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Alt 31.08.2011, 16:41   #243
bellamartha
Szenekenner
 
Benutzerbild von bellamartha
 
Registriert seit: 30.05.2010
Beiträge: 6.166
Ein Mensch ist tot...

... und die Welt dreht sich einfach weiter. Wir essen, wir schlafen, wir lachen, wir fluchen, wir arbeiten, wir ärgern uns über Kleinigkeiten, anstatt jede Sekunde dieses kostbaren Lebens bewusst zu leben. Und all das, obwohl J. gestern Abend gestorben ist. Nach 51 Tagen auf der Intensivstation des Uni-Klinikums, in das sie wegen zunächst unklarer Beschwerden eingeliefert wurde und innerhalb von 24 Stunden in einen lebensgefährlichen Zustand fiel, zwischenzeitlich an der Herz-Lungen-Maschine war, seit Wochen ohne Nierenfunktion und daher rund um die Uhr an der Dialyse, seit Wochen beatmet, die meiste Zeit im Koma und als sie mal wach war zwischendurch weinte sie bitter und ihre Eltern sagten, dass ihr Blick nach Erlösung flehte. Die kam dann gestern spät am Abend, die Lungen voller Blut, Einblutungen im Gehirn, J. hat vermutlich nichts davon gespürt, weil sie ohne Bewusstsein war. J. war die beste Freundin meiner lieben Freundin Yvonne, sie waren seit ihrem 3. Lebensjahr eng befreundet, nie war der Kontakt abgebrochen, im Oktober ist ihrer beider Geburtstag. J. ist nun nicht mehr 40 Jahre alt geworden. Auch wenn es der lang erwartete und zuletzt erhoffte Tod für sie war, weil ihr Körper nie mehr gesund geworden wäre, ist es furchtbar. Und die Welt, sie dreht sich weiter, als ob nichts wäre. Ich erinnere mich in diesen Stunden an den Tod meines Bruders vor nun 25 Jahren, an diese surrealen Stunden und Tage nachdem meine Welt aus den Fugen geraten war und um mich herum das Leben einfach weiter ging. Ich erinnere mich an meine Verwunderung darüber, dass ich Stunden nach der Nachricht eingeschlafen bin, an mein schlechtes Gewissen, als ich zum ersten Mal wieder lachen musste, an all unsere Trauer, unser Leid, unseren unfassbaren Schmerz über den Verlust eines wunderbaren, geliebten Menschen, an meinen Vater, der fast verrückt wurde über den Verlust und meine Fassungslosigkeit, dass Christians Tod die Welt nicht zum Stillstand brachte. obwohl nichts anderes mir angemessen erschien, damals.
Und heute? Heute bin ich froh, dass sie sich weiter drehte, die Welt. Aber der Schmerz ist nicht weg. Manchmal überkommt er mich wie ein Naturereignis, wie ein Gewitter, wie ein Regen, der mich durchnässt bis auf die Haut und zitternd zurück lässt. Dann weine ich nach all den Jahren um ihn. Er fehlt seit diesem Tag im März 1986 und wird mir noch fehlen, wenn ich selbst mal sterbe.
Heute trauern wir um J., eine lebensfrohe, liebenswerte, starke Frau. Die Ärzte hatten die ganzen 51 Tage lang keine Ahnung, was sie hatte. Ein unbekannter Erreger hat sie befallen, der auf keine Behandlung dauerhaft und am Ende gar nicht mehr ansprach.
Und mir ist heute mal wieder klar, wie kostbar unsere Zeit ist, unsere LEBENSzeit, nicht die Arbeitszeit, Freizeit oder sonst wie titulierte Zeit. Welch unsinnige Unterscheidungen! Es ist alles Lebenszeit und die kann jederzeit zu Ende gehen.
Ich wünschte, ich könnte diese Haltung, diese Wertschätzung für mein Leben, so wie es ist, länger bewahren, aber ich weiß, dass das nicht so ist. Auch Yvonnes, auch meine Welt wird sich ohne J. weiterdrehen und wir werden die Kostbarkeit immer wieder aus den Augen verlieren bis wir das nächste Mal daran erinnert werden. Mal erinnert uns das Leben mit besonders glücklichen Momenten daran, mal mit besonders schmerzlichen. Heute sind wir sehr traurig.
Judith, nachdenklich.
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