gemeinsam zwiften | youtube | forum heute
Bestzeit!
Triathlon Coaching
Individueller Trainingsplan vom persönlichen Coach
Wissenschaftliches Training
Doppeltes Radtraining: Straße und Rolle mit separaten Programmen
Persönlich: Regelmäßige Skype-Termine
Mehr erfahren: Jetzt unverbindlichen Skype-Talk buchen!
triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Eventuelle Herzschäden nach Marathonläufen ...
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 10.01.2007, 11:28   #1
the grip
Szenekenner
 
Benutzerbild von the grip
 
Registriert seit: 09.10.2006
Ort: Passivhaus
Beiträge: 3.239
Eventuelle Herzschäden nach Marathonläufen ...

Vor einiger Zeit ist im Deutschen Ärzteblatt ein Artikel aufgetaucht, in dem es um eventuelle Herzschäden nach Marathonläufen ging. Der/die eine oder andere wird es gelesen haben.

Im neuen GREIF-Newsletter wurde Stellung dazu bezogen.

Diese Meldung lief am 07. Dezember 2006 durch die Nachrichten: Marathonlauf schädigt Herzmuskel

"Nach einem Marathonlauf kommt es, vor allem bei weniger trainierten Sportlern, häufig zu Funktionsstörungen des Herzens. Ein Anstieg der kardialen Enzyme deutet darauf hin, dass Herzmuskelzellen irreversibel geschädigt wurden, wie US-Kardiologen in Circulation (2006; 114: 2325-2333) berichten. Eine deutsche Arbeitsgruppe fand sogar häufigere koronare Verkalkungen unter älteren Marathonläufern, deren klinische Bedeutung aber noch unklar ist."

Da immer wieder über vereinzelte Todesfälle bei Marathonläufen gemeldet werden, untersuchten die amerikanischen Kardiologen 60 nicht-professionelle Teilnehmer des Boston-Marathons (41 Männer und 19 Frauen) vor und unmittelbar nach dem Rennen. Alle beendeten den Lauf erfolgreich.

"Vor dem Rennen hatten alle Teilnehmer normale Befunde in der Echokardiographie und keine erhöhten kardialen Enzyme (ansonsten hätten die Mediziner sicherlich ein Teilnahmeverbot ausgesprochen). Unmittelbar nach dem Ziel zeigten die meisten jedoch nicht nur die physiologischen Erschöpfungszeichen. Siegel fand bei nicht wenigen Teilnehmern Hinweise auf eine kardiale Schädigung."

So waren bei 60 Prozent der Teilnehmer die Troponinspiegel angestiegen. Troponin ist ein Marker für den Untergang von Myokardzellen und bei 40 Prozent der Teilnehmer waren die Werte soweit erhöht, dass die Ärzte in einer Klinik ohne Wissen von dem vorausgegangenen Marathonlauf, die Diagnose eines Herzinfarkts in Betracht gezogen hätten. Bei den Läufern waren auch die Werte des NT-proBNP (von 63 auf 131 pg/ml) angestiegen, was bei klinischen Patienten als Zeichen einer pathologischen Überlastung des Herzmuskels gedeutet worden wäre. Die Echokardiographie zeigte ebenfalls Funktionsstörungen des Herzmuskels.

"Diese kardialen Stresszeichen waren umso ausgeprägter, je weniger trainiert die Teilnehmer waren. Die höchsten Troponinwerte wurden bei Läufern gefunden, die im Training weniger als 35 Meilen die Woche absolvieren. Für die Läufer kamen die Befunde überraschend. Keiner hatte während des Laufs über kardiale Beschwerden wie Brustschmerzen oder Luftnot geklagt. Eine mögliche Erklärung könnte die Freisetzung von Endorphinen während des Marathonlaufs sein."

Den chronischen Auswirkungen des Marathonlaufs auf das Herz geht die „Marathonstudie“ des Westdeutschen Herzzentrums in Essen nach. Untersucht werden erfahrene Marathonläufer im Alter über 50 Jahren, die innerhalb der vorangegangenen fünf Jahre wenigstens fünf Marathonläufe absolviert haben. Die Gruppe ging, wie die meisten Kardiologen, davon aus, dass Marathonläufer ein gut trainiertes und deshalb ein gesundes und koronarkalkfreies Herz haben. Nach den ersten Ergebnissen der Studie, die im November auf der Jahrestagung der American Heart Association in Chicago vorgestellt wurden, ist sich die Gruppe um Stefan Möhlenkamp nicht mehr so sicher.

Bei 36 Prozent der 108 untersuchten Läufer fanden die Kardiologen nämlich erhöhte Werte in einem Score zur Koronarkalkquantifizierung. Die gleichen Werte wurden nur bei 22 Prozent einer Vergleichsgruppe von 216 Männern mit vergleichbaren koronaren Risiken gesunden, die aber keinen Laufsport betrieben. Die Bedeutung dieses Befundes ist noch unklar, scheint aber eine Gefährdung älterer Menschen durch Marathonläufe nicht völlig auszuschließen.
© rme/aerzteblatt.de

Wir sollten uns von dieser Nachricht nicht verrückt machen lassen, aber eines sollten wir beachten, den zentralen Satz in dieser Studie: Diese kardialen Stresszeichen waren umso ausgeprägter, je weniger trainiert die Teilnehmer waren.

An diesem Punkt ist der Hund begraben: Es wird zu wenig, zu kurz und nicht sinnvoll trainiert. Dazu tragen auch Trainingspläne bei, die den Schreiber dieser Zeilen vom Staunen, über das Lachen bis hin zum Weinen treiben: Am 27.12.2006 bekam ich einen Hinweis auf einen "Powerbar Trainingsplan" im Internet für einen Marathon. Hoffnungsvoll folgte ich den Anweisungen des Trainingsplans.

Ich klickte an, dass ich über die 42,2 km 3:30 h laufen kann und jetzt unter 3:00 h laufen möchte. Ruckzuck hatte ich meinen 12-Wochen-Trainingsplan. Staunen, Lachen, Weinen. Staunen, weil mir ein Rechner mit solchen Grobdaten einen Trainingsplan vorschlagen kann. Lachen als ich die Einheiten sah und Weinen, weil dieser Plan in seiner Laienhaftigkeit nicht zu überbieten ist. Er schickt verantwortungslos Sportler(innen) in ein hochbelastendes Rennen, für welches sie nicht richtig vorbereitet sind.

Seit 1986 schreibe ich über Marathontraining. Ganz selten war ich gezwungen über andere Trainingsplan-Autoren zu urteilen. Fast immer sind deren Pläne schlüssig und nachvollziehbar.

Aber heute reicht es! Was sich die Firma Powerbar mit ihren Trainingsplanrechner erlaubt hat, schlägt dem Fass den Boden aus.

Bitte schaue dir den Powerbar-Trainingsplan-Rechner an und urteile selbst. Klick an, dass du von 3:30 auf 3:00 h im Marathon möchtest, dann kommt dein Plan.

Eine Aktualisierung gibt es nun von Dr. Dieter Kleinmann, der auch Autor des Buches "Laufnebenwirkungen" ist.

Er schrieb: "Lieber Peter, die von Dir zitierte Untersuchung von Neilan et al. (Circulation 14, 2006: 2325 - 2333) muss kritischer als in der Ärztezeitung interpretiert werden. Die Autoren selbst schreiben: Multiple tudies have individually documented cardiac dysfunction and biochemical evidence of cardiac injury after endurance sports; OWEVER, CONVINCING ASSOCIATIONS BETWEEN THE TWO ARE LACKING.

Ob die gemessenen Werte jemals eine klinische Relevanz erlangen, erscheint mir äußerst unwahrscheinlich. Ich werde an die Zeit erinnert, als man einen Herzschaden aufgrund des Anstieges des Muskelenzyms CK nach körperlicher Anstrengung vermutete, bis dies schließlich als physiologische Reaktion erkannt wurde.

Auch das kardiale Troponin kommt nicht nur bei einer Herzmuskelschädigung vor, siehe Kapitel 14.8 (Anhang) meines Buches LAUFNEBENWIRKUNGEN".

Weiter meint Dr. Dieter Kleinmann: "Um die Langstreckler nicht noch weiter zu verunsichern. Statistisch erwiesene Tatsache ist doch, dass Ausdauertrainierte weniger Herzinfarkte und eine höhere Lebenserwartung haben und zwar je fitter desto besser die Lebenserwartung und -qualität! Welchen Stellenwert haben dann noch die passagere (flüchtige) (!!) Troponin-Erhöhung und echokardiographische Dysfunktion nach einem Marathon?"

Dieser Meinung bin ich auch, solange es uns besser geht und wir gesünder sind als der größte Teil der Bevölkerung, sollen uns ungeklärte Messwerte ziemlich egal sein. Als der Anstieg des oben zitierten Muskelenzyms CK (Kreatinkinase) nach einem Marathonlauf noch nicht geklärt war, erzählte man sich folgende Geschichte:

"Ein Marathonläufer verunglückt auf dem Rückweg von einem 42,2 km-Rennen und wird danach in ein Krankenhaus gebracht. Trotz nur leichter Verletzungen findet er sich auf der Intensivstation wieder. Wo man ihn wegen eines Herzinfarktes behandelt. Der Grund war der hohe Gehalt an CK nach dem Marathon, der so auch nach einem Herzinfarkt auftritt."

Ob diese Geschichte wahr ist, weiß ich nicht, aber die Fakten sind verbürgt. Früher nahm man tatsächlich an, das das Marathonlaufen einen, wie Dieter Kleinmann schon bemerkte, Herzschaden verursachen kann.
__________________
Das Leben ist ein Zeichnen ohne die Korrekturmöglichkeiten des Radiergummis.
the grip ist offline   Mit Zitat antworten