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Zitat von Schwarzfahrer
Das scheint irgendwie mein gefühltes Problem mit einem hohen Anteil an Briefwählern zu bestätigen: wenn Gruppen per Briefwahl wählen (Familien, Freundeskreise, Heimbewohner, ...), kann ein gewisser Gruppendruck zu evtl. unrealistischer "Homogenisierung" führen. In der Kabine kann wirklich jeder wählen, was er will, und keiner bekommt es mit. Klappt es aber wirklich auch so frei, wenn alle in der Familie per Briefwahl wählen? Traut sich einer in einer Grünen Familie FDP zu wählen, oder in einer AfD-Familie die Linke? Wie reagieren die anderen, wenn ich mein Kreuz wirklich allein mache? Theoretisch sicher, praktisch wohl oft auch, aber in manchen Fällen dürfte ein gewisser Gruppendruck das Ergebnis beeinflussen. Klar, vielleicht sagen sie auch nur, daß keiner Grün gewählt hat  ). Solange Briefwahl < 2 % aller Stimmen ist, ist es egal, bei 40 % halte ich es für ein Risiko, daß die Ergebnisse gegenüber Wahlen in der Kabine unbestimmbar verzerrt werden, und zwar eher zu Gunsten von Richtungen, die wenig tolerant anderen politischen Einstellungen gegenüber sind. Briefwahl sollte die Ausnahme bleiben, finde ich; wenn es bei 40 % bleibt, fände ich es nicht gut.
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Seltsames Familien-/Gruppenbild.
Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal ein Wahllokal betreten habe. Ich wähle seit sicher 20 Jahren von zu Hause und empfinde das als Bereicherung/Erleichterung.
Mit der Briefwahl erreicht man auch viele, denen es zu viel Aufwand oder Stress ist, ins Wahllokal zu gehen, nicht nur in Coronazeiten.
Ich kann mir vorstellen, dass sich viele in der Wahlkabine gestresst und unwohl fühlen. Die Wahlbögen haben teilweise Ausmaße, dass man damit die gesamte Wahlkabine tapezieren könnte (nicht bei dieser Wahl), und man braucht erstmal Zeit, sich einen Überblick zu verschaffen (wenn man es geschafft hat, den Wahlzettel auszubreiten). Dann muss man genau schauen, wieviele Kreuze man wo machen muss/darf. Draussen warten aber schon die nächsten. Ich kann jeden Verstehen, der sich da gestresst fühlt. ich meine damit nicht nur ältere Wähler, sondern z.B. auch Erstwähler, die das erste Mal in der Wahlkabine stehen und für die das alles noch sehr ungewohnt ist.
Zu Hause habe ich ausreichend Zeit, mir die teilweise nicht besonders übersichtlichen Wahlbögen in Ruhe anzuschauen und mir vielleicht noch ein paar Informationen zu einzelnen Kandidaten einzuholen. Ich kann dann in Ruhe meine Kreuze machen und die Wahlbogen zur Post bringen. Und ja ich kann mir Hilfe dazu holen, wenn ich mit dem Ausfüllen des Bogens überfordert bin. Das heißt aber noch nicht, dass diese Person mich oder meinen Wahlbogen manipuliert.
Und ja, der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es durchaus Manipulationsversuche gab, z.B.
der "nette" Chef, der in Bayern seinen Erntehelfern beim Setzen der Kreuze auf den Wahlzetteln geholfen hat. Das sind aber sicher die Ausnahmen.
Dafür erreiche man deutlich mehr Wähler, die sich demokratisch und unabhängig an der Wahl beteiligen können.
M.