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Alt 22.08.2011, 13:18   #231
bellamartha
Szenekenner
 
Benutzerbild von bellamartha
 
Registriert seit: 30.05.2010
Beiträge: 6.163
Berlin

Es begab sich, dass der Liebste und ich für ein Wochenende in die Bundeshauptstadt reisten, um dort am Müggelseeschwimmen teilzunehmen. Freitags sind wir am frühen Abend los gefahren, leider mit dem Auto, weil Björn mal wieder zu geizig für die Bahn war. Dabei wäre das Ticket echt günstig gewesen, aber er kriegt den Sprit umsonst von der Firma, die Umweltsau. Ich habe mich dafür überwiegend schlafend hinten auf der Ladefläche des Combos aufgehalten und bin nur die letzten 70 km gefahren, weil Björn dann so müde war.
Unsere Unterkunft war das nagelneu kernsanierte Haus von Freunden in Berlin Steglitz. Die haben da so ein Mehrgenerationen-Projekt gemacht und mehrere der Mitmacher sind Architekten. Ihr könnt euch vorstellen, dass wir da sehr hübsch gewohnt haben, nicht wahr? Weil die Bewohner im Urlaub waren, hatten wir die Wohnung für uns allein.
Berlin wird immer ein ganz besonderer Ort für mich sein, irgendwie irritierend, sehnsüch-tig, traumhaft und ein bisschen traumatisch. Zwei Traumata meines Lebens haben sich dort abgespielt: Ein abgebrochenes Tiermedizin Studium und meine – neben Björn – größte Liebe, die vielleicht die Liebe meines Lebens ist. Aber unerfüllte Lieben sind immer die Größten oder?
Dass ich in Berlin gelebt, gelernt, geliebt und gelitten habe, ist Jahre her und seit erst dem Studienabbruch und dann dem Auseinanderbrechen der kurzen Beziehung zu Marcus ist diese Stadt für mich ein schwieriges Pflaster, das ich jahrelang gemieden habe, wie es mir nur möglich war. Ich war nur ab und an zum Marathonlaufen dort und später öfter, als meine beste Freundin Annika dort Tiermedizin studierte. Irgendwann traf ich Marcus noch mal wieder und musste feststellen, dass sich nach all den Jahren nichts geändert hatte: Nichts an meiner Liebe und nichts daran, dass sie nicht von ihm erwidert wurde. Es war grauenhaft und führte zu dem Entschluss, dass ich diesen Mann meiden muss wie der Teufel das Weihwasser. Bisher habe ich mich dran gehalten. Aus gutem Grunde, wie ich an diesem Wochenende wieder feststellte. Allein die Tatsache in Berlin zu sein, reicht aus, um einen Haufen Gefühle wachzurütteln. Sich durch die Stadt zu bewegen, ihn dort irgendwo zu wissen, alte Orte zu sehen… es war echt nicht leicht für mich.
Gleichzeitig weckt die Stadt eine Sehnsucht, dort zu leben, eine absurde Sehnsucht, denn ich weiß, dass ich eher nicht nach Berlin gehöre, unabhängig davon, dass ich nicht sein kann, wo Marcus ist. Die Sehnsucht rührt vielleicht vom zweiten Trauma her, das zeitlich gesehen das erste ist, dem abgebrochenen Tiermedizin Studium. Es ist gar nicht wichtig, ob ich Tierärztin bin oder Sozialarbeiterin, vielmehr entspringt die Sehnsucht der Frage, was gewesen wäre wenn… Ich bin ein Mensch, der sich in solchen Gedankenspielen ver-lieren kann und ich komme dann ins Grübeln, ob ich im Leben die richtigen Entscheidungen getroffen habe. (Dasselbe Phänomen kenne ich übrigens aus dem Urlaub, wo ich auch immer in solche Grübeleien verfalle und darüber nachdenke wie es wäre, wenn ich nun einfach nicht in mein altes Leben zurück kehrte.) Ich frage mich, was heute wäre, wenn ich in Berlin geblieben wäre und dann seit nun zwanzig Jahren dort wäre? Sicher würde ich dann Björn nicht kennen, mit wem würde ich dann leben? Was würde ich arbeiten? Wer wären meine Freunde? Hätte ich Kinder und wie alt wären die?
Ich habe aber nicht nur gegrübelt und mich gesehnt, sondern vor allem hatte ich mit Björn einen sehr schönen Samstag in Berlin. Wir waren früh wach und sind zeitig ins Zentrum aufgebrochen, wo wir einen Sight-Seeing Spaziergang durch Mitte gemacht haben. Viel alt bekanntes gesehen, den alten Weg zur Uni gekreuzt, aber auch Neues gesehen und die vielen Gedenkorte entlang des Wegeverlaufs der Mauer besucht. Und dort mit Schrecken gelesen, dass 42 der an der Mauer getöteten Menschen Kinder und Jugendliche waren. Das muss man sich mal vorstellen, dass sie dort Kinder und Jugendliche erschossen haben, furchtbar! Die jüngsten Opfer an der Mauer waren mehrere Kinder, die erst fünf Jahre alt waren.
Dann waren wir noch im Zoo. Zoos habe ich viele Jahre lang nicht besucht, weil ich die Haltung dort oftmals so schlimm finde. In den letzten Jahren werde ich immer mal rück-fällig und gehe in Zoos, zum Glück haben wir ja mit dem in Gelsenkirchen einen in der Nähe, der sehr modern ist und in dem die Tierhaltung deutlich besser ist. In Berlin habe ich mich in die Orang-Utans verliebt. Ich habe sehr lange vor zwei Gehegen mit je einigen Tieren gestanden. Als wir kamen, kam ein Weibchen mit ihrem noch sehr kleinen Jungen nach vorne zum Gitter. Dann kletterte sie nach hinten, nahm Stroh und kam wieder zurück. Ich streckte ihr meine Hand entgegen, da streckte sie ihre durch das Gitter und warf mir das Stroh zu! Später haben die Tiere lange Zeit damit verbracht, mit einem Bewohner des Nachbargeheges in Kontakt zu treten. Der streckte seine Hand herüber, so um die Ecke und die Mutter und ihr Baby berührten immer wieder seine Hand und er ihre. Ganz vorsichtig und sanft, auch und gerade dem Baby gegenüber. Die Tiere haben mich sehr berührt. Tiere im Zoo machen glücklich und traurig zugleich: Glücklich, die herrlichen Tiere zu sehen, traurig, sie eingesperrt in Käfigen zu sehen.

Und dann das Schwimmen am Sonntag. Ich dachte, dass ich es mal mache, wie Herr Al-Sultan, indem ich auf den letzten Drücker erscheine. Nee, im Ernst, die Anreise zum Müggelsee war der Horror. Björns besch…..es Navigationsgerät hatte sich an diesem Morgen dazu entschieden, nur zu funktionieren, wenn der Wagen steht. Sehr günstig, vor allem wenn man eh schon spät dran ist und teilweise auf Autobahnen unterwegs ist. Naja, irgendwie haben wir zum See gefunden, waren aber echt spät dran. Und mussten ja vom Ziel, wo wir den Wagen abstellten noch zum Start mit der Straßenbahn fahren, die nur alle 20 Minuten fuhr. Natürlich fuhr uns eine vor der Nase weg. Der Fahrer der nächsten war supernett und rechnete uns vor, dass wir es noch locker schaffen würden, 15 Minuten vor’m Start dort zu sein. Na super, dann ist ja alles gut. Ich war deutlich gestresst und genervt. Der Fahrer fuhr extra 2 Minuten eher los und fuhr extra schnell, nett nicht wahr? Am See angekommen, ging alles ganz schnell: Transponder abgeholt, Tüte mit den Sachen in einen VW Bus und los an den Start, denn ich war in der ersten Startgruppe. Gestartet wurde in Gruppen à 50 Leuten, Björn war in der dritten. Das Wasser war mit 19 °C echt OK, ist meiner Meinung nach eh vor allem Kopfsache. Und schon ging es los, ziemlich gerade über den See. Ich kam gut ins Schwimmen und es fühlte sich eher schnell an. Ich habe versucht, die ganze Zeit darauf zu achten, schnell zu schwimmen und nicht in mein gemütliches Trainingstempo zu verfallen. Zwischendurch habe ich mich aber doch mal dabei ertappt und mich dann bemüht, wieder schneller zu schwimmen. Gegen Ende der Strecke überholten mich zwei Mädels, an denen ich dran zu bleiben versuchte, was mir aber nicht gelang. Am Ende habe ich 1:06.27 gebraucht. Damit bin ich 12. Frau (von 73) und 2. (von 8) meiner Altersklasse geworden. Hübsche Platzierung, Platz 12, aber mit der Zeit bin ich nicht zufrieden. Ich hatte schon gedacht, unter 1:05 h schwimmen zu können, schade. Björn ist auch gut durchgekommen, ohne Freiwasser-Panik, die ihn gern mal befällt und vor allem ohne Luftnot (er ist ja seit einiger Zeit von Asthma geplagt). Er hat 1:26:52 gebraucht. Der Sieger benötigte übrigens 46:57 Minuten. Die Siegerin 52:50 Minuten. Dritte bei den Frauen wurde eine 15 jährige in 53:59 Minuten, Hut ab!
Es hat jedenfalls Spaß gemacht und nun bin ich gespannt darauf, wie es mir Anfang Sep-tember ergeht, bei den 8 km in Münster.
Bis bald mal, schöne Grüße: Judith.
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