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Vorstadtstrassen - Erich Kästner
Vorstadtstrassen
Mit solchen Strassen bin ich gut bekannt.
Sie fangen an, als waeren sie zu Ende.
Trinkt Magermilch! steht gross an einer Wand,
als ob sich das hier nicht von selbst verstaende.
Es riecht nach Fisch, Kartoffeln und Benzin.
In diesen Strassen duerfte niemand wohnen.
Ein Fenster schielt durch schraege Jalousien.
Und welke Blumen bluehn auf den Balkonen.
Die Haeuser bilden Tag und Nacht Spalier
und haben keine weitern Interessen.
Seit hundert Jahren warten sie nun hier.
Auf wen sie warten, haben sie vergessen.
Die Nacht faellt wie ein grosses altes Tuch,
von Licht durchloechert, auf die grauen Mauern.
Ein paar Laternen gehen zu Besuch,
und vor den Kellern sieht man Katzen kauern.
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Das Leben ist ein Zeichnen ohne die Korrekturmöglichkeiten des Radiergummis.
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