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Zitat von NBer
Die Formulierungen sind so oder so, wichtig ist der damalige Kontext. Und da ich das damals alles miterlebt habe, glaube ich mich gut zu erinnern, dass Russland nicht wollte, dass die NATO durch die deutsche Wiedervereinigung dichter an Russland rückt.
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So hatte ich das damals auch verstanden. Faktisch war es aber so, dass die Russen erst 1993 aus Polen abzogen und auch das Baltikum erst 1991 unabhängig wurde. Zur Nato-Mitgliedschaft Polens ein interessanter Beitrag der DW:
"Ein Bankett mit Boris Jelzin
Der Truppenabzug änderte die geopolitische Lage und ließ die polnischen Politiker Visionen entwickeln. Polen suchte Allianzen mit Westeuropa. In der letzten Phase des Truppenabzugs hat der damalige russische Präsident Boris Jelzin Warschau besucht. Polens Präsident Lech Wałęsa hat die Gelegenheit genutzt, ihm über seine Vision zu erzählen, dass Polen in Zukunft ein NATO-Mitglied werden könnte. Die langen Gespräche wurden am späten Abend bei einem Bankett geführt.
Das Ergebnis überraschte am nächsten Tag viele Beobachter, denn im Schlusskommuniqué war völlig unerwartet vom russischen Verständnis für die polnischen NATO-Pläne die Rede. Überrascht waren aber vor allem die Mitarbeiter des russischen Präsidenten, die ihn nach seiner Heimkehr dazu gebracht haben, sein Warschauer Versprechen schriftlich zu widerrufen.
Keine NATO ohne Truppenabzug
Doch "Jelzin hat Polen auf seinem Weg in die NATO geholfen", meint der Historiker Friszke. Sein Statement, trotz des späteren Widerrufs, habe Polen und andere Länder Osteuropas dazu ermuntert, ambitionierte NATO-Pläne zu schmieden. Das wäre alles in Anwesenheit des russischen Militärs nicht möglich gewesen, erläutert der Historiker: "Solange die Truppen stationiert waren, solange war der Druck aus Moskau möglich. Mit den russischen Truppen auf dem eigenen Territorium gäbe es für Polen keinen Weg Richtung Westen"."
https://www.dw.com/de/der-tag-an-dem...Fen/a-45516569
Somit muss man schon sehen, dass der Westen den Russen den Abzug zumindest mit der Verheissung schmackhaft gemacht hat, dass die NATO nicht näher nach Osten vorrückt. Wobei zweifelhaft ist, ob die Russen sich diese grossräumige Militärpräsenz in den 90ern überhaupt hätten leisten können. So waren beidezufrieden und die Russen hatten ihr Gesicht gewahrt,
Und der Abzug war ja die Voraussetzung für vollständige Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit - auch eben für die Neuorientierung gen Westen.
Immerhin hatten die Sowjets 45 Jahre Zeit gehabt, es besser zu machen. Dass danach keiner mehr erpicht drauf war, weiter mit ihnen in einem Boot zu sitzen, haben sie sich selbst zuzuschreiben. Aber das eigene Versagen einzugestehen ist immer schwer.