Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Ich verstehe dieses Schwellen-Dings so, wie die Kipp-Punkte beim Klima. Erreicht man einen bestimmten Schwellenwert, etwa eine bestimmten Bodentemperatur in der Taiga, dann zeigen sich plötzlich starke Veränderungen.
Für Corona könnten solche kritischen Schwellenwerte sein: Die Anzahl der Personen, mit der ein durchschnittlicher Mensch wöchentlich sozialen Kontakt hat; der Beginn der kalten Jahreszeit und das Schließen der Fenster; die Erntezeit und damit die Einwanderung von ausländischer Erntehelfern; und so weiter. Diese Beispiele habe ich frei erfunden, um den Gedanken zu verdeutlichen.
Ich hoffe, ich irre mich nicht, ansonsten hat der geneigte Leser jetzt 3 Minuten Lesezeit sinnlos verschwendet.

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Ja, so ist es wohl - 3 Minuten mal x Leser Lese/Lebenszeit verschwendet!
Naja, nicht ganz - der Kipp-Punkt beim Klima erscheint mir auch eine recht gute Analogie.
Und Deine konketen Punkte können natürlich alle mehr oder weniger zum Anstieg des Infektionslevel beitragen.
Das Überraschende ist aber - so wie ich es verstanden habe - dass ein langsamer Anstieg der Infektionszahlen praktisch anlasslos in einen explosiven Anstieg übergehen kann.
Vielleicht müsste ich es mir noch mal gründlicher durchlesen, aber nach meinem aktuellen Verständnis erklärt sich das etwa so:
Viele Infizierte stecken niemand anderen an - insbesondere, wenn deren Infektion früh erkannt wird und dann Isolation erfolgt. Aber teilweise auch bei unerkannten Infizierten, da diese vielleicht in den recht wenigen infektiösen Tagen wenig soziale Kontakte haben. So versanden viele Infektionswege.
Nicht so leicht versanden Infektionen durch Superspreading-Ereignisse, bei denen viele gleichzeitig infiziert werden, von denen einige die Infektion auch schon wieder weitergeben, bevor sie erkannt werden.
So lange es aber wenig Superspreading-Ereignisse sind, hat man noch genug Testkapazitäten, Manpower zur Kontaktverfolgung usw., um die Ausbrüche i.d.R. wieder unter Kontrolle zu bringen.
Mit langsam steigendem Infektionslevel erhöht sich auch die Zahl der Superspreadings zunächst langsam, so dass sie sich noch kontrollieren lassen.
In der aktuellen Situation mit vornehmlich recht jungen Infizierten kommt als Schwierigkeit hinzu, dass diese oft keine oder kaum Symptome haben und daher erst später erkannt werden. Das wird weiter erschwert, wenn Testkapazitäten überlastet sind, wie das aktuell der Fall ist, und erst nach x Tagen Testergebnisse vorliegen.
Bei steigender Infektionsdichte erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit für zufällige Infektionen ohne längeren Kontakt. Wenn ein Infizierter durch den Supermarkt läuft, ist es sehr unwahrscheinlich, dass er jemanden infiziert. Laufen 3 Infizierte innerhalb einer gewissen Zeitspanne da durch, kann schon eher irgendwo eine Viruskonzentration auftreten, die zur Infektion reicht. (Diesen Punkt habe ich nicht von Drosten sondern mir gerade selbst ausgedacht. Wahrscheinlich gibt es Orte, wo dieser Effekt relevanter ist als der Supermarkt - vielleicht Restaurants, wo es auch wieder direkt zum Superspreading führen könnte.
So erfolgt zunächst schleichend und dann immer schneller der Übergang zum wieder exponentiellen Anstieg, der ohne drastische Maßnahmen nicht mehr zu stoppen ist.
Das Schöne ist: Drosten hat eine Strategie, um dies ohne größere Zumutungen zu verhindern. Daher sollte man ihm zuhören!
Hoffe, ich hab jetzt nicht noch mehr Lese- und Lebenszeit verschwendet ...
PS: Dein Punkt mit der kalten Jahreszeit hat