Zitat:
Zitat von J.W.
Echt unglaublich, dass Du regelmäßig so lange Laufen kannst. Ich glaube, da würde mir irgendwann die Freude am Laufen vergehen
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Ich genieße immer noch die langen Läufe, das Aktivsein, das Lockerlassen von schweren Gedanken
Karwendelmarsch/lauf - die 10-Sekunden Dramen
Ich mache es trotz aller Liebe zu meinen Leser*innen wirklich nicht absichtlich immer so spannend, aber Karwendel bot schon wieder neue "Dramen" mit ungewissem Ausgang.
Zeitsprung:
Nach ungefähr 39 Kilometern, 2.200 Höhenmetern und über 8 Stunden in der finalen "Wand". Enger, schmaler Pfad. Die Sonne glüht, für mich ist maximale Konzentration nötig, um nicht zu stürzen. Echte Absturzgefahr droht zwar nicht, sonst hätte ich diesen Weg eh nicht gewagt, aber angenehm wären die Folgen trotzdem nicht gewesen.
Plötzlich, innerhalb von vielleicht 10 Sekunden, signalisiert mein Körper: Aus, Ende, ich mag nicht mehr

. Beine schwer, Kreislauf am Kippen. Und das heute schon zum zweiten Mal. Diesmal aber an einer deutlich heikleren Stelle.
Auf den Pfad legen wäre doof. Hinter mir kommen immer noch etliche Sportler*innen. Ein Superstau wäre vorprogrammiert.
Nach der nächsten Biegung ist der Weg minimal breiter, eine schmale Stelle an der Wand zum schräg Hinsetzen. Durchgang für die anderen gewährleistet. Sofort gemacht.
Durchschnaufen, hoffen, aber auf was?
Bergrettung mit Sybenwurz? Das muss ja wirklich nicht sein, das wäre zu blamabel.
Was nun?
Doch zuerst die Vorgeschichte.
Am Freitag stressige Anfahrt, heiße Sonne, zuviele Nickligkeiten. Ich bin total platt.
Herzblatt und unsere Wanderfreundin lassen mich ausruhen und gehen shoppen. Die einheimische Wirtschaft durfte sich freuen

und ich mich erholen.
Samstag 6 Uhr, Start in Scharnitz. Vorne die Läufer. Ich wieder, wie vor 8 Jahren, am vorderen Ende der nachfolgenden Marschierer.
Die ersten 3-4 KM ist noch alles eng, viele "Brustschwimmer" packen trotzdem schon ihre Stecken aus und stochern seitlich, neben oder auf andere Füße, halten sie quer zum Richten oder gehen nebeneinander, so dass Überholen oft nicht oder nur mit Wartezeiten möglich ist.
Egal, so laufe ich schon mal nicht zu schnell los. Meine sind noch im Köcher am Laufrucksack.
Dann wird der Weg breiter, herrliche Landschaft, relativ eben, ich trabe jetzt.
Bei KM 13 äußerste Aufmerksamkeit. Hier stolperte und stürzte ich damals blutig.
Diesmal nicht. Ab KM 15 wird es steil. Ich marschiere ab jetzt mit meinen Stecken und trabe nur, wenn es mal nicht ganz so steil ist.
Dass heute nicht mein bester Tag ist, merkte ich allerdings schon von Anfang an, an einem erhöhten Puls. Sonst läuft es aber ganz ordentlich.
Später beim sehr steilen, arg sonnigen Aufstieg zur Falkenhütte begehe ich die nächste größere Dummheit. Eine andere schon länger, ohne es zu wissen. Ich verzichte darauf meine Laufkappe, natürlich wie immer eine mit Challenge Roth Aufdruck

, zu wässern, weil mir die Wartezeit an der Tränke zu lang ist.
Doch nun, innerhalb kürzester Zeit, von noch ambitioniert, schalten meine Systeme auf höchste Alarmstufe Kreislauf. Sofort reagieren zu müssen, hatte ich früher schmerzvoll gelernt

. Hier ist es noch kein Problem, sehr breiter Weg. Ich setze mich an den Rand an eine halbwegs schattige Stelle, lehne mich zurück, beruhige meinen Puls, trinke Iso, kaue ein Traubenzuckerstückchen.
Mein Allheilmittel wirkt auch diesmal. Nach eingen Minuten fühle ich mich wieder gut und gehe weiter. Die Hütte mit einer Verpflegungsstelle ist eh gleich da.
Dort versuche ich meinen anderen Fehler zu korrigieren. Ich trank bis dahin nur die gewohnte Minimalmenge, wie im Training, aber dies war heute, warum auch immer, viel, viel zu wenig. Nun kommt allerdings der Grund, warum ich Karwendel nie wieder machen werde.
Also kein wachsweiches, wiederrufbares "Nie wieder" wie beim Zieleinlauf eines Marathons oder Ironmans

, sondern diesmal ein definitives.
Dummerweise nahm ich mir dies schon 2016 während des Rennens genauso sicher vor, nur verblassten die herbsten Gründe 8 Jahre später. Außerdem war es ein besonderer Wunsch von Herzblatt, es noch einmal zu wagen. Und, da sie mich sonst ja so liebevoll und vorbildlich betreut

kann ich schlecht nein sagen.