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Alt 04.07.2012, 22:35   #742
bellamartha
Szenekenner
 
Benutzerbild von bellamartha
 
Registriert seit: 30.05.2010
Beiträge: 6.166
Guten Abend,

es ist nicht mehr lang hin bis zum Start meiner Wanderung von München nach Venedig. Gut, dass ich einen eigenen Thread zu diesem Thema eröffnet habe, in dem ich berichten, mich austauschen und mir Rat holen wollte. Hat ja super geklappt...

Fakt ist, dass ich echt noch eine Menge zu tun habe vor der Abreise. Muss noch einiges planen, manches ausleihen, anderes kaufen. Ich bin aber jeden Tag von ca. 7 Uhr bis ca. 18 Uhr in der Klinik, weil dort echt die Hütte brennt und ich zudem meine Kollegin vertreten muss. Vor der Zeit bis zu meiner Abreise habe ich echt ein bisschen Schiss. Und glaubt mir, dass das was heißen will, weil ich Stress eigentlich ganz gut ab kann. Drückt mir die Daumen, dass ich alles wichtige privat und in der Klinik schaffe und dabei nicht ganz am Rad drehe. Einige Freunde wollen mich auch gerne noch mal treffen vor meinem großen Abenteuer, aber ich befürchte, dass ich außer Inga und Rudi fast allen werde absagen müssen.
Jedenfalls steht fest: Am Samstag, dem 14.7. geht um 6:57 Uhr mein Zug nach München. Dort verbringe ich noch eineinhalb Tage mit und bei meiner Freundin Steffi und am 16.7. ist die 1. Etappe von 28 auf meinem Weg nach München, 32 km von 520 km! Ich freue mich langsam unbändig, obwohl ich auch Respekt und ein bisschen Angst habe. Mal überwiegt die Freude, mal die Furcht, aber es ist ein Gefühl, dass ich genau das richtige mache und das habe ich selten im Leben.

Dazu passend habe ich gerade, bei der Suche nach einem Notizbuch für die Reise, in einem alten Büchlein einen Eintrag gefunden, den ich am 11. März 2005 gemacht habe und in dem es um richtig und falsch geht:

"Ich habe mir 'Sophie Scholl - Die letzten Tage' angeschaut. Ich bin tief berührt vom Mut der Geschwister Scholl und ihrer Gefährten. Das meine ich, wenn ich mir wünsche, ein guter Mensch zu sein. Sophie Scholl war ganz sicher ein guter Mensch, dazu gebildet und kultiviert. Welch ein Mut, inmitten eines Terror-Regimes für die Freiheit des Geistes und die Würde aller Menschen zu kämpfen! Ich frage mich, ob ich solch einen Mut aufbrächte? Ich hoffe es, wage aber nicht zu sagen: Ich glaube es.
Berührt hat mich auch das innige Verhältnis Sophies zu ihrem Bruder. Ich fühle mich Cornelius ähnlich innig verbunden und das ist ein ganz wunderbares Gefühl. Ich dachte zwischendurch im Film: Mit Cornelius an meiner Seite würde ich vielleicht auch solchen Mut beweisen. Mit ihm könnte ich vielleicht auch in den Tod gehen. Der alte Gedanke: Wenn jetzt ein Krieg ausbräche, wäre mein erster und einziger Gedanke: Zu ihm. Mit ihm sterben.

Ein anderer Gedanke nach dem Film war: Wie klein und nichtig sind doch meine Probleme! Heute, nach meinem Gespräch mit TW, war ich wieder ganz mit meinen Sorgen und meinem Elend beschäftigt. Der Film hat das relativiert. Und lässt mich gleichzeitig an der Richtigkeit der Art und Weise zweifeln, mit der ich mein Leben führe und mit der ich mit Menschen umgehe. Das Ziel bleibt: Ich wollte, ich wäre ein guter Mensch. Einer, der sich für andere einsetzt, sie achtet und respektiert und nicht nur egoistisch um sich selbst kreist.
Zufrieden bin ich lediglich damit, dass ich das noch wahrnehme und nicht zufrieden bin mit meiner Selbstsucht."

Kennt ihr das, wenn man auf einmal der eigenen Vergangenheit begegnet, ganz unvermittelt, und dann staunt darüber, wie man damals gefühlt hat.
Heute will ich immer noch ein guter Mensch sein, aber ich kann viel zufriedener sein mit mir, zumindest oftmals. Ich glaube, dass ich meinem Ziel ein gutes Stück näher gekommen bin. Mein Ziel würde ich noch immer so formulieren, auch wenn viele die Formulierung (oder das Ziel) ziemlich beknackt finden.

Jetzt machte ich Schluss für heute. Hier mit dem Schreiben, aber auch mit dem Packen. Ich fahre zum Liebsten und versuche, alles bis morgen zu vergessen, was ich noch erledigen muss.

Ich freue mich jetzt schon so auf die Ruhe in den Bergen. Kein Telefonieren, keine Termine, außer die Ankunft in der nächsten Hütte, nicht den ganzen Tag sprechen, kein Internet, kein Radio, kein Straßenlärm, keine Drogenabhängigen, die meine Hilfe brauchen, keine alten Menschen, die gepflegt werden wollen. Kein Pferd, kein TV, kein Radio, kein Sport, kein Einkaufen.
Ist das nicht eine schöne Vorstellung?

Ich melde mich noch ab, bevor ich abreise. Denen von euch, die ihre großen Wettkämpfe noch vor sich haben, am kommenden Woche, wünsche ich viel Spaß und viel Erfolg!

Viele Grüße,
J.
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