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Alt 28.08.2024, 21:33   #24
svmechow
Szenekenner
 
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Registriert seit: 01.09.2021
Ort: Berlin
Beiträge: 1.242
Chapeau und vielen Dank, dass Du hier Deine persönliche Erfahrung teilst. Es ist ja immer auch ein wenig riskant, vor einer Horde Wildfremder emotional blank zu ziehen und von einer Depression zu berichten; nicht alle sind immer nur wohlwollend, und selbst wohlgewollte Ratschläge können missverständlich formuliert dann doch auch mal in die Hose gehen.
Von der idealen Welt, in der man von seiner Depression ebenso berichten kann wie von einer Meniskusläsion, sind wir leider noch ein paar Umdrehungen entfernt, wie mir scheint. Daher machen mich solche Beiträge zwar einerseits traurig, weil ich ahne, wie viele Personen tatsächlich betroffen sind. Andererseits macht es mir Mut zu sehen, dass doch zunehmend auch von psychischen Erkrankungen berichtet werden kann; dass offenbar das Stigma der psychischen Erkrankungen an Relevanz verliert.

Wie zahlreiche meiner Vorredner:innen mehrfach betonten, ist das wichtigste die leitliniengerechte Therapie der Depression, je nach Schweregrad mittels Psychotherapie oder Psychotherapie plus Pharmakotherapie (weitere Therapiemöglichkeiten mit Licht oder EKT wurden ja auch schon erwähnt).
Der neue geile Shit zur Therapie einer Depression ist die Behandlung mittels Ketamin - das jedoch besser im Rahmen von universitären Studien, die Ergebnisse seien wohl beeindruckend, aber es gibt noch keine Evidenzen hinsichtlich der nachhaltigen Wirksamkeit der Therapie.
Zunehmend werden Keta-Infusionen auch angeboten als Selbstzahlerleistung an Instituten fragwürdiger Seriosität für ca. 600 Euro pro Sitzung.
Mein Mann, ein begnadeter Psychiater und Psychotherapeut, der gegenüber neuen Methoden an und für sich schon aufgeschlossen ist, warnt jedoch eindringlich davor, all die damit ausgesprochenen Heilsversprechen zu ernst zu nehmen. Es gibt leider keine sichere und dauerhafte Wunderheilung.

Meines Erachtens ist die wichtigste Säule der Behandlung einer Depression eine gute Psychotherapie (+/- Pharmakotherapie je nach Schweregrad). Die größte Challenge dabei ist es jedoch, eine*n Therapeuten zu finden, der*die was taugt. Und da kommen meiner Beobachtung nach auf einen fähigen Kollegen mindestens drei bis vier Quacksalber.

Ich habe in meiner gynäkologischen Praxis eine relevante Anzahl von Patientinnen, die zwar vordergründig ein gynäkologisches Krankheitsbild aufweisen, hinter welchem sich aber bei näherer Betrachtung zumindest auch ein relevantes psychisches Problem verbirgt. Einige meiner Patientinnen kann ich direkt auf dem kleinen Dienstweg bei meinem Mann in der Klinikambulanz anbinden, aber seine Kapazitäten sind leider limitiert und ab April ist Schluss, weil er in Rente geht und ich habe keine Ahnung, wohin ich dann meine Patientinnen schicken soll.

Aber zurück zum Topic: Sport und Depression. Ausdauersport gilt tatsächlich als evidenzbasiert wirksam zur Behandlung der Depression, was sich mit der Beobachtung der hiesigen Vorredner*innen zu decken scheint - und mit meiner eigenen.
Warum mache ich wohl Sport wie eine Bekloppte?
Ich möchte einfach nie, NIEMALS wieder in meinem Leben in dr Situation sein, nciht so recht zu wissen, ob ich die Wohnung durch die Türe oder doch besser durch das Fenster verlassen soll.
Niemals wieder in meinem Leben möchte ich mir darüber Gedanken machen müssen, auf welche Weise ich mir am besten, am effektivsten und zeitgleich (zur Schonung der emotionalen Gesundheit meines Sohnes) am wenigsten grausam das Leben nehmen kann.
Das ist nun viele, sehr viele Jahre her, aber ich kann das Gefühl in der Theorie noch genau reproduzieren, wenn ich Berichte wie die des Threaderstellers lese.
Ich habe damals angefangen zu laufen, einfach so, weil mir das sinnvoller erschien, als mir das Leben zu nehmen.
Und nach einem Lauf war es auch zuverlässig besser als davor. Das war einige Zeit meine Hauptmotivation zum Laufen.
Dann war ich natürlich auch mehrer Jahre auf der Werft, einmal die Woche Psychotherapie, mein Gott war das hart. Laufen ging einfacher, aber mir war klar, dass das nicht an den Kern des ganzen herankommt. Oder besser: an die Kerne. Meistens ist es ja nicht das eine grosse Ding, und wenn man sich darüber ausgeheult hat, isses wieder gut. Meistens ist es ja eine Serie schlimmer Dinge, die aufeinander aufbauen, aber eben nicht so eins zu eins in Reihe geschaltet, sondern hoch komplex und vielschichtig.

Die Pschotherapie habe ich im Einvernehmen mit meiner wirklich gesegneten Therapeutin beendet, das war vllt so 9 oder 10 Jahren. Das Laufen habe ich beibehalten und irgendwann noch Radfahren und Schwimmen hinzugenommen. Ich habe keine Ahnung, wie es mir ginge, wenn ich plötzlich aus irgendwelchen Gründen keinen Sport mehr machen könnte und ich möchte es auch nicht ausprobieren.

Geändert von svmechow (28.08.2024 um 21:40 Uhr).
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