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Zitat von Helmut S
Kurzer Einschub zur Political Correctness... Sprache ist ja auch immer ein Thema, wenn es um Rechts, Rassismus, Diskriminierung geht. Ein Interview mit Harald Welzer mit WDR5. Hörenswerte 6:37min. H. Walzer muss ja eh nicht vorgestellt werden, die allermeisten werden ihn kennen bzw. etwas von ihm gelesen oder gesehen haben.
https://youtu.be/WfWVKoEXToo

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Man könnte sich schon konkreter über die Umbenennung von Strassen- und Platznamen informieren, wenn man sich gerade auf das meistdiskutierteste Beispiel des Berliner U-Bahnhof Mohrenstr. stützt. Etwas Faktenrecherche wäre vor einem Interview zu empfehlen.
In Berlin und Brandenburg wurden z.B. Tausende von Strassen nach der Wende umbenannt, die den Namen von DDR-Repräsentanten trugen oder auch gegen einigen Widerstand ein zentrales Stadtgebäude abgerissen und durch eine Rekonstruktion von Vergangenem ersetzt, wie z.B. der Palast der Republik durch einen Neubau des ehemaligen Stadtschlosses. Die Beiträge von Architekten und Stadtplanern über den Sinn oder Unsinn, ein ganzes Schloss aus einer früheren Epoche wiederaufzubauen, und welche Vorstellungen, Sehnsüchte sich in einem solchen Gestaltungsvorhaben widerspiegeln, füllen Bände. Wäre der Palast der Republik im Westen gebaut worden, stünde er heute unter Denkmalsschutz.
Was die aktuelle Feuilleton-Diskussion um den U-Bahnhof Mohrenstr. betrifft, sollte man wissen, dass die Namensänderung nun zum Kontext der grösseren Diskussion über einige Strassennamen im
Afrikanischen Viertel gehört, wo Hagenbeck Tiere und Menschen aus Afrika in Tier-/Menschenshowen im Volkspark Rehberge ausstellen wollte. Die Stadt vergab damals aus diesem Grund für die neuen Strassen im Wedding Namen aus Afrika und von deutschen Kolonial-Besatzern, -Unterdrückern. Letztere wurden ersetzt, vorzugsweise durch Repräsentanten / Völker der afrikanischen Aufstände gegen die deutschen Unterdrücker. Damit bleiben eigentlich alle afrikanischen Geografie-Namen und der historische Kontext des "Afrikanisches Viertels" erhalten. Statt der Unterdrücker erinnern jetzt afrikanische Widerstandskämpfer an die deutsche Kolonialherrschaft.
Die historisch bekannte Mohrenstr. in Mitte ist jetzt nicht mit dem Afrikanischen Viertel entstanden (älterer Teil von Berlin) und man weiss auch gar nicht konkret, weshalb sie diese Bezeichnung damals erhielt, aber bei der Diskussion sollte man die ganzen Umbennungen im Afrikanischen Viertel als Rahmen sehen, finde ich. Es ist nicht geplant, die Mohren-Strasse umzubennen, obwohl dies engagierte Verbände wünschen. Es geht lediglich um den U-Bahnhof Mohrenstr., der lange Zeit jeweils nach dem Platz und nicht nach der Strasse benannt war. Hier irrt sich Harald Welzer mit dem historischen Bezug / Kontext komplett, den er durch den Namen erhalten möchte! Der Bahnhof bekam nämlich erst 1990 nach der Wende den Mohrenstrassen-Namen gegen den Protest der antirassistischen und afrikanischen Verbände. Vor 1990 hiess dieser U-Bahnhof nämlich in absteigender Reihenfolge Otto-Grotewohl-Str., Ernst-Tählmann-Platz, Wilhelm-Platz, Kaiserhof, nie Mohrenstr.

Welcher historische Kontext nach Harald Welzer wäre der Geeignete für die Namensgebung des U-Bahnhofes?

So verhält es sich übrigens mit zahlreichen Strassennamen und Plätzen in Berlin.