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Zitat von dickermichel
Hm, ich denke, das Grundproblem ist, daß wir es hier nicht mit einer "Wiedervereinigung" zu tun hatten, sondern mit einer primitiven Übernahme und den klassischen, damit zusammenhängenden Problemen.
Die eine Organisation hat "ihr Weltbild" der anderen Organisation übergestülpt, da ist nix zusammengewachsen.
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Man muss aber auch bedenken, dass ein Grossteil der Ostdeutschen damals genau das wollte. Das Gesamtbild, dass die DDR abgab war so viel schlechter, als das der BRD, dass da keiner nach details gesucht hat, die im Osten besser liefen.
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Kein Schwein hat sich dafür interessiert, ob und was die DDR in die "Vereinigung" mit einbringen hätte können, denn alles aus der DDR galt und gilt nach wie vor als schei**e oder Unrecht. Entweder wird man mit einem Hinweis auf Stalin ("Willst Du wirklich einen totalitären Sozialismus??") oder auf das Dritte Reich ("Die Stasi war wie die Gestapo!") mundtot gemacht, wenn man versucht, darauf hinzuweisen, daß die eigentliche Idee des Sozialismus doch gar nicht gelebt wurde, sondern korrumpiert wurde.
Daß aber die Idee, eine Gemeinschaft abseits des kapitalistischen Systems aufzubauen, zumindest prinzipiell zu diskutieren wäre, hat man gleich mit dem Hinweis auf das "Ende der Geschichte" abgebügelt, nach dem Motto "Keine Diskussion, dafür Entsorgung".
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Die Idee von Sozilaismus und Kommunismus ist ja ne ganz nette, aber es ist nicht davon auszugehen, dass sie in der Realitaet jemals funktionieren wird, eben weil sie immer korrumpiert werden wird.
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Und heute heulen alle auf, weil sie feststellen, daß die schon im 19. Jahrhundert skizzierte Entwicklung des weltweiten Kapitalismus gar nicht schön ist und irgendwie weh tut, wenn man selbst davon betroffen ist.
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Das ist nicht erst seit gestern so, sondern war auch vor 20 Jahren schon so. Daher verstehe ich das "heute heulen alle auf" nicht ganz.
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Kurz:
Die Chancen, die sich für beide Seiten mit einer echten Wiedervereinigung unter Gleichen ergeben hätte können, sind vom Westen überhaupt nicht genutzt worden - und vom Osten nur von den Leuten, die aktiv ihren Weg gesucht haben. All die anderen sind auf der Strecke geblieben und bleiben als entweder phlegmatischer oder sich radikalisierender "collateral damage" von Kohl's Traum übrig.
Gruß: Michel
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Es war aber eben keine Fusion unter Gleichen. Das konnte es nicht sein (weil es eben nicht 2 Laender auf Augenhoehe waren) und das wollte auch niemand.
Sicher gab es Dinge die in der DDR gut funktionierten und es darf nicht verboten sein sich diese Dinge anzuschauen und zu ueberlegen, ob man sie hier umsetzen kann. Aber im gesamten lag das System am Boden. Der Staat war pleite und technologisch Jahrzehnte zurueck. Nur in dem durch voellige Abschottung gesicherten Reservat konnte die Wirtschaft noch einigermassen funktionieren - da sie nicht im Wettbewerb mit dem Rest der Welt stand. Die Freiheitsberaubung, d.h. der Verstoss gegen Menschenrechte, war elementar fuer ein "funktionieren" des Ostblocks. Die Abschottung konnte aber (zum Glueck) nicht aufrecht erhalten werden.
Ich wunder mich immer, dass heute einige zum Thema DDR als erstes sagen, die DDR Buerger waeren ja gluecklich gewesen, auch ohne Ballermann, Coca Cola und Oakley. Das ist eine ziemliche Banalisierung der Probleme die es in der DDR gab. Zudem hat die Realitaet gezeigt, dass es anders war. Wer sich heute sogar die DDR zurueck wuenscht, der sollte mal ne Weile darauf achten, was er jeden Tag so alles macht und was davon in der DDR gar nicht moeglich gewesen waere. Da wird einiges zusammen kommen - es geht schon bei oeffentlichen Unmutsaeusserungen ueber das System los - in der DDR musste man damit vorsichtig sein.
Am 9.11.89 war ich 10 Jahre alt. Dieser Tag ist einer der wenigen aus der Zeit, an die ich mich ganz konkret erinnere. Genau so geht es mir mit dem Tag, an dem die Fluechtlinge in der deutschen Botschaft in Prag von Genscher die Nachricht ueberbracht bekamen, dass sie ausreisen duerfen. Ich hab damals natuerlich nicht die politischen Zusammenhaenge verstanden, aber was ich verstand, war die unglaubliche Freude der Menschen, die die Mauer zum Einsturz brachten. Mir waere nie in den Sinn gekommen, dass irgendwann mal jemand ohne Freude ueber diese Ereignisse sprechen koennte.
Schlussendlich bleibt, dass die DDR Buerger sich des Unrechtssystems selbst entledigt haben. Dafuer haben einige sehr viel riskiert, viele Andersdenkende wurden schikaniert und eingesperrt. Dennoch haben sich 1989 genug Leute gefunden, um eine Bewegung zu begruenden, die stark genug war die DDR zu Fall zu bringen. Darauf koennen diese Leute sehr stolz sein.
Und das kann man verdammt noch mal auch feiern - wir aus dem Westen aus Empathie und Freude, die DDR staemmigen auch mit einer ordentlichen Portion Stolz.
FuXX