Zitat:
Zitat von noam
Ich glaube, dass man hier in die Worte wieder einmal viel zu viel bzw das Falsche hineininterpretiert.
|
Nun ja ...
noam, du hast ja den Spiegel Artikel gepostet und ihn als Beleg angeführt, der deine Meinung unterstützt. Das is m.E. aber ein Bärendienst, von dem qbz mit seiner angeblichen Begründung Fischers des Begriffes "überobligatorisch" (wahrscheinlich unabsichtlich) abgelenkt hat. Und zwar aus folgendem Grund:
Zunächst ist der Artikel überwiegend Kritik an den Medien und der Aufregungskultur. Er bringt wenig echte Argumente. Noch viel weniger unterstütz er die Frage, ob denn die Polizei nun Ahnenforschung/Stammbaumforschung (oder wie man es auch immer nennen möchte) betreiben soll/darf oder nicht.
Es gibt zwar einen Argumentationsversuch, der ungefähr so geht: In §43 Abs. 1 Satz 1 und § 38 Abs. 2 und 3 JGG steht [... hier der von T.F. zitierte Text ...] (Anmerkung: Das Wort Migrationshintergrund kommt hier
nicht vor) deshalb - so argumentiert er - ist die "Erkundung des Migrationshintergrundes" ziemlich "lege artis", also nach den Regeln der Kunst (Was auch immer das für eine Kunst ist - gehen wir mal davon aus, er mein "die Rechtskunst" - immerhin ist er ja Jurist). Und - jetzt kommt's: "überobligatorisch" sei die "Erkundung des Migrationshintergrundes" durch die Polizei auch noch. D.h. über die Pflicht hinaus. Ja was denn nun? Ist es nun eine Arbeit, die von der Polizei aufgrund der "Rechtskunst" zu machen ist oder ist es eine Tätigkeit, die über die Pflicht hinaus geht?
Hr. Lutz, der Polizeipräsident von Stuttgart hat (lt.
Wortprotokoll) im Gemeinderat diesbezüglich gesagt:
Zitat:
Das ist nicht primär polizeiliche Aufgabe in Ermittlungsverfahren,
sondern ist jetzt im Prinzip genau diesem Verfahren hier in Stuttgart geschuldet, dass diese
Ermittlungen so geführt werden.
|
Das darf man ohne zu unterstellen in der Summe so verstehen: Die Polizei hat das (in Worten Fischers) überobligatorisch gemacht (Lutz sagt dazu nicht primäre Aufgabe). Und Lutz sagt auch noch, dass dies halt jetzt in Stuttgart so gemacht wird. Wahrscheinlich weil ausländisch aussehende Verdächtige dabei waren, deren Migrationshintergrund "nicht gesichert" feststeht. Richtig begründet wird es ja nicht.
Zurück zu Fischer: Seine Begründung des "überobligatorisch" schlägt dem Faß aber den Boden aus. Er sagt: Weil es sonst zu lange dauert. Was bitteschön ist denn das für eine Argumentation eines Juristen? Weil es zu lange dauert? Ist etwa Gefahr im Verzug? Handelt die Staatsgewalt jetzt nach dem Prinzip der schnellsten Lösung? Und es ist eben nicht die Begründung, die er zunächst versucht aus dem JGG abzuleiten, (und die qbz versehentlich in seinen Schluß eingebaut hat) die man ja vielleicht noch verstehen könnte, obwohl - nochmal - hier auch
nichts von Migrationshintergrund steht.
Und hier liegt jetzt auch der Bärendienst, noam: Der Artikel bestätigt möglicherweise deine Meinung, für begründet halte ich das was da steht aber nicht. Es muss doch für Justizia völlig unerheblich sein ob die familiären, wirtschaftlichen, persönlichen Verhältnisse und what so ever, bei einem Jugendlichen mit Migrationshintergrund oder einem Jugendlichen ohne Migrationshintergrund vorliegen. An beide Verdächtige muss Justizia die selben Maßstäbe anlegen. Aus diesem Grunde bin ich der Meinung, dass, wenn trotzdem nach Migrationshintergrund durch die Polizei gesucht wird, handelt es sich tatsächlich um strukturellen Rassismus oder ggf sogar mehr.
Ausserdem schließe ich mich den Vorrednern an, die die Analyse und Ableitung politischer Maßnahmen für eine empirische Aufgabe halten, die bei der Polizei nichts zu suchen hat.
Das Thema Präventionsarbeit, dass du ansprichst halte ich für sehr wichtig in der Polizeiarbeit. Dazu muss man aber nicht warten, bis es zur "Stuttgarter Krawallnacht" kommt. Wie die Präventionsarbeit auszusehen hat und wer die "Pappenheimer" sind sollte man vorher wissen. Ggf. auf Basis von empirischen Arbeiten der Wissenschaftler in Verbindung mit der Orts- und Sachkenntnis der Polizei Vor-Ort.
