| Szenekenner 
				 
				Registriert seit: 30.05.2010 
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				      | Guten Tag.Wenn man an Türen lauscht, hört man manchmal Dinge, die man gar nicht wissen will.
 Wenn man hier im Forum in manche Threads geht, liest man Dinge, die man lieber nicht lesen will. Weil sie wütend machen (bei mir in der Regel der Fall bei den Diskussionen über Atomkraft, Todesstrafe, Hartz IV Bezug, Hundeerziehung etc.) oder auch traurig. Gerade habe ich den Thread "Roth 2011" geöffnet und außerdem bin ich die Reste meiner von mir nicht mehr benötigten Ansammlung an Energy-Gels an einen Roth-Starter losgeworden, und bin jetzt traurig. Alle freuen sich auf die nun anstehenden Wettkämpfe, ich würde unter normalen Umständen die Tage bis Regensburg runter zählen und mich wie blöd darauf freuen, wieder einmal morgens in aller Hergotts Frühe an einem Tümpel zu stehen und vor Aufregung und Vorfreude zu zittern. Und ich?
 Ich schwimme. Ich schwimme viel und das hilft mir, weil ich nirgendwo so zur Ruhe komme wie beim Schwimmen. Dieses herrliche monotone Blubbern meines eigenen Atmens, die stupide Bahnenzählerei, das Strömen und Fließen und die nur sehr begrenzten Eindrücke der Außenwelt, die Eingang finden in die des Wassers - all das hilft einem unruhigen, unsteten Geist wie dem meinen zur Ruhe zu kommen, wirklich abzuschalten und nur noch zu genießen. Schwimmen ist fast ein bisschen wie Sex und macht mir aktuell auch immer Lust auf immer mehr.
 Nach meiner gestrigen 5 km Schwimm-Orgie bin ich heute gleich wieder ins Wasser. Bin 3 km geschwommen. Vorneweg einen schön ruhig in 20 Minuten. Dann 10 x 100m. Die Arme waren noch müde von gestern und so fiel der erste demensprechend aus: 1:45,0 min. Ich habe mich dann angestrengt, um die restlichen einigermaßen gleichmäßig zu schwimmen, mit je 30 Sek. Pause. Hier die Zeiten:
 1:42,6
 1:41,6
 1:41,6
 1:41,5
 1:40,3
 1:40,1
 1:38,6
 1:40,1
 1;39,1
 Dann eine Minuten Pause und dann noch mal 1000 m locker in 19:20 min. Naja. Aber schön war's und hat gut getan.
 Und morgen Früh gehe ich mir wieder die Traurigkeit aus dem Kopf und dem Bauch schwimmen.
 
 So, Herr Sybenwurz, für Sie nun die Vorstellung DER FREIZÜGIGEN:
 Schade ist ja, dass das Freibad viel größer ist als das Hallenbad. Also schade insofern, als dass viele der lieb gewonnenen Stammgäste sich in den Sommermonaten zwar auch hier tummeln, aber weil die Öffnungszeiten viel umfangreicher und das Areal viel größer ist und das Becken zehn 50 m Bahnen statt acht 25m Bahnen hat, verläuft sich das hier alles so und man findet die Menschen, die einem ans Herz gewachsen sind, kaum wieder. Leider übertragen sie ihre Stammplätze, an denen sie schwimmen auch nicht auf das große Becken, was das Wiedersehen deutlich erleichtern würde. Das heißt, manche tun das doch. DER REGENBOGEN-BRILLENFISCH zum Beispiel schwimmt auch hier immer auf der Außenbahn und ist hier zwar nicht wie im Hallenbad vor der offiziellen Öffnungszeit im Wasser (da hat sie irgendeine Übereinkunft mit den Mitarbeitern, die ihr das - zum Neid aller anderen, die bis Punkt 6:30 Uhr mit den Füßen scharrend vor'm Eingang stehen - erlaubt), aber auch im Freibad ist sie Sekunden nach der Öffnung im Wasser und schwimmt mit ihrer absurden Taucher-Maske und der in allen Farben des Regenbogens schimmernden Badekappe Bahn um Bahn.
 
 DIE FREIZÜGIGE ist weiblich, blond, sehr schlank und muskulös, kurzhaarig, ca. 45 Jahre alt und bringt zum Schwimmen stets ihre Kurzflossen und Gloves mit. Das Bemerkenswerte findet aber immer erst nach dem Schwimmen statt. Ganz unauffällig geht sie noch unter die Dusche, aber im Umkleidebereich wählt sie im weder Einzel- noch Gruppenumkleide, sondern macht sich unmittelbar vor ihrem Schrank mit den Sachen (wusstet ihr, dass das in Österreich "Kästchen" heißt? Goldig, was?) fertig. Dabei cremt sie sich sehr sorgfältig und grazil anzusehen den ganzen Körper mit Bodylotion ein. Es ist schon irgendwie ungewöhnlich, dass eine Frau sich gänzlich ohne jede Scheu in aller Ruhe in aller Öffentlichkeit spitterfasernackt eincremt und pflegt. Zahlreiche - meist etwas ältere - männliche Badegäste kennt sie gut und freut sich immer sehr, sie zu sehen. Die bleiben dann bei ihr stehen und sie quatschen eine Weile. Nackt. Also sie. Die Männer tragen ihre Badehosen. Sie trägt stets sehr hübsche Wäsche, immer passende BHs zu knappen Strings. Der Kleidung nach zu urteilen arbeitet sie in einem Büro.
 Ich selbst ziehe mich ja auch mal flugs am Schwimmbecken um, im Sommer, wenn's brechend voll ist und alle Umkleiden belegt. Ich finde mich auch nicht übermäßig prüde oder verschämt, im Gegenteil, ich stehe durchaus auf eine gewisse Öffentlichkeit. Allerdings reizt mich eher die "versteckte" Öffentlichkeit, die (scheinbar) zufällige und das Voyeuristische. So bin ich immer wieder fasziniert von der Freizügigkeit und Lässigkeit, mit der sich die Frau präsentiert. Fakt ist: Es macht sie spannend und ich frage mich immer, wie sie sonst wohl ist, was sie tut und so weiter. Und ich frage mich, ob die älteren Herren stehen bleiben und mit ihr quasseln, weil sie es geil finden, dass sie nackt da steht oder ob das gar nicht anturnt, weil sie es mit einer beiläufigen Gleichgültigkeit und Selbstverständlichkeit tut, die auf mich nicht erotisch wirkt.
 Antworten auf diese Fragen werde ich nie bekommen, weil ich vermutlich nie jemanden fragen werde.
 Ich wünsche dir eine schönen Abend, Sybenwurz, und den anderen natürlich auch.
 Ich esse gleich Spargel. Lecker.
 Schöne Grüße, Judith.
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