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One moment in time
Schwimm-WM in Dubai und bei uns zu Hause im Fernsehen. Sohnemann guckt gebannt, ich eher beiläufig, da ich - wie wahrscheinlich 99 Prozent aller deutschen Frauen – beim Fernsehen bügel. Gerade ist irgendeine Siegerehrung und der Zwerg jammert rum: „Das ist gemeiiiiin!“ „Was?“ frage ich. Er:„Ich will auch eine Medaille!“ „Ja“, sage ich, „dann musst du schwimmen lernen, dein Seepferdchen machen und dann kannst du alles lernen, was du willst: Brustschwimmen, Kraul, Delphin …. Und wenn du dann ganz viel übst, dann bekommst du vielleicht ´mal eine Medaille. Aber die, die da jetzt gerade im Fernsehen sind, die haben ganz, ganz viele Jahre geübt. Die haben nichts anderes mehr gemacht außer Schwimmen und noch ein bisschen Gymnastik, Krafttraining und sich ausgeruht. Und jetzt sind sie die besten der Welt! Aber das hat sehr lange gedauert, bis die so gut geworden sind!“. Das sitzt. Er schweigt. Aber nur kurz. „Mama“, meint er, „wenn ich dann da auf dem Podest stehe, nehme ich meine Piratenflagge mit!“ Ich bin ehrlich verblüfft: “Warum das denn?“ will ich wissen „Du bist doch Deutscher, da brauchst du doch die Deutschlandflagge ….?“ Jetzt ist er erstaunt und guckt mich missbilligend an: „Aber, Mama, ich hab´ doch keine Deutschlandfahne, ich hab´ doch nur die Piratenfahne!“. Ich lasse das auf sich beruhen und frage mich im Stillen, ob die FINA wohl auch Sonderwünsche berücksichtigt.
Zwanzig Minuten später guckt auch der Papa mit. Wieder eine Siegerehrung. Dem frisch gebackenen und blutjungen südafrikanischen Weltmeister kullern während der Hymne große Tränen über die Wangen. Eine rührende Szene. Unser Sohn rutscht unruhig auf dem Sofa hin und her. So viel Emotionen beunruhigen ihn ein wenig und er fragt besorgt: „Papa, warum weint der Mann?“ An dieser Stelle hätte ICH gesagt: „Weil der sich so freut!“. Aber leider geht die Frage an den Kindsvater und der macht sich die Mühe und verargumentiert eine Riesen-Kausalkette: „Weißt du, der hat ganz, ganz lange immer trainiert und geübt. Und dann gehörte er irgendwann zu den Besten der Welt. Und dann ist er zu der Weltmeisterschaft hier gefahren. Und da hat er jetzt gewonnen. Und da steht er jetzt und sieht die Flagge und hört das Lied von seinem Land. Und dann …“ Und voller Mitgefühl vollendet der Zwerg den angefangen Satz und seufzt verständnisvoll: „Und jetzt ist ihm langweilig, Papa, ODER?“
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