Zitat:
Zitat von qbz
Für mich ist die Diskussion insofern schwierig, weil Du mal erzählst, wovon die reale Person Jesus ausging, dann dass es ihn nicht gab, dann dass die Bibel eben in der zweiten / dritten Generation entstand und etwas anderes aufschrieb als Jesus wirklich sagte. Worauf soll ich mich da beziehen? 
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Die Antwort steht im Grunde in Deinem Posting:
Zitat:
Zitat von qbz
Für mich existieren als eindeutige Quellen halt alle biblischen Texte
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Nur sind halt die biblischen Texte nicht eindeutig. Sondern sie entstanden nach und nach. Und deswegen reflektieren sie einen sich ändernden Glauben. Das liegt nicht an mir, sondern ist Teil der Texte. Aus der Naherwartung wurde eine Fernerwartung, und aus der irdischen Gottesherrschaft wurde ein "Himmelreich" im Jenseits. Es entstanden Widersprüchlichkeiten, die dazu führen, dass wir über die tatsächlichen Worte von Jesus keine definitiven Aussagen machen können. Und so weiter.
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Mir geht es im Grunde nur darum, wie leicht man Jesus vom Haken lassen kann. Kann man einfach sagen, er wäre halt ein Kind seiner Zeit gewesen?
Die Juden verbrachten sehr viel Zeit mit der Frage, woher die Dinge stammen und welche Gesetze von Gott vorgeschrieben wurden. Sie erklären mit ihren Schriften nicht nur die Entstehung aller Dinge, sondern auch deren Ordnung. Welche Geschöpfe sind wem untertan? (1. Mose) Wem gehört das Land? (2. Mose) Welche Opfergaben müssen erbracht werden? (3. Mose)
Es wird den Juden also nicht entgangen sein, dass im Schöpfungsbericht (also der
ersten Ordnung) nichts steht von Sklaverei. Im Paradies gab es keine Sklaven. Ebenso steht nach der Vertreibung aus dem Paradies (der
zweiten Ordnung, die bis heute andauert) nichts von Sklaven. Wenn man das kommende "Himmelreich" oder das zukünftige "Paradies" an der Seite Gottes als "
dritte Ordnung" betrachtet: Auch hier wurde nichts gesagt über Sklaven.
Das alles soll den Juden entgangen sein? Ihr Leben war bis ins kleinste Detail bestimmt von religiösen Regeln, bis hinunter auf die Fasern, aus denen ihre Kleidung gewebt werden durften. Aber sie sollen sich nicht gefragt haben, ob es Gottes Wille war, dass es Sklaven gibt? Und in welchen Schriftrollen es geschrieben steht?
Noch deutlicher wird dieser Konflikt für Christen und damit auch für Jesus: Ist Jesus auch für Sklaven gestorben? Falls ja: Was bedeutet das, wenn sie trotzdem weiterhin Sklaven wären? Und falls sie es im Paradies nicht mehr wären: Böte dies nicht einen Hinweis darauf, dass sie nur zu Unrecht Sklaven sind? Denn wenn sie zu Recht Sklaven wären, warum bedürfen sie dann der Erlösung?
Dies sind nicht nur
humanistische Fragen der
Neuzeit. Sondern es sind
theologische Fragen der
damaligen Zeit, und Jesus war definitiv "Theologe". Die Neuzeit stellt diese Fragen aus einem anderen Blickwinkel. Diesen Blickwinkel fordere ich nicht für Jesus. Ich akzeptiere den damaligen, theologischen Blickwinkel als kleinsten Nenner, als eine minimale Stufe der Reflexion über die Welt. Diese war Jesus definitiv zugänglich.
Es heißt, Jesus habe sich hingegeben für die Mühseligen und Beladenen, aber tatsächlich hat er sich nicht weiter geschert um die
wirklich Mühseligen und Beladenen. Das soll man ihm nicht vorwerfen können?