Ein sehr interessantes Interview mit Horst Teltschik über die deutsch-sowjetischen Beziehungen. Teltschik gehörte ab 1972 zum engsten Beraterkreis von Helmut Kohl. Als außen- und sicherheitspolitischer Berater nahm er an den deutsch-deutschen Verhandlungen der Wendezeit und der deutschen Wiedervereinigung teil und reiste auch mehrmals zusammen mit Kohl nach Russland, um mit dem damaligen sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow und dessen Vertrauten zu verhandeln. In den 1990er Jahren war Teltschik auch in der freien Wirtschaft tätig, unter anderem als Vorstandsmitglied bei BMW. Nach der Jahrtausendwende agierte er als Präsident bei Boeing. Von 1999 bis 2008 leitete Teltschik zudem die Münchner Sicherheitskonferenz.
Zitat:
Herr Teltschik, wie groß ist aktuell die Gefahr eines Dritten Weltkriegs?
Horst Teltschik: Diese Frage kann momentan keiner beantworten, weil wir alle nicht wissen, wie rational Präsident Putin noch agiert oder ob er bereits die Grenze des Irrationalen überschritten hat. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat vor einem nuklearen Krieg gewarnt. Das Problem besteht darin, dass Putin glaubt, einen Sieg zu brauchen – wie immer er aussehen mag. Russland kann es sich nicht leisten, zu verlieren. Das sagen auch wichtige Berater des Kreml, zum Beispiel Sergei Karaganow, den ich seit den 1980er Jahren kenne.
Was heißt das in der Konsequenz?
Dass eine solche nukleare Bedrohung nicht völlig ausgeschlossen werden kann. Die Russen haben in den letzten Jahren wegen der amerikanischen Aufkündigung von Rüstungskontrollvereinbarungen begonnen, neue Kurzstreckenraketen-Systeme mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit zu entwickeln. Der Verdacht liegt nahe, dass sie dafür auch Nuklearköpfe entwickelt haben, die in ihrer Auswirkung begrenzbarer sind als die bisherigen Nuklearwaffen und damit einsetzbarer. Daher befinden wir uns wirklich in einer labilen Situation.
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