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Alt 04.01.2023, 18:45   #122
bergflohtri
Szenekenner
 
Benutzerbild von bergflohtri
 
Registriert seit: 31.01.2014
Ort: Wien
Beiträge: 1.630
Neues vom Winterschwimmen. Bin gerade überrascht, dass seit dem letzten Eintrag schon fast ein Monat vergangen ist.
Nachdem mir beim letzten Mal die Füße so extrem eingefroren waren hatte ich gleich darauf bei bike24 ein paar neue Füßlinge bestellt - das Gegenstück zu den Handschuhen mit denen ich gute Erfahrungen gemacht habe, und die wollte ich vor Weihnachten noch gerne testen.
Dann kam aber die erste wirklich kalte Nacht mit Minustemperaturen, und in der Früh war eine vermeintlich dünne Eisschicht auf dem Wasser. Ihr kennt das bestimmt, wenn Teile des Gewässers noch offen sind und auf den vereisten Flächen die Möwen vorsichtig herumspazieren und als Leichtgewichte vom Eis schon getragen werden.
Bin dann mit meiner Bekannten Laufen gewesen, und wir witzelten, dass es bestimmt möglich wäre beim Schwimmen die dünne Eisschicht mit den Armen aufzubrechen.
Also sind wir nach dem Laufen noch zum Wasser, und beim Schwimmeinstieg war noch eine kleine offene Fläche. Hab die Laufsachen ausgezogen und bin schnell reingegangen.
Überraschenderweise war das angrenzende Eis mittlerweile ungefähr einen cm dick, und ich versuchte mit draufhämmern die freie Fläche etwas zu vergrößern. Das ging aber mit ein paar Schnitten in der Haut vom scharfkanntigen Eis überhaupt nicht, also beließ ich es mit ein bisschen Baden im Eiswasser.
Bin dann mit den vom Laufen noch nassen Sachen mit dem Rad nach Hause und hab mir dabei eine Erkältung der Prostata zugezogen. Das ist für mich nichts neues, weil ich seit 30 Jahren jeden Winter mit dem Rad durchfahre, und es vergeht auch nach längstens einer Woche wieder.
Auf jeden Fall war wegen des Eises und der Erkältung bis über die Feiertage sowieso ein Pause angesagt.
Vor einer Woche habe ich dann beim Schwimmeinstieg die Frau getroffen die jeden Tag ein paar Minuten konsequent zum Eisbaden reingegangen war, und das machte mir Lust auch ohne Schwimmambitionen wieder reinzugehen.
Die Erkältung war auch weg, also hab ich das vor einer Woche auch einmal ausprobiert. Das hat etwas für sich. Du gehst nur mit der Badehose schnell ins eiskalte Wasser und ignorierst das Gefühl auf der Haut. Dann merkst Du vor allem in den Unterarmen wie sich die Gefäße zusammenziehen und im Kopf wie der Blutdruck ansteigt. Nach ein paar Minuten gehst Du wieder raus, die Haut ist gerötet und beim Abtrocknen ein bisschen gefühllos, aber der Kreislauf ist super in Schwung, und Du bist hellwach und angeregt ohne dass ein echtes Kältegefühl aufkommt.
Ich habe das die nächsten Tage dann wieder ausprobiert, und es war echt super, hat ein wenig Suchtpotential.
Heute war bei uns ein wunderschöner sonniger Tag. Wir hatten die letzten Tage konsequent Plusgrade, und das Wasser war seit vorgestern wieder komplett eisfrei, und die Wassertemperatur war mit 4,6 Grad angegeben.
Mit meiner neu gewonnenen Liebe zum Eisbaden war der Entschluss schnell gefasst heute wieder richtig schwimmen zu gehen. Bin also früher von der Arbeit nach Hause, hab mir 2 Espresso und eine Schokolade reingezogen und den Neo gleich zu Hause angezogen.
Beim Schwimmeinstieg angekommen hatte sich die Sonne leider schon hinter den aufkommenden Wolken versteckt, und bis ich komplett fürs Schwimmen angezogen war war das Licht schon düster.
Die guten Erfahrungen mit dem Eisbaden und die Tatsache dass das Wasser heute um 1 Grad mehr als beim letzten Mal Schwimmen hatte verleiteten mich in die Richtung zu Schwimmen wo die Strecke länger ist und kein geeigneter Ausstieg bereitsteht wenn ich abbrechen möchte.
Mit dem Thermoneo, der Neoprenkapuze und den Thermohandschuhen- und Füßlingen ist das Gefühl im Wasser nicht unangenehm aber auch etwas trügerisch. Du merkst nicht diese unmittelbare Kälte auf der Haut die Dir die geringe Temperatur des Wasser knapp über 0 anzeigen. So bin ich gut geschützt in Richtung des Steges geschwommen der nach 15 Minuten den Wendepunkt markiert. Nach 10 Minuten begann die Brille zu beschlagen was kein gutes Gefühl erzeugte, und der Gedanke kam auf, dass es vielleicht nicht blöd wäre jetzt kehrt zu machen. Wie es kommen musste ignorierte ich aber diesen Gedanken und wollte bis zum vorgesehenen Wendepunkt durchschwimmen. Gedacht und getan, und das Gefühl beim Schwimmen wurde mangels Sicht nicht besser. Nach 15 Minuten war ich beim Steg und nahm die Brille kurz ab und stellte fest, dass mir eigentlich schon kalt war und die Strecke retour unter dieser Voraussetzung lang werden könnte.
Hilft aber nichts, also bin ich schnell wieder los, und nach ein paar Metern merkte ich, dass die Koordination schon viel schlechter war als beim Hinweg, ein mulmiges Gefühl schlich heran.
In meinen Gedanken wog ich die Möglichkeiten ab das Schwimmen in Richtung des näher gelegenen linken Ufers abzubrechen - das hätte aber bedeutet im abgesperrten Bad zuerst über einen Zaun zu klettern und dann mit bloßen Füßen auf dem kalten Asphalt eine halbe Stunde zum Schwimmeinstieg zurückzulaufen oder vielleicht nach einem Wegstück wieder ins Wasser zu gehen. Oder die aufkommende leichte Panik in Schach zu halten. Ich entschloss mich zu zweitem. Du versuchst schön gleichmäßig in den Bauch zu atmen, merkst dass die Koordination immer schlechter wird, und die Pendelbewegungen des Körper fühlen sich auch nicht mehr gut an. Zum Glück funktioniert der Neo vom Auftrieb her sehr gut, und trotz des miserablen Wassergefühls kam ich noch einigermaßen gut weiter. In Höhe des Schwimmeinstieges am anderen Ufer musste ich noch einmal ca 200 m das Wasser queren, und der Gedanke mich vom näheren Ufer zu entfernen erzeugte zusätzliche Unsicherheit. Jetzt passierte mich der Ruder4er der mir schon zu Beginn des Hinweges begegnet war, und ich dachte daran denen zuzurufen dass sie mich zum anderen Ufer rüberbringen möchten. Dann wär ich aber ein komplett gefrorenes Weichei gewesen und hätte mir sicher die nicht ganz unberechtigten Ratschläge anhören müssen, dass ich in meinem Alter eigentlich über so einen Blödsinn heraus sein sollte. Es waren kaum mehr Fußgänger unterwegs, aber wie hätte das ausgesehen wenn der schlecht zu manövrierende Ruderer einen in Not geratenen Idioten der sich am Rumpf anklammert und von einem aus der Besatzung am Arm festgehalten wird ans rettende Ufer geleitet. Also hab ich es doch gelassen und bin alleine weiter als einer der bestimmt genau weiß was er hier macht.
Der Schwimmausstieg kam näher, der Gedanke war präsent, dass Du auch auf den letzten 5 Metern noch absaufen kannst, aber dann war es geschafft. Beim rausgehen merkte ich dass mir verdammt kalt war. Die Hände und Füße waren nicht ganz gefühllos, und ich konnte mich etappenweise umziehen, aber das Kältezittern war präsent, und die linke Hand die den Becher von der Thermosflasche hielt schlotterte.
Ich habe heute die Bedingungen beim Schwimmen in sehr kaltem Wasser unterschätzt und meine Lehre daraus gezogen. Die gute Ausrüstung vermittelt eine trügerische Sicherheit und Schutzwirkung gegen die Kälte, aber der Körper kühlt konsequent immer weiter ab, und es kommt der Zeitpunkt zu dem Du nicht mehr allein im eiskalten Wasser sein solltest.
Nächstes mal schwimme ich wieder in die andere Richtung wo der Ausstieg jederzeit möglich ist und die 10 Minuten weniger braucht.

Geändert von bergflohtri (04.01.2023 um 18:59 Uhr).
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