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Alt 26.10.2011, 16:37   #313
bellamartha
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Registriert seit: 30.05.2010
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Vom Neid und von der Missgunst…

Ich gestehe: Ich bin neidisch. Sage dazu aber meist, dass ich nicht missgünstig bin. Das zum Blog passende Thema sind natürlich die kleinen und großen Fischlein, deren stromliniengleiches Gleiten durch das Becken ich mir regelmäßig anschauen darf. Oder muss. Es geht mir dann manchmal wie mit der Schönheit: Wenn die zu groß und perfekt ist, schmerzt es fast. Ich gehe davon aus, dass es schmerzt, weil ich selbst nicht so perfekt bin. Ich schwimme auch nicht perfekt und es erfreut und schmerzt zugleich, die Schwimmerinnen und Schwimmer der Startgemeinschaft Essen zu sehen, wie sie fischgleich durch das Wasser flitzen als ob sie Meeresbewohner seien, die sich im Golfstrom tummeln. Wenn ich sage, dass ich neidisch, aber nicht missgünstig bin, dann meine ich damit, dass ich auch gerne so gut schwimmen könnte, den Fischlein ihr Gabe aber nicht wegnehmen will.

Ich dachte immer, Neid und Missgunst seien zweierlei Paar Schuhe. Ganz so ist es aber nicht. Wikipedia sagt:

„Unter Neid versteht man das moralisch vorwerfbare, gefühlsmäßige (emotionale) Ver-übeln der Besserstellung konkreter Anderer. Ähnlich ist der Begriff der Missgunst.“

Und weiter:
„Neidisch ist mithin jemand (der „Neider“), den ein Besitztum oder Vorzug anderer – auch unbewusst – kränkt (ein Minderwertigkeitsgefühl auslöst).[1] Das Ziel des Neides ist dement-sprechend, den beneideten Vorzug aus der Welt zu schaffen (nicht primär, ihn an sich zu bringen; das wäre dann zum Beispiel Habsucht). Neid kann sich nicht nur auf Besitztümer beziehen, sondern ebenso auf beispielsweise biologisch (Gesundheit) oder kulturell (Schön-heit) geprägte Merkmale wie auch direkt auf den sozialen Status (der „Klassenbeste“, der „Torschützenkönig“). In gesteigerter Form kann der Neid für Beneidete gefährlich werden, dem gegenüber er oft verschwiegen wird, wenn er zur Triebkraft feindseligen Handelns wird.
Demgegenüber gibt es auch eine nicht negativ besetzte Bedeutung des Wortes Neid, indem mit Neid eine Bewunderung oder Anerkennung für eine Person ausgedrückt wird, aber nicht gleichzeitig ein Missgönnen. Ein Beispiel hierfür wäre es, wenn ich als Großvater meine En-keltochter für ihre Jugend, Gesundheit und Unbeschwertheit beneidete. Ich würde ihr diese Zustände nicht missgönnen, ich würde sie ihr auch nicht wegnehmen wollen, wenn das ginge. Ich würde es ihr von ganzem Herzen gönnen und mich daran erfreuen. Aber ich würde sagen, dass ich sie dafür beneide, weil ich auch gerne noch einmal so jung, gesund und unbeschwert wäre.“
Zur Missgunst sagt Wikipedia:
„Missgunst bezeichnet das ethisch vorwerfbare Verübeln der Stellung Anderer, sei es nun in materieller oder sonstiger Hinsicht, wobei der Begriff in Abgrenzung zum Neid insofern weiter gefasst ist, als die betrachtete Person oder Gruppe im Vergleich zu dem Verübelnden nicht unbedingt besser gestellt sein muss; in einem Fall von Missgunst werden dem Anderen Dinge schlichtweg nicht gegönnt. Auch die gleichzeitige Begehr desselben Status für sich, wie sie beim Neid auftritt, ist bei der Missgunst kein zwingendes Merkmal.“

Also ist mein Neid auf die Schwimmerinnen und Schwimmer auch eine Triebfeder, weil ja das Ziel des Neides sei, den beneideten Vorzug aus der Welt zu schaffen. Deshalb trainiere ich hart und ernsthaft. Das ist positiv. Dumm nur, dass ich weiß, dass all das Training nicht dazu führen wird, dass ich so schwimme wie sie. Das frustriert mich und ist negativ.

Ich sehe die oft noch sehr jugendlichen Schwimmkids und frage mich, ob sie ermessen können, wie sehr sich manche Menschen – ich! – danach sehnen, so zu schwimmen wie sie. Oder ob es für sie normal und alltäglich ist, weil sie immer mit ihresgleichen zu tun haben. Ich frage mich, ob es sie so glücklich macht, wie es mich jetzt glücklich machte, wenn eine gute Fee mir ihr Talent und ihre Gabe schenkte. Oder ob sie das einfach so hinnehmen und selbst anderen Menschen Talente und Fähigkeiten neiden und sich nach anderen Dingen sehnen. Vermutlich ist von beidem was dabei…

Ich jedenfalls kann nicht anders, als immer und immer wieder zu denken, wie gerne ich so gut schwimmen könnte. Und, völlig bekloppt!, hadere ich dann mit mir, weil ich mit 6 (!) Jahren entschieden habe, in den Leichtathletik-Verein und nicht in den Schwimm-Verein zu gehen, als mein Orthopäde damals sagte: „Wenn das Kind sich weigert weiterhin zur Krankengymnastik zu gehen, muss es laufen oder schwimmen.“ (Wegen meiner starken Skoliose.) Die Vorstellung, im Schwimmbad immer hin und her zu schwimmen, fand ich damals absurd, so dass binnen Sekunden die Entscheidung für die Leichtathletik gefallen war. Tja, die Vorstellung, dass ich mal fast 70 kg wiegen werde und graue Haare aus meinem Kopf sprießen, hätte ich damals vermutlich auch absurd gefunden. Und so schwimme ich heute, mit Bauchspeck und ergrauend, Bahn um Bahn im Schwimmbad und habe Riesenspaß dabei.
Wenn ich gerade mal wieder sehr unglücklich über meine verpasste Schwimmkarriere bin, versuche ich mich damit zu trösten, dass ich dann vielleicht nie an den großen Triathlon-Spaß geraten wäre oder eine einseitige Fachidiotin geworden wäre. Andererseits: Wen kümmert’s als Olympia-Siegerin…?

Wie ich auf all das komme? Die fleißigen Bienlein von der SG Essen schwimmen natürlich auch in den Ferien unermüdlich und haben sich heute im Rentnerbad die Ehre gegeben. Da erzählten sie in der Umkleidekabine vom Training gestern Abend (natürlich das zweite am Tag, nach dem vom Morgen), in dem die „Großen“ als Abschluss in jeder Lage 7,5 Minuten volle Pulle schwammen und die „Kleinen“ einen 20 Minuten-Test in Kraul. Natürlich fragte ich die ca. 10 jährige Rotznase, wie weit sie denn gekommen sei: 1 Kilometer. Na, immerhin schwimme ich noch schneller als manche von denen. Die 12-13 jährigen am Sonntag hatten mich dafür aber so was von stehen lassen…

Ich habe aber nicht nur philosophiert, sondern bin auch geschwommen, richtig viel sogar:
400 m ein
10 x (25 m Sprint, 50 m Beine, 75 m Steigerung, 100 m Knallgas) mit 100m locker zwi-schen den Blocks und langen 45 Sek. Pause zwischen den einzelnen Elementen eines Blocks
300 m aus (logisch 300, sonst wäre ja am Ende keine gerade Zahl heraus gekommen)

Anstrengend war es gegen Ende. Hier mal die Zeiten der 100m Strecken:
1:29,5
1:29,7
1:28,9
1:30,2
1:29,8
1:27,7
1:29,1
1:30,7
1:29,9
1:31,7

Bei den 50 m Beine habe ich bei knapp 1:30 Min. angefangen, am Ende habe ich über 1:40 Min. gebraucht.

Bisschen lang geworden, der Beitrag, was? (Aber immerhin mit reichlich Absätzen.) Dabei habe ich noch nicht mal von den lustigen Mitschwimmern heute erzählt.
Also einer muss noch sein: Da scheint tatsächlich ein Typ nicht schwimmen zu können! Es handelt sich um einen übergewichtigen älteren Herrn, der sich ca. 45 Minuten lang am Beckenrand entlang hangelte. Erst dachte ich, dass er vielleicht unsicher schwimmt, nach einem Schlaganfall oder so, aber nein, er schwamm GAR NICHT! Stets war mindestens eine Hand am Beckenrand. Sachen gibt’s. Ich wollte ihn erst fragen, ob er nicht schwimmen kann, habe mich dann aber doch nicht getraut.

So, ich mache Schluss. Jetzt wo PP nicht mehr unter uns weilt, werde ich versuchen, seine Wortanzahl pro Monat hier abzuliefern. Da ich nicht so oft schreibe, werden die Beiträge halt ein bissl länger. Ist euch doch Recht?

Schöne Grüße!

J.

Geändert von bellamartha (26.10.2011 um 19:55 Uhr). Grund: wegen Rechtschreibfehlern
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