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triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Höhentraining für Amateure
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Alt 11.07.2022, 19:13   #5
valentin
Ist alles so schön bunt hier!
 
Registriert seit: 03.02.2012
Beiträge: 17
Hey Tria-Gemeinde, freut mich, dass das Thema Höhentraining hier diskutiert wird!

Mehr durch Zufall habe ich die letzten 2 Jahre auf 2300 bzw. 2600 Höhenmetern in Ecuador verbracht und versucht, ein regelmäßiges strukturiertes Training durchzuführen.
Durch vorherige Aufenthalte in Nepal wusste ich, dass mein Körper eher empfindlich auf die Höhe reagiert. Daran hat sich bis heute nichts geändert, sodass ich mich bis heute ab ca. 3500 Meter sehr schlecht fühle (v.a. Schwindel), wohingegen meine Partnerin mit 0 Ausdauersport locker neben mir hertänzelt.

Durch logistische Schwierigkeiten im Ausland habe ich mich im ersten Jahr auf das Laufen/ Trailrunning konzentriert und auf meinen ersten 100er in den Alpen hintrainiert. Laufumfänge lagen im ersten Jahr bei rund 60-70km die Woche und sind bis zum Wettkampf auf maximal 90-100 km angestiegen. Die Intensitäten SOLLTEN bei mir vor allem im aeroben Bereich liegen, was ein echtes Problem darstellt, wenn man schon bei einem 5er Schnitt 20 Pulsschläge über der gewohnten Frequenz liegt. Spannend war das Training mit den Läufern und Triathleten vor Ort, die von Geburt an nichts Anderes gewöhnt sind. Beim Laufen liegen die Einbußen bei mir bei rund 15-20 Sekunden auf den Kilometer. Am Beispiel von 1000er-Intervallen wären das bei mir rund 3:30 auf Meereshöhe und hier oben reicht es für maximal 03:45 bei ähnlicher, wenn nicht leicht längerer Pause wie auf MH. Das deckt sich mit anderen Europäern, die hier seit längerem auf der Höhe leben und trainieren. Einige Erkenntnisse nach dem ersten Jahr waren: Die Intensität insbesondere bei Bergläufen ist absolut nicht vergleichbar mit denen auf Meereshöhe und man kommt sehr schnell in den anaeroben Bereich. Die Regeneration ist drastisch schlechter und nimmt m.E.n. immer mehr ab, je länger man hier oben lebt. Das heißt in puncto Regeneration konnte ich mich nie richtig anpassen, sodass die Umfänge auch nach 2 Jahren immer sehr viel geringer waren als auf MH. Daher musste ich zwangsläufig rund alle 2 Monate absteigen auf tiefere Lagen, um das Gefühl kompletter Erholung überhaupt zu spüren. Nach 2 Tagen auf MH ging es jedes Mal wesentlich besser und auch das Gefühl eines „Höhenlochs“ nach längerer Zeit auf der Höhe war jedesmal weniger bis garnicht mehr spürbar. Leistungsmäßig gab es nach jedem Höhenaufenthalt einen Leistungssprung, wobei ich hier v.a. das Laufen als Erfahrungswert habe. Bei einem 6-wöchigen Aufenthalt in Deutschland letztes Jahr konnte ich meine PB auf 5km von 17:20 auf 16:40 drücken, ohne spezifisch dafür trainiert zu haben. Die ersten Tage nach langem Höhenaufenthalt sind wirklich unbeschreiblich. Das Gefühl, als hätte man ewig Luft und die Limits liegen nur auf muskulärer/koordinativer Ebene. Die Rückkehr auf die Höhe wird jedesmal einfacher und ich habe mich auch nach mehrwöchigen Aufenthalten auf MH in 2 Tagen wieder in Ecuador akklimatisiert.

Das eigentliche Ziel, der 100Km-Lauf in den Alpen, hat dann auch sehr gut funktioniert. Ich kam während keines Anstieges bei den 4600hm an die Grenzerfahrungen, die ich hier auf der Höhe gemacht habe. Daher sehe ich neben körperlichen Anpassungen einen großen Benefit auch auf der mentalen Seite. (Vgl. z.B. 25er schwimmen ohne atmen).

Hier der Bericht zum 100er für Interessierte:
https://chiemgauer100.de/rennbericht...-maenner-2021/

Im zweiten Jahr sind wir aus logistischen Gründen auf 2650 Meter gezogen, was MIR persönlich überhaupt nicht gutgetan hat und meine individuelle Höhenschallmauer definitiv aufgezeigt hat. Trotz allem will ich dieses Jahr wieder im Triathlon unterwegs sein und habe versucht, wieder alle 3 Sportarten zu trainieren. Laufen und schwimmen haben bei der neuen Höhe nur selten Spaß gemacht und waren IMMER anstrengend, egal bei welcher Intensität. (Beim Schwimmen war ich wirklich froh, überhaupt 200 Meter ohne Delirium am Stück schwimmen zu können mit vielleicht 1:40/100 Meter. Auf MH geht es da eher in Richtung 1:20/100) Radfahren ging noch am besten, wobei genau da die Regeneration bei intensiveren Einheiten am allerwenigsten funktioniert hat. Z.B. nach 10* 2-3 Minuten Intervallen auf 300 W war eine schlechte Nacht quasi vorprogrammiert und am nächsten Morgen waren die Beine weiterhin schwer. Nach rund 8 Monaten sind wir nun wieder auf 2300 Meter umgezogen und es fühlt sich in allen Lebensbereichen einfacher an. Diese Unterschiedlichkeit im Befinden können Ecuadorianer übrigens überhaupt nicht nachvollziehen und merken keinen Unterschied.

Inwieweit auch das Triathlon-Training etwas für die baldige Zeit in Deutschland (in 2 Tagen) gebracht hat, wird sich zeigen:D Am meisten freue ich mich auf die wesentlich bessere Regeneration und die bessere Schlafqualität.

Ich hoffe, trotz der sehr subjektiven Erfahrungen konnte der ein oder andere etwas für sich mitnehmen. Betreff der Mindestdauer, um einen Effekt festzustellen, würde ich 4 Wochen rechnen. Dennoch wäre bei mehrmaligen, kürzeren Aufenthalten auf der Höhe m.E.n. weniger Zeit notwendig, weil man sich schneller anpasst und auch schneller mit dem Training beginnen kann.

Sportliche Grüße aus der Höhe/Cuenca
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