch ;)

Der Pferdefuß ohne Spaltung des Hufes hat sich vielleicht eingeschlichen, weil er leichter zu malen ist - aber das ist jetzt auf meinem Mist gewachsen ... :)

keko#
20.09.2016, 08:37
Wäre interessant, ob es Hochrechnungen gibt, was bei "Mutter Natur" so alles schon im Abfalleimer gelandet ist, weil es sich nicht bewährt hat ....

Manchens verschwand auch einfach so, durch veränderte Umwelt. Aktuell greift der Mensch ja auch ordentlich ein, läßt aussterben und schafft neues.
Dem Menschen traue ich aber ein langes Leben zu, weil er sehr anpassungsfähig ist und aktiv eingreifen kann.

MattF
20.09.2016, 08:45
Lange Zeit später, als es keine Rehe mehr gab, sondern Dönerbuden, galt frühes Aufstehen immer noch als Zeichen von Rechtschaffenheit, während man Langschläfertum als irgendwie unmoralisch empfand. "Es gehört sich einfach nicht", sagten die Alten. Dabei hatten die Erfinder des frühen Aufstehens keinerlei Moral im Sinn. Sie wollten nur den arroganten Neandertalern erfolgreich auf die dicklippige Schnauze hauen. Es war eine erfolgreiche Strategie, doch zur Moral wurde sie erst viel später.
:Blumen:


Ein schönes Beispiel wie Moral zum Dogma wird.

Es ist nämlich keineswegs moralisch oder unmoralisch früh aufzustehen. Es wurde zum Dogma, genauso wie dass Muslime kein Schweinfleisch essen, weil es in der Wüste heiß ist. Mit Erfindung des Kühlschranks spätestens zum Unsinn geworden.
Hier wird Moral zum Machtinstrument: "Du machst was ich sage, weil ich der Imam oder der Bürgermeister oder der Pfarrer oder sonst was bin."

neo
20.09.2016, 08:51
Manchens verschwand auch einfach so, durch veränderte Umwelt. Aktuell greift der Mensch ja auch ordentlich ein, läßt aussterben und schafft neues.
Dem Menschen traue ich aber ein langes Leben zu, weil er sehr anpassungsfähig ist und aktiv eingreifen kann.

https://www.youtube.com/watch?v=5Fu_eBNeL-8

keko#
20.09.2016, 08:56
... wenn man dann noch sagt, die Natur sei "intelligent", dann geht das an der Sache vorbei .... es ist zumindest nicht sauber formuliert (wenngleich sehr schön formuliert) ....

Ist wohl wirklich Definitions- und Ansichtsache. Wenn der Lehrer den Schüler fragt, wie oft man eine 6 erwarten kann, wenn man 1 Mio Mal würfelt und er 1 Mio Mal würfelt, hat das wenig mit Intelligenz zu tun. Wenn er aber überlegt und die Antwort kennt, dann schon. Auf der anderen Seite kann eine Kuh nicht mal würfeln. Gegenüber einer Kuh ist er also immer noch intelligent, denn er probiert ja aus. Die Natur macht ja nicht mal das.

neo
20.09.2016, 09:03
Ist wohl wirklich Definitions- und Ansichtsache. Wenn der Lehrer den Schüler fragt, wie oft man eine 6 erwarten kann, wenn man 1 Mio Mal würfelt und er 1 Mio Mal würfelt, hat das wenig mit Intelligenz zu tun. Wenn er aber überlegt und die Antwort kennt, dann schon. Auf der anderen Seite kann eine Kuh nicht mal würfeln. Gegenüber einer Kuh ist er also immer noch intelligent, denn er probiert ja aus. Die Natur macht ja nicht mal das.

Ich hätte ja kein Problem damit, wenn Arne sagte: "Ich empfinde die Natur als intelligent und kreativ." Damit könnte ich gut leben. Aber der Natur allgemein diese Attribute beizubringen, halte ich schlichtweg für gewagt. ;) *jesuiten-modus ausschalt* ;)

Klugschnacker
20.09.2016, 09:07
Ich hätte ja kein Problem damit, wenn Arne sagte: "Ich empfinde die Natur als intelligent und kreativ." Damit könnte ich gut leben. Aber der Natur allgemein diese Attribute beizubringen, halte ich schlichtweg für gewagt. ;) *jesuiten-modus ausschalt* ;)

Ich verstehe durchaus Deinen Einwand, neo. Du sagst, die Natur sei nicht intelligent. Sie findet ihre Lösungen einfach durch geistloses Herumprobieren. Folglich könne dieser Prozess nicht als intelligent bezeichnet werden.

Sehen wir einmal davon ab, ob Gehirne nicht ganz ähnlich zu kreativen Lösungen kommen, nämlich durch Ausprobieren zahlreicher kreativer Möglichkeiten. Oder ob ein spontaner guter Einfall nicht Ähnlichkeiten mit einer zufälligen, aber günstigen Mutation hat. Wie gesagt, lassen wir das beiseite. Unterstellen wir stattdessen, menschliche Intelligenz sei etwas ganz anderes als die Anpassungen in der Natur, die auf Zufall und Auswahl beruhen.

Dann können wir aber immerhin das Ergebnis dieser Anpassungen als sinnvoll anerkennen. Die Zeichnung auf den Flügeln eines Schmetterlings, die große blinkende Augen zeigt und damit Vögel in die Flucht schlägt, ist möglicherweise nicht in ihrem Entstehungsprozess, aber in ihrem Ergebnis intelligent. Falls Dir dieses Wort in dem Zusammenhang nicht gefällt, einigen wir uns darauf, dass in der Zeichnung auf den Flügeln des Schmetterlings ein Wissen über das Verhalten von Vögeln steckt.

http://d1mquhhbkq1b1r.cloudfront.net/2012/05/02/791965_web.jpg

Dieses Wissen ist nicht im Gehirn des Schmetterlings lokalisiert. Es steckt in der DNA und kam nicht von dem Schmetterling selbst, sondern ist ein Ergebnis der Struktur, in der Mutation und Selektion wirken. Wir Menschen verfügen ebenfalls über Formen des Wissens, die nicht im einzelnen Gehirn lokalisiert sind, und auch nicht in unserem genetischen Code, sondern zum Beispiel in unserer Kultur: So ist etwa die Arbeitsteiligkeit unserer Gesellschaft ein spektakuläres Erfolgsmodell, das uns in unseren technischen Fähigkeiten weit über die Tiere hinaushebt. Wir können auf den Mond fliegen und innerhalb weniger Jahren sämtliche Regenwälder abholzen, kaum dass wir selbst von den Bäumen herabgestiegen sind.

Wo ist dieses Wissen lokalisiert? Es steckt im kulturellen Wissen unserer Gesellschaft, also weder in einem einzelnen Gehirn, noch in unseren Erbmolekülen. Wer hat dieses Wissen erfunden? Niemand, also keine einzelne Person. Sondern es hat sich durch Mutation (Variantenbildung) und Selektion (Fortbestand funktionierender Strategien) entwickelt. In vielen Fällen sind wir uns des kulturellen Wissens gar nicht bewusst. Etwa in der Art, wie wir unsere Kinder aufziehen: Wir schauen uns das einfach von der vorangegangenen Generation ab, ohne zu ahnen, was alles schief gehen könnte, wenn wir einen ganz anderen Weg der Aufzucht wählen würden. In unserem kulturellen Wissen ist ein gut funktionierender Weg für die Aufzucht des Nachwuchses gespeichert, den wir selbst nicht bewusst durchschauen. Das merken wir erst, wenn wir da hineinpfuschen und damit beispielsweise das Bonding zwischen Mutter und Neugeborenem stören.

Wissen ist nicht nur in Gehirnen gespeichert, und intelligente Lösungen werden nicht nur von Gehirnen erzeugt. Deshalb meine Beispiele für das Wissen einer biologischen Art, gespeichert im Genom, sowie für das Wissen einer Kultur, gespeichert in den Bräuchen, und natürlich für das individuelle Wissen, gespeichert im Gehirn.

In gleicher Weise sind auch Verhaltensweisen, die wir mit Begriffen der Moral versehen, nicht auf die Sphäre individuellen, einsichtigen Handelns beschränkt. Es handelt sich schlicht um funktionierende Strategien. In aller Regel haben wir sie nicht erfunden, sondern sie haben sich entwickelt. Moral ist daher bereits in den Mechanismen angelegt, die dieser Entwicklung zugrunde liegen. In welchem Grade der moderne Mensch aggressiv und in welchem Maße er friedlich ist, wurde durch seine genetische, seine kulturelle und seine individuelle Entwicklung entscheidend geprägt. Du scheinst den Schwerpunkt auf den individuellen Aspekt zu legen (jeder Mensch entscheidet selbst über moralisches Handeln), doch der genetische und kulturelle Aspekt überwiegt bei weitem. Denn er legt fest, was wir unter Moral überhaupt verstehen wollen.

tandem65
20.09.2016, 09:17
Manchens verschwand auch einfach so, durch veränderte Umwelt.

Dann hat es sich ja nicht bewährt weil es nicht anpassungsfähig war. ;)

keko#
20.09.2016, 09:20
Trotzdem ist kein Bewusstsein, keine Steuerung und keine Planung vorhanden -- noch nicht einmal ein Ziel. Es sind wenige, simple Mechanismen, die kombiniert werden.

Es ist kreativ, weil das immer gleiche Ziel (Überleben) in unzähligen Varianten gelöst wird. ....

Ist das nicht ein völliger Widerspruch? Oben schreibst du, dass nicht mal ein Ziel vorhanden ist, dann im nächsten Satz, dass Überleben das Ziel sei.

Wie kann man ohne Bewußtsein und Steuerung überhaupt kreativ sein? Dann ist ja alles kreativ.

neo
20.09.2016, 09:21
Ist das nicht ein völliger Widerspruch? Oben schreibst du, dass nicht mal ein Ziel vorhanden ist, dann im nächsten Satz, dass Überleben das Ziel sei.

Wie kann man ohne Bewußtsein und Steuerung überhaupt kreativ sein? Dann ist ja alles kreativ.

:Blumen:

Jörn
20.09.2016, 09:26
@keko: Das war schlecht von mir formuliert. Ersetze "Ziel" durch "Problem". Ist aber in dieser Hinsicht ziemlich das gleiche, nur weniger missverständlich.

Klugschnacker
20.09.2016, 09:28
Ist das nicht ein völliger Widerspruch? Oben schreibst du, dass nicht mal ein Ziel vorhanden ist, dann im nächsten Satz, dass Überleben das Ziel sei.

Wie kann man ohne Bewußtsein und Steuerung überhaupt kreativ sein? Dann ist ja alles kreativ.

Für einen Erwachsenen ist ein Stuhl eine Sitzgelegenheit. Für ein Kleinkind ist ein Stuhl eine Sitzgelegenheit, eine Ritterburg, eine einsame Insel, ein Raumschiff, ein Gebirge, ein Omnibus.

Wer hielte den Dickdarm eines Menschen für einen angenehmen Wohnort? Ich nicht! Dennoch wohnen mehr Bakterien darin, als ich selbst Körperzellen habe.

Kreativ sein bedeutet, aus allen möglichen Gelegenheiten etwas machen.
:Blumen:

keko#
20.09.2016, 09:34
Ich verstehe durchaus Deinen Einwand, neo. Du sagst, die Natur sei nicht intelligent. Sie findet ihre Lösungen einfach durch geistloses Herumprobieren. Folglich könne dieser Prozess nicht als intelligent bezeichnet werden.

Hoffentlich sagt er das nicht, denn "geistloses Herumprobieren" geht ohne Intelligenz nicht, das ist ein Widersprich in sich.

Klugschnacker
20.09.2016, 09:51
Hoffentlich sagt er das nicht, denn "geistloses Herumprobieren" geht ohne Intelligenz nicht, das ist ein Widersprich in sich.

Demnach gehen alkoholfreie Getränke nur mit Alkohol? :Blumen:

MattF
20.09.2016, 09:56
Wer hielte den Dickdarm eines Menschen für einen angenehmen Wohnort? Ich nicht! Dennoch wohnen mehr Bakterien darin, als ich selbst Körperzellen habe.




Für die Bakterie ist der Dickdarm das Paradies. :Huhu:

Klugschnacker
20.09.2016, 09:59
Für die Bakterie ist der Dickdarm das Paradies. :Huhu:

Ja, eben!

keko#
20.09.2016, 10:04
Demnach gehen alkoholfreie Getränke nur mit Alkohol? :Blumen:

Lenk nicht ab.
Meinst du zufällige Mutation?
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du Begriffe auf deine Theorie zurechtbiegen willst, um die Theorie zu bestätigen.

Klugschnacker
20.09.2016, 10:10
Lenk nicht ab.
Meinst du zufällige Mutation?
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du Begriffe auf deine Theorie zurechtbiegen willst, um die Theorie zu bestätigen.

Sorry, da kann ich Dir gerade nicht folgen. Wovon genau sprichst Du? :Blumen:

neo
20.09.2016, 10:16
Ich verstehe durchaus Deinen Einwand, neo. Du sagst, die Natur sei nicht intelligent. Sie findet ihre Lösungen einfach durch geistloses Herumprobieren. Folglich könne dieser Prozess nicht als intelligent bezeichnet werden.

Sehen wir einmal davon ab, ob Gehirne nicht ganz ähnlich zu kreativen Lösungen kommen, nämlich durch Ausprobieren zahlreicher kreativer Möglichkeiten. Oder ob ein spontaner guter Einfall nicht Ähnlichkeiten mit einer zufälligen, aber günstigen Mutation hat. Wie gesagt, lassen wir das beiseite. Unterstellen wir stattdessen, menschliche Intelligenz sei etwas ganz anderes als die Anpassungen in der Natur, die auf Zufall und Auswahl beruhen.

Dann können wir aber immerhin das Ergebnis dieser Anpassungen als sinnvoll anerkennen. Die Zeichnung auf den Flügeln eines Schmetterlings, die große blinkende Augen zeigt und damit Vögel in die Flucht schlägt, ist möglicherweise nicht in ihrem Entstehungsprozess, aber in ihrem Ergebnis intelligent. Falls Dir dieses Wort in dem Zusammenhang nicht gefällt, einigen wir uns darauf, dass in der Zeichnung auf den Flügeln des Schmetterlings ein Wissen über das Verhalten von Vögeln steckt.



Schon besser ;) Aber es steckt kein Wissen in der Zeichnung der Flügel. Schmetterlinge mit anderer Flügzeichnung wurden aufgefressen. Grundsätzlich. Übriggeblieben sind die Schmetterlinge mit eben jener Flügelzeichnung, die sie auf Grund einer zufälligen Mutation hatten. Sie konnten sich ungestört fortpflanzen, während der Rest im Orcus der Nahrungskette und der Evolution verschwand.

neo
20.09.2016, 10:22
Es steckt im kulturellen Wissen unserer Gesellschaft, also weder in einem einzelnen Gehirn, noch in unseren Erbmolekülen.

1.Teil: sehe ich genauso.

Nach dem Komma: Entschuldige, das ist aber Unfug! Wie soll es denn dann zu einer Gruppe von Individuen kommen? Dieses Wissen wabert doch nicht in einem Raum, den jeder nach belieben irgendwie anzapft. Das kulturelle Wissen einer Gesellschaft ist Wissen, das nicht nur in einem Gehirn gespeichert ist, sondern im Gehirn vieler Menschen, die sich dieses Wissens bedienen.

Nach dem 2. Komma: sehe ich genauso

Klugschnacker
20.09.2016, 10:27
Schon besser ;) Aber es steckt kein Wissen in der Zeichnung der Flügel. Schmetterlinge mit anderer Flügzeichnung wurden aufgefressen. Grundsätzlich. Übriggeblieben sind die Schmetterlinge mit eben jener Flügelzeichnung, die sie auf Grund einer zufälligen Mutation hatten. Sie konnten sich ungestört fortpflanzen, während der Rest im Orcus der Nahrungskette und der Evolution verschwand.

Angenommen, wir hätten einen Safe mit einem Zahlenschloss. Ein vollkommen dummer Computer knackt ihn, indem er einfach sämtliche Zahlenkombinationen nacheinander durchprobiert. Sobald der Tresor sich öffnet, schreibt er die erfolgreiche Zahlenkombination auf einen Zettel, legt ihn in den Tresor und schließt die Tür.

Ich behaupte, der Tresor enthält nun einen Zettel, auf dem das Wissen um die richtige Zahlenkombination gespeichert ist. Du sagst, er enthält kein Wissen.

Ein sehr kluger Ingenieur knackt einen daneben stehenden, identischen Tresor auf raffinierte Weise. Er schreibt die korrekte Zahlenkombination auf einen Zettel, legt ihn in den Tresor und schließt die Tür.

Ich behaupte, dass Du die beiden Tresore bezüglich ihres Wissens um die korrekte Zahlenkombination nicht unterscheiden kannst. Du könntest nachträglich nicht entscheiden, wo der Ingenieur und wo der Computer tätig war. Du sagst, wir haben es nur in einem der beiden Tresore mit Wissen zu tun. Ich halte das für eine willkürliche Grenzziehung.
:Blumen:

Klugschnacker
20.09.2016, 10:30
Das kulturelle Wissen einer Gesellschaft ist Wissen, das nicht nur in einem Gehirn gespeichert ist...

Genau das habe ich geschrieben.

neo
20.09.2016, 10:36
In gleicher Weise sind auch Verhaltensweisen, die wir mit Begriffen der Moral versehen, nicht auf die Sphäre individuellen, einsichtigen Handelns beschränkt. Es handelt sich schlicht um funktionierende Strategien. In aller Regel haben wir sie nicht erfunden, sondern sie haben sich entwickelt. Moral ist daher bereits in den Mechanismen angelegt, die dieser Entwicklung zugrunde liegen.

Ein Mechanismus ist ein Mechanismus und sonst nichts. Ein Mechanismus kann keine Moral "erzeugen". Nur weil Konzepte miteinander im Wettstreit liegen und das bei der Evolution auch der Fall ist, kannst Du da von evolutionär sprechen.

Mit der selben Begründung kannst Du sagen, daß ein Wal ein Fisch ist .... "Guck´ doch selber hin: beide sind im Wasser und haben Flossen, mit deren Hilfe sie sich fortbewegen."

Mit der selben Begründung kannst Du sagen "Ein Bleistift ist ein Diamant. Beides aus Kohlenstoff."
"Eine Dampfmaschine ist das selbe wie ein Verbrennungsmotor: Der Kolben wird bei beiden durch Druck nach vorne bewegt."


Das kann das hinterhältige an Gleichnissen/Metaphern/Analogien sein, daß sie die eigentlichen Sachverhalte verkürzen, manchmal und zu oft zu Ungunsten der Substanz und Wahrheit [lies: Sachverhalte] (weswegen ich auf viele populärwissenschaftliche Veröffentlichungen allergisch reagiere).

neo
20.09.2016, 10:47
Angenommen, wir hätten einen Safe mit einem Zahlenschloss. Ein vollkommen dummer Computer knackt ihn, indem er einfach sämtliche Zahlenkombinationen nacheinander durchprobiert. Sobald der Tresor sich öffnet, schreibt er die erfolgreiche Zahlenkombination auf einen Zettel, legt ihn in den Tresor und schließt die Tür.


Sorry, das klappt nicht. Weil der Computer nicht einfach "da" ist, sondern diese Rechenmaschine mit Hard- und Software versehen, von einem intelligenten Wesen [in dem Falle ein Mensch] programmiert wurde, um eine Aufgabe zu lösen.

Somit bringst Du bisher bei all den von Dir genannten Beispielen aus der Natur usf.

1. Kognition mit ins Spiel ("Kreativität" und "Intelligenz")
2. bei letzterem Beispiel einen "Schöpfer", sprich denjenigen, der sich den Computer ausgedacht hat, das Programm geschrieben hat etc, um Probleme schnell zu lösen.

3. Der genannte Schöpfer [Programmierer, ich spreche jetzt nicht im theologischen Sinne!]] tatsächlich Kreativität und Intelligenz braucht, weil für Trial und Error lebt er schlichtweg zu kurz.

Einen Gott, einen Schöpfer [jetzt rede ich wieder theologisch!] leugnest Du. Damit hab´ ich auch im Geringsten kein Problem. Aber immer wieder durch die Hintertür arbeitest Du mit einem deus ex machina ... das ist nicht unsympathisch :Blumen: aber es ist *IMHO* nicht konsequent und sauber ;) Wo Dir die Erklärung fehlt, da ist Dir ein allmächtiger Schöpfer, bzw. sind seine Eigenschaften schon recht, aber ansonsten willst Du ihn nicht :Cheese:

Klugschnacker
20.09.2016, 10:50
Ein Mechanismus ist ein Mechanismus und sonst nichts. Ein Mechanismus kann keine Moral "erzeugen". Nur weil Konzepte miteinander im Wettstreit liegen und das bei der Evolution auch der Fall ist, kannst Du da von evolutionär sprechen.

Selbstverständlich kann er das. Denn die natürlichen Mechanismen des Zusammenlebens bestimmen, was ein durchschnittliches, normales Verhalten ist. Dadurch wird eine Norm gesetzt, die man später "Moral" nennt.

Unser spezielles Ausmaß, in dem wir Menschen aggressiv, kooperativ, mitfühlend oder egoistisch sind, wurde durch solche Mechanismen ausbalanciert. Deutlich aggressivere Kulturen oder Arten gingen unter, deutlich mitfühlendere ebenfalls. Wir blieben übrig – und damit jenes Maß an Aggression oder Kooperation, das wir heute als Norm empfinden. Von dieser Norm ausgehend legst Du fest, was moralisches Handeln sein soll:

Mord an Nachbarn ist falsch, in Notwehr zur Verteidigung der Familie jedoch okay, und so weiter.

Es handelt sich dabei um evolutionär erfolgreiche Strategien, und zwar auf genetischer und kultureller Ebene. Von diesen erfolgreichen Strategien ausgehend entwickelst Du das, was Du Moral nennst.

neo
20.09.2016, 10:50
Genau das habe ich geschrieben.

Nein, genau das hast Du geleugnet!

Ich zitiere aus Deinem post #3552 "Wo ist dieses Wissen lokalisiert? Es steckt im kulturellen Wissen unserer Gesellschaft, also weder in einem einzelnen Gehirn, noch in unseren Erbmolekülen."

neo
20.09.2016, 10:52
Selbstverständlich kann er das. Denn die natürlichen Mechanismen des Zusammenlebens bestimmen, was ein durchschnittliches, normales Verhalten ist. Dadurch wird eine Norm gesetzt, die man später "Moral" nennt.


Ein Mechanismus, der eine Auswahl vornimmt, ist kein Mechanismus, der eine Moral erzeugt. Das sind zwei verschiedene Dinge ...

Klugschnacker
20.09.2016, 10:54
Sorry, das klappt nicht. Weil der Computer nicht einfach "da" ist, sondern diese Rechenmaschine mit Hard- und Software versehen, von einem intelligenten Wesen [in dem Falle ein Mensch] programmiert wurde, um eine Aufgabe zu lösen.

Dann nimm anstelle des Computers den Ast eines Baumes, der sich im Wind wiegt. Der Ast reibt am Zahlenschloss des Tresors und dreht es mal nach links, mal nach rechts. Stellen wir uns vor, irgendwann springt die Tür auf. Das Schloss enthält nun die Information über die richtige Kombination.

Wenn ein kluger Panzerknacker das Schloss eines daneben stehenden Tresors ebenfalls knackt, dann enthält auch dieses Schloss die Information über die richtige Kombination.

Beide Türen kannst Du nicht unterscheiden. Die kannst nicht sagen, die eine enthalte ein Wissen, die andere nicht.

neo
20.09.2016, 10:54
So ... und ich geh´ jetzt mal meine Intervalle laufen, so spannend das hier ist .... aber seit 2 h :Lachanfall: :Lachanfall: :Lachanfall: sitz ich hier und komm´ nicht weg! :dresche Bagage! :bussi: :)

neo
20.09.2016, 10:57
Dann nimm anstelle des Computers den Ast eines Baumes, der sich im Wind wiegt. Der Ast reibt am Zahlenschloss des Tresors und dreht es mal nach links, mal nach rechts. Stellen wir uns vor, irgendwann springt die Tür auf. Das Schloss enthält nun die Information über die richtige Kombination.

Wenn ein kluger Panzerknacker das Schloss eines daneben stehenden Tresors ebenfalls knackt, dann enthält auch dieses Schloss die Information über die richtige Kombination.

Beide Türen kannst Du nicht unterscheiden. Die kannst nicht sagen, die eine enthalte ein Wissen, die andere nicht.

Das Wissen ist aber "im Schloß", bzw. liegt beim Erbauer des Schlosses. Haste wieder mal ´nen Schöpfer reingebracht [Dich machen wir schon noch katholisch! :cool: ] ... vorhin war das Wissen noch auf einem Zettel? Der dann wieder eingesperrt wird? ..... ICH GEH´ JETZT LAUFEN! :Huhu: ;)

zappa
20.09.2016, 11:34
Ich verstehe durchaus Deinen Einwand, neo. Du sagst, die Natur sei nicht intelligent. Sie findet ihre Lösungen einfach durch geistloses Herumprobieren. Folglich könne dieser Prozess nicht als intelligent bezeichnet werden.

Sehen wir einmal davon ab, ob Gehirne nicht ganz ähnlich zu kreativen Lösungen kommen, nämlich durch Ausprobieren zahlreicher kreativer Möglichkeiten. Oder ob ein spontaner guter Einfall nicht Ähnlichkeiten mit einer zufälligen, aber günstigen Mutation hat. Wie gesagt, lassen wir das beiseite. Unterstellen wir stattdessen, menschliche Intelligenz sei etwas ganz anderes als die Anpassungen in der Natur, die auf Zufall und Auswahl beruhen.



Deine Ausgangsthese war zum einen, dass es Moral ohne Bewusstsein geben kann und dadurch zum zweiten Moral auch bei Fischen existieren kann.

Das war, knapp gefasst, Dein Aufschlag.

Dass viele einzelne Aspekte von Dir bilderreich und gut exemplifiziert in der Folgediskussion interessant vorgebracht (manchem kann ich durchaus zustimmen) sind - eine schlüssige Begründung für die Ausgangsthese vermisse ich noch immer.

Voraussichtlich, weil es sie nicht gibt.

zappa
20.09.2016, 11:44
Angenommen, wir hätten einen Safe mit einem Zahlenschloss. Ein vollkommen dummer Computer knackt ihn, indem er einfach sämtliche Zahlenkombinationen nacheinander durchprobiert. Sobald der Tresor sich öffnet, schreibt er die erfolgreiche Zahlenkombination auf einen Zettel, legt ihn in den Tresor und schließt die Tür.

Ich behaupte, der Tresor enthält nun einen Zettel, auf dem das Wissen um die richtige Zahlenkombination gespeichert ist. Du sagst, er enthält kein Wissen.

Ein sehr kluger Ingenieur knackt einen daneben stehenden, identischen Tresor auf raffinierte Weise. Er schreibt die korrekte Zahlenkombination auf einen Zettel, legt ihn in den Tresor und schließt die Tür.

Ich behaupte, dass Du die beiden Tresore bezüglich ihres Wissens um die korrekte Zahlenkombination nicht unterscheiden kannst. Du könntest nachträglich nicht entscheiden, wo der Ingenieur und wo der Computer tätig war. Du sagst, wir haben es nur in einem der beiden Tresore mit Wissen zu tun. Ich halte das für eine willkürliche Grenzziehung.
:Blumen:

Der Zettel ist erst einmal, egal von wem aufgeschrieben, Information, eine beliebige Folge von Zahlen.

Nur durch Kontextwissen wird die Information zum Wissen, mit dem ich den Tresor öffnen kann. Habe ich das Kontextwissen nicht, ist die Zahlenfolge nicht relevant nutzbar.

Und jetzt erklär mir mal, wie ein Fisch Kontextwissen (Erfahrungswissen, Einicht, etc.) aufbauen und weitergeben soll, was aber zwingend zum Entstehen und Dranhalten moralischer Prinzipien notwendig ist?

Klugschnacker
20.09.2016, 11:51
Der Zettel ist erst einmal, egal von wem aufgeschrieben, Information, eine beliebige Folge von Zahlen.

Du irrst Dich. Es ist keine beliebige Folge von Zahlen, sondern genau die eine Zahlenkombination, die das Schloss öffnet. Ich behaupte, dass es sich hier um Wissen handelt, ganz gleich, wie es gewonnen wurde.

zappa
20.09.2016, 11:58
Du irrst Dich. Es ist keine beliebige Folge von Zahlen, sondern genau die eine Zahlenkombination, die das Schloss öffnet. Ich behaupte, dass es sich hier um Wissen handelt, ganz gleich, wie es gewonnen wurde.

753664

Wenn Du nicht weißt,

dass das eine Zahlenkombination ist (und keine vollkommen willkürliche Aneinanderreihung = 1. Kontext), und das für einen Tresor relevant ist(und kein Telefon = 2. Kontext) und das diesen Tresor betrifft (und nicht einen anderen = 3. Kontext) und die Kombination von links nach rechts gilt (und nicht umgekehrt = 4. Kontext),

dann ist es eine lose Folge Zahlen mit maximal informatorischen Charakter. Keinesfalls Wissen.

brstdggettfsrfvdjjb. Klar?

Klugschnacker
20.09.2016, 12:01
Klar?

Ja. Und? Im Tresor liegt jedenfalls keine beliebige Zahl.

tandem65
20.09.2016, 12:14
Wenn ein kluger Panzerknacker das Schloss eines daneben stehenden Tresors ebenfalls knackt, dann enthält auch dieses Schloss die Information über die richtige Kombination.

Enthält das Schloß nicht schon vorher die Information über die richtige Kombination? ;)
Verändert sich die richtige kombination nicht ständig, da die Umwelteinflüsse stetem Wandel unterliegen?
Wohin bringen uns meine Fragen und wohin Deine Analogien?

Klugschnacker
20.09.2016, 12:20
Enthält das Schloß nicht schon vorher die Information über die richtige Kombination? ;)

Selbstverständlich. Die Zahl auf dem Zettel ist ein Abbild dieser Information. Ihr Inhalt ist, dass diese Zahl den Tresor öffnet.

In gleicher Weise enthalten die weißgrauen Flügelchen des Birkenspanners, eines Schmetterlings, das Wissen darüber, dass die Rinde der Birken, auf denen er zu sitzen pflegt, weißgrau ist. Das einzelne Tier weiß es nicht. Dieses Wissen ist über die Evolution gewonnen worden und im Erbgut des Birkenspanners gespeichert. Nicht jedoch in seinem Gehhirn.

http://media05.myheimat.de/2010/07/10/1155484_preview.jpg

Wohin bringen uns meine Fragen und wohin Deine Analogien?

Zunächst zu dem wichtigen Zwischenschritt, dass Wissen auch außerhalb von Gehirnen existiert. Außerdem Wege, dieses Wissen zu erwerben.

zappa
20.09.2016, 12:29
Ja. Und? Im Tresor liegt jedenfalls keine beliebige Zahl.

Oh e Ko te twis n sc on

qbz
20.09.2016, 12:32
Selbstverständlich kann er das. Denn die natürlichen Mechanismen des Zusammenlebens bestimmen, was ein durchschnittliches, normales Verhalten ist. Dadurch wird eine Norm gesetzt, die man später "Moral" nennt.

Unser spezielles Ausmaß, in dem wir Menschen aggressiv, kooperativ, mitfühlend oder egoistisch sind, wurde durch solche Mechanismen ausbalanciert. Deutlich aggressivere Kulturen oder Arten gingen unter, deutlich mitfühlendere ebenfalls. Wir blieben übrig – und damit jenes Maß an Aggression oder Kooperation, das wir heute als Norm empfinden. Von dieser Norm ausgehend legst Du fest, was moralisches Handeln sein soll:


Du sprichst vom "Menschen", also dem Homo sapiens. Ich denke, dass diese Art inbezug auf Aggressivität, Kooperation, Empathie, Egoismus eine flexible, gleichbleibende, genetische Disposition besitzt und allein die jeweilige Produktion-/Reproduktionsweise der jeweiligen Gesellschaft den Ausschlag gibt, wie kriegerisch, friedlich, egoistisch das Zusammenleben erfolgt. Kulturen sterben deswegen aus, weil sie langfristig von welchen mit höherer Arbeitsproduktivät abgelöst werden (und nicht primär wegen zu niedriger / hoher Aggressivität).

Kennst Du ethnologische, historische Untersuchungen, die Dein Modell bestätigen? Kennst Du genetische Untersuchungen, Erklärungen, die etwas darüber sagen, wie sich die genetische Disposition des Homo sapiens inbezug auf die genannten Eigenschaften verändert haben soll?

zappa
20.09.2016, 12:36
Dieses Wissen ist über die Evolution gewonnen worden und im Erbgut des Birkenspanners gespeichert. Nicht jedoch in seinem Gehhirn.


Information in der DNA ja, Wissen nein.

schoppenhauer
20.09.2016, 12:38
Nur durch Kontextwissen wird die Information zum Wissen, mit dem ich den Tresor öffnen kann. Habe ich das Kontextwissen nicht, ist die Zahlenfolge nicht relevant nutzbar.




Daten => Information => Wissen, wobei Wissen immer an eine Person gebunden ist.

Klugschnacker
20.09.2016, 12:42
Oh e Ko te twis n sc on

Ich denke, wir haben das schon verstanden, das diese Buchstabenfolge ohne einen Kontext keine Bedeutung (Information) hat. Der Kontext ist durch die Umweltbedingungen jedoch jederzeit gegeben.
:Blumen:

Megalodon
20.09.2016, 12:43
Selbstverständlich. Die Zahl auf dem Zettel ist ein Abbild dieser Information. Ihr Inhalt ist, dass diese Zahl den Tresor öffnet.

In gleicher Weise enthalten die weißgrauen Flügelchen des Birkenspanners, eines Schmetterlings, das Wissen darüber, dass die Rinde der Birken, auf denen er zu sitzen pflegt, weißgrau ist. Das einzelne Tier weiß es nicht. Dieses Wissen ist über die Evolution gewonnen worden und im Erbgut des Birkenspanners gespeichert. Nicht jedoch in seinem Gehhirn.

http://media05.myheimat.de/2010/07/10/1155484_preview.jpg



Zunächst zu dem wichtigen Zwischenschritt, dass Wissen auch außerhalb von Gehirnen existiert. Außerdem Wege, dieses Wissen zu erwerben.

Das ist kein Wissen in dem Sinn wie es allgemein verstanden und in Diskussionen verwendet wird.

Das ist ein in den Genen angelegter Bauplan. Und den gab es zB 500 Millionen Jahre vor der aktuellen Ausprägung des Schmetterlings nicht.

Und falls es den doch geben sollte, wäre unter der Vorraussetzung, dass Umweltbedingungen nicht deterministisch sind, ein Schöpfer, auch Gott zu nennen, die einzige vernünftige Erklärung für die Existenz dieses Plans. :)

neo
20.09.2016, 12:44
Die Zahl auf dem Zettel ist ein Abbild dieser Information.

Es ist eine beliebige Folge von Zeichen. Zur Information wird sie nur durch jemanden, der sie lesen und interpretieren kann. Dann biste schon wieder bei einem Schöpfer ...

neo
20.09.2016, 12:45
Ich denke, wir haben das schon verstanden, das diese Buchstabenfolge ohne einen Kontext keine Bedeutung (Information) hat. Der Kontext ist durch die Umweltbedingungen jedoch jederzeit gegeben.
:Blumen:

Nur für jemanden, der den Kontext herstellt/herstellen kann ... dazu bedarf es Intelligenz und Kreativität ...

zappa
20.09.2016, 12:45
Du sprichst vom "Menschen", also dem Homo sapiens. Ich denke, dass diese Art inbezug auf Aggressivität, Kooperation, Empathie, Egoismus eine flexible, gleichbleibende, genetische Disposition besitzt und allein die jeweilige Produktion-/Reproduktionsweise der jeweiligen Gesellschaft den Ausschlag gibt, wie kriegerisch, friedlich, egoistisch das Zusammenleben erfolgt. Kulturen sterben deswegen aus, weil sie langfristig von welchen mit höherer Arbeitsproduktivät abgelöst werden (und nicht primär wegen zu niedriger / hoher Aggressivität).

Kennst Du ethnologische, historische Untersuchungen, die Dein Modell bestätigen? Kennst Du genetische Untersuchungen, Erklärungen, die etwas darüber sagen, wie sich die genetische Disposition des Homo sapiens inbezug auf die genannten Eigenschaften verändert haben soll?

Ich stimme Klugschnacker zu, dass es genetische Prädispositionen des Menschen gibt, die auch die von Euch jetzt diskutierten Eigenschaften betreffen:

Konkret:

Heritabilität ist ein Maß für die Erblichkeit von Eigenschaften. Zwischenmenschliche Unterschiede in den Ausprägungen der Big Five (= fünf Dimensionen mit denen sich die Eigenschaften von Menschen beschreiben lassen) lassen sich etwa zur Hälfte durch den Einfluss der Gene erklären.

Neurotizismus: 48 % ("hohe vs. geringe emotionale Stabilität")
Extraversion: 54 % (im Gegenpol "Intraversion")
Offenheit für Erfahrungen: 57 % ("hoch" vs. gering")
Gewissenhaftigkeit: 49 % ("hoch vs. "gering")
Verträglichkeit: 42 % (hier mit den Polen "Egozentrismus" und "Altruismus")

Die restlichen etwa 50 % sind demnach Umweltfaktoren.

Quelle: Christian Kandler, Rainer Riemann, Frank M. Spinath, Alois Angleitner; 2010. Sources of Variance in Personality Facets: A Multiple-Rater Twin Study of Self-Peer, Peer-Peer, and Self-Self (Dis)Agreement. Journal of Personality

Der einzelne Mensch wird also mit einer bestimmten genetischen Prädisposition hineingeboren und entwickelt sich dann von dort aus durch seine spezifische Umwelt - individuell deshalb auch unterschiedlich.

neo
20.09.2016, 12:46
Das ist kein Wissen in dem Sinn wie es allgemein verstanden und in Diskussionen verwendet wird.

Das ist ein in den Genen angelegter Bauplan. Und den gab es zB 500 Millionen Jahre vor der aktuellen Ausprägung des Schmetterlings nicht.

Und falls es den doch geben sollte, wäre unter der Vorraussetzung, dass Umweltbedingungen nicht deterministisch sind, ein Schöpfer, auch Gott zu nennen, die einzige vernünftige Erklärung für die Existenz dieses Plans. :)

Pfui! Den darf es gar nicht geben! :Lachanfall: ;) :cool: *advocatus diaboli-modus wieder ausschalt*

zappa
20.09.2016, 12:47
Ich denke, wir haben das schon verstanden, das diese Buchstabenfolge ohne einen Kontext keine Bedeutung (Information) hat. Der Kontext ist durch die Umweltbedingungen jedoch jederzeit gegeben.
:Blumen:

Umweltbedingung IST ein Kontext. Wenn ich diese nicht wahrnehmen, interpretieren und einordnen kann, gibt es kein Wissen. Bewusstsein und Wissen.

Mensch ja, Fisch nein.

zappa
20.09.2016, 12:48
Daten => Information => Wissen, wobei Wissen immer an eine Person gebunden ist.

So sehe ich das auch.

neo
20.09.2016, 12:49
Daten => Information => Wissen, wobei Wissen immer an eine Person gebunden ist.

Person oder eine Intelligenz, die sinnvoll interpretieren kann ...

tandem65
20.09.2016, 12:54
Selbstverständlich. Die Zahl auf dem Zettel ist ein Abbild dieser Information. Ihr Inhalt ist, dass diese Zahl den Tresor öffnet.

Gut, und dieser Zettel reproduziert jetzt Tresore mit der gleichen Zahlenkombination und dem gleichen Zettel drin?:Gruebeln:

In gleicher Weise enthalten die weißgrauen Flügelchen des Birkenspanners, eines Schmetterlings, das Wissen darüber, dass die Rinde der Birken, auf denen er zu sitzen pflegt, weißgrau ist. Das einzelne Tier weiß es nicht. Dieses Wissen ist über die Evolution gewonnen worden und im Erbgut des Birkenspanners gespeichert. Nicht jedoch in seinem Gehhirn.

Ist es nicht so, daß in dem Erbgut auch die Variante z.B. mit den schwarzen Flügeln enthalten ist? Das Erbgut hat doch auch keine Ahnung daß die Rinde nicht schwarz, rot, grün oder braun ist.

Zunächst zu dem wichtigen Zwischenschritt, dass Wissen auch außerhalb von Gehirnen existiert. Außerdem Wege, dieses Wissen zu erwerben.

Ist das nicht selbstverständlich. :confused: Wenn Erbgut nicht in der Lage wäre sich zu reproduzieren wäre es doch kein Erbgut.

Lui
20.09.2016, 13:01
Der Mensch hat sich seit 150.000 Jahren genetisch gesehen nicht verändert. Eine Evolution hat bisher noch nicht stattgefunden.

Wer sagt das? Alleine, dass Europäer weiß sind, ist eine evolutionäre Veränderung, die durch die geographische Lage stattgefunden hat.
Menschen sehen insgesamt nicht mehr so aus wie vor 150000 Jahren(kleinere Körper, kleinere Zähne/Unterkiefer usw).

Klugschnacker
20.09.2016, 13:12
Du sprichst vom "Menschen", also dem Homo sapiens. Ich denke, dass diese Art inbezug auf Aggressivität, Kooperation, Empathie, Egoismus eine flexible, gleichbleibende, genetische Disposition besitzt und allein die jeweilige Produktion-/Reproduktionsweise der jeweiligen Gesellschaft den Ausschlag gibt, wie kriegerisch, friedlich, egoistisch das Zusammenleben erfolgt. Kulturen sterben deswegen aus, weil sie langfristig von welchen mit höherer Arbeitsproduktivät abgelöst werden (und nicht primär wegen zu niedriger / hoher Aggressivität).

Die Aggressivität ist nur ein Beispiel für ganz viele Eigenschaften, die in der Interaktion mit anderen eine Rolle spielen. Diese Eigenschaften und die Balance dieser Eigenschaften untereinander bilden sich naturgesetzlich von selbst heraus. Es ist egal, ob es sich dabei um Menschen handelt oder Tiere. Diejenigen mit der erfolgreichsten Kombination dieser Eigenschaften überleben. Es vollzieht sich eine Evolution auf der Ebene der Gene, aber auch auf der Ebene der Kulturen.

Stelle Dir vor, Du wohnst auf einem Dorf und spielst abends in der Dorfkneipe immer ein Kartenspiel. Ihr habt Begriffe dafür, was ein riskantes Spiel sei, was ein dummes, welche Finten nah am Beschiss vorbei gehen und so weiter.

Jetzt kommt ein Fremder und spielt jeden Abend mit. Er hat eine andere Strategie und gewinnt damit die Mehrzahl der Spiele. In kurzer Zeit werden sich alle Mitspieler diese neue Strategie aneignen, oder genervt zu Hause bleiben. Kinder lernen von ihren Eltern künftig diese neue Strategie. Es werden sich wieder Begriffe etablieren, was ein gefährlicher, fieser, kluger oder dummer Spielzug sei. Diese moralischen Zuweisungen unterscheiden sich von den bisherigen.

Damit will ich ausdrücken, dass der Erfolg (der Fortbestand) einer Strategie oder Verhaltensweise darüber entscheidet, ob die damit verknüpfte Moral überlebt. Oder ob sie ersetzt wird durch eine erfolgreichere.

Dabei spielt überhaupt keine Rolle, auf welche Weise der Fremde zu seiner erfolgreichen Strategie kam. War es scharfes Nachdenken, Zufall, ein glücklicher Irrtum oder sogar reine Blödheit, die ihm zu diesem Einfall verhalf? Es ist egal. Entscheidend ist der Erfolg und damit der Fortbestand seiner Strategie. Nur dadurch prägt sie später die Moralbegriffe.

Weil der Weg, der zu einer verbesserten Strategie führte, keine Rolle spielt, wirken diese Mechanismen auch nicht nur bei Menschen. Sie wirken überall, wo interagiert wird. Der Fortbestand des Erfolgreichen ist ein einigermaßen universelles Prinzip. Und nur erfolgreiche Verhaltensweisen haben die Chance, Normen zu bilden, aus denen später Moralbegriffe entwickelt werden.

Mit den Produktionsweisen menschlicher Kulturen bist Du bereits auf einer sehr fortgeschrittenen Ebene. Ich lese das mit großem Interesse, will mich aber in meiner eigenen Argumentation auf eine mehr grundsätzliche Ebene beschränken.
:Blumen:

zappa
20.09.2016, 13:24
Es vollzieht sich eine Evolution auf der Ebene der Gene, aber auch auf der Ebene der Kulturen.

Stelle Dir vor, Du wohnst auf einem Dorf und spielst abends in der Dorfkneipe immer ein Kartenspiel. Ihr habt Begriffe dafür, was ein riskantes Spiel sei, was ein dummes, welche Finten nah am Beschiss vorbei gehen und so weiter.

Jetzt kommt ein Fremder und spielt jeden Abend mit. Er hat eine andere Strategie und gewinnt damit die Mehrzahl der Spiele. In kurzer Zeit werden sich alle Mitspieler diese neue Strategie aneignen, oder genervt zu Hause bleiben. Kinder lernen von ihren Eltern künftig diese neue Strategie. Es werden sich wieder Begriffe etablieren, was ein gefährlicher, fieser, kluger oder dummer Spielzug sei. Diese moralischen Zuweisungen unterscheiden sich von den bisherigen.
:

Bitte gib doch einen Beleg, eine Studie, einen Nachweis, ein Indiz oder irgendetwas an, mit der diese Behauptung, das würde sich in den Genen niederschlagen (insbesondere von einer zu nächsten Generation!) validiert ist.

MattF
20.09.2016, 13:25
Dabei spielt überhaupt keine Rolle, auf welche Weise der Fremde zu seiner erfolgreichen Strategie kam. War es scharfes Nachdenken, Zufall, ein glücklicher Irrtum oder sogar reine Blödheit, die ihm zu diesem Einfall verhalf? Es ist egal. Entscheidend ist der Erfolg und damit der Fortbestand seiner Strategie. Nur dadurch prägt sie später die Moralbegriffe.


Aus Interesse: Glaubst du das ist der einzige Weg wie sich Moral bildet oder geht es auch anders?

Klugschnacker
20.09.2016, 13:26
Ist es nicht so, daß in dem Erbgut auch die Variante z.B. mit den schwarzen Flügeln enthalten ist? Das Erbgut hat doch auch keine Ahnung daß die Rinde nicht schwarz, rot, grün oder braun ist.

Es gibt regelmäßig missgebildete Falter, die rabenschwarz auf die Welt kommen, und sofort gefressen werden. Außer, die Birken werden schwarz (was es im Umfeld von Kohlekraftwerken bereits gegeben hat). Dann sind bald alle Falter in der Umgebung schwarz, da die weißen gefressen werden.

Die Information über die aktuelle Farbe der Birken steckt im Erbgut der Falter. Zum Glück – denn im Gehirn könnte der Falter nicht viel damit anfangen. Bei Licht besehen ist natürlich nicht nur die Flügelfarbe, sondern der gesamte Falter in allen seinen Formen und Verhaltensweisen ein Abbild seiner Umwelt.

Durch zahlloses Herumprobieren hat die Natur herausgefunden, wie man so einen Flügel bauen muss, und diese Information in den Genen codiert. Darin steckt auch das Wissen über die physikalischen Eigenschaften der Luft und der Schwerkraft. Das Tier selbst weiß kraft seines Gehirns jedoch nichts darüber. Wissen entsteht auch außerhalb von Gehirnen und ist auch außerhalb von Gehirnen anzutreffen.

Klugschnacker
20.09.2016, 13:51
Bitte gib doch einen Beleg, eine Studie, einen Nachweis, ein Indiz oder irgendetwas an, mit der diese Behauptung, das würde sich in den Genen niederschlagen (insbesondere von einer zu nächsten Generation!) validiert ist.

Vieles wird nicht genetisch, sondern kulturell weitergegeben. Allerdings bedingt sich beides gegenseitig. Beispiel:

Die Neandertaler lebten in überschaubaren Gruppengrößen. Wurde eine Gruppe zu groß, wurde sie instabil, weil nicht mehr ganz klar war, wer mit wem verwandt und befreundet war, der als Boss anerkannt war usw. Die Gruppe spaltete sich.

Der Homo sapiens war zu wesentlich größeren sozialen Gefügen fähig. Der Grund dafür war zunächst ein genetischer Vorteil gegenüber primitiveren Menschen. Er konnte besser kommunizieren, die Hierarchien wurden komplexer etc, und dadurch die Gruppen um ein Vielfaches größer. Mehrere Hundert Homo sapiens konnten gemeinsame Interessen verfolgen, zum Beispiel einen kleinen Nachbarstamm platt machen oder eine große Tierherde jagen.

Zu den genetischen Vorteilen kommen dann kulturelle. Wer gut sprechen kann, eignet sich zum Führer und erntet Anerkennung. Auch handwerkliches Geschick ist gefragt, außerdem Besonnenheit beim Schlichten gefährlicher Konflikte. Es entsteht kulturelles Wissen. Gleichzeitig werden auf der genetischen Ebene zunehmend jene bevorzugt, die klug sind, soziale Allianzen entwickeln können, gut sprechen können. Die kulturelle Entwicklung stößt eine Auswahl auf genetischer Ebene an. Die Gehirne werden größer, die Kiefer schwächer.

Aus beidem, Genetik und Kultur, entwickeln sich erfolgreiche und weniger erfolgreiche Verhaltensweisen. Sie betreffen den Einzelnen, vor allem aber ganze Völker. Die erfolgreichen Verhaltensweisen überdauern und können so Normen setzen, mit anderen Worten: welches Verhalten wir als "normal" ansehen. Daraus entwickeln sich dann die Moralbegriffe. Woraus auch sonst?
:Blumen:

MattF
20.09.2016, 13:59
Aus beidem, Genetik und Kultur, entwickeln sich erfolgreiche und weniger erfolgreiche Verhaltensweisen. Sie betreffen den Einzelnen, vor allem aber ganze Völker.

Das verschiedene Völker, verschiedene genetische Dispositionen haben und damit mehr oder weniger erfolgreich sind, finde ich jetzt arg grenzwertig!

zappa
20.09.2016, 14:00
Das verschiedene Völker, verschiedene genetische Dispositionen haben und damit mehr oder weniger erfolgreich sind, finde ich jetzt arg grenzwertig!

Das IST grenzwertig und auch nicht valide begründbar.

keko#
20.09.2016, 14:05
Das verschiedene Völker, verschiedene genetische Dispositionen haben und damit mehr oder weniger erfolgreich sind, finde ich jetzt arg grenzwertig!

99,9% unseres Erbguts ist gleich, über alle Menschen hinweg.

qbz
20.09.2016, 14:07
Die Aggressivität ist nur ein Beispiel für ganz viele Eigenschaften, die in der Interaktion mit anderen eine Rolle spielen. Diese Eigenschaften und die Balance dieser Eigenschaften untereinander bilden sich naturgesetzlich von selbst heraus. Es ist egal, ob es sich dabei um Menschen handelt oder Tiere. Diejenigen mit der erfolgreichsten Kombination dieser Eigenschaften überleben. Es vollzieht sich eine Evolution auf der Ebene der Gene, aber auch auf der Ebene der Kulturen.


Nochmals meine Frage: Kennst Du Untersuchungen, welche eine Veränderung der genetischen Disposition solcher Eigenschaften wie Aggressivität beim Homo Sapiens nahelegen oder gar belegen? Ist der Homo Sapiens nicht vielmehr in der Breite im Spektrum der von Dir genannten Eigenschaften wie Aggressivität, Kooperation etc.so flexibel, dass er sich über Lernen den konkreten Lebensverhältnissen anpasst? (und seine Lebensumwelt materiell (Werkzeuge, Produktionsmittel) und sozial selbst schafft, verändert).?


Stelle Dir vor, Du wohnst auf einem Dorf und spielst abends in der Dorfkneipe immer ein Kartenspiel. Ihr habt Begriffe dafür, was ein riskantes Spiel sei, was ein dummes, welche Finten nah am Beschiss vorbei gehen und so weiter.

Jetzt kommt ein Fremder und spielt jeden Abend mit. Er hat eine andere Strategie und gewinnt damit die Mehrzahl der Spiele. In kurzer Zeit werden sich alle Mitspieler diese neue Strategie aneignen, oder genervt zu Hause bleiben. Kinder lernen von ihren Eltern künftig diese neue Strategie. Es werden sich wieder Begriffe etablieren, was ein gefährlicher, fieser, kluger oder dummer Spielzug sei. Diese moralischen Zuweisungen unterscheiden sich von den bisherigen.

Damit will ich ausdrücken, dass der Erfolg (der Fortbestand) einer Strategie oder Verhaltensweise darüber entscheidet, ob die damit verknüpfte Moral überlebt. Oder ob sie ersetzt wird durch eine erfolgreichere.

Dabei spielt überhaupt keine Rolle, auf welche Weise der Fremde zu seiner erfolgreichen Strategie kam. War es scharfes Nachdenken, Zufall, ein glücklicher Irrtum oder sogar reine Blödheit, die ihm zu diesem Einfall verhalf? Es ist egal. Entscheidend ist der Erfolg und damit der Fortbestand seiner Strategie. Nur dadurch prägt sie später die Moralbegriffe.

Weil der Weg, der zu einer verbesserten Strategie führte, keine Rolle spielt, wirken diese Mechanismen auch nicht nur bei Menschen. Sie wirken überall, wo interagiert wird. Der Fortbestand des Erfolgreichen ist ein einigermaßen universelles Prinzip. Und nur erfolgreiche Verhaltensweisen haben die Chance, Normen zu bilden, aus denen später Moralbegriffe entwickelt werden.

Mit den Produktionsweisen menschlicher Kulturen bist Du bereits auf einer sehr fortgeschrittenen Ebene. Ich lese das mit großem Interesse, will mich aber in meiner eigenen Argumentation auf eine mehr grundsätzliche Ebene beschränken.
:Blumen:

In meinen Augen existiert eine solche Form der menschheitsgeschichtlichen Weitergabe von erfolgreichen (moralischen) Strategien, Verhaltensweisen nicht, weil ihr jeweiliger individueller Erfolg immer an die konkreten Lebensverhältnisse gebunden ist und daran gemessen wird. Verhaltensweisen, die unter den gesellschaftlichen Verhältnissen A Überleben bedeuten, können in B Untergang bedeuten.

keko#
20.09.2016, 14:17
Aus beidem, Genetik und Kultur, entwickeln sich erfolgreiche und weniger erfolgreiche Verhaltensweisen. Sie betreffen den Einzelnen, vor allem aber ganze Völker. Die erfolgreichen Verhaltensweisen überdauern und können so Normen setzen, mit anderen Worten: welches Verhalten wir als "normal" ansehen. Daraus entwickeln sich dann die Moralbegriffe. Woraus auch sonst?
:Blumen:

Definiere bitte mal genau den Begriff "Völker".
Entwickelst du gerade eine neue Rassenlehre? :confused:

Klugschnacker
20.09.2016, 14:18
Aus Interesse: Glaubst du das ist der einzige Weg wie sich Moral bildet oder geht es auch anders?

Moral bildet sich innerhalb eines natürlich entstandenen Rahmens und hat gewisse Spielräume. Ich halte es aber für schwer bis unmöglich, auf Dauer eine Moral zu etablieren, die unserer menschlichen Natur zuwiderläuft.

Menschen haben beispielsweise die Gabe, sich in andere hineinzuversetzen. Ein bitter weinendes Kind, ein einsamer Rentner, ein verhungernder Nachbar lösen Gefühle in uns aus. Wir sind grundsätzlich mitfühlende Wesen.

Überwinden können wir das nur, wenn wir andere Menschen entmenschlichen und ein Bedrohungsgefühl erzeugen: Die Fremden sind anders als wir, wir sind die Guten, und die anderen nehmen uns etwas weg. Ohne diesen Dreisprung kann man Menschen nur schwer dauerhaft aufeinander hetzen.

Wollten wir nun eine Moral von außen vorgeben, die gegen menschliche Grundwerte verstößt, würde das nach meiner Überzeugung irgendwann scheitern. Es hat sich für den Menschen als erfolgreiche Strategie gezeigt, in gewissen Grenzen mitfühlend zu handeln, und wir kommen als fleischgewordenes Ergebnis dieser Strategie nicht so leicht davon los. Gefährlich sind Konstruktionen wie Nationalismus oder auch religiöser Wahn, der zur Entmenschlichung jener führen kann, die nicht zur eigenen Gruppe gehören. Da kennst der Mensch dann kein Pardon. Auch das gehört zu uns.

---

Weil es vielleicht zu Missverständnissen führen kann, möchte ich noch etwas zu "erfolgreichen Strategie" sagen. Es bedeutet nicht zwangsläufig das zielstrebige Anhäufen von Gütern oder das rücksichtslose Übervorteilen der Mitmenschen. Eine evolutionär erfolgreiche Strategie kann darin bestehen, Frieden zu halten, die Kinder sorgfältig zu erziehen, die Alten zu pflegen und dem Einzelnen breite Möglichkeiten der persönlichen Entwicklung zu bieten. So kann sich eine Gesellschaft gegenüber einer aggressiv-kriegerischen Nachbarkultur als die stärkere erweisen, weil sie unter Umständen zu größerer Arbeitsteiligkeit und schnellerem Fortschritt fähig ist.
:Blumen:

Megalodon
20.09.2016, 14:22
Definiere bitte mal genau den Begriff "Völker".
Entwickelst du gerade eine neue Rassenlehre? :confused:

Dünnes Eis, und wie "zappa" ja schon richtig angedeutet hat, gibt es wissenschaftlich gesehen quasi keinen Unterschied im Erbgut: Menschliche Rassen und Völker mit bestimmten genetischen Dispositionen gibt es nicht !!

Vielleicht sollten wir uns wieder der Frage zuwenden, wo die Moral herkommt.

Klugschnacker
20.09.2016, 14:23
Das verschiedene Völker, verschiedene genetische Dispositionen haben und damit mehr oder weniger erfolgreich sind, finde ich jetzt arg grenzwertig!

Bei den genetischen Dispositionen sprach ich von Neandertalern versus Homo sapiens. Die Genetik setzt den Rahmen für das, was eine kulturelle Entwicklung ausgestalten kann. Wenn man keine Ohren hat, wird sich keine Konzertkultur entwickeln.

Bitte verschont mich mit rassistischem Quatsch.

MattF
20.09.2016, 14:25
Bei den genetischen Dispositionen sprach ich von Neandertalern versus Homo sapiens. Die Genetik setzt den Rahmen für das, was eine kulturelle Entwicklung ausgestalten kann. Wenn man keine Ohren hat, wird sich keine Konzertkultur entwickeln.



Das wollte ich ja nur klar stellen. Wenn du es so meinst alles OK. :liebe053:

Klugschnacker
20.09.2016, 14:38
Nochmals meine Frage: Kennst Du Untersuchungen, welche eine Veränderung der genetischen Disposition solcher Eigenschaften wie Aggressivität beim Homo Sapiens nahelegen oder gar belegen? Ist der Homo Sapiens nicht vielmehr in der Breite im Spektrum der von Dir genannten Eigenschaften wie Aggressivität, Kooperation etc.so flexibel, dass er sich über Lernen den konkreten Lebensverhältnissen anpasst?

Wir betrachten hier unterschiedliche Zeiträume. Wenn ich von genetischen Prozessen spreche, meine ich Zeiträume von hunderttausend bis zig Millionen Jahren. Die Kulturgeschichte des Menschen, von der Du sprichst, spielt sich jedoch, wie wir beide wissen, in viel kleineren Zeiträumen ab.

Ich meine mit Kultur etwas anderes, zum Beispiel die Kommunikationsfähigkeit. Die Entwicklung der Sprache der Gattung Homo ist an genetische Vorgänge gekoppelt, und auch rückgekoppelt. Aber das sind ganz andere Zeiträume, als Du sie betrachtest. Ich spreche nicht von den genetischen Unterschieden der Schweden versus Kongolesen, auch wenn es die natürlich gibt. Sie spielen in meiner Argumentation jedoch keinerlei Rolle.

Zur Genetik des Homo sapiens bezüglich des Merkmals seiner Aggressivität: Darüber kann ich nicht viel sagen. Mein Argument besteht darin, dass sie das Ergebnis einer vorangegangen Entwicklung ist, und sich genau in dieser Ausprägung als erfolgreich erwiesen hat. Wie sich die Gene des Homo sapiens in den letzten paar zehntausend Jahren entwickelt haben, weiß ich nicht, ist für mich aber auch unerheblich.
:Blumen:

keko#
20.09.2016, 15:05
Bitte verschont mich mit rassistischem Quatsch.

Der Mensch, so wie wir ihn kennen, ist vielleicht 250k Jahre alt. Genetisch sind wir alle zu 99.9% gleich. Gleichzeitig sprichst du von Völkern, Kultur, Genetik, Vorteilen, Erfolg, Durchsetzung, Moral und irgendwelchen Beeinflussungen. Da sollte man sauber und fundiert argumentieren. Ich z.B. kann dir nicht immer folgen (vielleicht auch nur aus Zeitgründen). Deshalb meine Nachfrage. :Blumen:

Klugschnacker
20.09.2016, 15:19
Das ist kein Wissen in dem Sinn wie es allgemein verstanden und in Diskussionen verwendet wird. Das ist ein in den Genen angelegter Bauplan.

Du sagst, ein genetischer Bauplan stelle kein Wissen im üblichen Sinne dar. Wie ist das mit den Inhalten Deines Gehirns: Stellen sie ein Wissen dar?

Insbesondere interessiert mich Deine Meinung zu den angeborenen Inhalten Deines Gehirns. Zum Beispiel das Wissen, wie man an einer Brust saugt. Es stand Dir als Säugling von der ersten Stunde an zur Verfügung und stammt sicher nicht aus Deinen Erfahrungen. Stellt dies aus Deiner Sicht eine Form gespeicherten Wissens dar?

Dieses Wissen, falls es sich um solches handelt, stammt zwangsläufig aus dem in den Genen angelegten Bauplan. An dieser Stelle, im Genom, handelt es sich Deiner Meinung nach jedoch nicht um Wissen. Wie erklärst Du Dir das?
:Blumen:

zappa
20.09.2016, 15:25
Du sagst, ein genetischer Bauplan stelle kein Wissen im üblichen Sinne dar. Wie ist das mit den Inhalten Deines Gehirns: Stellen sie ein Wissen dar?

Insbesondere interessiert mich Deine Meinung zu den angeborenen Inhalten Deines Gehirns. Zum Beispiel das Wissen, wie man an einer Brust saugt. Es stand Dir als Säugling von der ersten Stunde an zur Verfügung und stammt sicher nicht aus Deinen Erfahrungen. Stellt dies aus Deiner Sicht eine Form gespeicherten Wissens dar?

Dieses Wissen, falls es sich um solches handelt, stammt zwangsläufig aus dem in den Genen angelegten Bauplan. An dieser Stelle handelt es sich Deiner Meinung nach jedoch nicht um Wissen. Wie erklärst Du Dir das?
:Blumen:

Das ist ein Reflex, also eine einfache Reiz-Reaktions-Kopplung, die tatsächlich angeboren ist.

Hat mit Wissen nix zu tun. Es braucht keine kognitiven Fähigkeiten, um die Handlung auszulösen. Hunger, Geruch und Berührung als Reiz reichen aus.

qbz
20.09.2016, 15:45
Wir betrachten hier unterschiedliche Zeiträume. Wenn ich von genetischen Prozessen spreche, meine ich Zeiträume von hunderttausend bis zig Millionen Jahren. Die Kulturgeschichte des Menschen, von der Du sprichst, spielt sich jedoch, wie wir beide wissen, in viel kleineren Zeiträumen ab.

Ich meine mit Kultur etwas anderes, zum Beispiel die Kommunikationsfähigkeit. Die Entwicklung der Sprache der Gattung Homo ist an genetische Vorgänge gekoppelt, und auch rückgekoppelt. Aber das sind ganz andere Zeiträume, als Du sie betrachtest. Ich spreche nicht von den genetischen Unterschieden der Schweden versus Kongolesen, auch wenn es die natürlich gibt. Sie spielen in meiner Argumentation jedoch keinerlei Rolle.

Zur Genetik des Homo sapiens bezüglich des Merkmals seiner Aggressivität: Darüber kann ich nicht viel sagen. Mein Argument besteht darin, dass sie das Ergebnis einer vorangegangen Entwicklung ist, und sich genau in dieser Ausprägung als erfolgreich erwiesen hat. Wie sich die Gene des Homo sapiens in den letzten paar zehntausend Jahren entwickelt haben, weiß ich nicht, ist für mich aber auch unerheblich.
:Blumen:

dann hast Du es leider selbst im Laufe der Diskussion sehr missverständlich formuliert, weil Du für die Weitergabe der konkreten Ausprägung von Eigenschaften des Menschen, welche sich im Laufe der Menschheitsgeschichte als erfolgreich durchsetzen würden (gegenüber untergehenden menschlichen Kulturen z.B.) als ein Faktor die Genetik aufgeführt hattest.

Gehst Du davon aus, dass die genetische Disposition für die Ausprägung der Eigenschaften wie Aggressivität, Kooperation etc. seit der Herausbildung des Homo sapiens identisch gegeben war, stimmen wir darin überein. :Blumen:

neo
20.09.2016, 15:53
Wer sagt das? Alleine, dass Europäer weiß sind, ist eine evolutionäre Veränderung, die durch die geographische Lage stattgefunden hat.
Menschen sehen insgesamt nicht mehr so aus wie vor 150000 Jahren(kleinere Körper, kleinere Zähne/Unterkiefer usw).

Bisher konnte nichts neues spezifiziert werden. Homo sapiens vor 150.000 Jahren = homo sapiens von heute. Was Groesse usw. angeht, so haengen diese Parameter wohl vor allem von der Ernaehrung ab, wie sie sich zusammensetzt, in welchen Mengen konsumiert wird, wie sicher die Ernaehrungslage ist. Was Hautfarben usw. angeht, so scheint die hellhaeutige Variante das juengere Modell zu sein (ausgehend von der These, das die Wiege der Menschheit in Afrika stand, was meines Wissens nach bisher nicht falsifiziert wurde). Relativ kurzfristige Veraenderungen haben jedoch nichts mit Veraenderungen in der DNA zu tun. In beiden Faellen (um auf die Hautfarbe zurueckzukommen) liegen die Informationen in der DNA vor. Wie vor einiger Zeit herausgefunden wurde, koennen bestimmte Informationen jedoch "ausgeschaltet" werden, so dasz die Information nicht zum Tragen kommt. In beiden Faellen ist die DNA jedoch identisch, jedoch "an-" oder "abgeschaltet" . Veraenderungen muessen nicht zwangslaeufig Mutation bedeuten.

LidlRacer
20.09.2016, 16:00
Relativ kurzfristige Veraenderungen haben jedoch nichts mit Veraenderungen in der DNA zu tun. In beiden Faellen (um auf die Hautfarbe zurueckzukommen) liegen die Informationen in der DNA vor. Wie vor einiger Zeit herausgefunden wurde, koennen bestimmte Informationen jedoch "ausgeschaltet" werden, so dasz die Information nicht zum Tragen kommt. In beiden Faellen ist die DNA jedoch identisch, jedoch "an-" oder "abgeschaltet" . Veraenderungen muessen nicht zwangslaeufig Mutation bedeuten.

Du meinst, jeder Mensch hat das Erbgut für jede Hautfarbe, und das lässt sich irgendwie umschalten?

Mir scheint, da liegst Du falsch.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hautfarbe#Genetik

zappa
20.09.2016, 16:25
Du meinst, jeder Mensch hat das Erbgut für jede Hautfarbe, und das lässt sich irgendwie umschalten?

Mir scheint, da liegst Du falsch.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hautfarbe#Genetik

Wir haben einen Genotyp und einen Phänotyp. Im Genotyp können verschiedene Varianten "schlummern", die bei einer einzelnen Person im Phänotyp nicht "plötzlich" auftauchen. Der bleibt schon gleich. Aber genetisch ist das Erbgut für etwas anderes, als das was Du bei der Person sehen kannst, da. In einer bestimmten Fortpflanzungssituation kann es dann schon Überraschungen geben.

Meine Frau und ich, ebenso wie meine beiden älteren Töchter sind im Phänotyp sehr dunkel (Hautfarbe, Haarfarbe, Augenfarbe). Unser Nachzügler hell und strohblond.

Oh, ich glaube ich sollte mal mit meiner Frau sprechen ...

Klugschnacker
20.09.2016, 16:26
Gehst Du davon aus, dass die genetische Disposition für die Ausprägung der Eigenschaften wie Aggressivität, Kooperation etc. seit der Herausbildung des Homo sapiens identisch gegeben war, stimmen wir darin überein. :Blumen:

Ja, als Mittelwert über sehr viele Individuen gesehen, mehr oder weniger identisch. Ich weiß es nicht, es spielt für mich überhaupt keine Rolle. Mir geht es allein darum, wie sich aus genetisch vererbten Verhaltensweisen kulturelle Normen entwickelt haben.
:Blumen:

Lui
20.09.2016, 16:30
Bisher konnte nichts neues spezifiziert werden. Homo sapiens vor 150.000 Jahren = homo sapiens von heute. Was Groesse usw. angeht, so haengen diese Parameter wohl vor allem von der Ernaehrung ab, wie sie sich zusammensetzt, in welchen Mengen konsumiert wird, wie sicher die Ernaehrungslage ist. Was Hautfarben usw. angeht, so scheint die hellhaeutige Variante das juengere Modell zu sein (ausgehend von der These, das die Wiege der Menschheit in Afrika stand, was meines Wissens nach bisher nicht falsifiziert wurde). .

Evolution ist doch nicht anderes als Anpassung durch Veränderung um zu überleben. Natürlich waren Menschen als sie noch in Afrika lebten ursprunglich dunkelhäutiger, da die Pigmentierung der Haut eine Schutzfunktion gegen zu viel UVB ist während die hellere Haut der Europäer das Ergebnis von UVB Mangel ist und dazu dient aus weniger UVB mehr Vitamin D zu bilden. Asiaten sind auch im Norden hellhäutiger und insgesamt hellhäutiger als Afrikaner. Nordafrikaner sind wiederum heller als Afrikaner weiter südlich.

Human evolution did not stop when our own species appeared.
http://australianmuseum.net.au/how-have-we-changed-since-our-species-first-appeared

MattF
20.09.2016, 16:39
Evolution ist doch nicht anderes als Anpassung durch Veränderung um zu überleben.

Nein Evolution ist die Veränderung der vererbaren Merkmale.

Lui
20.09.2016, 16:49
Nein Evolution ist die Veränderung der vererbaren Merkmale.

Ist doch genau das gleiche...

Man könnte auch schreiben: Evolution ist die Veränderung der vererbaren Merkmale als Anpassung um zu überleben.

qbz
20.09.2016, 17:13
Ja, als Mittelwert über sehr viele Individuen gesehen, mehr oder weniger identisch. Ich weiß es nicht, es spielt für mich überhaupt keine Rolle. Mir geht es allein darum, wie sich aus genetisch vererbten Verhaltensweisen kulturelle Normen entwickelt haben.
:Blumen:

Und bei letzterem unterscheiden wir uns halt in der Denkweise. Du versuchst, allgemein(st)e, abstrakte Mechanismen für die Herausbildung der kulturellen Normen zu finden inform von Modellen / Analogien (Diskussion mit Neo), während ich die Kultur "nur" als Ausdruck der jeweiligen konkreten materiellen Lebensverhältnisse verstehe, in welche die Menschen hineingeboren werden und an die sie sich anpassen, mit ihrer genetischen Disposition, die ihnen so viel Flexibilität bietet.

zappa
20.09.2016, 17:17
Ja, als Mittelwert über sehr viele Individuen gesehen, mehr oder weniger identisch. Ich weiß es nicht, es spielt für mich überhaupt keine Rolle. Mir geht es allein darum, wie sich aus genetisch vererbten Verhaltensweisen kulturelle Normen entwickelt haben.
:Blumen:

Aha.

Dann halt ich mal als Zwischenergebnis fest:

Beispielsweise Altruismus vs. Egozentrismus ist in jedem sozialen System / Genpool vorhanden. Und auch beim einzelnen Menschen gibt es beides, individuell prädisponiert.

Es gibt keine genetisch bedingte Häufung von diesen Eigenschaften.

Was in einem sozialen System möglicherweise dominiert, bildet sich über kulturelle bzw. moralische Verhaltensregeln aus. Eine potenzielle Dominanz findet aber KEINEN Niederschlag im Genpool. Damit gibt's auch keine in diesen Eigenschaften genetisch "überlegenen" Systeme / Genpools. NOTABENE!

Ein einzelner Mensch hat in diesen Eigenschaften eine genetische Prädisposition (ca. 50%) und damit eine folgende Verhaltenspräferenz. Er verändert aber ggf. Über Sozialisierungsprozesse entlang kultureller und moralischer Verhaltensregeln diese Prägung. Das hat aber KEINEN Niederschlag in den Genen.

Moralische Verhaltensregeln werden von den Menschen in einem System produziert, gelernt, reproduziert und verändert. Das läuft weitgehend über Kommunikation.

Der einzelne Mensch hat die Wahl- und Entscheidungsfreiheit Systemen bei- und auszutreten. Das sind bewusste Entscheidungen aufgrund kognitiver Fähigkeiten.

Das alles hat ein Fisch und eine Fischpopulationen NICHT!

LidlRacer
20.09.2016, 17:41
Habe nur ich den Eindruck, dass sich die Diskussion über Moral, Wissen, Intelligenz, Genetik usw. inzwischen derart verselbständigt hat, dass nun k(aum noch)einer mehr weiß, was das zum eigentlichen Thema dieses Threads (ich glaube, mich dunkel zu erinnern, dass es primär um Religion ging) beitragen sollte?

Lui
20.09.2016, 17:49
Ich blicke auch nicht ganz durch worum es ursprunglich ging:Lachen2: , aber ich finde Paar von den Themen hier an sich interessant.

Ich merke auch gerade erst, dass der Thread schon einige Jahre alt ist.

zappa
20.09.2016, 17:51
Habe nur ich den Eindruck, dass sich die Diskussion über Moral, Wissen, Intelligenz, Genetik usw. inzwischen derart verselbständigt hat, dass nun k(aum noch)einer mehr weiß, was das zum eigentlichen Thema dieses Threads (ich glaube, mich dunkel zu erinnern, dass es primär um Religion ging) beitragen sollte?

Danke für den moderativen Impuls!

Zumindest bei Neo ist das auch immer wieder als Hinweis gekommen.

Ich denke schon, dass wir diesen Ast beackern sollten, letztlich sind wir ja in der Diskussion, wo das alles herkommt, wie sich das entwickelt etc.

Da gibt es dann viele, die diese letztlich immer offene Frage mit religiösen Inhalten füllen.

Nur meldet sich dazu grad keiner, weil ein paar zu dominant sind. Entschuldigung dafür.

keko#
20.09.2016, 18:05
....während ich die Kultur "nur" als Ausdruck der jeweiligen konkreten materiellen Lebensverhältnisse verstehe, in welche die Menschen hineingeboren werden und an die sie sich anpassen, mit ihrer genetischen Disposition, die ihnen so viel Flexibilität bietet.

Denkt jemand nicht so? Also dass es im Jahr 2016 vererbte Unterschiede gibt, die die eine oder andere kulturelle Ausprägung bevorzugen?

Klugschnacker
20.09.2016, 18:42
Aha. Dann halt ich mal als Zwischenergebnis fest:

Beispielsweise Altruismus vs. Egozentrismus ist in jedem sozialen System / Genpool vorhanden. Und auch beim einzelnen Menschen gibt es beides, individuell prädisponiert. Es gibt keine genetisch bedingte Häufung von diesen Eigenschaften.

Das mag richtig sein (ich weiß es nicht), trotzdem biegst Du aus meiner Sicht genau an dieser Stelle falsch ab. Denn was Du oben feststellst, spielt keine Rolle.

Du sagst, es gäbe keine genetisch bedingte Häufung von Genen, welche dieses oder jenes Verhalten beim Homo sapiens förderten. Zwischen zwei Gruppen Homo sapiens gebe es also keine Unterschiede dieses genetischen Merkmals.

Machen wir zur Verdeutlichung ein fiktives Beispiel mit konkreten Zahlen: Die Gene einer Gruppe sollen dazu führen, dass wir in 80% der Fälle friedlich und zu 20% aggressiv reagieren. Die Mitglieder der Gruppe reagieren also nicht immer friedlich, aber meistens.

Du sagst, im Durchschnitt gälte dieses 80/20-Verhältnis für alle Gruppen von Homo sapiens, da zwischen diesen Gruppen mehr oder weniger keine genetischen Unterschiede bestünden. Es gäbe demnach keine Gruppen, die ein genetisch bedingtes Aggressionsverhalten von 60/40 hätten.

Wenn Du das sagst, wird es schon so sein, ich weiß es nicht. Für mein Argument spielt das keine Rolle. Ich sage folgendes: Wenn das Aggressionsverhalten einer oder aller Gruppen bei 80/20 liegt, hat das natürliche Ursachen. Dieser Wert repräsentiert eine erfolgreiche Strategie und die zugehörigen Gene haben sich deshalb an nachfolgende Generationen vererbt. Er wurde zur Grundlage dessen, was wir heute als Norm empfinden und damit zur Grundlage unserer Moral. Diese Moral würde anders ausfallen, wenn sich "50/50" als erfolgreichere Strategie herausgestellt hätte.
:Blumen:

Fortsetzung folgt...

qbz
20.09.2016, 19:03
Denkt jemand nicht so? Also dass es im Jahr 2016 vererbte Unterschiede gibt, die die eine oder andere kulturelle Ausprägung bevorzugen?

ich weiss es nicht ;-) . Ich antwortete damit auf Arne, dass nach meiner Meinung kulturelle Normen primär Ausdruck der materiellen Lebensverhältnisse sind, in welche die Menschen hineingeboren werden, während er nach allgemein(st)en, abstrakten Mechanismus (Gesetzmässigkeiten) sucht, über alle historischen Epochen und Gesellschaftsformen hinweg.

Arne: " Mit den Produktionsweisen menschlicher Kulturen bist Du bereits auf einer sehr fortgeschrittenen Ebene. Ich lese das mit großem Interesse, will mich aber in meiner eigenen Argumentation auf eine mehr grundsätzliche Ebene beschränken."

Klugschnacker
20.09.2016, 19:25
Wie konnte sich das fiktive Aggressionsverhalten von 80/20 auf diesen Wert einpendeln? Es handelt sich um das Verhältnis zwischen Risiko und Nutzen einer Aggression in sehr frühen Kulturen. Ein aggressiveres Verhalten von 70/30 führt zu einem höheren Verletzungsrisiko und zu einer geringeren Zeit für Aufzucht und Nahrungssuche. Ein friedlicheres Verhalten führt zu geringem sozialen Status und Nachteilen bei der Eroberung eines Weibchens. Selbstverständlich sind das rein fiktive Beispiele.

Eine fiktive frühe Religion oder Ethik könnte versucht haben, das natürliche Aggressionsverhalten von 80/20 auf einen friedlicheren Wert zu drücken, zum Beispiel 95/5, aber diese Gesellschaft wurde durch aggressivere Individuen leicht unterwandert und konnte sich nicht durchsetzen. Man nahm ihnen einfach Stück für Stück ihren Besitz weg, weil man wusste, dass sie sich ohnehin kaum wehren.

Das bedeutet, dass das Aggressionsverhalten von 80/20 keiner menschlichen Absicht entsprungen ist, und von einer bestehenden Absicht auch kaum verändert werden kann, da es schlicht die evolutionär erfolgreichste Strategie darstellt. Zwar kann ein System von Sanktionen diesen Wert verändern, allerdings nur innerhalb dieser Gruppe. Konkurrierende Gesellschaften ohne diese Sanktionen werden sie möglicherweise überfallen, und mit den ganzen "Pazifisten" leichtes Spiel haben. Kurz: Es ist schwer, den sich natürlich ergebenden Wert von 80/20 zu beeinflussen.

Das stellt eine gewisse Parallele her zu fiktiven Gesellschaften, die überhaupt nicht daran denken, das Aggressionsverhalten, welches sich auf natürliche Weise als optimal herausgestellt hat, zu ändern. Auch bei ihnen werden wir zwangsläufig denjenigen evolutionär stabilen Wert für ihr Aggressionsverhalten finden, der sich durch natürliche Prozesse ergeben hat. Wir sitzen alle im selben Boot.

Das ist natürlich alles noch keine Moral in einem Sinn des modernen Menschen der Neuzeit. Aber die Grundlagen sind durch die Natur gegeben und die Spielräume sind relativ gering. Die Natur setzt Normen und damit das, was wir als "normales" Verhalten ansehen. Deswegen ähnelt sich die Geschichte aller Epochen immer wieder auf’s Neue. Wir verstehen auf Anhieb die grundsätzlichen Konflikte von Kulturen, die vor tausenden von Jahren existiert haben.
:Blumen:

neo
20.09.2016, 19:58
Nur meldet sich dazu grad keiner, weil ein paar zu dominant sind. Entschuldigung dafür.

hm ... mußte meine klavier- und klarinettenschüler heut nachmittag abarbeiten nach dem ferienanfang ... jetzt bin ich platt von den intervallen heut´ mittag. ich bin nicht ausgestiegen! ;) morgen früh spätestens meld´ ich mich wieder. erholt euch gut

Klugschnacker
20.09.2016, 23:17
Habe nur ich den Eindruck, dass sich die Diskussion über Moral, Wissen, Intelligenz, Genetik usw. inzwischen derart verselbständigt hat, dass nun k(aum noch)einer mehr weiß, was das zum eigentlichen Thema dieses Threads (ich glaube, mich dunkel zu erinnern, dass es primär um Religion ging) beitragen sollte?

Hast wohl recht, sorry. :Blumen:

Mich ärgert die Behauptung der Religionen, ohne sie gäbe es keine Moral. Zum Beispiel durch Joseph Ratzinger. Darum habe ich versucht, Argumente plausibel zu machen, die zeigen, dass sich Moral zwangsläufig ganz von selbst bildet. Sie ergibt sich zwangsläufig aus der Interaktion und dem in der Natur überall herrschenden Gebot, Ressourcen sinnvoll einzusetzen.

Mein Versuch, das bereits auf der Ebene der Gene darzustellen, geriet zu kompliziert. Sorry an alle, die tapfer versucht haben, noch eine Weile mitzulesen.
:Blumen: :Cheese:

LidlRacer
20.09.2016, 23:35
Hast wohl recht, sorry. :Blumen:

Mich ärgert die Behauptung der Religionen, ohne sie gäbe es keine Moral. Zum Beispiel durch Joseph Ratzinger. Darum habe ich versucht, Argumente plausibel zu machen, die zeigen, dass sich Moral zwangsläufig ganz von selbst bildet. Sie ergibt sich zwangsläufig aus der Interaktion und dem in der Natur überall herrschenden Gebot, Ressourcen sinnvoll einzusetzen.

Mein Versuch, das bereits auf der Ebene der Gene darzustellen, geriet zu kompliziert. Sorry an alle, die tapfer versucht haben, noch eine Weile mitzulesen.
:Blumen: :Cheese:

Gut, mich brauchst Du natürlich nicht zu überzeugen, dass wir für Moral keine Religion brauchen.
Ist hier überhaupt jemand anderer Meinung?

neo
20.09.2016, 23:53
Gut, mich brauchst Du natürlich zu überzeugen, dass wir für Moral keine Religion brauchen.
Ist hier überhaupt jemand anderer Meinung?

Nee. Fuer mich passt es. Aber das mit der Moral bei den Fischen haette ich noch gerne gewusst ....

:Lachanfall: :Cheese:

Klugschnacker
21.09.2016, 00:50
Aber das mit der Moral bei den Fischen haette ich noch gerne gewusst ....

:Lachanfall: :Cheese:

Ich sagte:

Wie sich diese komplexen Eigenschaften zwangsläufig von selbst entwickeln, kann man modellhaft an einem einfachen Beispiel zeigen. Die Wirklichkeit ist natürlich komplizierter, aber hier geht es zunächst um das Prinzip.

Denken wir uns eine Population äußerst friedfertiger Individuen. Es können Menschen sein, aber ebensogut Fische, Käfer oder Hirsche.

Es ging also um ein Modell für die Entstehung ausbalancierter Verhaltensweisen, zum Beispiel Angriffslust/Vorsicht. Ist schon okay, wenn Du es nicht wirklich gelesen hast, war ja auch etwas arg lang. :)

neo
21.09.2016, 06:56
Ich sagte:



Es ging also um ein Modell für die Entstehung ausbalancierter Verhaltensweisen, zum Beispiel Angriffslust/Vorsicht. Ist schon okay, wenn Du es nicht wirklich gelesen hast, war ja auch etwas arg lang. :)

Asche auf mein Haupt! :Blumen: Spaet abends auf dem Sofa auf dem Handy-Display gelesen mit staendig eintrudelnden neuen Thread-Beitraegen ist mir das tatsaechlich entgangen ....

zappa
21.09.2016, 07:40
Hast wohl recht, sorry. :Blumen:

Mich ärgert die Behauptung der Religionen, ohne sie gäbe es keine Moral. Zum Beispiel durch Joseph Ratzinger. Darum habe ich versucht, Argumente plausibel zu machen, die zeigen, dass sich Moral zwangsläufig ganz von selbst bildet. Sie ergibt sich zwangsläufig aus der Interaktion und dem in der Natur überall herrschenden Gebot, Ressourcen sinnvoll einzusetzen.

Mein Versuch, das bereits auf der Ebene der Gene darzustellen, geriet zu kompliziert. Sorry an alle, die tapfer versucht haben, noch eine Weile mitzulesen.
:Blumen: :Cheese:

Deine Argumente waren lesens- und nachdenkenswert sowie virtuos metaphorisch. Vielen Dank dafür!

Schlüssig waren sie für mich weder auf Ebene trivialer (Fische), noch nicht-trivialer "Systeme" (Menschen); hier haben wir eine sehr kritische Klippe zur (nicht vorhandenen) Überlegenheit von menschlichen Genpools bzgl. kollektiver Verhaltensweisen gerade noch umschifft. Insbesondere unklar bleibt mir Deine Annahme, wie sich das bilderreich geschilderte "Prinzip" zur Ausbildung einer, ich nenne sie mal "naturalistischen Moral" gerade bei den trivialen Systemen ohne Bewusstsein, kognitive Fähigkeiten und insbesondere ausdifferenzierte Kommunikation funktionieren soll. Über die Metaphorik hinaus hast Du leider keine Quellen, Studien, Belege oder ähnliches beigebracht, was Du selbst ja immer bei religiösen Begründungen einforderst.

Insofern ist mein Resümee, dass Du letztlich auch nicht mehr ausgebreitet hast, als ein großes (wirklich bewundernswert facettenreiches) Narrativ für die Frage, woher Moral in Systemen kommt. Das unterscheidet sich strukturell nicht wirklich von den religiösen Narrativen, von denen die Bibel kein unerhebliches ist.

Viele folgen diesem Narrativ, manche sehr eifrig, manche weniger eifrig, manche bewusst, manche unterbewusst. Warum? Weil es ihnen bei der auch von uns leidenschaftlich diskutierten, prinzipiell offenen Frage "wo kommt das her, wie entwickelt sich das, hat das einen Sinn?" eine Erklärung, einen Standpunkt bietet. Ich respektiere das, auch wenn ich dem nicht folge.

Ich bin fest davon überzeugt, dass Moral in sozialen Systemen über Kommunikation produziert, reproduziert und verändert wird (siehe insbesondere Habermas, Luhmann, etc.). Genetische Prädispositionen der Menschen spielen dabei ein Rolle, aber nicht die entscheidende.

Und religiöse Narrative wie die Bibel sind materialisierte Kommunikation, die in vielen Systemen moralische Fragen nicht unbedingt originär, aber in jedem Fall ebenso virtuos wie Du zu klären im Stande ist.

neo
21.09.2016, 08:00
Schlüssig waren sie für mich weder auf Ebene trivialer (Fische), noch nicht-trivialer "Systeme" (Menschen); hier haben wir eine sehr kritische Klippe zur (nicht vorhandenen) Überlegenheit von menschlichen Genpools bzgl. kollektiver Verhaltensweisen gerade noch umschifft. Insbesondere unklar bleibt mir Deine Annahme, wie sich das bilderreich geschilderte "Prinzip" zur Ausbildung einer, ich nenne sie mal "naturalistischen Moral" gerade bei den trivialen Systemen ohne Bewusstsein, kognitive Fähigkeiten und insbesondere ausdifferenzierte Kommunikation funktionieren soll. Über die Metaphorik hinaus hast Du leider keine Quellen, Studien, Belege oder ähnliches beigebracht, was Du selbst ja immer bei religiösen Begründungen einforderst.

[...]

Ich bin fest davon überzeugt, dass Moral in sozialen Systemen über Kommunikation produziert, reproduziert und verändert wird (siehe insbesondere Habermas, Luhmann, etc.). Genetische Prädispositionen der Menschen spielen dabei ein Rolle, aber nicht die entscheidende.
[...]


Da schließe ich mich an ... daß sich nicht bewährte "Systeme" irgendwann ausgetauscht werden hat uns auf der Suche nach dem Ursprung nicht weitergebracht. Die Selektion erzeugt keine Moral, sie erzeugt nichts, sie ist lediglich ein negierender Mechanismus.

Die Veränderung von Moral scheint mir auch weniger von genetischen Komponenten abzuhängen, namentlich moralische Grundsätze sich immer wieder ändern und hin- und herpendeln können.

Abgesehen davon: wi ich schon zuvor geschrieben habe - solch ein Austausch von Gedanken ist immer gut und war für mich Freude pur! Danke an alle Beteiligten! :Blumen:

keko#
21.09.2016, 08:02
Wie konnte sich das fiktive Aggressionsverhalten von 80/20 auf diesen Wert einpendeln? Es handelt sich um das Verhältnis zwischen Risiko und Nutzen einer Aggression in sehr frühen Kulturen. Ein aggressiveres Verhalten von 70/30 führt zu einem höheren Verletzungsrisiko und zu einer geringeren Zeit für Aufzucht und Nahrungssuche. Ein friedlicheres Verhalten führt zu geringem sozialen Status und Nachteilen bei der Eroberung eines Weibchens. Selbstverständlich sind das rein fiktive Beispiele.

Eine fiktive frühe Religion oder Ethik könnte versucht haben, das natürliche Aggressionsverhalten von 80/20 auf einen friedlicheren Wert zu drücken, zum Beispiel 95/5, aber diese Gesellschaft wurde durch aggressivere Individuen leicht unterwandert und konnte sich nicht durchsetzen. Man nahm ihnen einfach Stück für Stück ihren Besitz weg, weil man wusste, dass sie sich ohnehin kaum wehren.

Das bedeutet, dass das Aggressionsverhalten von 80/20 keiner menschlichen Absicht entsprungen ist, und von einer bestehenden Absicht auch kaum verändert werden kann, da es schlicht die evolutionär erfolgreichste Strategie darstellt. Zwar kann ein System von Sanktionen diesen Wert verändern, allerdings nur innerhalb dieser Gruppe. Konkurrierende Gesellschaften ohne diese Sanktionen werden sie möglicherweise überfallen, und mit den ganzen "Pazifisten" leichtes Spiel haben. Kurz: Es ist schwer, den sich natürlich ergebenden Wert von 80/20 zu beeinflussen.

Das stellt eine gewisse Parallele her zu fiktiven Gesellschaften, die überhaupt nicht daran denken, das Aggressionsverhalten, welches sich auf natürliche Weise als optimal herausgestellt hat, zu ändern. Auch bei ihnen werden wir zwangsläufig denjenigen evolutionär stabilen Wert für ihr Aggressionsverhalten finden, der sich durch natürliche Prozesse ergeben hat. Wir sitzen alle im selben Boot.

Das ist natürlich alles noch keine Moral in einem Sinn des modernen Menschen der Neuzeit. Aber die Grundlagen sind durch die Natur gegeben und die Spielräume sind relativ gering. Die Natur setzt Normen und damit das, was wir als "normales" Verhalten ansehen. Deswegen ähnelt sich die Geschichte aller Epochen immer wieder auf’s Neue. Wir verstehen auf Anhieb die grundsätzlichen Konflikte von Kulturen, die vor tausenden von Jahren existiert haben.
:Blumen:

Deine Argumentation halte ich für in sich schlüssig. Gleichwohl wirft dieser (fiktive, aber feste) Quotient natürlich viele Fragen auf (ich sitz im Büro und habe nicht die Zeit um ständig zu schreiben).
Schlüssig insofern, als dass du dich natürlich ausschliesslich auf dein naturwissenschaftliches Weltbild beziehst und alles darauf runterbrichst oder hinzerrst. Das ist ja auch legitm.
Dass dem alles so ist, kannst du natürlich auch nicht beweisen, dafür ist die Sache einfach unheimlich komplex. Es bleibt also auch wieder nur eine Theorie, ein Model.

Persönlich gesehen schrecken mich Weltbilder, die rein auf naturwissenschaftlichen Ketten beruhen, ab. Es ist nicht so, dass sie mich nicht interessieren oder ich dem nicht folgen kann, aber wohin kommen wir, wenn wir jeden Pups nüchtern naturwissenschaftlich, rein rational betrachten? In meinen Augen eine armselige Welt und die schlechtere Wahl. Religion und Glaube hat einen gewissen Zauber inne, den ich für wichtig halte.

keko#
21.09.2016, 08:04
Abgesehen davon: wi ich schon zuvor geschrieben habe - solch ein Austausch von Gedanken ist immer gut und war für mich Freude pur! Danke an alle Beteiligten! :Blumen:

Dem schließe ich mich an! Verschiedene Ansichten, ordentlich vorgetragen, sind unheimlich interessant :Blumen:

neo
21.09.2016, 08:06
Deine Argumentation halte ich für in sich schlüssig. Gleichwohl wirft dieser (fiktive, aber feste) Quotient natürlich viele Fragen auf (ich sitz im Büro und habe nicht die Zeit um ständig zu schreiben).
Schlüssig insofern, als dass du dich natürlich ausschliesslich auf dein naturwissenschaftliches Weltbild beziehst und alles darauf runterbrichst oder hinzerrst. Das ist ja auch legitm.
Dass dem alles so ist, kannst du natürlich auch nicht beweisen, dafür ist die Sache einfach unheimlich komplex. Es bleibt also auch wieder nur eine Theorie, ein Model.

Persönlich gesehen schrecken mich Weltbilder, die rein auf naturwissenschaftlichen Ketten beruhen, ab. Es ist nicht so, dass sie mich nicht interessieren oder ich dem nicht folgen kann, aber wohin kommen wir, wenn wir jeden Pups nüchtern naturwissenschaftlich, rein rational betrachten? In meinen Augen eine armselige Welt und die schlechtere Wahl. Religion und Glaube hat einen gewissen Zauber inne, den ich für wichtig halte.

Da geht es mir nicht anders mit der emotionalen Einschätzung ... Schließlich gibt es nichts irrationaleres als den Rationalismus ...

MattF
21.09.2016, 08:07
Hast wohl recht, sorry. :Blumen:

Mich ärgert die Behauptung der Religionen, ohne sie gäbe es keine Moral. Zum Beispiel durch Joseph Ratzinger. Darum habe ich versucht, Argumente plausibel zu machen, die zeigen, dass sich Moral zwangsläufig ganz von selbst bildet. Sie ergibt sich zwangsläufig aus der Interaktion und dem in der Natur überall herrschenden Gebot, Ressourcen sinnvoll einzusetzen.


Aber wenn man in deinem Denkmuster bleibt muss man sich fragen wieso sich Religionen durchgesetzt haben? Doch dann nur weil sie anderen Formen der Moralbildung überlegen oder zumindest ebenbürtig sind. Sonst wären die Religionen nach der Aufklärung ausgestorben (zumindest im Westen).

neo
21.09.2016, 08:08
Aber wenn man in deinem Denkmuster bleibt muss man sich fragen wieso sich Religionen durchgesetzt haben? Doch dann nur weil sie anderen Formen der Moralbildung überlegen oder zumindest ebenbürtig sind. Sonst wären die Religionen nach der Aufklärung ausgestorben (zumindest im Westen).

Good one! :Blumen: :)

LidlRacer
21.09.2016, 08:34
Aber wenn man in deinem Denkmuster bleibt muss man sich fragen wieso sich Religionen durchgesetzt haben? Doch dann nur weil sie anderen Formen der Moralbildung überlegen oder zumindest ebenbürtig sind. Sonst wären die Religionen nach der Aufklärung ausgestorben (zumindest im Westen).

Von "durchgesetzt" kann m.E. keine Rede sein. Die heutigen Religionen sind ja relativ zur Menschheitsgeschichte sehr jung. Vorher gab's tausende andere, die bereits "ausgestorben" sind.
Wer weiß, wann die heutigen "aussterben"?

neo
21.09.2016, 08:39
Von "durchgesetzt" kann m.E. keine Rede sein. Die heutigen Religionen sind ja relativ zur Menschheitsgeschichte sehr jung. Vorher gab's tausende andere, die bereits "ausgestorben" sind.
Wer weiß, wann die heutigen "aussterben"?

Ich denke, es geht nicht um spezielle, einzelne Religionen, sondern um das Konzept "Religion" ...

keko#
21.09.2016, 08:44
Ich denke, es geht nicht um spezielle, einzelne Religionen, sondern um das Konzept "Religion" ...

Und ob sich die atheistische Ausprägung, wie z.B. in DE, durchsetzt, ist auch fraglich. Momentan kommen ja sehr viele Gläubige zu uns mit einer höheren Geburtenrate.
Ich vermute, dass Glaube/Religion in DE in Zukunft sogar wieder an Bedeutung gewinnen wird.

Megalodon
21.09.2016, 08:50
Nur meldet sich dazu grad keiner, weil ein paar zu dominant sind. Entschuldigung dafür.

Ich frag mich gerade, wie sinnvoll es ist, mit Leuten zu diskutieren, die der Auffassung sind, dass Frösche und Fische moralisches Verhalten an den Tag legen.

Mich erinnert das auch an die Aussage, durch Fleischverzicht ein weniger schlechter Mensch sein zu wollen.

Mein Bereitschaft geht aktuell gegen Null, mich mit solch schrägem Gedankegut auseinander zu setzen.

neo
21.09.2016, 08:51
Und ob sich die atheistische Ausprägung, wie z.B. in DE, durchsetzt, ist auch fraglich. Momentan kommen ja sehr viele Gläubige zu uns mit einer höheren Geburtenrate.
Ich vermute, dass Glaube/Religion in DE in Zukunft sogar wieder an Bedeutung gewinnen wird.

Ich denke auch, daß sich das mittelfristig wieder ändern wird ...

zappa
21.09.2016, 08:57
Und ob sich die atheistische Ausprägung, wie z.B. in DE, durchsetzt, ist auch fraglich. Momentan kommen ja sehr viele Gläubige zu uns mit einer höheren Geburtenrate.
Ich vermute, dass Glaube/Religion in DE in Zukunft sogar wieder an Bedeutung gewinnen wird.

Meine These hier ist: "Je mehr subjektiv wahrgenommene Unsicherheit und Angst, desto mehr Affinitiät zu Narrativen, insbesondere religiösen, aber nicht nur diesen."

LidlRacer
21.09.2016, 08:59
Ich denke, es geht nicht um spezielle, einzelne Religionen, sondern um das Konzept "Religion" ...

Das Konzept "Religion" führt sich schon selbst dadurch ad absurdum, dass es so viele widersprüchliche Religionen gibt und gab.
Warum das so wenige Menschen erkennen, ist mir allerdings auch rätselhaft.

zappa
21.09.2016, 09:04
Das Konzept "Religion" führt sich schon selbst dadurch ad absurdum, dass es so viele widersprüchliche Religionen gibt und gab.
Warum das so wenige Menschen erkennen, ist mir allerdings auch rätselhaft.

Weil die Menschen nun mal mehrheitlich maßgeblich in "ihrem" System leben. Da gibt es genug systemimmanente Widersprüche auszuhalten und weg-zu-rationalisieren. Da braucht es nicht auch noch systemübergreifende Widersprüche auf Metaebenen, die übrigens auch nicht immer alltagspraktisch relevant sind :-)

neo
21.09.2016, 09:05
Das Konzept "Religion" führt sich schon selbst dadurch ad absurdum, dass es so viele widersprüchliche Religionen gibt und gab.
Warum das so wenige Menschen erkennen, ist mir allerdings auch rätselhaft.

Scheint dann wohl nicht ganz so absurd zu sein und seinen (evolutionären) Sinn zu haben, auch wenn er sich uns nicht immer erschließt ... darum sagte ich ja: "Es gibt nicht irrationaleres als den Rationalismus." ;) Alles erklärt er uns auch nicht :)

keko#
21.09.2016, 09:07
Das Konzept "Religion" führt sich schon selbst dadurch ad absurdum, dass es so viele widersprüchliche Religionen gibt und gab.
Warum das so wenige Menschen erkennen, ist mir allerdings auch rätselhaft.

Es gibt durchaus Gleiches bei Eingottreligionen. Wenn´s hier um Naturwissenschaft geht, geht man auch gern ins Abstrakte um irgendwelche Muster herauszuarbeiten. Bei Religionen kommen dann auf einmal ganz konkret Esel ins Spiel.

neo
21.09.2016, 09:08
Weil die Menschen nun mal mehrheitlich maßgeblich in "ihrem" System leben. Da gibt es genug systemimmanente Widersprüche auszuhalten und weg-zu-rationalisieren. Da braucht es nicht auch noch systemübergreifende Widersprüche auf Metaebenen, die übrigens auch nicht immer alltagspraktisch relevant sind :-)

https://www.youtube.com/watch?v=gP5NXzFT1Uk ;)

Jörn
21.09.2016, 09:19
Darwin hat uns gezeigt, dass komplexe Dinge nicht einfach vom Himmel fallen, sondern sich entwickeln. Sie entwickeln sich aus einfachen Anfängen und gewinnen mit der Zeit an Komplexität.

Dieses Prinzip finden wir nun an vielen Stellen, nicht nur in der Biologie, sondern quasi überall. Intelligenz, Bewusstsein, Kultur, Moral: Auch diese Dinge haben sich entwickelt, aus so simplen Elementen, dass ihre Anfänge kaum erkennen lassen, was später daraus wurde.

Wo also vermutet man den Anfang? Beim Menschen? Aber was ist der Anfang des Menschen? Hier kann man ebenfalls keine exakte Grenze ziehen, sondern der Mensch (und mit ihm alle menschlichen Eigenschaften) ist langsam erwacht. Also liegt der Verdacht nahe, dass auch unsere Moral langsam erwacht ist, und dass frühere Spezies ebenfalls eine (weniger entwickelte oder andere) Moral hatten.

Die Frage, ob Affen einen Gerechtigkeitssinn haben, ist mittlerweile beantwortet. Experimente weisen nach, dass sie eindeutig auf ungerechte Belohnung innerhalb einer Gruppe reagieren. Gerechtigkeitsempfinden hat sicherlich etwas mit "Moral" zu tun. Diese Erkenntnis ermutigt dazu, noch weiter entfernte Spezies zu untersuchen, etwa Wolfsrudel.

Für mich ist die Erkenntnis wichtig, dass unsere Moral nicht wie ein Lichtschalter eingeschaltet wurde; und auch, dass sie nicht "von oben" diktiert wurde. Stattdessen ist es wie alles andere das Ergebnis eines langen Prozesses, der nicht erst mit den Menschen begann.

Ich finde Arnes Darstellung überzeugend (und faszinierend), dass Moral sich quasi zwangsläufig entwickeln musste, weil die Mechanismen von Evolution und Auslese dazu führen. Und dass die ersten Anfänge sogar ohne ein Bewusstsein auskamen.

Wir betrachten Moral und Kreativität als etwas, was dem Menschen vorbehalten ist, weil er ein Bewusstsein hat. Moral erscheint uns als etwas, was wir selbst (oder Gott) erfunden haben und kontrollieren. Aber vielleicht ist es Zeit, diese Ansicht über Bord zu werfen.

Klugschnacker
21.09.2016, 10:26
Aber wenn man in deinem Denkmuster bleibt muss man sich fragen wieso sich Religionen durchgesetzt haben? Doch dann nur weil sie anderen Formen der Moralbildung überlegen oder zumindest ebenbürtig sind. Sonst wären die Religionen nach der Aufklärung ausgestorben (zumindest im Westen).

Good one! :Blumen: :)

Das ist eine gute Frage, deren Antworten aber kein Geheimnis sind.

Zuerst eine Einschränkung zu Deinem zweiten Satz: Religionen haben relativ wenig zur Moralbildung beigetragen. Die Moral der Menschen ist über alle Kulturen und Religionen hinweg sehr ähnlich. Die wesentlichen der christlichen 10 Gebote gelten praktisch überall. Wir sind es gewohnt, auf diejenigen Merkmale zu achten, die zwischen den Religionen einen Unterschied machen, und übersehen dabei, dass sich ihre moralischen Konzepte weitgehend ähneln. Gott, Sünde, Strafe, Jenseits, Vervollkommnung und so weiter.

Religionen beeinflussen nicht nur die (feineren Ausgestaltungen) der Moral, sondern auch Lebenseinstellungen und Weltbilder. Sie üben politische und gesellschaftliche Macht aus, die mit Moralfragen nichts zu tun hat. Hier ist der Einfluss der Religionen wesentlich stärker. Das sehen wir an der Geschichte der westlichen und vergleichsweise der islamischen Welt, wenn man sie über die letzten 1000 Jahre vergleicht. Will man die Existenz der Religionen über ihre Auswirkungen erklären, die sie auf die Menschen oder ihre Gesellschaften haben, müsste man vor allem die Machtfrage klären und nicht die nach dem Sinn ihrer moralischen Anschauungen.

Warum konnten und können sich Religionen etablieren?

Das hat natürlich viele Gründe, und ich kann hier nicht alle aufzählen und verteidigen. Ich picke mal zwei heraus, etwas willkürlich, aber vielleicht kommen wir später noch auf andere. Vorsorglich schicke ich voraus, dass wir auf eine Verbindung von genetischen mit sich daraus ergebenden kulturellen Entwicklungen stoßen werden.

1.
Zurück in die Steinzeit. Fragen wir uns zunächst etwas flapsig, warum der Homo sapiens sich durchsetzte und nicht der Neandertaler. Auch das hat viele Gründe, aber ein entscheidender lag in den Gruppengrößen, die sich jeweils als stabil erwiesen. Der Neandertaler lebte in kleinen Gruppen mit wenigen Dutzend, maximal 150 Mitgliedern. Man kannte sich untereinander, hatte direkte soziale Verbindungen, was die Gruppe zusammenhielt. Überschritt die Gruppengröße einen kritischen Wert, wurden diese Verbindungen indirekter und schwächer, und die Gruppe spaltete sich irgendwann.

Der Homo sapiens konnte in wesentlich größeren Gruppen mit stabilem Zusammenhalt leben. Einer der Gründe dafür war die Entwicklung des fiktiven Denkens. Sie ergab sich durch die genetisch gesteuerte Weiterentwicklung des Gehirns. Fiktives Denken bedeutet, sich etwas vorstellen zu können, das nicht oder noch nicht existiert. Das befähigt den Menschen beispielsweise, an die Zukunft zu denken. Ohne diese Fähigkeit wäre der Mensch kaum sesshaft geworden, denn Ackerbau und Viehzucht erfordern ein in die Zukunft gerichtetes planendes Handeln. Fiktives Denken ist jedoch vor allem im sozialen Leben wichtig: Wie wird mein Gegenüber handeln, wenn X oder Y.

Das fiktive Denken hatte Einfluss auf die Gruppengröße. Das ist auch heute der Fall. Um Gesellschaften mit mehreren hundert Millionen Menschen stabil zu halten, bedienen wir uns des fiktiven Denkens. Wir seien eine Nation oder ein Verbund von Nationen und definieren uns über die Menschenrechte oder über die genaue Art der Gottheit, nach deren Regeln wir zu leben trachten, um ewiges Leben zu erhalten. Begriffe wie Nation, Menschenrechte, Gottheit und Jenseits sind allesamt fiktive Konstruktionen, die außerhalb unserer Gehirne nicht existieren.

Weil der Homo sapiens innerhalb seiner Gruppen gemeinsame Leitbilder, abstrakt legitimierte Anführer und gesellschaftliche Rollen entwickeln konnte, waren nun Gruppen von mehreren hundert und mehr Mitgliedern stabil. Homo sapiens konnte sie deshalb entwickeln, weil sein Gehirn zum fiktiven Denken fähig war, und weil er fiktive Vorstellungen und Bilder per Sprache weitergeben und etablieren konnte. Die Grundlage ist eine genetische Weiterentwicklung, die eine kulturelle Entwicklung ermöglichte. Man kann sich leicht ausmalen, dass der in kleinen Gruppen lebende Neandertaler gegen die überlegen kooperierenden modernen Menschen schlechte Karten hatte.

Das fiktive Denken ermöglichte nicht nur Bilder zur Definition und Abgrenzung der eigenen Gruppe, zum Beispiel "Volk", "König" und so weiter, sondern bot auch Aberglauben in jeder Form eine Entfaltungsmöglichkeit. Aberglauben ist nichts anderes als fiktives Denken. Verkleidet man einen Affen als Schamanen, halten ihn seine Gruppenmitglieder nicht für ein Wesen, das mit dem Jenseits in Verbindung steht. Bei den zum fiktiven Denken befähigten Menschen ist das ganz anders, sie halten sehr seltsame, abstrakte Geschichten für wahr.

Auf dieser Grundlage entwickelten sich Religionen. Der Entwicklungsfortschritt gegenüber dem Neandertaler bestand nicht darin, über eine Religion zu Verfügen. Sondern des fiktiven Denkens fähig zu sein, das ein planendes Handeln ermöglichte und für sozialen Zusammenhalt sorgte. Die Religionen fahren quasi Huckepack auf dieser tieferliegenden Fähigkeit der Menschen. Die Frage ist also falsch gestellt, wenn wir uns fragen, welchen Vorteil uns Religionen böten. Religionen sind lediglich eine Begleiterscheinung der menschlichen Fähigkeit zum fiktiven Denken.

Sobald Religionen einmal da sind, entwickeln auch sie sich im Sinne einer kulturellen Evolution. Sie entwicklen sich dabei jedoch nicht – ein häufiges Missverständnis – in die Richtung größeren Wohles für den Menschen. Sie entwickeln sich in diejenige Richtung, die gut ist für Religionen.


2.
Menschenkinder lernen von ihren Eltern. Vor allem durch Beispiel, aber entscheidend auch durch sprachliche Vermittlung. Dass man Krokodile nicht streicheln und die knallroten Beeren nicht essen soll, müssen sie daher nicht selbst herausfinden, sondern sie hören es von ihren Eltern. Das ist ein gewaltiger Vorteil im Rennen ums Dasein, um den uns jede genervte Tigermama beneiden dürfte.

Menschenkinder sind darauf programmiert, den Worten der Eltern unbedingten Glauben zu schenken. Selbst ausgewachsenen Bullshit wie Weihnachtsmänner in fliegenden Rentiergespannen glauben sie mit einer herzergreifenden Bedingungslosigkeit. Auch hier nutzen die Religionen einen sinnvollen Mechanismus in der Entwicklung des Kindes. Was man ihnen in ernstem, feierlichen Tonfall beibringt, vielleicht in einer beeindruckenden Kirche, in der die ganze Gemeinde mit bedeutungsvoller Miene zusammenkommt, werden sie glauben. Und sie werden diesen Glauben später an ihre eigenen Kinder weitergeben.

Nur selten werden Menschen im Erwachsenenalter gläubig, wenn sie nicht als Kinder damit in Kontakt kamen. Glauben hat fast immer seine Wurzeln in der Kindheit, und so gut wie nie in erwachsener Einsicht.


Fazit:
Das ist eine einfache, hier nur skizzierte und lückenhafte Erklärung dafür, warum Religionen existieren, und wie sie weitergegeben werden. Es hat genetische und daran anknüpfende kulturelle Gründe. Heute haben fast alle Kulturen eine Religion. Nicht weil die Religion den Menschen einen großen Vorteil böte, sondern weil alle Entwicklungslinien ausgestorben sind, die nicht zum fiktiven Denken fähig waren. Einmal vorhanden, entwickeln sich Religionen zu ihrem eigenen Vorteil; ebenso ist die Entwicklung der Löwen ausschließlich gut für Löwen, und die Entwicklung der Religionen ist gut für Religionen.

Heute stehen wir unabweisbar vor der schwierigen globalen Aufgabe, die Auswüchse es fiktiven Denkens einzufangen. Zum Beispiel den Nationalismus, den Rassismus und alle anderen, auf nicht zutreffenden fiktiven Bildern beruhenden Ideologien.

Megalodon
21.09.2016, 10:51
Das Konzept "Religion" führt sich schon selbst dadurch ad absurdum, dass es so viele widersprüchliche Religionen gibt und gab.

Worin soll Deiner Meinung nach diese Widersprüchlickeit denn liegen?

Der Witz ist doch, dass alle Religionen einen gemeinsamen Nenner haben. Und der ist entscheidend. Nenn es Spiritualität, die Suche nach einer Erklärung der Existenz etc. Alle religiöse Menschen eint der Glaube an etwas, das über E=mc^2 hinausragt.

LidlRacer
21.09.2016, 11:26
Worin soll Deiner Meinung nach diese Widersprüchlickeit denn liegen?

Der Witz ist doch, dass alle Religionen einen gemeinsamen Nenner haben. Und der ist entscheidend. Nenn es Spiritualität, die Suche nach einer Erklärung der Existenz etc. Alle religiöse Menschen eint der Glaube an etwas, das über E=mc^2 hinausragt.

Ja, die Suche nach Erklärungen ist gemeinsam und sehr verständlich, da man noch nicht in der Lage war, vernünftige Erklärungen zu finden.

Gemeinsam ist auch, dass alle Religionen nicht nur nach Erklärungen suchen, sondern behaupten, Erklärungen zu haben. Nur leider hat jede Religion andere Erklärungen und behauptet, sie hätte die einzig Richtige.

LidlRacer
21.09.2016, 11:53
Der Homo sapiens konnte in wesentlich größeren Gruppen mit stabilem Zusammenhalt leben.

Woher kommt diese Erkenntnis? Sorry, wenn ich immer wieder auf Wikipedia zurückgreife, aber dort scheint dies unbekannt zu sein:
https://de.wikipedia.org/wiki/Neandertaler

Dort werden etliche potenzielle Gründe für eine höhere Fortpflanzungsrate des Homo Sapiens ggü. dem Neandertaler aufgeführt, die zu einer höheren Bevölkerungsdichte führte.
Dann liegt es nahe, anzunehmen, dass größere Gruppengrößen eine Folge des Bevölkerungswachstums waren und nicht unbedingt die Ursache. Eine gegenseitige Verstärkung der Phänomene ist natürlich auch möglich.

Hier noch ein interessanter Aspekt:
Neandertaler war uns ebenbürtig (http://sciencev2.orf.at/stories/1737849//index.html)

Die Überschrift ist etwas zu platt, präziser formuliert Wikipedia:
"Der amerikanische Forscher Paola Villa und sein niederländischer Kollege Wil Roebroeks fanden keinerlei archäologische Befunde, die eine Überlegenheit des Homo sapiens gegenüber dem Neandertaler belegen. Vielmehr seien die Neandertaler im modernen Menschen aufgegangen, weil dieser zahlenmäßig überlegen gewesen sei."

Hier ausführlicher:
Neandertal Demise: An Archaeological Analysis of the Modern Human Superiority Complex (http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0096424)
(Hab ich aber noch nicht gelesen.)

neo
21.09.2016, 12:03
J
Gemeinsam ist auch, dass alle Religionen nicht nur nach Erklärungen suchen, sondern behaupten, Erklärungen zu haben. Nur leider hat jede Religion andere Erklärungen und behauptet, sie hätte die einzig Richtige.

Ähnliche Tendenzen sind aber auch in der Wissenschaft zu finden: Die Genetik will den Menschen erklären, die Gehirnforschung meinte vor 20 Jahren, knapp davor zu sein, den Menschen erklären zu können. Interdisziplinäre Ansätze mit den Geisteswissenschaften keimen hier und da auf, aber auch die Naturwissenschaften sind sich ja untereinander selten grün ... für mich viel wichtiger: Was kann man denn überhaupt wissen? Erkenntnistheoretische Reflexionen gehen mir - nicht nur in den Naturwissenschaften - allzu häufig ab.

Megalodon
21.09.2016, 12:03
Nur leider hat jede Religion andere Erklärungen und behauptet, sie hätte die einzig Richtige.

Ja. Da wird dann der gemeinsame Nenner verlassen.

Ich selbst denke ja nicht mal, dass der Mensch eine Seele hat. Was sollte das auch sein? Geschweige denn, dass ich an ein Leben nach dem Tod (welche Absurdität!!) glaube, oder daran, dass die "Seele" in den Himmel fährt.

Ein Bekannter meines Vaters wurde von der Polizei erschossen. Das war der zweite Tote, den ich nach dem Tod meiner Uroma zur Kenntnis nehmen musste. Das hat mich damals als Jugendlichen stark beeindruckt. Wenn der eine unsterbliche Seele hatte, wo ist die jetzt ?? Im Ernst, kein Mensch der bei Verstand ist beschäftigt sich ernsthaft mit solchen Fragestellungen. Der Mann wurde beerdigt, sein Körper ist verrottet und das Grab inzwischen sogar aufgelöst. Das wars dann.

Noch Fragen ?

zappa
21.09.2016, 12:06
Ja, die Suche nach Erklärungen ist gemeinsam und sehr verständlich, da man noch nicht in der Lage war, vernünftige Erklärungen zu finden.

Gemeinsam ist auch, dass alle Religionen nicht nur nach Erklärungen suchen, sondern behaupten, Erklärungen zu haben. Nur leider hat jede Religion andere Erklärungen und behauptet, sie hätte die einzig Richtige.

Warst Du schon mal unterschiedlicher Meinung mit Deinem Partner? Schon mal mit einem guten Freund über die Welt gestritten. So ist das.

zappa
21.09.2016, 12:09
Ja. Da wird dann der gemeinsame Nenner verlassen.

Ich selbst denke ja nicht mal, dass der Mensch eine Seele hat. Was sollte das auch sein? Geschweige denn, dass ich an ein Leben nach dem Tod (welche Absurdität!!) glaube, oder daran, dass die "Seele" in den Himmel fährt.

Ein Bekannter meines Vaters wurde von der Polizei erschossen. Das war der zweite Tote, den ich nach dem Tod meiner Uroma zur Kenntnis nehmen musste. Das hat mich damals als Jugendlichen stark beeindruckt. Wenn der eine unsterbliche Seele hatte, wo ist die jetzt ?? Im Ernst, kein Mensch der bei Verstand ist beschäftigt sich ernsthaft mit solchen Fragestellungen. Der Mann wurde beerdigt, sein Körper ist verrottet und das Grab inzwischen sogar aufgelöst. Das wars dann.

Noch Fragen ?

Nun ja, in manchen dunklen Momenten ist die Vorstellung, dass mein toter Sohn irgendwo und irgendwie sein könnte, schon tröstlich. Nicht dass ich das glaube, aber tröstlich ist es. Und ich denke manchen Menschen geht es ähnlich.

neo
21.09.2016, 12:09
Fazit:
Heute haben fast alle Kulturen eine Religion. Nicht weil die Religion den Menschen einen großen Vorteil böte, sondern weil alle Entwicklungslinien ausgestorben sind, die nicht zum fiktiven Denken fähig waren.

Böse und (falsche ) Zwischenfrage des advocatus diaboli :Cheese: : Atheisten stehen den Neandertalern also näher? Fiktives Denken und so?

Nein, ich erwarte keine ernsthafte Antwort auf eine nicht ernsthafte Frage ...

MattF
21.09.2016, 12:10
Warst Du schon mal unterschiedlicher Meinung mit Deinem Partner? Schon mal mit einem guten Freund über die Welt gestritten. So ist das.

Na ja bei Religionen ist das schon ein bisschen anders.

Es gibt verschiedenen Erklärungen, die sich auch noch widersprechen und letztlich kann ja nur eine wahr sein. Von daher kommt man natürlich schnell zu der Erkenntnis/Frage: Ist überhaupt eine Erklärung der Religionen z.b. zur Entsehung der Welt oder des Menschen wahr? :Huhu:

Wenn man sich mit dem Partner streitet kann man ja meist recht gut 2 Meinungen gelten lassen.

neo
21.09.2016, 12:12
Ja. Da wird dann der gemeinsame Nenner verlassen.

Ich selbst denke ja nicht mal, dass der Mensch eine Seele hat. Was sollte das auch sein? Geschweige denn, dass ich an ein Leben nach dem Tod (welche Absurdität!!) glaube, oder daran, dass die "Seele" in den Himmel fährt.

Ein Bekannter meines Vaters wurde von der Polizei erschossen. Das war der zweite Tote, den ich nach dem Tod meiner Uroma zur Kenntnis nehmen musste. Das hat mich damals als Jugendlichen stark beeindruckt. Wenn der eine unsterbliche Seele hatte, wo ist die jetzt ?? Im Ernst, kein Mensch der bei Verstand ist beschäftigt sich ernsthaft mit solchen Fragestellungen. Der Mann wurde beerdigt, sein Körper ist verrottet und das Grab inzwischen sogar aufgelöst. Das wars dann.

Noch Fragen ?

Das soll jetzt nicht im negativen Sinne provozierend sein (den advocatus diaboli hab´ ich ausgeschaltet, dafür sind Deine Beispiele zu drastisch, als daß ich ihn von der Leine lassen wollte): Besteht der Mensch nur aus Körper? "Kein Mensch der bei Verstand ist" ... Verstand ist auch nicht materiell ...

neo
21.09.2016, 12:14
Na ja bei Religionen ist das schon ein bisschen anders.

Es gibt verschiedenen Erklärungen, die sich auch noch widersprechen und letztlich kann ja nur eine wahr sein. Von daher kommt man natürlich schnell zu der Erkenntnis/Frage: Ist überhaupt eine Erklärung der Religionen z.b. zur Entsehung der Welt oder des Menschen wahr? :Huhu:

Wenn man sich mit dem Partner streitet kann man ja meist recht gut 2 Meinungen gelten lassen.

Ähnliche Tendenzen (ich wiederhole mich) wie in der Wissenschaft ... ist denn nur eine Perspektive die, die alles sieht? Austausch und Kommunikation würden in beiden Fällen (Religion wie Wissenschaft) einen enormen Fortschritt bedeuten.

keko#
21.09.2016, 12:15
Heute haben fast alle Kulturen eine Religion. Nicht weil die Religion den Menschen einen großen Vorteil böte....,

Woher willst du das denn wissen? Kannst du in alle Menschen hineinschauen? Was für dich objektiv unwichtig ist, kann für mich subjektiv ein Vorteil sein.

zappa
21.09.2016, 12:19
Na ja bei Religionen ist das schon ein bisschen anders.

Es gibt verschiedenen Erklärungen, die sich auch noch widersprechen und letztlich kann ja nur eine wahr sein. Von daher kommt man natürlich schnell zu der Erkenntnis/Frage: Ist überhaupt eine Erklärung der Religionen z.b. zur Entsehung der Welt oder des Menschen wahr? :Huhu:

Wenn man sich mit dem Partner streitet kann man ja meist recht gut 2 Meinungen gelten lassen.

Und warum soll das bei sozialen Systemen, z.B. Religionsgemeinschaften anders sein?

Warum sollte es hier nicht unterschiedliche, konträre, widersprüchliche Auffassungen geben?

Wo besteht da jetzt genau der Unterschied?

Megalodon
21.09.2016, 12:20
Nun ja, in manchen dunklen Momenten ist die Vorstellung, dass mein toter Sohn irgendwo und irgendwie sein könnte, schon tröstlich. Nicht dass ich das glaube, aber tröstlich ist es. Und ich denke manchen Menschen geht es ähnlich.

Es tut mit leid, dass Du diese Erfahrung machen musstest.

Der Tod eines Kindes ist wahrscheinlich das Schlimmste was einem Menschen widerfahren kann. Viele können kein normales Leben mehr führen, manche zerbrechen daran und oft scheitert die Ehe oder Beziehung. Da ist es doch schön, dass es wenigstens etwas gibt, woran man sich festhalten kann.

Ich selbst habe aber nicht wirklich eine Ahnung davon.

zappa
21.09.2016, 12:27
Es tut mit leid, dass Du diese Erfahrung machen musstest.

Der Tod eines Kindes ist wahrscheinlich das Schlimmste was einem Menschen widerfahren kann. Viele können kein normales Leben mehr führen, manche zerbrechen daran und oft scheitert die Ehe oder Beziehung. Da ist es doch schön, dass es wenigstens etwas gibt, woran man sich festhalten kann.

Ich selbst habe aber nicht wirklich eine Ahnung davon.

Danke und alles OK, mach Dir keine Sorgen.

Es gibt, denke ich, genug Menschen, die wissen, dass "Seele" und "Weiterleben" und ähnliches eher unwahrscheinlich sind - und trotzdem gerne daran glauben. Weil es für sie eine Funktion hat: Trost, ein konkretes Bild im Kopf, Ermunterung, Sinn, etc. Und ich respektiere, dass das so ist. Dazu braucht es nicht unbedingt Religion, aber sie hat dort auch einen Platz.

schoppenhauer
21.09.2016, 12:28
Dort werden etliche potenzielle Gründe für eine höhere Fortpflanzungsrate des Homo Sapiens ggü. dem Neandertaler aufgeführt, die zu einer höheren Bevölkerungsdichte führte.
Dann liegt es nahe, anzunehmen, dass größere Gruppengrößen eine Folge des Bevölkerungswachstums waren und nicht unbedingt die Ursache. Eine gegenseitige Verstärkung der Phänomene ist natürlich auch möglich.


Zu dem Thema habe ich gerade einen interessanten Artikel gelesen. Man geht neuerdings davon aus, das die rasante Entwicklung des HS vor allem auf eine Veränderung des Erbgutes vor 280.000 Jahren zurückzuführen ist, die eine bessere Verstoffwecheselung von Eisen zur Folge hatte. Das wiederum ließ die Ausdauerfähigkeit rasant ansteigen, vorher nicht dagewesene Jagderfolge führten zu richtig viel Nahrung. Die Opfer wurden vor allem kaputt getrieben, sie hatten bei weitem nicht die Ausdauer wie wir. Das Mehr an Nahrung war wiederum erforderlich, um den rasanten Wachstum des Gehirns - etwas zur selben Zeit - zu ermöglichen oder zu begleiten. Die Rübe braucht mit Abstand am meisten Energie, abhängig von ihrer Größe.

Interessant für Ausdauersportler: wir und Forest Gump machen eigentlich nur das, was der evolutionäre Kern in der Entwicklung des Homo Sapiens zu sein scheint.

Megalodon
21.09.2016, 12:31
Das soll jetzt nicht im negativen Sinne provozierend sein (den advocatus diaboli hab´ ich ausgeschaltet, dafür sind Deine Beispiele zu drastisch, als daß ich ihn von der Leine lassen wollte): Besteht der Mensch nur aus Körper? ...

Definitiv JA !

Kein funktionstüchtiges Gehirn, kein Verstand, kein Charakter bzw. Persönlichkeit mehr. Jeder Angehörige von Alzheimer Patienten im Endstadium wird Dir das so bestätigen. Zumindest wurde mir das so zugetragen.

Aber: Auch der Alzheimer Patient ist noch immer Mensch! Mensch sein ist unveräußerlich !!

Klugschnacker
21.09.2016, 12:43
Der Homo sapiens konnte in wesentlich größeren Gruppen mit stabilem Zusammenhalt leben. Einer der Gründe dafür war die Entwicklung des fiktiven Denkens.

Woher kommt diese Erkenntnis? Sorry, wenn ich immer wieder auf Wikipedia zurückgreife, aber dort scheint dies unbekannt zu sein: https://de.wikipedia.org/wiki/Neandertaler. Dort werden etliche potenzielle Gründe für eine höhere Fortpflanzungsrate des Homo Sapiens ggü. dem Neandertaler aufgeführt, die zu einer höheren Bevölkerungsdichte führte.

Dass der Homo sapiens in größeren sozialen Systeme zusammenleben kann als der Neandertaler, braucht meiner unmaßgeblichen Meinung nach keinen expliziten Beleg, denn wir sehen das ja täglich. Bei Affen überschreitet die Gruppengröße nicht die Zahl 50, beim Neandertaler waren es ca. 150, und beim modernen Menschen sind es hunderte Millionen. Zuletzt las ich es bei Yuval Noah Harari, Professor für Geschichte an der Universität von Jerusalem. Es gibt dort eine längere Liste englischsprachiger Literatur, aber ich denke, eine Recherche nach Artikeln im Netz wird uns näher liegen. Ein gutes Buch ist auch "Der Geist fiel nicht vom Himmel" von Prof. Hoimar v. Ditfurth.

Man könnte so weit gehen, festzustellen, dass die hauptsächlichen Unterschiede zwischen dem Homo sapiens und seinen direkten Vorfahren darin bestehen, wie leistungsfähig unsere Kommunikation und Interaktion ist. Denke Dir einmal 100.000 Menschenaffen in unmittelbarer Nähe zueinander vor. Wir erwarten ein völliges Chaos. Eine gleiche Zahl Menschen kann gemeinsam am Mondflug arbeiten, oder in geordneter Weise einen Flughafen benutzen. Der individuelle Unterschied zwischen einem Menschen, der vor 50.000 Jahren lebte und Julius Cäsar war vermutlich ziemlich klein. Betrachtet man aber größere Einheiten, etwa 100.000 Frühmenschen und 100.000 Römer, ergibt sich ein beträchtlicher Unterschied.

Woran der Neandertaler ausstarb, oder ob er genetisch im Homo sapiens aufging, ist für mein Argument letztlich unerheblich. Es besteht darin, dass der Mensch eine neue Entwicklungsstufe erklomm, als er die Fähigkeit zum fiktiven Denken erlangte.
:Blumen:

schoppenhauer
21.09.2016, 12:52
Man könnte so weit gehen, festzustellen, dass die hauptsächlichen Unterschiede zwischen dem Homo sapiens und seinen direkten Vorfahren darin bestehen, wie leistungsfähig unsere Kommunikation und Interaktion ist.

Wir waren zur Interaktion und Kommunikation gezwungen. Vor diesem 'Eisen-Sprung' (siehe oben), durch den der HS sich von seinen Vorfahren entfernt hat, waren wir vor allem Opfer in der Natur. Dann hatten wir plötzlich die Ausdauer und den Grips, und nun konnten wir auch große und gefährliche Tiere - allerdings ausschließlich in abgestimmten Gruppe - jagen. Der HS hat ja nie über Krallen oder gefährliche Zähne verfügt, noch war er sonderlich stark oder schnell.

zappa
21.09.2016, 13:03
Wir waren zur Interaktion und Kommunikation gezwungen. Vor diesem 'Eisen-Sprung' (siehe oben), durch den der HS sich von seinen Vorfahren entfernt hat, waren wir vor allem Opfer in der Natur. Dann hatten wir plötzlich die Ausdauer und den Grips, und nun konnten wir auch große und gefährliche Tiere - allerdings ausschließlich in abgestimmten Gruppe - jagen. Der HS hat ja nie über Krallen oder gefährliche Zähne verfügt, noch war er sonderlich stark oder schnell.

Danke für diesen Beitrag!

Kommunikation ist also auch bei Dir das "Zauberwort". Ich sehe das auch so. Das ist das Schmiermittel über die die Entstehung und Weiterentwicklung sozialer Systeme geht.

Und über (ausdifferenzierte) Kommunikation geht letztlich auch die Entstehung und Veränderung moralischer Verhaltensregeln.

Dabei ist Kommunikation nicht nur ein positiv belegtes "Allheilmittel". Im Gegenteil: Genau weil wir eine solch ausdifferenzierte Kommunikation haben, sind dort die unendlich vielen Missverständnisse mit ihren mitunter schrecklichen Konsequenzen mit angelegt.

neo
21.09.2016, 13:05
Definitiv JA !

Kein funktionstüchtiges Gehirn, kein Verstand, kein Charakter bzw. Persönlichkeit mehr. Jeder Angehörige von Alzheimer Patienten im Endstadium wird Dir das so bestätigen. Zumindest wurde mir das so zugetragen.

Aber: Auch der Alzheimer Patient ist noch immer Mensch! Mensch sein ist unveräußerlich !!

Stop, stop! Bitte, damit kein Mißverständnis auftaucht (bei mir, wie bei Dir!), ich sprach vom gesunden Menschen.

qbz
21.09.2016, 13:20
Woher kommt diese Erkenntnis?

hier steht etwas Wissenschaftliches über die leicht unterschiedlichen Gehirnstrukturen von Neandertaler und Homo Sapiens und deren Auswirkungen auf die möglichen Gruppengrössen.

"Daher bestimmt die Anzahl der Artgenossen, deren Gedanken und Pläne ein einzelnes Individuum maximal im Blick behalten kann, die größtmögliche Gruppengröße. Heute schätzen Forscher diese maximale Größe auf etwa 150 Individuen, vor 27.000 bis 75.000 Jahren waren es bei unseren Vorfahren etwa 139. Der Neandertaler konnte dagegen wohl nur Gruppen bis höchstens 115 Personen managen.

Kleinere Gruppen, das hieß auch ein kleineres insgesamt besiedeltes Gebiet – und damit schlechtere Handels- und Tauschmöglichkeiten sowie weniger Zugang zu zusätzlichen Ressourcen in schlechten Zeiten, erläutern die Forscher. Dieses Szenario werde auch durch die wenigen archäologischen Funde gestützt, die man bis heute entdeckt habe. Sie legten nämlich ebenfalls nahe, dass unsere Vorfahren größere und ausgedehntere soziale Netzwerke hatten als die Neandertaler. Und vielleicht, spekulieren die Forscher weiter, war genau das der entscheidende Faktor, der den Homo sapiens überleben und seinen Cousin, den Neandertaler, aussterben ließ."

http://www.wissenschaft.de/kultur-gesellschaft/anthropologie/-/journal_content/56/12054/915289/Warum-Neandertaler-schlechter-denken-konnten-als-wir/

Will man phylogenetisch die Herausblldung des menschlichen Denkens untersuchen, kommt man IMHO auch nicht darum herum, sich vor allem die Entwicklung der Werkzeuge und Produktionsmittel und die Rückwirkungen auf das Denken und die Arbeitsteilung anzuschauen. Es gab z.B. einen Transfer von Werkzeugen in der Steinzeit vom Homo sapiens zum Neandertaler für ähnliche Gebrauchszwecke, aber nicht umgekehrt.

Klugschnacker
21.09.2016, 13:28
Heute haben fast alle Kulturen eine Religion. Nicht weil die Religion den Menschen einen großen Vorteil böte, sondern weil alle Entwicklungslinien ausgestorben sind, die nicht zum fiktiven Denken fähig waren.

Woher willst du das denn wissen? Kannst du in alle Menschen hineinschauen? Was für dich objektiv unwichtig ist, kann für mich subjektiv ein Vorteil sein.

Das streite ich nicht ab. Du sprichst vom einzelnen Menschen, ich sprach von der kulturellen Entwicklung der Menschheit. Ein platter Vergleich: Betrachtet man den Verzehr großer Mengen Schokolade, wird das Urteil unterschiedlich ausfallen, je nach dem, ob man den einzelnen Menschen fragt, oder die Menschheit als Ganzes im Blick hat.

Religionen entwickeln sich. Es begann möglicherweise mit primitiven Formen des Schamanismus (ich weiß es nicht) und entwickelte sich bis in die Neuzeit zu hochkomplexen Konstrukten, bei denen Gott in allen Eigenschaften unendlich sei, und trotzdem mit seinem Gegenteil identisch, was sich in der Aussage von Gott selbst zeige "ich bin der ich bin".

Diese Entwicklung ist eine Evolution. Es bilden sich Varianten und Strömungen innerhalb eines Glaubenssystems, die einer Auslese unterliegen: Manche davon überdauern, andere geraten in Vergessenheit oder werden abgeschafft. Wieder andere werden sehr populär und verbreiten sich schnell. Ganz konkret waren früher Teile der Bibel verbindlich, die man später aussortiert hat. Selbst Teilbereiche des Glaubens, wie etwa die Vorstellung einer Hölle, sind einer Entwicklung unterworfen.

Die Entwicklungsrichtung von Glaubenssystemen orientiert sich nicht am Wohl der Menschheit und auch nicht am Wohl des Einzelnen. Beispielsweise ist die Vorstellung einer Hölle für Sünder und Ungläubige, die auf Jesus zurückgeht, für Menschen nicht lustig. Er hat nichts davon, stundenlange Rituale abzuhalten, um ihr zu entgehen, statt sich um seine Kinder zu kümmern. Trotzdem hat sich die Idee einer Hölle als äußerst viral erwiesen, indem sie sich schnell ausbreitete. Dieser beispielhafte Entwicklungsschritt der christlichen Religion erfolgte nicht, weil er das Wohl der Menschen steigerte. Sondern er breitete sich allein deshalb aus, weil er sich ausbreiten konnte.

Ganz allgemein hat der evolutionäre Entwicklungsdruck der Religion allein die eigene Ausbreitung als "Ziel". Sie kann gar nicht anders als sich in genau die Richtungen zu entwickeln, die Menschen leicht glauben und die sehr ansteckend sind. Glaubensinhalte, die schwer vermittelbar und wenig ansteckend sind, bleiben zwangsläufig dahinter zurück. Es ist eine Verkennung evolutionärer Mechanismen, wenn Du glaubst, die Religion entwickle sich zum Wohl der Menschen. Das tun weder Christentum noch Islam noch irgend eine andere Religion. Auch die Evolution der Löwen richtet sich allein danach, was gut für Löwen ist (und kümmert sich nicht um das Wohl anderer Tiere oder der Tierheit).

Es ist in meinen Augen wichtig, hier zu trennen zwischen den Religionen und Gott selbst. Religionen unterliegen einer ganz normalen kulturellen Evolution. Diese hat nicht das Wohl der Menschen zum "Ziel", sondern den eigenen Ausbreitungserfolg. Ob es Gott gibt, ist eine ganz andere Frage.
:Blumen:

Klugschnacker
21.09.2016, 13:51
Wir waren zur Interaktion und Kommunikation gezwungen. Vor diesem 'Eisen-Sprung' (siehe oben), durch den der HS sich von seinen Vorfahren entfernt hat, waren wir vor allem Opfer in der Natur. Dann hatten wir plötzlich die Ausdauer und den Grips, und nun konnten wir auch große und gefährliche Tiere - allerdings ausschließlich in abgestimmten Gruppe - jagen. Der HS hat ja nie über Krallen oder gefährliche Zähne verfügt, noch war er sonderlich stark oder schnell.

Vorsicht, da bahnt sich ein Missverständnis an. :Blumen:

Die Evolution kümmert sich nicht darum, wozu die Menschen "gezwungen" waren. Sonst hätte sie den Menschen einfach so groß gemacht wie Mammuts, dann wäre die Wehrlosigkeit der Frühmenschen ebenfalls erledigt gewesen. Hat sie aber nicht. Aussterben war ebenso eine Option wie der nächste Entwicklungsschritt. Die Entwicklung der Kommunikation erfolgte nicht aus der Notwendigkeit, kommunizieren zu müssen.

Die Menschen haben einfach immer das getan, was sie konnten. Dasselbe gilt für alle anderen Tiere. Weder Mensch noch Tier war dabei der Looser, sondern jeder besetzte seine biologische Nische. Als den Menschen in ihrer Entwicklung neue Fähigkeiten zufielen, etwa durch eine zufällige genetische Mutation oder eine neue kulturelle Errungenschaft, nutzten sie diese. Die Entwicklung der Kommunikation war aber nicht durch die Position des Menschen in der Nahrungskette vorgezeichnet. Sonst würden andere wehrlose Tiere, zum Beispiel Hasen, sich die Ohren blutig quatschen.
:Cheese:

schoppenhauer
21.09.2016, 13:59
Vorsicht, da bahnt sich ein Missverständnis an. :Blumen:

Die Evolution kümmert sich nicht darum, wozu die Menschen "gezwungen" waren.

....

Die Menschen haben einfach immer das getan, was sie konnten. Dasselbe gilt für alle anderen Tiere.

Ja - dein Missverständnis. :)

Was den Menschen vorm Tiere unterscheidet, ist ja nun mal die Lernfähigkeit und die Beherrschung der lateinischen Sprache. Während die Tiere fast immer mit einem genialen nahezu fix und fertigen Programm auf die Welt kommen, sind Babies einfach zu allem zu doof. Sonst würden wir ja auch wie Störche den Weg von Europa nach Südafrika finden. Und diese Lernfähigkeit hat erst so richtig gezündet, als wir ausdauernder wurden und dadurch parallel der wachsende Grips ausreichend mit Energie versorgt worden konnte. Jagen und überleben in kleinen Gruppen wie der HS es machte, erforderte nun mal intensive Kommunikation. Das haben wir dann halt immer besser gelernt....

Klugschnacker
21.09.2016, 21:59
Austausch und Kommunikation würden in beiden Fällen (Religion wie Wissenschaft) einen enormen Fortschritt bedeuten.

Du sagst sinngemäß, die Wissenschaft könne durch eine intensivere Kommunikation mit den Religionen große Fortschritte erzielen. Ich nehme an, es geht um Erkenntnisfortschritte.

Ich habe heute eine Weile darüber nachgedacht, was damit gemeint sein könnte. Leider bin ich auf keinen grünen Zweig gekommen, alle Gedankenspiele führten mich ins Absurde. Religiöses Wissen entspringt entweder Offenbarungen (ein Busch spricht, ein Engel erscheint im Schlaf) oder Auslegungen der Texte der Bibel. Auf welche Weise kann das helfen, eine Antwort auf wissenschaftliche Fragestellungen zu finden?

Ich nehme an, Du hattest die großen Daseinsfragen im Sinn, und nicht Einzelheiten wie den Mechanismus der Zellteilung oder die Suche nach einem Impfstoff gegen Kinderlähmung. Wie kann ich mir das vorstellen, wenn auf einer Physiker-Konferenz Probleme der Urknalltheorie erörtert werden, und man holt sich jetzt den Pfarrer dazu: Wie kann er der Runde etwas beisteuern?

Was würden Biologen, Anthropologen und Paläontologen, die die Entwicklung des Menschen seit seiner Abspaltung von den Affen untersuchen, den Pfarrer fragen können, und was hätte er zu sagen? Wie könnten Klimatologen von ihm profitieren, die an Vorhersagen für die Klimaerwärmung forschen? Oder geht es Dir nicht um konkrete Fragen, sondern allgemein um veränderte Methoden?

Ich hoffe, Du erkennst meine geistige Verzweiflung und hilfst mir mit einem Beispiel weiter, wie die Wissenschaft von der verstärkten Kommunikation mit den Religionen profitieren könnte. Es kann gerne auch ein fiktives Beispiel sein, nur damit ich das Prinzip erkenne. Dafür aber bitte konkret. Du sprichst ja von einem "enormen" Fortschritt, also rechne ich mit einer etwas größeren Sache.
:Blumen:

LidlRacer
21.09.2016, 22:39
@Arne, schön geschrieben, aber leider dünkt mich, dass Du Herrn neo missverstanden hast.
Ich jedenfalls verstehe ihn bei Mitbetrachtung des vorangehenden satzähnlichen Gebildes - das ich allerdings auch nicht ganz verstehe - so, dass ihm ein Austausch zwischen verschiedenen Religionen ähnlich sinnvoll erscheint wie ein Austausch zwischen verschiedenen Wissenschaften.

Ähnliche Tendenzen (ich wiederhole mich) wie in der Wissenschaft ... ist denn nur eine Perspektive die, die alles sieht? Austausch und Kommunikation würden in beiden Fällen (Religion wie Wissenschaft) einen enormen Fortschritt bedeuten.

Klugschnacker
21.09.2016, 22:55
... leider dünkt mich, dass Du Herrn neo missverstanden hast. Ich jedenfalls verstehe ihn bei Mitbetrachtung des vorangehenden satzähnlichen Gebildes - das ich allerdings auch nicht ganz verstehe - so, dass ihm ein Austausch zwischen verschiedenen Religionen ähnlich sinnvoll erscheint wie ein Austausch zwischen verschiedenen Wissenschaften.

Hach, schade, jetzt hatte ich den Ball so schön in den Sechzehner gedribbelt...!

http://i.telegraph.co.uk/multimedia/archive/01017/maradona5_1017085c.jpg

:Cheese:

LidlRacer
21.09.2016, 23:00
Allerdings versuche ich gerade, mir einen fruchtbaren Austausch zwischen den Religionen vorzustellen.
Die eine sagt:
"Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben."

Die andere sagt:
"Wir sind Deine ca. ein Dutzend Hauptgötter, mehrere Dutzend Nebengötter und keiner weiß wie viele Halbgötter. ..."

Da kann man doch sicherlich leicht einen kompromissfähigen Mittelwert finden ... :Cheese:

neo
21.09.2016, 23:17
Du sagst sinngemäß, die Wissenschaft könne durch eine intensivere Kommunikation mit den Religionen große Fortschritte erzielen. Ich nehme an, es geht um Erkenntnisfortschritte.

Ich habe heute eine Weile darüber nachgedacht, was damit gemeint sein könnte. Leider bin ich auf keinen grünen Zweig gekommen, alle Gedankenspiele führten mich ins Absurde. Religiöses Wissen entspringt entweder Offenbarungen (ein Busch spricht, ein Engel erscheint im Schlaf) oder Auslegungen der Texte der Bibel. Auf welche Weise kann das helfen, eine Antwort auf wissenschaftliche Fragestellungen zu finden?

Ich nehme an, Du hattest die großen Daseinsfragen im Sinn, und nicht Einzelheiten wie den Mechanismus der Zellteilung oder die Suche nach einem Impfstoff gegen Kinderlähmung. Wie kann ich mir das vorstellen, wenn auf einer Physiker-Konferenz Probleme der Urknalltheorie erörtert werden, und man holt sich jetzt den Pfarrer dazu: Wie kann er der Runde etwas beisteuern?

Was würden Biologen, Anthropologen und Paläontologen, die die Entwicklung des Menschen seit seiner Abspaltung von den Affen untersuchen, den Pfarrer fragen können, und was hätte er zu sagen? Wie könnten Klimatologen von ihm profitieren, die an Vorhersagen für die Klimaerwärmung forschen? Oder geht es Dir nicht um konkrete Fragen, sondern allgemein um veränderte Methoden? u

Ich hoffe, Du erkennst meine geistige Verzweiflung und hilfst mir mit einem Beispiel weiter, wie die Wissenschaft von der verstärkten Kommunikation mit den Religionen profitieren könnte. Es kann gerne auch ein fiktives Beispiel sein, nur damit ich das Prinzip erkenne. Dafür aber bitte konkret. Du sprichst ja von einem "enormen" Fortschritt, also rechne ich mit einer etwas größeren Sache.
:Blumen:
Nein, es ging mir um Kommunikation zwischen Vertretern der einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen untereinander. Ebenso Kommunikation zwischen Mitgliedern verschiedener Religionen.
Ein Fortschritt wäre es in dem Sinne, daß nicht jeder nur seine Perspektive sieht, sondern die des anderen kennenlernt. Es geht auch nicht darum, daß der eine den anderen missionieren soll, sondern durch die Darstellung der anderen Perspektive leichter über den Tellerrand hinaussehen kann. Wenn Du das nicht als Bereicherung siehst, dann weiß ich auch nicht ... in diesem Sinne wäre es auch kein Schaden, unterhielten sich Wissenschaftler mit Vertretern verschiedener Religionen (eine Idee, die von Dir stammt). Ein Austausch von Perspektiven hat noch nie geschadet ...

neo
21.09.2016, 23:22
Hach, schade, jetzt hatte ich den Ball so schön in den Sechzehner gedribbelt...!

http://i.telegraph.co.uk/multimedia/archive/01017/maradona5_1017085c.jpg

:Cheese:

Sorry. Fuer so billige Vorlagen zum Eigentor bin ich nicht zu haben - nicht mal am Biertisch :Lachanfall: :Lachanfall:

Klugschnacker
22.09.2016, 08:13
Urteil in Frankfurt
Ehepaar muss wider Willen Jüdischer Gemeinde angehören
Seit mehr als zehn Jahren streitet sich ein französisches Ehepaar mit der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main: Das Paar war bei seinem Umzug nach Deutschland automatisch Mitglied geworden. Doch das wollten die Eheleute gar nicht.

… Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig schloss sich nun einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts an: Die Mitgliedschaft ist rechtens. … Weil der Streit schon so lange schwelt, hatten die Leipziger Richter einen Vergleich vorgeschlagen. Das Paar solle die Hälfte der verlangten Synagogensteuer zahlen. Für ein knappes Jahr steht bei den Gutverdienern ein Betrag von rund 114.000 Euro zu Buche.
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/frankfurt-ehepaar-muss-wider-willen-in-juedische-gemeinde-a-1113377.html

Alter Schwede! :Cheese:

keko#
22.09.2016, 08:14
Die Entwicklungsrichtung von Glaubenssystemen orientiert sich nicht am Wohl der Menschheit und auch nicht am Wohl des Einzelnen....

Ganz allgemein hat der evolutionäre Entwicklungsdruck der Religion allein die eigene Ausbreitung als "Ziel". Sie kann gar nicht anders als sich in genau die Richtung...

Religionen verändern sich, wie alles sich verändert.
https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Religion
So wie ich dich verstehe, meinst du, dass Religionen Selbstzweck seien. Sie sind doch für die Menschen gemacht. Die Frage nach dem Übernatürlichen, nach dem Jenseits und anderes, beschäftigt die Menschen schon sei langer Zeit. Man kann sich natürlich darüber lustig machen. Aber wenn ich in einer schwierigen Situation bin und die Religion hilft mir in irgendeiner Form darüber hinweg, ist alles im Reinen. Wer fragt da nach dem Wahrheitsgehalt? Hoffentlich niemand ;)
Und alle Wahrheit liegt in der Naturwissenschaft? Manchmal habe ich bei verschiedenen Zeitgenossen den Eindruck, als wären alle Menschen vorher dumm gewesen und nach dem Jahr 2016 käme nichts mehr. Was können wir denn großartig? Ein paar Menschen ins All pusten, ein bisschen Atome spalten, dazu der mathematische Klimbim. Soll ich vor "selbstfahrenenden" Autos in den Staub fallen? Vor Google? Warten wir mal ab, die Menschheit ist noch sehr jung. Es wird noch viele Überraschungen geben, das steht fest :)

neo
22.09.2016, 08:37
Religionen verändern sich, wie alles sich verändert.
https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Religion
So wie ich dich verstehe, meinst du, dass Religionen Selbstzweck seien. Sie sind doch für die Menschen gemacht. Die Frage nach dem Übernatürlichen, nach dem Jenseits und anderes, beschäftigt die Menschen schon sei langer Zeit. Man kann sich natürlich darüber lustig machen. Aber wenn ich in einer schwierigen Situation bin und die Religion hilft mir in irgendeiner Form darüber hinweg, ist alles im Reinen. Wer fragt da nach dem Wahrheitsgehalt? Hoffentlich niemand ;)
Und alle Wahrheit liegt in der Naturwissenschaft? Manchmal habe ich bei verschiedenen Zeitgenossen den Eindruck, als wären alle Menschen vorher dumm gewesen und nach dem Jahr 2016 käme nichts mehr. Was können wir denn großartig? Ein paar Menschen ins All pusten, ein bisschen Atome spalten, dazu der mathematische Klimbim. Soll ich vor "selbstfahrenenden" Autos in den Staub fallen? Vor Google? Warten wir mal ab, die Menschheit ist noch sehr jung. Es wird noch viele Überraschungen geben, das steht fest :)

:Blumen: ³ ... in Bezug auf den letzten Absatz: >>Dicit ei Pilatus: Quid est veritas?<< [Joh 18,38] .... "Was ist Wahrheit?" ... eine Frage, die zu erörtern nicht uninteressant ist ...

zappa
22.09.2016, 08:51
:Blumen: ³ ... in Bezug auf den letzten Absatz: >>Dicit ei Pilatus: Quid est veritas?<< [Joh 18,38] .... "Was ist Wahrheit?" ... eine Frage, die zu erörtern nicht uninteressant ist ...

"Was ist Wahrheit"? Nichts als die jeweils eigene Konstruktion davon.

neo
22.09.2016, 08:58
"Was ist Wahrheit"? Nichts als die jeweils eigene Konstruktion davon.

:) Als Freund und Anhänger des Konstruktivismus würde ich Dir da sofort zustimmen ... aber die Vorstellung von Wahrheit muß ja etwas mit Kompatibilität zu tun haben ... Aussage zu Wirklichkeit/Tatsache/Sachverhalt ... abgesehen davon: "faktische Wahrheit" vs. "logische Wahrheit" ;)

zappa
22.09.2016, 09:04
:) Als Freund und Anhänger des Konstruktivismus würde ich Dir da sofort zustimmen ... aber die Vorstellung von Wahrheit muß ja etwas mit Kompatibilität zu tun haben ... Aussage zu Wirklichkeit/Tatsache/Sachverhalt ... abgesehen davon: "faktische Wahrheit" vs. "logische Wahrheit" ;)

Und was wären dann z.B. Fakten? Bayern hat gestern 3:0 gehen Hertha gewonnen, ich denke darüber können wir uns einigen. Wir was das Spiel? Überragende Bayern, hätte einen viel höheren Sieg geben müssen?

neo
22.09.2016, 09:11
Überragende Bayern, hätte einen viel höheren Sieg geben müssen?

Es gibt auch Aussagen, die keinen logischen Wahrheitsgehalt haben :)

neo
22.09.2016, 09:13
Es gibt auch Aussagen, die keinen logischen Wahrheitsgehalt haben :)

Aber ich mach´ jetzt hier kein Seminar in Prädikatenlogik :Lachanfall: :Lachanfall: ... das ist leider schon zu lange her und die Skripte müsste ich erst suchen, um mich wieder einzuarbeiten ... hm, interessanter Gedanke :cool: Ihr bringt einen auf Ideen ...

Klugschnacker
22.09.2016, 09:59
So wie ich dich verstehe, meinst du, dass Religionen Selbstzweck seien. Sie sind doch für die Menschen gemacht.

Du sagst, die Religionen seien für die Menschen gemacht. Aus dem Kontext entnehme ich, dass Du damit meinst, sie seien zum Wohle der Menschen gemacht. Außerdem sprichst Du hier allgemein von Religionen (Plural), sodass ich annehme, das soll für alle Religionen gelten.

Kann das denn wirklich sein, keko? Es gibt zahllose Religionen, und in jeder einzelnen von ihnen viele Strömungen, die sich noch dazu mit der Zeit verändern. Aus Deiner Feststellung folgt, dass dabei in jeder Religion langfristig diejenigen Strömungen die Oberhand gewinnen und sich ausbreiten, die gut für die Menschen seien und ihr Wohl förderten. Wie soll das funktionieren?

Die Gläubigen selbst orientieren sich nicht am Wohl der gesamten Menschheit. Der Glaube eines Hindus richtet sich erkennbar nicht danach, was für alle Inder sowie alle Menschen auf der anderen Seite der Erdkugel das Beste sei. Und selbst wenn der Hindu sich danach richten wollte: Er könnte es nicht. Denn das Wissen, welcher Glaube das Beste für die Menschen der Welt bewirkt, kann kein Mensch haben.

Gehen wir also gedanklich weg vom Gläubigen, hin zur anderen Seite der Kette, nämlichen den Theologen und Heiligen, die Einfluss auf die Glaubensinhalte selbst haben. Also was eine Hölle sein soll, was im Himmel auf uns wartet, wer verschleiert zu sein hat, ob es neben den eigenen auch andere Götter geben kann und so weiter.

Auch diese Menschen können nicht wissen, welche Glaubensinhalte für die Menschen die besten seien. Das beweisen zahllose theologische Irrwege und Abartigkeiten, die wir in der Geschichte unserer und anderer Religionen finden.

Daraus folgt: Selbst wenn man unterstellt, dass die religiösen Strömungen, die sich schließlich stärker ausbreiten als alle anderen und dadurch die Oberhand gewinnen, das Ergebnis einer bewussten Steuerung durch Gläubige, Theologen oder Heilige seien, können wir nicht annehmen, dass sie sich dem größtmöglichen Menschenwohl annähern.

Stattdessen breiten sich einfach diejenigen Ideen aus, die das Potential haben, sehr populär zu werden und ansteckend sind, sich also von einem Menschen zum anderen gut übertragen lassen. Beispielsweise ist den Menschen eine Angst vor dem Tod angeboren. Auf dieser Todesangst können sich Vorstellungen eines schrecklichen, immerwährenden Totseins (Hölle) und eines ewigen Lebens leicht ausbreiten. Ob diese Vorstellungen gut sind für das Wohl der Menschheit, spielt überhaupt keine Rolle.

zappa
22.09.2016, 10:26
Du sagst, die Religionen seien für die Menschen gemacht.

Religionen sind vor allem VON Menschen gemacht. Das gibt es keinen einzelnen, der das FÜR die Menschen produziert und ihnen das dann vorgesetzt hat.

Und weil es so viele unterschiedliche Menschengruppen gibt, gibt es auch einen fast unübersehbaren Pluralismus an Varianten, die aber alle denselben Kern teilen: Glaube (nicht Wissen) an etwas.

Klugschnacker
22.09.2016, 10:35
Und weil es so viele unterschiedliche Menschengruppen gibt, gibt es auch einen fast unübersehbaren Pluralismus an Varianten, die aber alle denselben Kern teilen: Glaube (nicht Wissen) an etwas.

Das ist unbestritten. Auch das Gegenteil ist wahr: Es gibt einen unübersehbaren Pluralismus an Dingen, die die Menschen NICHT glauben. Auch dieses Merkmal eint alle Menschen, nämlich der gemeinsame Nichtglaube.

Weder die Inhalte des gemeinsamen Glaubens, noch des gemeinsamen Nichtglaubens haben zwingend etwas mit der Wahrheit zu tun, oder mit dem Wohlergehen der Menschen. Dein Satz oben bedeutet lediglich, dass es Dinge gibt, die wir (oder Teile unserer Gesellschaft) nicht wissen.
:Blumen:

zappa
22.09.2016, 10:45
Das ist unbestritten. Auch das Gegenteil ist wahr: Es gibt einen unübersehbaren Pluralismus an Dingen, die die Menschen NICHT glauben. Auch dieses Merkmal eint alle Menschen, nämlich der gemeinsame Nichtglaube.

Weder die Inhalte des gemeinsamen Glaubens, noch des gemeinsamen Nichtglaubens haben zwingend etwas mit der Wahrheit zu tun, oder mit dem Wohlergehen der Menschen. Dein Satz oben bedeutet lediglich, dass es Dinge gibt, die wir (oder Teile unserer Gesellschaft) nicht wissen.
:Blumen:

Da stimme ich Dir zu. So ist das.

Pluralismus an Glauben und Pluralismus an Nicht-Glauben. Richtig schön.

Und keiner hat "die Wahrheit". Noch schöner.

Und wir wissen ziemlich viel und gleichzeitig doch so wenig. Am schönsten.

neo
22.09.2016, 11:04
Da stimme ich Dir zu. So ist das.

Pluralismus an Glauben und Pluralismus an Nicht-Glauben. Richtig schön.

Und keiner hat "die Wahrheit". Noch schöner.

Und wir wissen ziemlich viel und gleichzeitig doch so wenig. Am schönsten.

... und können gescheit und wortreich hier darüber schreiben! Noch schönererer :) :Lachanfall: :Blumen:

neo
22.09.2016, 11:05
Weder die Inhalte des gemeinsamen Glaubens, noch des gemeinsamen Nichtglaubens haben zwingend etwas mit der Wahrheit zu tun, oder mit dem Wohlergehen der Menschen. Dein Satz oben bedeutet lediglich, dass es Dinge gibt, die wir (oder Teile unserer Gesellschaft) nicht wissen.
:Blumen:

... und es Fragen gibt, die man nicht beantworten kann ...

Klugschnacker
22.09.2016, 11:08
Und alle Wahrheit liegt in der Naturwissenschaft? Manchmal habe ich bei verschiedenen Zeitgenossen den Eindruck, als wären alle Menschen vorher dumm gewesen und nach dem Jahr 2016 käme nichts mehr. Was können wir denn großartig? Ein paar Menschen ins All pusten...

Müsstest Du das nicht eher den Religionen vorhalten als den Wissenschaften? In der Wissenschaft kämpft man sich ganz langsam Phänomen für Phänomen vorwärts. Es gibt gewaltige Wissenslücken, und jeder Forscher räumt das ein.

Die Religionen hingegen geben vor zu wissen, wer die Welt erschaffen hat, wie sie erschaffen wurde und warum, was mit unseren Seelen nach dem Tod geschieht, wer zur Rechten des Schöpfers der Welt sitzt, und welche Vornamen bestimmte Engel haben. Der Anspruch, die Welt zu erklären, ist in den Religionen deutlich umfassender als in den Wissenschaften.

Schau’ Dir Galileo Galilei an, einen der ersten Naturwissenschaftler. Er ließ banale Kugeln über eine schiefe Ebene rollen, um die Gesetzmäßigkeiten ihrer Beschleunigung zu erforschen. Zur gleichen Zeit glaubte man in der Theologie zu wissen, was der Schöpfer des Universums von uns will, inklusive unseres Sexuallebens und der Mahlzeiten am Freitag, außerdem wie man in die Hölle gerät und was man hinieden tun kann, um Verwandten aus dem Fegefeuer zu helfen.

Du kannst doch nicht ernsthaft die klar umgrenzten Fragestellungen und Methoden der Wissenschaft mit dem universalen Erklärungsanspruch der Religionen vergleichen, und dann die Wissenschaften irgendwie arrogant oder kühn finden. Eher ist es umgekehrt.
:Blumen:

Klugschnacker
22.09.2016, 11:27
... und es Fragen gibt, die man nicht beantworten kann ...

Ja, selbstverständlich. Teils liegt es an unserem begrenzten Wissen, teils liegt es an den Fragen. Sind die meisten Kobolde blond? Gibt es einen unsichtbaren Geist, der in die Welt nicht eingreift?

Moderne Glaubenssysteme stützen sich auf nichtbeweisbare Gottesbilder. Weil diese Götter nicht beweisbar sind, erklären die Gläubigen die Wissenschaft und die Logik für unvollständig. Als Beweis für diese Unvollständigkeit führen sie die Unfähigkeit der Wissenschaft und Logik an, einen dieser Götter nachzuweisen. Es ist ein sich selbst erhaltendes System.

Der Preis dafür ist, dass diese Gottesbilder keinen Inhalt haben können. Jeder Theologe kommt enorm ins Schleudern, wenn er erklären soll, was der Inhalt seines Gottesbildes sei.
:Blumen:

neo
22.09.2016, 11:36
Jeder Theologe kommt enorm ins Schleudern, wenn er erklären soll, was der Inhalt seines Gottesbildes sei.
:Blumen:

Es ist ja nicht ganz leicht, den Ewigen zu erklären, geschweige denn, ihn zu erkennen ;) [nein, ich will jetzt die Diskussion nicht wieder von vorne beginnen :Lachanfall: ] ...

zappa
22.09.2016, 11:47
Der Preis dafür ist, dass diese Gottesbilder keinen Inhalt haben können. Jeder Theologe kommt enorm ins Schleudern, wenn er erklären soll, was der Inhalt seines Gottesbildes sei.
:Blumen:

Weißt Du, wenn ein Pfarrer im Altersheim (als eine von vielen Aktivitäten) entlang von ein paar Geschichten, die auf diese Gottheit zumindest projiziert werden, seine Arbeit produktiv verrichten kann, ist das, glaube ich, sowohl dem Pfarrer, als auch dem Altersheim Bewohner ziemlich wurscht. Ich wünsche auch Dir ein wenig mehr Gelassenheit bei diesen Fragen.

Klugschnacker
22.09.2016, 11:55
Es ist ja nicht ganz leicht, den Ewigen zu erklären, geschweige denn, ihn zu erkennen

Ach, und warum ist das so? Warum ist ausgerechnet der allgegenwärtige Schöpfer der Welt vollkommen unsichtbar, wo es ihm doch sehr wichtig zu sein scheint, dass wir ihn erkennen? Es wäre doch auch denkbar, dass er vollkommen offensichtlich zu erkennen wäre, wie die Sonne oder der Mond.

Warum schaffen wir es nicht, selbst nach 1000 Jahren Scholastik im Mittelalter, Glaube von Aberglaube zu unterscheiden? Wenn wir ehrlich sind, können wir nicht einmal sicher sein, dass das Fliegende Spaghettimonster nicht der Sohn Gottes ist.

Du musst doch zugeben, dass die Einsicht, dass Glaube sich aus dem Aberglauben sehr früher Kulturen entwickelt hat, und letztlich ebenfalls einen Aberglauben darstellt, eine sehr hohe Überzeugungskraft hat. Glaube und Aberglaube sind identisch, und genau aus diesem Grund finden wir keinerlei Unterschiede zwischen beiden.
:Blumen:

neo
22.09.2016, 12:00
Ach, und warum ist das so? Warum ist ausgerechnet der allgegenwärtige Schöpfer der Welt vollkommen unsichtbar, wo es ihm doch sehr wichtig zu sein scheint, dass wir ihn erkennen? Es wäre doch auch denkbar, dass er vollkommen offensichtlich zu erkennen wäre, wie die Sonne oder der Mond.

Warum schaffen wir es nicht, selbst nach 1000 Jahren Scholastik im Mittelalter, Glaube von Aberglaube zu unterscheiden? Wenn wir ehrlich sind, können wir nicht einmal sicher sein, dass das Fliegende Spaghettimonster nicht der Sohn Gottes ist.

Du musst doch zugeben, dass die Einsicht, dass Glaube sich aus dem Aberglauben sehr früher Kulturen entwickelt hat, und letztlich ebenfalls einen Aberglauben darstellt, eine sehr hohe Überzeugungskraft hat. Glaube und Aberglaube sind identisch, und genau aus diesem Grund finden wir keinerlei Unterschiede zwischen beiden.
:Blumen:

Das oder den Ewigen zu erklären, hm, ich befürchte, daß es einem da ganz einfach an der Zeit gebricht ... ;)

Klugschnacker
22.09.2016, 12:07
Weißt Du, wenn ein Pfarrer im Altersheim (als eine von vielen Aktivitäten) entlang von ein paar Geschichten, die auf diese Gottheit zumindest projiziert werden, seine Arbeit produktiv verrichten kann, ist das, glaube ich, sowohl dem Pfarrer, als auch dem Altersheim Bewohner ziemlich wurscht. Ich wünsche auch Dir ein wenig mehr Gelassenheit bei diesen Fragen.

Sagst Du das auch im Bezug auf gleichgeschlechtlich liebende Menschen, Unverheiratete, Geschiedene, Andersgläubige, Ungläubige, die Situation der Frauen in der islamischen Welt, Hinrichtungen Homosexueller, religiös legitimierter Verheiratung von zwölfjährigen Mädchen, Steinigungen bei Ehebruch, Körperstrafen und Amputationen?

Du verteidigst humanistische Werte, die wir freilich alle unterstützen. Wo diese Werte von den Religionsvertretern gelebt werden, hat das ebenfalls meine Unterstützung. Man darf aber die Religionen nicht mit dem Humanismus verwechseln. Den Anfang dieses Threads machte beispielsweise ein Vorfall, wo eine vergewaltigte Frau nacheinander von drei kirchlichen Krankenhäusern abgewiesen wurde, die Hilfe suchte. Da hast Du den Unterschied.
:Blumen:

ziel
22.09.2016, 12:12
Weil der ganz große gegenspieler von Gott, hier auf der Erde die Macht hat.
Ganz klar und deutlich.
Satan, der Teufel, oder auch Antichrist genannt.
Das kommt mir viel zu wenig vor in der diskussion.
Meine bescheidene meinung.

LidlRacer
22.09.2016, 12:18
Weil der ganz große gegenspieler von Gott, hier auf der Erde die Macht hat.
Ganz klar und deutlich.
Satan, der Teufel, oder auch Antichrist genannt.
Das kommt mir viel zu wenig vor in der diskussion.
Meine bescheidene meinung.

Haste ma'n Foto?

neo
22.09.2016, 12:19
:Lachanfall: Haste ma'n Foto? :Lachanfall: .... abgesehen davon: das Böse als Phänomen ist durchaus ein interessantes Thema ...

ziel
22.09.2016, 12:23
Haste ma'n Foto?
Für was?
Jeder weiß, was damit gemeint ist.:Blumen:

ziel
22.09.2016, 12:26
:Lachanfall: :Lachanfall: .... abgesehen davon: das Böse als Phänomen ist durchaus ein interessantes Thema ...
Wobei hier in unserem fall, ist nichts von Böse im Spiel.
Eher Verwirrung, täuschung, blendung usw...

LidlRacer
22.09.2016, 12:48
Für was?
Jeder weiß, was damit gemeint ist.:Blumen:

Nee, echt nicht!

Weder bin ich ihm jemals wissentlich irgendwo begegnet, noch hat er je irgendetwas getan, dessen Auswirkungen ich wahrgenommen hätte.
Da hat er immerhin einiges gemeinsam mit Deinem Gott.

MattF
22.09.2016, 12:59
Ein Bild des Bösen findet man dort:


http://tinyurl.com/gmz3c22


:Lachanfall:

LidlRacer
22.09.2016, 13:11
Ein Bild des Bösen findet man dort:


http://tinyurl.com/gmz3c22


Höllehöllehölle!

Ich habe DAS BÖSE gesehen!

Wo kann ich mich beim Anti-BÖSEN-Club anmelden?

Megalodon
22.09.2016, 13:20
Was können wir denn großartig? Ein paar Menschen ins All pusten, ein bisschen Atome spalten, dazu der mathematische Klimbim. Soll ich vor "selbstfahrenenden" Autos in den Staub fallen? Vor Google? Warten wir mal ab, die Menschheit ist noch sehr jung. Es wird noch viele Überraschungen geben, das steht fest :)

Der Wissenssprung, der in den letzten 200 jahren gemacht wurde, ist nur gigantisch zu nennen. Von den Wrights zum A380 sind nicht mal 100 Jahre vergangen. Das ist geradezu verrückt zu nennen. Wer hatte vor 200 Jahren welchen Zugang zu Wissen? Heute kann fast jeder an jedem Punkt der Erde sofern er Englisch kann, quasi das ganze Wissen auf einem mobilen Gerät abrufen. Das ist doch Wahnsinn. Von einfachster Telegrafie zum hochkomplexen Mobilfunknetz, in nur ein paar Jahrzehnten. Und so könnte ich endlos weitermachen. Und das haben wir alles ausschließlich den Naturwissenschaften zu verdanken. Der Anteil der Religionen daran geht gegen Null. Übrigens auch der der Frauen. Beim Europäischen Patentamt sind zig Millionen Patente und Anmeldungen gespeichert. Rate mal wieviele davon von Frauen angemeldet wurden oder Frauen ebenfalls als Erfinder genannt wurden.

Soviel zum Thema, was können wir denn großartig. Aber eines stimmt wahrscheinlich. Das dürfte nur der Anfang sein.

LidlRacer
22.09.2016, 13:32
Der Anteil der Religionen daran geht gegen Null. Übrigens auch der der Frauen.

Hm, dann denke ich wahrscheinlich doch irgendwie irrational, denn ich glaube trotzdem an Frauen! :Cheese:

tandem65
22.09.2016, 14:38
Haste ma'n Foto?

http://luftpumpe.de/images/embrun-03.png

tandem65
22.09.2016, 14:41
Wo kann ich mich beim Anti-BÖSEN-Club anmelden?

hier (https://portal.mikatiming.de/event/challenge-regensburg/2017/de/)

zappa
22.09.2016, 20:08
Sagst Du das auch im Bezug auf gleichgeschlechtlich liebende Menschen, Unverheiratete, Geschiedene, Andersgläubige, Ungläubige, die Situation der Frauen in der islamischen Welt, Hinrichtungen Homosexueller, religiös legitimierter Verheiratung von zwölfjährigen Mädchen, Steinigungen bei Ehebruch, Körperstrafen und Amputationen?

Du verteidigst humanistische Werte, die wir freilich alle unterstützen. Wo diese Werte von den Religionsvertretern gelebt werden, hat das ebenfalls meine Unterstützung. Man darf aber die Religionen nicht mit dem Humanismus verwechseln. Den Anfang dieses Threads machte beispielsweise ein Vorfall, wo eine vergewaltigte Frau nacheinander von drei kirchlichen Krankenhäusern abgewiesen wurde, die Hilfe suchte. Da hast Du den Unterschied.
:Blumen:

Religiöse Eiferer sind geschichtlich und aktuell für viel Mist verantwortlich, keine Frage.

Ich finde aber, Du wirst der bundesrepublikanischen Realität in ihrer Differenziertheit mit Deinem recht kategorischen Anprangern der Dysfunktionen nicht gerecht (wir hatten das schon zu einem früheren Zeipunkt). Nach meiner subjektiven Einschätzung sind die beiden Mainstream Religionen bei uns auf einem recht reflektierten und pragmatischen Niveau, auch wenn es hier immer wieder zu unschönen Vorfällen kommt. Evangelen wahrscheinlich deutlich reflektierter und pragmatischer, als die Katholiken, aber auch dort reden wir nicht von vollkommen verblendeten Eifereren, die nur tun, was der Katechismus fordert ...

Ich würde das mal vereinfachend auf beiden Seiten (die professionellen Vertreter der Religion und die religiösen Menschen) in 3 Drittel teilen: Solche die glauben, aber sehr pragmatisch z.B. Mit Empfängnisverhütung umgehen etc. Solche die recht streng sind und auch recht streng leben. Und solche die dazwischen sind.

Dabei passiert auch sehr viel Gutes. Ob das zwingend auch passieren würde, wenn es die entsprechenden Institutionen und die vielen Engagierten darin nicht geben würde, ist eine müßige Diskussion. Es gibt sie nun mal.

Wenn Du wirklich so genervt von den Missetaten bist, frage ich Dich: warum tust Du dann nicht aktiv was dagegen / dafür? Allein eine Diskussion in diesem Forum wird die Schlechtigkeit der Religion bei uns nicht verändern. Oder hast Du schon auf dem Kirchentag protestiert, Deinem Pfarrer jede Woche nach seiner Predigt die Meinung gegeigt, dafür gesorgt, dass ein anderer, besserer Träger für das Krankenhaus gefunden wird, der Religions- oder Ethikunterricht anders organisiert wird, die katholische Kinderkrippe wegen Infiltrationsgefahr geschlossen wird etc.?

Nix für ungut!

neo
22.09.2016, 22:13
[...] dass ein anderer, besserer Träger für das Krankenhaus gefunden wird, [...]
Nix für ungut!

Ja, interessanter Punkt, über den ich mich seit Jahren aufrege.

Über Jahrhunderte waren Spitäler in Händen von Orden und an eine Stiftung gekoppelt. Da muß man Geld reinstecken! Das war immer schon ein Zuschußbetrieb! Die Brüder und Schwestern der Orden arbeiteten für Gotteslohn, die Ärzte wurden bezahlt und das funktionierte.
Die öffentliche Hand jammerte immer, daß sie in kommunaler Trägerschaft ein Krankenhaus so viel Geld kostete und machte mehr und mehr ihre Häuser dicht.
Dann kam die Betriebswirtschaft (die pure Vernunft in Zahelen!) und kam auf die bahnbrechende Idee, daß ein Krankenhaus ja eigentlich Geld abwerfen müsse :Lachanfall: . Personal kostet ja nur Geld, also anständig reduzieren :Cheese: . Mit dem Ergebnis, daß die Leute im Krankenpflegebereich nur noch am Ausbrennen ist.
Die Vernunft, die Zahlen - berechenbar! - hat gesiegt.
Die Krankenhäuser werfen Geld ab (was für Idioten waren das eigentlich, die jahrhundertelang Geld ausgegeben haben, um der Menschlichkeit willen Kranke zu heilen und zu pflegen?) !
Die Patienten werden zwar nicht glücklicher und gesünder - eher im Gegenteil (brauchen sie ja nicht, eigentlich sollten sie froh sein, in einem von Vernunftgrundsätzen geführten Krankenhaus sein zu dürfen), Ärzte und Pflegepersonal reiben sich massiv im Job auf (Die Schwachköpfe verstehen ja auch nichts von Vernunft!) und Krankenkassenbeiträge explodieren (Die Beitragszahler haben auch nicht kapiert, daß sie die blanke Vernunft finanzieren!) ...

*advocatus diaboli modus off*

Vernunft hin oder her: wo die Menschlichkeit fehlt, da ist es letzendlich wurscht, ob sich die Religion oder die "Vernunft" breit gemacht hat. Wo die Menschlichkeit sichtbar ist, interessiert es mich ehrlich nicht, ob diejenigen, die zur Menschlichkeit beitragen, einer Religion oder der "Vernunft" anhängen ...

keko#
23.09.2016, 08:50
Der Wissenssprung, der in den letzten 200 jahren gemacht wurde, ist nur gigantisch zu nennen. Von den Wrights zum A380 sind nicht mal 100 Jahre vergangen. Das ist geradezu verrückt zu nennen. Wer hatte vor 200 Jahren welchen Zugang zu Wissen? Heute kann fast jeder an jedem Punkt der Erde sofern er Englisch kann, quasi das ganze Wissen auf einem mobilen Gerät abrufen. Das ist doch Wahnsinn. Von einfachster Telegrafie zum hochkomplexen Mobilfunknetz, in nur ein paar Jahrzehnten. Und so könnte ich endlos weitermachen. Und das haben wir alles ausschließlich den Naturwissenschaften zu verdanken. Der Anteil der Religionen daran geht gegen Null. Übrigens auch der der Frauen. Beim Europäischen Patentamt sind zig Millionen Patente und Anmeldungen gespeichert. Rate mal wieviele davon von Frauen angemeldet wurden oder Frauen ebenfalls als Erfinder genannt wurden.

Soviel zum Thema, was können wir denn großartig. Aber eines stimmt wahrscheinlich. Das dürfte nur der Anfang sein.

Und wo befinden wir uns auf der Skala von 0 (kein Wissen) bis 100 (vollständiges Wissen)?

zappa
23.09.2016, 09:59
Und wo befinden wir uns auf der Skala von 0 (kein Wissen) bis 100 (vollständiges Wissen)?

Gute Frage.

Meine Meinung ist, dass wir das gar nicht einordnen können. Genauso wie Schulnoten mit ihrer Skala keine wirklich sinnvolle Einordnung des Wissensstandes eines Schülers erlauben, wird eine solche Einordnung "des Wissens des Menschheit" eine sinnvolle Aussage generieren.

Dynamisch gesehen ist es jedenfalls in den letzten Jahren gewachsen :-)

LidlRacer
23.09.2016, 10:03
Und wo befinden wir uns auf der Skala von 0 (kein Wissen) bis 100 (vollständiges Wissen)?

Ist doch wurscht, Hauptsache es geht voran.
Es gibt auch keine sinnvolle Maßeinheit für die Wissensmenge.

Außerdem haben große Teile des.(Nicht)Wissens keine oder wenig praktische Bedeutung für uns.

keko#
23.09.2016, 10:12
Gute Frage.

Meine Meinung ist, dass wir das gar nicht einordnen können. Genauso wie Schulnoten mit ihrer Skala keine wirklich sinnvolle Einordnung des Wissensstandes eines Schülers erlauben, wird eine solche Einordnung "des Wissens des Menschheit" eine sinnvolle Aussage generieren.

Dynamisch gesehen ist es jedenfalls in den letzten Jahren gewachsen :-)

Kann natürlich auch sein, dass wir uns Probleme selbst schaffen und danach das zugehörige Wissen generieren. ;)

qbz
23.09.2016, 10:40
Mindestens Eines haben Wissenschaft und Religion gemeinsam: Die Menschen in deren Institutionen (Forschung, Kirchen) leben von dem, was der produktive Bereich der Wirtschaft an Überschüssen produziert. Je weniger Arbeitskraft für den produktiven Bereich benötigt wird, umso mehr Arbeitskraft kann in Wissenschaft, Bildung, Gesundheit, Religion fliessen. Bezogen auf diese Verhältnisse waren die Religionen weltweit eindeutige Verlierer seit der Aufklärung und der Industrialisierung im Vergleich zu Wissenschaft, Gesundheit, (Volks)Bildung. Davor (im Mittelalter) verwalteten die Klöster als Großgrundbesitzer Wissen in ihren Bibliotheken und brachten agrikulturelle Erfahrungen bei der Gründung der Klöster in den Osten Europas. Wer damals lesen und schreiben lernen wollte, musste in Europa in ein Kloster oder eine religiöse Institution gehen.

Der "religiöse Kultur-Selbstläufer" (frei nach Arne) erscheint mir deswegen langfristig zu den aussterbenden (schützenswerten) Kulturarten zu gehören, im Vergleich zu Wissenschaft und Bildung, auch wenn (ausser der Kirchen) neuerdings die Esoterik in privaten Bereichen durchaus hübsche Blumen hervorbringt und das eine oder andere Heim verziert.

zappa
23.09.2016, 12:47
Mindestens Eines haben Wissenschaft und Religion gemeinsam: Die Menschen in deren Institutionen (Forschung, Kirchen) leben von dem, was der produktive Bereich der Wirtschaft an Überschüssen produziert. Je weniger Arbeitskraft für den produktiven Bereich benötigt wird, umso mehr Arbeitskraft kann in Wissenschaft, Bildung, Gesundheit, Religion fliessen. Bezogen auf diese Verhältnisse waren die Religionen weltweit eindeutige Verlierer seit der Aufklärung und der Industrialisierung im Vergleich zu Wissenschaft, Gesundheit, (Volks)Bildung. Davor (im Mittelalter) verwalteten die Klöster als Großgrundbesitzer Wissen in ihren Bibliotheken und brachten agrikulturelle Erfahrungen bei der Gründung der Klöster in den Osten Europas. Wer damals lesen und schreiben lernen wollte, musste in Europa in ein Kloster oder eine religiöse Institution gehen.

Der "religiöse Kultur-Selbstläufer" (frei nach Arne) erscheint mir deswegen langfristig zu den aussterbenden (schützenswerten) Kulturarten zu gehören, im Vergleich zu Wissenschaft und Bildung, auch wenn (ausser der Kirchen) neuerdings die Esoterik in privaten Bereichen durchaus hübsche Blumen hervorbringt und das eine oder andere Heim verziert.

Ist langfristig vorstellbar. Wobei die Esoterik letztlich dasselbe Bedürfnis nach Spiritualität abdeckt, wie zum Teil die Religion. Und das Bedürfnis werden die Menschen so schnell nicht verlieren.

Klugschnacker
23.09.2016, 13:17
Haben wir beim Gedanken an Zeus, Apollon, Poseidon, Amun-Re-Kamutef, Chalchiuhtlicue oder Quetzalcoatl das Gefühl einer inneren Befriedigung unseres tiefliegenden Bedürfnisses nach Spiritualität?

Die meisten werden das wohl verneinen und einen Drang zur Befriedigung des Bedürfnisses verspüren, sich mit der flachen Hand an die Stirn zu schlagen. Es gehört nicht viel Fantasie zu der Vermutung, dass es unseren Nachfahren beim Gedanken an Maria, Josef, Abraham, Adam, Eva, Luzifer, Gabriel und Moses ähnlich gehen dürfte.

Die großen Daseinsfragen werden bleiben. Antworten werden die Menschen in wissenschaftlichen und okkulten Vorstellungen gleichermaßen sehen. Die Wissenschaft, insbesondere in den Grundlagenfächern Physik und Mathematik, ist teilweise so schwer zu verstehen, dass es wohl stets eine auf leichter verständlichen Bildern beruhende Weltanschauung geben wird. Wer kann schon die physikalischen Hypothesen darüber, wie unser Universum aus dem Nichts hat entstehen können, begreifen?

Insofern mache ich mir um die Zukunft der Religion keine Sorgen. :Blumen:

Megalodon
23.09.2016, 13:36
Haben wir beim Gedanken an Zeus, Apollon, Poseidon, Amun-Re-Kamutef, Chalchiuhtlicue oder Quetzalcoatl das Gefühl einer inneren Befriedigung unseres tiefliegenden Bedürfnisses nach Spiritualität?


Die Leute hatten das damals wohl. So wie heute mit Maria und Josef usw. Die Namen wechseln, das Prinzip bleibt. Manche Leute brauchen das halt, um ihr Leben bewältigen zu können. Aber wo ist das Problem ? Lass sie doch. Solange Kirche und Staat getrennt sind, und das ist der Status Quo in der westlichen Welt, gibts doch kein Grund zur Aufregung.

keko#
23.09.2016, 13:39
Haben wir beim Gedanken an Zeus, Apollon, Poseidon, Amun-Re-Kamutef, Chalchiuhtlicue oder Quetzalcoatl das Gefühl einer inneren Befriedigung unseres tiefliegenden Bedürfnisses nach Spiritualität?

Die meisten werden das wohl verneinen und einen Drang zur Befriedigung des Bedürfnisses verspüren, sich mit der flachen Hand an die Stirn zu schlagen. Es gehört nicht viel Fantasie zu der Vermutung, dass es unseren Nachfahren beim Gedanken an Maria, Josef, Abraham, Adam, Eva, Luzifer, Gabriel und Moses ähnlich gehen dürfte.


Glaubst du, alle Vorfahren von uns folgten Zeus u.a. blind? Es gab wohl schon immer Zweifler. Vielleicht gab es damals ebenso viele Zweifler, wie es heute gibt. Und trotzdem hat die Religion überlebt. Manchmal glaube ich, du denkst, dass wir gerade die große Erleuchtung bekommen und vor uns alle dumm und dämlich waren (no offense ;))


Die großen Daseinsfragen werden bleiben. Antworten werden die Menschen in wissenschaftlichen und okkulten Vorstellungen gleichermaßen sehen. Die Wissenschaft, insbesondere in den Grundlagenfächern Physik und Mathematik, ist teilweise so schwer zu verstehen, dass es wohl stets eine auf leichter verständlichen Bildern beruhende Weltanschauung geben wird.

Bei dem Zahlen- und Buchstabenrumgeschubse, was man bei Mathe macht, frage ich mich wirklich ernsthaft, ob das nicht alles nur Klimbim ist.
Wenn ich mir unsere Erde im Weltall vorstelle und überlege, was für ein Aufwand getrieben wird, um das alles zu berechnen und erklären und wie unwahrscheinlich unser Planet und Dasein letztendlich ist, fällt es mir leichter zu glauben, dass das "Jemand" angeschubst hat.

neo
23.09.2016, 13:39
Die Leute hatten das damals wohl. So wie heute mit Maria und Josef usw. Die Namen wechseln, das Prinzip bleibt. Manche Leute brauchen das halt, um ihr Leben bewältigen zu können. Aber wo ist das Problem ? Lass sie doch. Solange Kirche und Staat getrennt sind, und das ist der Status Quo in der westlichen Welt, gibts doch kein Grund zur Aufregung.

Die vier Grundfragen nach Kant werden uns immer beschäftigen:
Was kann ich wissen?
Was soll ich tun?
Was darf ich hoffen?
Was ist der Mensch?
Nach Antworten sollte man überall suchen. Je nachdem, wo man sucht, wird man interessante Perspektiven finden (von "Wahrheiten" will ich nicht sprechen) ....

qbz
23.09.2016, 13:43
......
Die großen Daseinsfragen werden bleiben. Antworten werden die Menschen in wissenschaftlichen und okkulten Vorstellungen gleichermaßen sehen. Die Wissenschaft, insbesondere in den Grundlagenfächern Physik und Mathematik, ist teilweise so schwer zu verstehen, dass es wohl stets eine auf leichter verständlichen Bildern beruhende Weltanschauung geben wird. Wer kann schon die physikalischen Hypothesen darüber, wie unser Universum aus dem Nichts hat entstehen können, begreifen?

Insofern mache ich mir um die Zukunft der Religion keine Sorgen. :Blumen:

Es geht mir darum, wieviel die Menschen für Religion und Kirchen bei der Aufteilung der geschaffenen Werte im Unterschied zu Wissenchaft, Bildung, Gesundheit, Kunst / Kultur in der Vergangenheit ausgaben. Und dieser Anteil sank seit der Industrialisierung sehr, sehr drastisch. Alles spricht dafür, dass diese Entwicklung sich fortsetzt.

(Anmerkung: Reicht es nicht aus, dass Roboter und diejenigen, die sie erschaffen, die komplexen physikalischen Gesetze und Modelle kennen? ;)

Ich glaube heute schliessen ca 30 % eines Jahrganges mit Abi ab, vor 50 Jahren < 15 %. Könnte sich, unterstellt man die IQ-Norm-Verteilung bis ca. 60-70 % Abi erhöhen, steht für Bildung mehr zur Verfügung. )

Megalodon
23.09.2016, 13:49
Die vier Grundfragen nach Kant werden uns immer beschäftigen:
Was kann ich wissen?
Was soll ich tun?
Was darf ich hoffen?
Was ist der Mensch?
Nach Antworten sollte man überall suchen. Je nachdem, wo man sucht, wird man interessante Perspektiven finden (von "Wahrheiten" will ich nicht sprechen) ....

Na gut, dann doch.

Was ist der Mensch?

Diese Frage ist leicht zu beantworten. In Deutschland im 21. Jahrhundert ist der Mensch das Lebewesen, dass aus einer menschlichen Eizelle und einem menschlichen Spermium entstanden ist. Und das unabhängig von irgendwelchen körperlichen oder geistigen Eigenschaften. Ja, richtig gelesen. Wir haben keine körperlichen oder geistigen Mindeststandards definiert, die erfüllt sein müssen, damit ein Lebewesen als Mensch bezeichnet werden darf.

Falls jemand andere Meinung ist, kann er oder sie ja mal kurz skizzieren, wie denn diese Standards aussehen, wo die festgeschrieben sind und wer die definiert hat. Und am besten folgt gleich eine Antwort darauf, warum auch schwerst körperlich und geistig Behinderte in Einrichtungen gepflegt werden und nicht als Biomüll auf dem Komposthaufen enden.

Und wer jetzt nich immer glaubt, dass sich der Mensch von Affe dadurch unterscheidet, dass der Mensch Schach spielen kann oder Computer programmieren kann, der hat mich zum Affen erklärt. Ich kann nämlich beides nicht. :)

Trimichi
23.09.2016, 13:58
Die vier Grundfragen nach Kant werden uns immer beschäftigen:
Was kann ich wissen?
Was soll ich tun?
Was darf ich hoffen?
Was ist der Mensch?
Nach Antworten sollte man überall suchen. Je nachdem, wo man sucht, wird man interessante Perspektiven finden (von "Wahrheiten" will ich nicht sprechen) ....


In der Psychologie spricht man vom den "Qualia" oder von "What is it to like to be a bat (Nagel, Th.)?" . In der Philosophie beschäftigt man sich auch heute noch mir dem Leib-Seele-Problem. Weil es nach wie vor nicht gelöst ist. Oder anderer Ansatz: Wo wird Wahrnehmung montiert? Die detaillierte Analyse der allgemeinen Psychologie ist hoch interessant, würde aber den Rahmen sprengen.

So glaube auch ich nicht, dass wir hier im Forum das L-S-Problem lösen können.


Anlage:
https://en.wikipedia.org/wiki/What_Is_it_Like_to_Be_a_Bat%3F

zappa
23.09.2016, 14:39
Haben wir beim Gedanken an Zeus, Apollon, Poseidon, Amun-Re-Kamutef, Chalchiuhtlicue oder Quetzalcoatl das Gefühl einer inneren Befriedigung unseres tiefliegenden Bedürfnisses nach Spiritualität?

Die meisten werden das wohl verneinen und einen Drang zur Befriedigung des Bedürfnisses verspüren, sich mit der flachen Hand an die Stirn zu schlagen. Es gehört nicht viel Fantasie zu der Vermutung, dass es unseren Nachfahren beim Gedanken an Maria, Josef, Abraham, Adam, Eva, Luzifer, Gabriel und Moses ähnlich gehen dürfte.



Ich würde gerne verstehen, warum Du das so abwertend formulierst, weil Du es für Dich so empfindest und das dann gleich auf "die meisten" verallgemeinerst?. Wer sind denn "die meisten" und wie kommst Du zu dem verallgemeinernden Schluss, dass es für sie so ist, wie für Dich?

Jörn
23.09.2016, 14:54
Wenn ich mir unsere Erde im Weltall vorstelle und überlege, was für ein Aufwand getrieben wird, um das alles zu berechnen und erklären und wie unwahrscheinlich unser Planet und Dasein letztendlich ist, fällt es mir leichter zu glauben, dass das "Jemand" angeschubst hat.

keko, verstehe ich Dich richtig? Je komplexer die Wahrheit ist, und je mehr es Dein Wissen übersteigt, umso mehr hältst Du Religion für wahr?

Klugschnacker
23.09.2016, 15:23
Ich würde gerne verstehen, warum Du das so abwertend formulierst, weil Du es für Dich so empfindest und das dann gleich auf "die meisten" verallgemeinerst?. Wer sind denn "die meisten" und wie kommst Du zu dem verallgemeinernden Schluss, dass es für sie so ist, wie für Dich?

Ich treffe ganz einfach wenige Menschen, deren Spiritualität sich auf Zeus, Apollon, Poseidon, Amun-Re-Kamutef, Chalchiuhtlicue oder Quetzalcoatl bezieht. Es gilt natürlich nur für mein persönliches Umfeld und könnte ein Irrtum sein.

Dabei geht es nicht nur um Namen und Bezeichnungen, die austauschbar sind, aber jeweils gemeinsame Wahrheiten betreffen. Sondern es geht um einen haarsträubenden, aus heutiger Sicht unfassbaren, gigantischen Riesenschwachsinn, dessen Du Dir völlig bewusst bist.

Was ist schon dabei? Menschen irren sich, nicht nur in den Religionen. Auch in der Philosophie und den Wissenschaften haben die Menschen in ihrer Geschichte gewaltige Böcke geschossen. Niemand hat ein Problem damit, diese Irrtümer als solche zu bezeichnen. Nur gegenüber den Religionen gilt es als unfein, und Du tanzt auf leisen Sohlen höflich mit ums Goldene Kalb.
:Lachen2:

neo
23.09.2016, 16:12
In der Psychologie spricht man vom den "Qualia" oder von "What is it to like to be a bat (Nagel, Th.)?" . In der Philosophie beschäftigt man sich auch heute noch mir dem Leib-Seele-Problem. Weil es nach wie vor nicht gelöst ist. Oder anderer Ansatz: Wo wird Wahrnehmung montiert? Die detaillierte Analyse der allgemeinen Psychologie ist hoch interessant, würde aber den Rahmen sprengen.

So glaube auch ich nicht, dass wir hier im Forum das L-S-Problem lösen können.


Anlage:
https://en.wikipedia.org/wiki/What_Is_it_Like_to_Be_a_Bat%3F

Wo wird Wahrnehmung montiert? Sehr spannend! (Überhaupt ein interessantes Wort: "Wahr-nehmung") Die Hirn- und Bewußtseinsforschung steckt gerade mal in den Kinderschuhen (gebunden sind sie noch nicht!), auch hier wird *IMHO* in den nächsten Jahrzehnten/Jahrhunderten noch iniges zu Tage gefördert werden, daß unsere bisherigen Konzepten über den Haufen werfen wird ...

Trimichi
23.09.2016, 19:16
Wo wird Wahrnehmung montiert? Sehr spannend! (Überhaupt ein interessantes Wort: "Wahr-nehmung") Die Hirn- und Bewußtseinsforschung steckt gerade mal in den Kinderschuhen (gebunden sind sie noch nicht!), auch hier wird *IMHO* in den nächsten Jahrzehnten/Jahrhunderten noch iniges zu Tage gefördert werden, daß unsere bisherigen Konzepten über den Haufen werfen wird ...

...oder auch nicht. Wenn wir nicht bald auf den Flüssigsalzreaktor / Thorium-Zyklus umswitschen wirds mit Jahrhunderten nichts werden...

Klugschnacker
23.09.2016, 19:21
...oder auch nicht. Wenn wir nicht bald auf den Flüssigsalzreaktor / Thorium-Zyklus umswitschen wirds mit Jahrhunderten nichts werden...

Auch gut. Wenn der Messias nicht zu uns kommen will, dann kommen halt wir zum Messias.
:)

keko#
23.09.2016, 19:34
keko, verstehe ich Dich richtig? Je komplexer die Wahrheit ist, und je mehr es Dein Wissen übersteigt, umso mehr hältst Du Religion für wahr?

Ja, so kann man das sagen. Aber im positiven Sinne. Ich interessiere mich ja für die Naturwissenschaften und lehne sie keinesfalls in irgendeiner Form ab. Je mehr ich erfahre, lese und lerne, desto faszinierender, spannender und "göttlicher" finde ich alles. Mittendrin dabei der Mensch, der sich über solche Dinge den Kopf zerbricht und Lösungen sucht und findet. So was bringt mich zur Religion und nicht von ihr weg.

Trimichi
23.09.2016, 19:34
Auch gut. Wenn der Messias nicht zu uns kommen will, dann kommen halt wir zum Messias.
:)

Irrtum :)

Die Sterne sind eure Grenze (Einstein):Lachen2:

neo
23.09.2016, 22:21
Ja, so kann man das sagen. Aber im positiven Sinne. Ich interessiere mich ja für die Naturwissenschaften und lehne sie keinesfalls in irgendeiner Form ab. Je mehr ich erfahre, lese und lerne, desto faszinierender, spannender und "göttlicher" finde ich alles. Mittendrin dabei der Mensch, der sich über solche Dinge den Kopf zerbricht und Lösungen sucht und findet. So was bringt mich zur Religion und nicht von ihr weg.

Ähnlich bei mir ... Evolution und Schöpfer schließen sich auch nicht gegenseitig aus ;)

zappa
23.09.2016, 22:27
Ich treffe ganz einfach wenige Menschen, deren Spiritualität sich auf Zeus, Apollon, Poseidon, Amun-Re-Kamutef, Chalchiuhtlicue oder Quetzalcoatl bezieht. Es gilt natürlich nur für mein persönliches Umfeld und könnte ein Irrtum sein.

Dabei geht es nicht nur um Namen und Bezeichnungen, die austauschbar sind, aber jeweils gemeinsame Wahrheiten betreffen. Sondern es geht um einen haarsträubenden, aus heutiger Sicht unfassbaren, gigantischen Riesenschwachsinn, dessen Du Dir völlig bewusst bist.

Was ist schon dabei? Menschen irren sich, nicht nur in den Religionen. Auch in der Philosophie und den Wissenschaften haben die Menschen in ihrer Geschichte gewaltige Böcke geschossen. Niemand hat ein Problem damit, diese Irrtümer als solche zu bezeichnen. Nur gegenüber den Religionen gilt es als unfein, und Du tanzt auf leisen Sohlen höflich mit ums Goldene Kalb.
:Lachen2:

Das ist Deine Sicht, die Du verallgemeinerst.

Hier mal eine empirische Sicht auf den Aspekt, dass es wohl recht sicher ein Bedürfnis nach Spiritualität gibt und das einen individuellen Nutzen nahelegt (Harold Koenig, Duke University):

"Für die letzte Metastudie haben seine Mitarbeiter mehr als 1200 Artikel gesammelt, die in wissenschaftlichen Magazinen seit dem Jahr 1872 erschienen waren. Ob Gottesglaube gesund ist, fragen sich Wissenschaftler schon eine ganze Weile. Seit Mitte der 1990er-Jahre sei das Forschungsgebiet aber geradezu explodiert, schreibt Koenig.

In etwa 80 Prozent der Studien ging es um den Nutzen von Religion und Spiritualität für die Psyche. Koenig macht zwischen den Religionen und anderen Formen des Glaubens keinen Unterschied, es geht ihm nicht darum, ob der Katholizismus mehr bringt als das Schamanentum.

Wie gehen Menschen mit Missgeschicken um? Wie hoffnungsvoll oder optimistisch fühlen sie sich? Wie steht es um ihr Selbstwertgefühl? Gläubige schnitten in all diesen Fragen in der großen Mehrzahl der Studien besser ab. Auch bei schweren psychischen Krankheiten hilft es, auf höhere Mächte zu vertrauen, wenn man der Auswertung folgt. Der Glaube kann demnach Depressionen lindern – von 444 Studien, die Koenig zu dieser Frage fand, belegten das fast 70 Prozent – und gegen Angststörungen helfen."

Und aus einem Vorwort von Rolf Oerter zur "Psychologie der Spiritualität":

"Eine zusammenfassende Monographie ist deswegen sinnvoll, weil zu „Spiritua- lität“ zwischenzeitlich enorm viel psychologische Forschung vorliegt. Hinzu kommt, dass viele Beiträge in englischsprachigen Zeitschriften veröffentlicht wurden, die nicht leicht greifbar sind. Die Datenbank „PsychInfo on Silverplat- ter“ (http://web5.silverplatter.com), die die weltweit erscheinende psychologische Literatur sammelt, warf am 28.4.2003 zu „spirituality“ 3.880 Titel aus, knapp ein Jahr später (20.4.2004) 4.387.

Mehrheitlich stammen die Studien aus dem angelsächsischen Raum, speziell den USA, von deren Bürger mehr als 40 Prozent wöchentlich die Kirche besu- chen und 95 Prozent an Gott glauben (Hoge, 1996). Der Einwand, die Ergeb- nisse dieser Spiritualitätsforschung seien für das stärker säkularisierte Europa wenig relevant (Utsch, 2005), trifft nur bedingt zu. Auch hierzulande wird ein „Megatrend Spiritualität“ konstatiert (Zulehner, 2004) und dafür optiert, in Psy- chotherapie und Medizin spirituelle Komponenten zu integrieren (Belschner & Gottwald, 2000; Renz, 2003; Seefeldt, 2000). Darüber hinaus liefern die Studien keineswegs nur Prozentwerte, die in verschiedenen kulturellen Milieus differie- ren, sondern zeigen Zusammenhänge auf, etwa zwischen Meditation und der geringeren Anfälligkeit für kardiovaskuläre Erkrankungen. Sofern sie theoretisch erklärbar sind, stellen diese keine nordamerikanischen Spezifika, sondern an- thropologische Grundkonstanten dar."

Man muss dem inhaltlich nicht folgen, aber es zeigt doch, dass es offenbar eine große Menge Mensch gibt, die es anders sieht, als Du.

Jörn
24.09.2016, 02:46
Ähnlich bei mir ... Evolution und Schöpfer schließen sich auch nicht gegenseitig aus ;)

neo & keko: Da kann man sehen, wie gut die Strategie funktioniert, die keko formuliert hat: Je weniger man weiß, desto besser kann man sich etwas einbilden. Zur Not nimmt man vorhandenes Wissen einfach nicht zur Kenntnis.

Evolution und Religion schließen sich nicht aus?

• Die Evolutionslehre führt das Entstehen der Arten auf natürliche, simple, unbewusste und ungerichtete (nicht durch ein Ziel bestimmte) Prozesse zurück und kann es beweisen.
• Die Religion führt das Entstehen der Arten auf übernatürliche, bewusste, komplexe und durch eine zentrale Instanz gesteuerte Prozesse zurück, bleibt dafür aber jeden Beweis schuldig.

Fazit: Beide sind das exakte Gegenteil des anderen. Sie können daher nicht beide wahr sein.

Deine angebliche Vereinbarkeit von Religion und Evolutionslehre beruht einfach auf Deiner Unkenntnis beider Bereiche. (Es ist schwierig, es so zu formulieren, dass es nicht harsch klingt; leider ist mir keine bessere Formulierung eingefallen. No offense... :Blumen: )

Denn was sagen die zur Verfügung stehenden schriftlichen Quellen, jeweils für Wissenschaft und Religion?

• Innerhalb der Evolutionslehre gibt es nicht eine einzige wissenschaftliche Untersuchung oder Studie, die einen Zusammenhang mit einem Schöpfer anhand von Fakten, Daten, Befunden usw. plausibel macht oder auch nur als Hypothese diskutiert. Wenn Du anderer Meinung sein solltest, dann poste bitte den Link zu einer solchen Studie.

• Innerhalb der christlichen/jüdischen "Offenbarungen", die uns schriftlich vorliegen, gibt es ebenfalls keinen einen einzigen Hinweis auf Evolution, also auf die Entstehung und Diversifizierung (!) von Arten. Ich bestehe nicht auf der lächerlichen Genesis-Geschichte. Fühle Dich frei, andere Textstellen zu nennen. Du wirst allerdings keine finden.

Fazit: Wissenschaftliche Quellen postulieren keine Übereinstimmung mit religiösen Quellen. Und religiöse Quellen nennen keine Übereinstimmung mit wissenschaftlichen Quellen.

Sieht für mich aus wie ein kompletter Fehlschlag.

Rälph
24.09.2016, 08:48
Ähnlich bei mir ... Evolution und Schöpfer schließen sich auch nicht gegenseitig aus ;)
Geht mir genauso.

Was ich nicht verstehe: Warum, Arne und Jörn, nehmt ihr nur ständig an, dass gläubige Menschen einer Art Bibeltreue verfallen sind? :confused: Tatsächlich kenne ich keinen einzigen Menschen (okay, vielleicht mit Ausnahme von "Ziel", den ich aber nicht kenne), der die Bibel wörtlich nimmt. Es sind eben alte Texte, die versuchten die Welt zu erklären und/oder das Zusammenleben zu verbessern. Nicht mehr und nicht weniger.
Beispielsweise die Regel "Auge um Auge, Zahn um Zahn" stellte damals evt. einen Fortschritt dar: Wenn dir einer eine reinhaut, dann fackel ihm nicht gleich die ganze Hütte ab und brenn mit seiner Alten durch, sondern hau ihm eine zurück und gut ist.

Wir können doch nicht ständig unseren Altvorderen Dummheit und Ignoranz vorwerfen, nur weil die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse noch nicht so fortschrittlich waren wie heute.

Jörn
24.09.2016, 09:42
@Rälph: Konkret? Nenne doch bitte einen Aspekt der Evolution, der gleichzeitig eine natürliche wie übernatürliche Ursache hat. Oder der gleichzeitig zielgerichtet und ziellos ist?

"Evolution" bedeutet nicht einfach, dass irgendwas entsteht, und anschließend tauschen wir ratlose Meinungen darüber aus, wie es wohl geschehen ist. Sondern die Evolutionslehre beschreibt präzise, wie Evolution vonstatten geht. Nämlich gerade nicht durch übernatürliche Schöpfung, und ohne ein Ziel zu kennen, und ohne eine Steuerung.

Evolution mit Ziel und Steuerung gibt es nicht, genauso wenig wie es ein weißes Schwarz gibt oder zinslose Zinsen oder trockenen Regen oder gläubige Atheisten.

Wenn Du argumentierst, (zielgerichtete) Schöpfung und (ziellose) Evolution würden sich nicht widersprechen, dann weißt Du offenbar nicht, was Evolution bedeutet. :Blumen:

Evolution bedeutet nicht, dass womöglich ein Schöpfer die schrittweise Entwicklung der Spezies verursacht hat, sozusagen als Regisseur der Evolution. Denn der Inhalt der Evolutionslehre ist, dass es keinen Regisseur braucht und nicht geben kann. Der Mechanismus ist komplett anders, und die Evolutionslehre versteht und beschreibt diesen Mechanismus mit großer Genauigkeit.

Du verwechselst Evolution womöglich mit "Biogenese", also dem ersten Entstehen von Leben, und dem Übergang von Chemie zu Biologie.

Rälph, Du sagst, Du wärest nicht bibeltreu. Dann habe ich folgende Frage an Dich: Was außer Bibeltreue veranlasst Dich dazu, zu behaupten, die Entstehung der Spezies hätte eine übernatürliche Ursache? Sind es etwa wissenschaftliche Daten, die Dich zu diesem Schluss gebracht haben? Ein Fachbuch über Evolution? Wohl kaum. Stattdessen sagst Du mehr oder weniger das, was der christliche Klerus aus der Bibel herausliest. Oder hat der Schöpfer persönlich mit Dir gesprochen? Woher nimmst Du Deine Behauptung, es gebe übernatürliche Ursachen für die Entstehung der Spezies? :Blumen:

keko#
24.09.2016, 10:21
neo & keko: Da kann man sehen, wie gut die Strategie funktioniert, die keko formuliert hat: Je weniger man weiß, desto besser kann man sich etwas einbilden. Zur Not nimmt man vorhandenes Wissen einfach nicht zur Kenntnis.

...
(Es ist schwierig, es so zu formulieren, dass es nicht harsch klingt; leider ist mir keine bessere Formulierung eingefallen. No offense... :Blumen: )

...

Sieht für mich aus wie ein kompletter Fehlschlag.

Ach, mach´s kurz und sag doch einfach, dass ich doof bin. Das sagt mir mein Chef und meine Frau auch ständig :Cheese: Bei Klugschnacker schwingt ja auch oft dieser erhobene Zeigefinger mit, dieses Belehrende. Darf ich wegen einer Hilbert-Matrix oder der Relativitätstheorie (hier wird vieles mal angerissen) nicht darüber nachdenken, was es heißt, wenn Jesus auf einem Esel durch die Stadt reitet (auch wenn er es nie tat)? Wenn ich einen Glauben habe, der mir hilft, den ich einfach schön finde oder was auch immer..., was soll ich da beweisen? Das ist doch Beweis genug.
Und wo habe ich Evolutionstheorie in Frage gestellt? Lediglich habe ich für mich ausgemacht, dass wir im Jahr 2016 sind, ich viel Wunderbares erlebe und auch in der Wissenschaft viele Fragen offen sind und mich nicht auf die Naturwissenschaften festlegen möchte. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was folgende Generationen noch entdecken werden. Ich lege mich nicht fest, ich erhebe keinen Zeigefinger. Kann morgens in die Kriche gehen und mittags über Schwarze Löcher lesen. Warum sollte ich irgendeinen Link über die Evolution posten? Es gibt wahrscheinlich tausende.
Ich denke allmählich, dass das Problem in eurer einseitigen Denkweise liegt. Ihr brecht aus meiner bescheidenen Sicht alles Erdenkliche auf die Naturwissenschaft runter und akzeptiert sonst nichts. :Blumen:

Jörn
24.09.2016, 10:24
Beispielsweise die Regel "Auge um Auge, Zahn um Zahn" stellte damals evt. einen Fortschritt dar: Wenn dir einer eine reinhaut, dann fackel ihm nicht gleich die ganze Hütte ab und brenn mit seiner Alten durch, sondern hau ihm eine zurück und gut ist.

Es gibt zwei Stellen in den Moses-Büchern, in denen dies gefordert wird.

In der ersten (2. Moses 21,24) geht es um Vergeltung für den Fall, dass eine schwangere Frau verletzt wird (denn die Nachkommen sind das Eigentum des Mannes):

"Wenn Männer miteinander streiten und stoßen dabei eine schwangere Frau, sodass ihr die Frucht abgeht, ihr aber sonst kein Schaden widerfährt, so soll man ihn um Geld strafen, wie viel ihr Ehemann ihm auferlegt, und er soll's geben durch die Hand der Richter. Entsteht ein dauernder Schaden, so sollst du geben Leben um Leben, Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß, Brandmal um Brandmal, Beule um Beule, Wunde um Wunde."

Mit anderen Worten: unerbittliche Aufrechnung, bis hin zum Verlust des eigenen Lebens. Was Du verursacht hast, das wird Dir selbst angetan.

Klingt nicht gerade nach einer großen Weisheit!


In der zweiten Textstelle (5. Moses 19,21) geht es um einen Zeugen, der vor Gericht lügt. Ihm soll man zur Abschreckung all das antun, was er durch seine falsche Aussage anderen angetan hätte.

"Und wenn der falsche Zeuge ein falsches Zeugnis wider seinen Bruder gegeben hat, so sollt ihr mit ihm tun, wie er gedachte, seinem Bruder zu tun, damit du das Böse aus deiner Mitte wegtust, auf dass die andern aufhorchen, sich fürchten und hinfort nicht mehr solche bösen Dinge tun in deiner Mitte. Dein Auge soll ihn nicht schonen: Leben um Leben, Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß."

Kurz: Alles wird vergolten, nichts wird vergeben, alles muss bezahlt werden.

Das ist ja sehr weise!