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Alt 08.12.2006, 13:53   #6
DasOe
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Registriert seit: 09.10.2006
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Zitat:
Zitat von Gonzo Beitrag anzeigen
viele sind nicht in der Lage, ihr eigenes Tempo anzugehen.
Für meinen Geschmack hängt das zu einem nicht geringen Teil am Pulsmessertraining. Weil der Puls jeden Tag ein bißchen "anders" ist, lernst Du nicht "Dein" Tempo zu laufen.

Ich finde das Tempoflex-Training vom Peter Greif ganz gut anwendbar gerade bei Rookies. Das Bahntraining schult ungemein das Tempgefühl, weil der Untergrund gut zu belaufen ist und die Strecken stimmen und nicht nach dem Motto Pi mal Daumen berechnet werden.

Für alle die es nicht kennen, das Tempoflex-Training geht so:

Quelle: Peter Greif www.greif.de

Zitat:
Zitat von Peter Greif
Die Tempo-Variationsfähigkeiten in Wettkämpfen sind bei unseren Athleten(innen) in der Regel eher mangelhaft. Während die ausländischen, speziell die afrikanischen Mitbewerber die scheinbar "irrsten" Dinge in Rennen veranstalten, ziehen unsere Athleten immer ruhig und gleichmäßig ihre Bahn. Das gleiche kann man auch im mittleren und unteren Leistungsbereich beobachten. Der Spruch - "Geh nicht so schnell an!" - ist das deutsche Symbol für eine ausgefeilte Renntaktik.
Gleichmäßige Tempoentwicklung von Anfang bis Ende. "Farbe" kommt selten in ein Rennen: Mal rennt doch jemand zu schnell los und "stirbt" langsam, eventuell wird um den Sieg gespurtet, aber Tempo-Variationen in der Renngestaltung sieht man äußerst selten.

Bei den meisten Läufer(innen)fällt die relative Unfähigkeit auf, ihre Geschwindigkeit im Wettkampf zu steigern, wenn dies erforderlich ist: "Ich konnte einfach nicht schneller!" Eine gleichmäßige Fahrt können praktisch alle Betroffenen gut auch über längere Strecken durchbringen.Wird aber die Geschwindigkeit z.B. im Mittelteil des Rennens deutlich schneller, so wird dieses Tempo koordinativ schon nicht mehr beherrscht und es kommt zu einem Leistungseinbruch. Die Betroffenen meinen, daß das Problem energetischer Art sei, weil sie einen Kraftmangel verspüren. Der angestrebte Tempobereich wird aber zentralnervös innerhalb der Ermüdung nicht mehr beherrscht. Aufgrund der daraus folgenden koordinativen Schwäche, muß zum Erreichen der nötigen Geschwindigkeit unverhältnismäßig viel Energie aufgewendet werden. Die anaerobe Schwelle wird überschritten, die nachfolgende erhöhte Laktatausschüttung bewirkt ein übriges.
Es werden vermehrt Streßhormone freigesetzt, dem folgt eine Verkrampfung durch die Verstärkung der Antagonisten. Der Betroffene "wackelt", blickt verzweifelt, Gegner oder Gegnerin ziehen von dannen und Sieg und Zeit sind entschwunden. Die Frage nach Möglichkeiten der Tempovariation im Rennen stellt sich ja nicht allein in physischer Hinsicht, auch die psychische Komponente muß betrachtet werden. Denn nur der kann an seine Fähigkeiten glauben, der auch im Training schon einmal die Erfahrung gemacht hat, daß er diese besitzt. Im speziellen Fall heißt das: Ein Läufer muß auch im Training das positive Wissen errungen haben, daß er auch im Zustand der Ermüdung noch beschleunigen kann. Oder wie es so oder ähnlich der Trainingswissenschaftler Dr. Manfred Scholich ausdrückt: "Im Zustand der Ermüdung und der weiter fortschreitenden Ermüdung das Tempo zu halten und wenn es nötig ist, es weiter zu erhöhen."
Wie sieht es aber in der Trainingspraxis aus: Es wird ein Tempolauf mit der durchschnittlichen Geschwindigkeit oder einer höheren begonnen. Am Ende kommt es meist zu einem Abfall der Laufgeschwindigkeit. D.h. die läuferisch stärkste Leistung wird in der Regel in der Zeit der geringsten Ermüdung erbracht! Wenn wir aber unser Renntempo steigern wollen, müssen wir die höchste Laufgeschwindigkeit dann erreichen, wenn der Organismus schon nach einer Pause ruft.

Das Ganze scheint insgesamt nicht besonders schwierig. Muß doch das Training nur ruhig begonnen und nachfolgend langsam erhöht werden. Die Sache hat aber in der Praxis zwei ganz "scharfe Haken". Als erstes wird bei einer freien Wahl der Trainingsgeschwindigkeit das Tempo in der Regel zu schnell erhöht. Die Ermüdung ist am Ende der Belastung schon so weit fortgeschritten, daß eine Erhöhung über das angestrebte durchschnittliche Renntempo nicht mehr möglich ist. Der zweite, weitaus wichtigere Aspekt beim Steigerungs- oder Crescendolauf ist fast ohne Ausnahme zu beobachten:
Geschwindigkeitsbereiche, die koordinativ nicht beherrscht werden, werden blitzschnell überlaufen. Das heißt, der oder die Betroffene verharrt nur für Bruchteile von Minuten in diesem von ihm ungeliebten Tempobezirk. Das hat zur Folge, daß genau die Geschwindigkeit nicht trainiert wird, die wichtig ist: Der unbeherrschte Teil. Es gibt einen Grundsatz fast aller Langstreckenläufer(innen), der eisern aber meist unbewußt eingehalten wird: Es wird das am liebsten trainiert, was man am besten kann.
Die Schnellen wollen ständig Tempo bolzen und keinen Meter zuviel laufen und die Ausdauertypen möchten nach Möglichkeit immer ein paar km mehr und noch ein bißchen langsamer trainieren. Irgendwie hat so jeder seinen Schritt, bei dem er mit den im Verhältnis geringsten Kraftaufwand, die für ihn vermeintlich beste Leistung erbringt: Stereotypisches Laufen an jedem Trainingstag.

Insgesamt wird diese Tendenz zur Stereotypie durch die Industrie noch verstärkt. Besonders Pulsmesser zeigen sich kontraproduktiv bei der Entwicklung von variablen Renngeschwindigkeiten: "Um Himmelswillen, ich bin schon wieder 5 Schläge über meinem Limit!" Nicht das eigene Gefühl wird das Maß aller Dinge, sondern die Technik. Auch in meiner eigenen Trainingsgruppe konnte ich die Unfähigkeit zur Tempovariabilität finden. Eine hochtalentierte Athletin verlor regelmäßig im Endbereich von Rennen Duelle gegenüber gleichwertigen Konkurrentinnen. Der eigentliche Witz bei der Sache war, daß die junge Sportlerin über ausgeprägt gute Sprintfähigkeiten verfügt. Sie war aber einfach nicht in der Lage, diese Fähigkeiten in den letzten Runden bei fortgeschrittener Ermüdung zu mobilisieren.
Gerade aufgrund der mangelnden Mobilisationsfähigkeiten setzte ich mich mit dieser Sache auseinander und fragte mich, wie wir dieses Problem lösen könnten. Vermehrt kurze Wiederholungsläufe - 200 - 600 m - wollten wir nicht einsetzen, weil diese leicht zu intensiv gelaufen werden und dann der Ausdauer schaden. Vielleicht sollten wir insgesamt die Gleichförmigkeit aus dem Training nehmen? Sollen wir es wie die Keniaten versuchen? Jedes Training auf "Wertung" laufen? Auch ruhig begonnene Trainingsläufe werden dort zum großen Teil mit einem "Ausscheidungsrennen" auf dem letzten km beendet. Ich glaube aber nicht, daß sich so etwas in unserem Kulturraum verwirklichen läßt. Wir können aus dem europäischen Menschen keinen Afrikaner machen, leichter ist es, das afrikanische Training zu europäisieren.
Unsere Läufer(innen) zeichnen sich durch hohe Individualität aus. Die Erfahrung zeigt, daß unser Gruppengefühl bei weitem nicht so ausgeprägt ist, wie das der Afrikaner. Wenn hier zu Lande Läufe mit Endbeschleunigung oder Steigerungsläufe absolviert werden, dann beginnen die Verlierer vom Vortag diese Beschleunigung schon kurz nach dem Start. Es wird ein gleichmäßig hohes Tempo gelaufen oder sofort "geknallt", nur um dem Mitläufer keine Chance auf einen weiteren "Sieg" zu geben.
Weiterhin entspricht ein solches ungeplantes Training nicht unserem Gefühl. Die meisten Läufer(innen) möchten auch im Training ein greifbares Resultat erzielen. Selbst der kleinste Zwischenhalt wird rausgestoppt und eifersüchtig darauf geachtet, daß das angesagte Tempo eingehalten wird: "Ich mache Tempo? Du bist doch die ganze Zeit einen Meter vorne!" Andererseits wird aber ebenso versucht, möglichst gute Resultate bei Tempoläufen zu erzielen. Eine im Verhältnis schnell durchgeführte Einheit bringt Läufer(innen)augen zum Glänzen: "Ging aber ab heute!" Dennoch ist aber auch hier die Stereotypie das Mittel der Wahl, um befriedigende Resultate zu erzielen.

Die Idee, die es galt umzusetzen, war zu probieren, unser Training so zu steuern, daß wir zumindest in Teilbereichen die härteste Belastung erst im Zustand der Ermüdung, d.h. am Ende der Einheit oder der Teilbelastung erreichen. Dabei wollte ich versuchen, dem Trainie renden eine möglichst große Tempoflexibiltät rund um das Renntempo "aufzuzwingen". Die selbstgestellte Forderung war: Das Training sollte
a) der Stereotypie entgegenarbeitet
b) eine Endzeit und alle Zwischenzeiten vorgeben,
c) uns nicht überlasten,
d) ein Ausweichen oder Weglassen bestimmter Geschwindigkeitsbereiche nicht möglich sein und
e) der Endabschnitt grundsätzlich schneller gelaufen werden, als die Durchschnittsgeschwindigkeit des geplanten Rennens.

Das Tempoflextraining ist gekennzeichnet durch eine Anzahl von Wiederholungsläufen, die erst langsam begonnen werden und in 5 Stufen bis über die angestrebte Renngeschwindigkeit gesteigert werden.
Dabei entspricht die 4. Stufe in allen Variationen der angestrebten Renngeschwindigkeit. Die weite Tempoflexibilität wird dadurch erreicht, daß jede weitere Wiederholung mit einem anderen Tempo beginnt und mit einem anderen endet. Oder anders ausgedrückt: Die ersten 3 Stufen werden im Verlauf der Einheit immer langsamer gelaufen und die letzte immer schneller als die Renngeschwindigkeit gelaufen. So wird der gesamte Temporahmen rund um das angestrebte Renntempo trainiert und die höchste Geschwindigkeit immer im Zustand der größten Ermüdung erreicht. Zudem wird bei den letzten Wiederholungen ein so hohes Tempo erreicht, daß es auch zu einer Entwicklung der Schnelligkeits-Ausdauer-Fähigkeiten kommt. Es ist für das Verständnis des Tempoflextrainings besonders wichtig zu Erfassen, daß nur das im Verlauf des Trainings langsamer werdende Anfangstempo, die > immer schnellere Endzeit zuläßt.
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