|
Szenekenner
Registriert seit: 28.12.2007
Ort: Odenwald/Neckar
Beiträge: 9.300
|
Zitat:
Zitat von hanse987
Erst ein 70.3@home (Glückwunsch zum finish und erst zur Platzierung) und jetzt noch eine schnelle Radtour. Läuft doch! Da würden sich einige in der M55 aber auch jüngere freuen wenn so was schnell mal machen könnten.
|
Dankeschön  , die Woche war aber auch ohne Sport megahart. Am Freitagabend war ich total platt, ließ sich leider nicht vermeiden  -
Die Nächte über hatte ich mitunter auch arg viel Muskelkrämpfe oder -anspannungen. Zuviel Stress ist nicht gut. Ich hoffe auf Besserung. Dazu aber bei Gelegenheit mehr.
Zur Abwechslung heute, dank ihrer Erlaubnis, ein besinnlicher Gastbeitrag von Christine, einer der tapferen Frauen aus meinem Buch. Sie veröffentlichte ihn dieser Tage auf FB.
Verschlechterung mit MS, ist ein unliebsames Thema.
Viele Blogger, Pharmaunternehmen preisen Hilfen, Hilfsmittel, Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente an. Von direkter Verschlechterung mit MS sprechen sie selten bis nie.
Deshalb mache ich das heute. ��
Wie ihr wisst, lebe ich seit 33 Jahren mit Multiple Sklerose, einer chronisch entzündlichen Erkrankung des Zentralen Nervensystems.
Ursache: unbekannt
Die Krankheit der 1000 Gesichter, verschiedenen Symptomen und Verläufe und ich bin ein Gesicht davon.
Die aktuellen Zahlen belaufen sich auf:
Deutschland -> 250.000 Menschen
Europa -> 700.000 Menschen
WELTWEIT -> 2.500.000 Menschen
Laut MS Atlas erhält alle fünf Minuten ein Mensch auf dieser Welt die Diagnose Multiple Sklerose!
Am Anfang meiner MS Karriere habe ich nicht damit gerechnet, dass ich irgendwann einmal auf den Rollstuhl angewiesen bin.
Warum auch? Ein bisschen Kribbeln hier, ein wenig Taubheit dort und der Käse war gegessen.
Das Leben ist unbeschwert, schön und Deine Christine lebt ein völlig normales Leben, mit dem Wissen chronisch krank zu sein.
Die MS bringt mich nicht um. Ich tanze, fahre Ski, feiere Feten, der normale Wahnsinn einer jungen, dynamischen Frau. Die MS ist dabei, aber nicht mein Thema!
Das hat sich dramatisch geändert nach dem Tod meiner Eltern innerhalb von zwei Jahren.
Und hier komme ich auf das Thema Verschlechterung mit MS zurück:
Die Psyche spielt eine große Rolle.
Einschneidende Erlebnisse, wie Tod, Trauer, Trennung, begünstigen eine Verschlechterung. Es kommt zum Schub, die MS kommt ins Rollen.
Die Wissenschaft hat festgestellt: 50 Prozent der MS Patienten erleben im Laufe ihres Lebens eine merkliche Verschlechterung ihrer Beweglichkeit.
——————————————————————————————————
Ich rede nicht von einem Pseudoschub oder dem Uhthoff Phänomen. Dies sind reversible Verschlechterungen bedingt durch erhöhte Körpertemperatur. Sinkt diese, bilden sich die Symptome zurück. Der gleiche Vorgang findet ebenfalls bei Fieber im Rahmen eines viralen Infektes statt.
——————————————————————————————————
Ich rede von einer Verschlechterung der MS ohne Nachweis von Entzündungsherden.
Dies ist der Fall, wenn sich eine anfangs schubförmige MS in eine chronische progrediente MS umwandelt.
Ursache dieses Geschehens sind weniger Entzündungen, sondern degenerative Prozesse an den Nerven.
Bei mir verlief es so:
Zuerst geht es mit dem defekten Fußheber los. Meine erste dauerhaft bleibende Verschlechterung, Behinderung.
Ein Stock, ein Rollator und ein Rollstuhl treten in mein Leben.
Die Sicht auf die Dinge verschiebt sich im Laufe der Jahre.
Ein Stock war anfänglich der Schrecken der Straße für mich. Fragst du mich heute, lächle ich müde, denn die Höchstleistung in der Kategorie Multiple Sklerose ist es:
24 Stunden am Tag mit seiner MS direkt und indirekt beschäftigt zu sein.
Dass dies so anstrengend ist, war mir nicht klar. Gerade Phasen, in denen ich merke, die MS bewegt sich in die falsche Richtung.
In diesen Phasen brauche ich Ruhe und habe viel Zeit zum NACHDENKEN.
Was ist mein nächster Schritt?
Wie geht es weiter?
Wo bekomme ich weitere Unterstützung her?
Was ich damit sagen will:
Die Verschlechterung mit MS nimmt langsam zu, ebenso das Thema Hilfsmittel und Hilfe annehmen.
Dies ist ein schleichender Prozess und plötzlich bin ich nicht dabei, sondern mittendrin im MS Spiel.
Wir bearbeiten, reparieren und pflegen unsere MS in unserem Körper.
Das Leben verändert sich. Es dreht sich um 180 Grad.
Früher habe ich mich mit Händen und Füßen gewehrt. Wochenlang geärgert, rumlamentiert, mich bedauert. Ich habe mein leichtes Humpeln als fürchterlich dramatisch angesehen.
Heute wünsche ich mir den Stand von vor zehn Jahren zurück. Aber das Leben mit MS ist kein Wunschkonzert, sondern eher ein Glücksspiel und eine Dauerbaustelle.
Der eine Patient hat Glück und wenig Symptome oder Einschränkungen. Der andere Patient ist direkt nach der Diagnose eingeschränkt, in seiner Beweglichkeit behindert, ein Pflegefall.
Die Krankheit Multiple Sklerose -mit all ihren Facetten- heißt stetig Arbeit und ist nicht immer leicht und lässig.
Da täuschen mir die Pharmaunternehmen oft eine zu perfekte Welt vor. Das MS Leben sieht in der Realität leider oft anders aus (anderes Thema).
Es gibt gute, mittelprächtige und beschissene Phasen, um es einmal platt auszudrücken.
Die Gefühle fahren Achterbahn. Wir lachen, scherzen, sind wütend und traurig. Oder wir stecken zeitweise den Kopf in den Sand.
Keiner weiß wie es läuft und das ist wirklich das NERVIGSTE an dieser Krankheit. MS ist eine Dauerbaustelle. Wir stellen uns ständig auf neue Situationen ein.
Die Krankheitsbewältigung ist nie abgeschlossen und wir machen weiter.
Wir geben nicht auf, trotz zahlreicher schlechter Phasen und Tiefs nach Verschlechterung.
Das zieht Energiekörner und strapaziert die Nerven zusätzlich.
———————————————————————————-
Und glaubt mir, dies ist der ganz normale Wahnsinn mit Multiple Sklerose. Selbst wenn es schwierig erscheint, alles reine Nervensache! ��
Was bringt die Zukunft?
Das weiß KEINER. Egal ob gesund oder krank. Es zählt das Hier und Jetzt.
Meine Empfehlung an dich:
Kommst du alleine aus den dunklen Gedanken nicht raus, rede mit deiner Familie, mit Freunden oder nimm professionelle Hilfe an.
Achte auf DICH!
Du musst nicht mithalten, sondern du gibst den Takt für dich an.
Wie empfindest du den Prozess einer Verschlechterung?
Alles Gute und starke Nerven wünscht für heute,
Deine Christine!
Geändert von FMMT (03.10.2020 um 22:19 Uhr).
|